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Bedingungen im Testament, - der aktuelle Fall aus den Medien

****ot2 Mann
10.754 Beiträge
Themenersteller 
Bedingungen im Testament, - der aktuelle Fall aus den Medien
Sehr viele Medien berichteten über den Fall, wo ein älterer Mann in seinem Testament das Erbe davon abhängig macht, ob er von seinen Enkeln auch besucht wird.
Besuchspflicht im Testament wurde allerdings von einem Gericht als sittenwidrig eingestuft.
Hier der Fall:
https://www.tagesschau.de/inland/erbe-enkelbesuche-101.html

Mein Rechtsempfinden hingegen ist so, dass man als Erblasser in einem Erbe durchaus Bedingungen stellen darf.

Was meint ihr denn so (dazu)? *g*
*******ion Frau
4.851 Beiträge
Dein Recgtsempfinden ist anders, als das gesetzliche Recgtsempfinden, daher auch sittenwidrig.

Etwas an eine Handlung zu knüpfen finde ich persönlich nicht angemessen , vor allem, wenn der Erbende das nicht möchte bzw nicht mal die Zeit dazu hat.

Ich kenne diese Drohungen selbst: Du erbst nur was, wenn du 1x pro Woche mit mir Essen gehst / telefinierst oder man jederzeit erreichbar für den Erblasser sein soll.

Ich habe mich dagegen entschieden.... Ich lasse mich nicht zwingen, nur um was zu erben!!
Ok, wenn ich die Bedingungen, die der Erblasser stellt, nicht erfüllen kann oder mag und diese nicht gegen die guten Sitten verstoßen, dann muss ich auch dazu stehen und das Erbe beizeiten ausschlagen, ihm also sagen: ich bin nicht bereit Deine Bedingungen zu erfüllen und will auch das Erbe nicht, ich verzichte darauf von Dir etwas zu erben.
Beides zu wollen - also mich über die Wünsche des Erblassers hinwegzusetzen, keinerlei Verpflichtigungen haben zu wollen, aber die Erwartung, nach dem Tod des Erblasser in den Genuss des Erbes zu gelangen, ist m. E. nach genauso sittenwidrig (das wird rechtlich anders aussehen von wegen Pflichtteil, aber gefühlt ist es für mich so)
**********ker79 Mann
696 Beiträge
Ein Erbe kann erst im Erbfall ausgeschlagen werden.
Der Erblasser kann zunächst mal grundsätzlich jeden zum Erben bestimmen, den er will. Auch können nach Belieben Bedingungen an das Erbe und den Erben formuliert werden. Das ergibt sich aus der Testierfreiheit, welche ebenso wie die Vertragsfreiheit ein hohes Gut in unserem Rechtsstaat ist.
Beide Konstrukte finden Ihre Grenzen aber zum Beispiel in der Sittenwidrigkeit. Wenn dann eine Bedingung sittenwidrig ist, ist diese nichtig. Wird also behandelt, als hätte es sie nicht gegeben. Daneben gibt es das Instrument, der Vertrags- bzw. Testamentserhaltung. Wenn nur ein Teil eines Testamentes nichtig ist, soll der Rest nach Möglichkeit bestehen bleiben, solang es nicht ohne die nichtigen Teile sinnlos ist. So wurde hier entschieden.
Ob die Besuchspflicht sittenwidrig ist, unterliegt dabei auch dem Zeitgeist. Die Vorschrift wurde vom Gesetzgeber absichtlich so akzentuiert, dass zu unterschiedlichen Zeiten andere Ergebnisse denkbar sind. Vor fünfzig Jahren wäre eine gerichtliche Entscheidung vermutlich auch anders ausgefallen.
So hat es sich das Gericht bestimmt nicht leicht gemacht und eine vertretbare Entscheidung getroffen. Das muss man nicht gut finden. Aus rechtlicher Sicht kann ich da aber guten Gewissens einen Haken dran machen.
****ot2 Mann
10.754 Beiträge
Themenersteller 
Das Gericht schrieb in der Begründung:
Hätte der Großvater gewusst, dass seine Besuchsbedingung nicht rechtens ist, sei davon auszugehen, dass er seine Enkel trotzdem zu Miterben gemacht hätte. Dafür spreche seine gewünschte enge Bindung zu den Enkeln.

Das halte ich für völlig lebensfremd. M.E. wollte der Großvater sie eben gerade nicht zum Miterben machen, wenn sie nicht mal Zeit für einen Besuch finden.
*******Maxx Mann
11.954 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ich kenne den Fall nicht - gab es denn noch die Eltern der Enkel, also die Kinder des Großvaters, die erben konnten.

Dann würden ja Enkel ohne Testament ohnehin erst einmal leer ausgehen.

Sie dann wegen eines Testaments, dass ein Erbe zwar vorsieht, aber eben nur unter bestimmten Bedingungen, zu Erben zu machen (nur, weil die Bedingung sitten- und damit rechtswidrig war), fänd ich auch arg daneben.
****ot2 Mann
10.754 Beiträge
Themenersteller 
Ich weiß auch nur das, was in meinem link steht.

Die nächste Frage ist aber natürlich auch, ob der Wunsch des Großvaters überhaupt sittenwidrig war.
******ore Frau
194 Beiträge
Leben
Wenn ein alter Mann sein Erbe an Besuche knüpft....war er schon sehr sehr einsam.
Einem alten Mann das zu verwehren....gehört sich nicht! Aus keinem einzigen Grund!

Warum sollte ein Enkel Erben....der ihn lieber tot statt lebendig sehen möchte.

Ich finde BEDINGUNGEN richtig!!!
Gerichtsurteile werden sowieso revidiert
Ich
*******itch
13.524 Beiträge
Alte Menschen neigen teilweise aber auch dazu, sich einsam zu fühlen weil sie ihre Zeit selbst nicht mehr sinnvoll ausfüllen können und der Ehepartner auch langweilig geworden ist...

Deswegen muß es objektiv betrachtet aber noch lange nicht so sein und der verständliche Wunsch seine erwachsenen Kinder oder auch die Enkelkinder häufiger zu sehen kann sich leider auch zu unverschämten Forderungen nach täglichen Besuchen auswachsen...

Da ist die "Drohung" mit dem Testament ja nur eine mögliche Variante - andere lassen sich einfach mal unter vorgeschobenen Behauptungen in ein Krankenhaus einliefern und behaupten dort, man würde misshandelt, vernachlässigt und bekäme nichts zu Essen... *oh2*

Insofern finde ich es gut, wenn ein Gericht bei solch willkürlichen Bedingungen im Testament auch mal Grenzen setzt.
******sky Paar
2.531 Beiträge
******ore:
Wenn ein alter Mann sein Erbe an Besuche knüpft....war er schon sehr sehr einsam.
Einem alten Mann das zu verwehren....gehört sich nicht! Aus keinem einzigen Grund!

Da fallen mir aber eine ganze Menge an Gründen ein.
Warum sollte sich z.B. eine Frau im alter von aktuell ca. 60 Jahren zum Besuch ihres Vater, zum erlangen ihres Erbes, zwingen lassen, wenn der Vater sie vor 50 Jahren mehrfach missbraucht hat? Das wäre doch z.B. mal ein guter Grund. Die Tat ist heute verjährt und wurde damals sehr häufig nicht zu Anzeige gebracht. Ich möchte damit nur sagen, wir kennen bei solchen Fällen nie wirklich alle Fakten und ich persönlich enthalte mich dabei gerne einem Urteil, da ich einfach nur eine oberflächlicher Beurteilung vornehmen kann.
*******Maxx Mann
11.954 Beiträge
Gruppen-Mod 
So wie ich das verstanden habe, geht es hier darum, dass an sich in der gesetzlichen Erbfolge noch nicht erbberechtigte Enkel durch das Testament erben (dazu ist ja ein Testament da, um die gesetzliche Erbfolge nach eigenem Willen abzuwandeln), weil die Bedingung, unter der sie erben sollen, in den Augen des Gerichts sittenwidrig ist (an regelmäßige Besuche der Enkel beim Erblasser geknüpft). (man mag mich korrigieren, wenn ich das falsch verstanden habe)

Wie man das subjektiv betrachtet (Ist es moralisch vertretbar, dass die Enkel sich nicht blicken lassen und nur erben wollen? Ist es moralisch vertretbar, so eine Bedingung vor das Erbe zu setzen? ...), kann man hier meiner Meinung nach völlig außen vor lassen.

Wenn meine Prämisse oben so stimmt, würden die Enkel ohne Testament nicht erben.

Erst das Testament ermöglicht ihnen einen Anteil am Erbe, und das unter Auflagen. Diese haben sie offenbar nicht erfüllt und sollen so nach dem Willen des Erblassers ja nicht enterbt werden, sondern einfach nur keine Sonderrolle neben der gesetzlichen Erbfolge einnehmen (wodurch sie halt nicht erben).

Die Fragen, die sich stellen, sind da eher:
Ist es OK vom Gericht, hier nur die sittenwidrige Klausel (im Testament nicht bedacht, wenn keine Besuche) zu streichen und damit die Enkel als Erben nach dem Testament einzusetzen?
Oder hätte dann nicht auch die Begünstigung der Enkel gegenüber der gesetzlichen Erbfolge mit gestrichen werden müssen?
Ist nicht eher anzunehmen, dass der Erblasser beim Wissen um die "Sittenwidrigkeit" seiner Bedingung diesen Teil im Testament dann ganz weggelassen hätte?
****ot2 Mann
10.754 Beiträge
Themenersteller 
sittenwidrig?
im Testament nicht bedacht, wenn keine Besuche

Warum ist das überhaupt sittenwidrig?
Warum soll man Enkeln etwas vererben, wenn die überhaupt keine persönliche Bindung zu ihrem Großvater suchen?
*******Maxx Mann
11.954 Beiträge
Gruppen-Mod 
****ot2:
Warum ist das überhaupt sittenwidrig?
Warum soll man Enkeln etwas vererben, wenn die überhaupt keine persönliche Bindung zu ihrem Großvater suchen?
Es ist halt die Frage, ob die Enkel aus der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden im Testament, wenn sie ihren Großvater nicht besuchen - oder ob sie im Testament als Erbe nur dann mit aufgenommen werden (also sonst nicht erbberechtigt), wenn sie den Großvater besuchen.

Im ersten Fall sehe ich die Sittenwidrigkeit so einer Klausel durchaus auch als gegeben.
Die gesetzliche Erbfolge ist ein Status, der allein vom Verwandschaftsverhältnis abhängt und ob noch höherrangige Erben in dieser Erbfolge existieren.
Davon jemanden auszuschließen bedarf schon deutlich schwerer Vergehen gegen den Erblasser als diesen nur nicht zu besuchen. Und wer weiß, vielleicht erbt ja mancher hier auch eines Tages von einem Vorfahren, den er noch nie besucht hat (weil er ihn unter Umständen noch nicht einmal gekannt hat) *zwinker* - ist alles nach dem Gesetz möglich.

Im zweiten Fall ginge es ja darum, jemanden besser als in der gesetzlichen Erbfolge zu stellen - und ich finde, dass für so einen Fall der Willen des Erblassers, den er im Testament niedergeschrieben hat, so weit wie nur irgend möglich zu entsprechen ist.

Und dann wäre es meiner Meinung nach sogar unerheblich, ob die Bedingung selbst nun sittenwidrig ist oder nicht.
Wenn die Bedingung sittenwidrig ist, müsste meiner Meinung nach auch die Zuwendung im Testament mit gestrichen werden - denn diese will der Erblasser ja eben nur unter dieser Bedingung gewähren. Damit würde dieser Teil des Testamentes komplett durch die gesetzliche Erbfolge ersetzt (und der Enkel dürfte vermutlich leer ausgehen - sogar dann, wenn er den Großvater regelmäßig besucht hätte).
Wenn die Bedingung nicht sittenwidrig ist, dann greift sie zusammen mit dem Testament und der Enkel erbt nur nach dem Testament, wenn er die Bedingung erfüllt hat.

Erben die Enkel aber nach dem Gesetz ohnehin, so hat das Testament bestenfalls eine regulierende Rolle. Hier hängt es meiner Meinung nach davon ab, wie einschneidend die Änderungen gegenüber dem gesetzlichen Erbanspruch sind, wenn eine Testamentsbedingung nicht erfüllt ist.
Bedingung und Konsequenz sollten schon im angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

Aber wie oben schon gesagt - ohne den konkreten Fall kann man zur konkreten Entscheidung auch wenig sagen. Offenbar sah hier das Gericht eine zu starke Einschränkung des normalen Erbrechtsanspruchs, die in keinem sinnvollen Verhältnis zu der gesetzten Auflage stand.
****62 Mann
339 Beiträge
Erben
... erben Enkel Gesetzmäßig?

Dachte "nur" die Kinder, die Enkel auf freiwilligen Wunsch, oder?

Lieben Gruß
****ot2 Mann
10.754 Beiträge
Themenersteller 
Ich schreibe gerade mein Testament um.

Und möchte da "Vermächtnisse" reinschreiben.
So in der Art:
"Gisela" bekommt "xy", wenn sie bei meiner Beerdigung anwesend ist.
Aber vielleicht ist das ja auch schon sittenwidrig, jemanden für den
Besuch bei der Beerdigung mit "Erbe" quasi zu "bestechen"...
Wenn ein Besuchswunsch während Lebzeiten schon sittenwidrig ist...
*********s_65 Mann
543 Beiträge
Die Wünsche eines Erblassers sind zu respektieren...
.. - von jedem! - Auch vom Gericht!

Das heißt nicht, daß ich die Klausel des Erblassers gut finde... - Ich finde sie voll daneben! - Aber seinen Wunsch würde ich respektieren!

Mit Sittenwidrigkeit hat es für mich aber nichts zu tun... - Und wenn ich dann noch hier lerne, daß sich diese Bewertung über die Jahre ändert... *zwinker* - dann zweifle ich vollends ganz an unserem "geschriebenen Recht"... *zwinker*

Durch die "Begründung" des Gerichts war ich fast geneigt die Entscheidung gut zu heißen... - ABER: Das Gericht hat "interpretiert" und dabei das "geschriebene Wort!!!" IGNORIERT... und die eigene "Interpretation" darüber gestellt... - das geht gar nicht... - man könnte auf die Idee kommen, daß ein Testament gar nichts mehr wert ist...

Es ist nicht gut, ein Testament so mit Füßen zu treten... - Ich wünsche mir, daß der Wunsch eines Erblassers an höchster Stelle steht, solange nichts "illegales" dabei ist... - und hier mit Sittenwidrigkeit zu argumentieren geht gar nicht...
*******Maxx Mann
11.954 Beiträge
Gruppen-Mod 
*****auf:
Erben... erben Enkel Gesetzmäßig?

Dachte "nur" die Kinder, die Enkel auf freiwilligen Wunsch, oder?
Es gibt eine gesetzliche Erbfolge:
1. direkte Nachfahren des Erblassers in ihrer Reihenfolge - also erst Kinder, dann Kindeskinder (also Enkel) usw.
2. Eltern des Erblassers und deren Nachfahren, also Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Neffen und Nichten, ...
3. Großeltern des Erblassers und deren Nachfahren ...
usw.

Sind Erben zu 1. vorhanden, erben diese alles zu gleichen Teilen in jeder Nachfahrenstufe - also bei zwei Kindern, von denen eines verstorben ist, beide aber jeweils wieder zwei Kinder haben (also insgesamt viel Enkel des Erblassers haben), erbt das noch lebende Kind eine Hälfte und die Kinder des verstorbenen Kindes (also Enkel des Erblassers) zu je gleichen Teilen die andere Hälfte.
Gibt es keine Erben zu 1., so Erben die Eltern (2. Ordnung) jeweils die Hälfte und (wenn diese nicht mehr leben) die Geschwister und dann deren Kinder nach gleichem Prinzip

Also kurz: Wenn ein gesetzlicher Erbe nicht mehr lebt, so erben deren Nachkommen zu je gleichen Anteilen das Erbe, das dem übergeordneten Erben zugestanden hätte, würde er noch leben. Kompliziert wird die Betrachtung erst bei außerehelichen und ungeborenen Kindern *g*

Das Erbe des Ehegatten ist die einzige außertestamentarische Ausnahme (meines Wissens). Die Höhe des Erbanteils hängt von der Zahl der Kinder und der Art der Gütergemeinschaft in der Ehe ab (und die Ehe muss zum Zeitpunkt des Todes noch bestehen und darf nicht in Scheidung sein).

Enkel können also durchaus auch ohne Testament erben, wenn deren Elternteil, das Kind des Erblassers war, nicht mehr lebt *ja*

Das Recht zu erben kann im Testament eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, zumindest aber der Pflichtteilsanspruch bleibt - außer, es gibt klar definierte Verfehlungen gegen die Person des Erblassers. Ihn nicht regelmäßig zu besuchen zählt aber nicht dazu *zwinker*
****ot2 Mann
10.754 Beiträge
Themenersteller 
außer, es gibt klar definierte Verfehlungen gegen die Person des Erblassers. Ihn nicht regelmäßig zu besuchen zählt aber nicht dazu *zwinker*

Sicherlich gehört "Nicht besuchen" nicht zu den Verfehlungen mit denen sich ein Erbe als unwürdig erweist. Das hat ja auch niemand behauptet.
Aber immerhin erfüllten die Erben nicht die im Testament vom Erblasser gestellte Bedingung.
Vielleicht fechten ja die beiden anderen Erben die Entscheidung an (mit dem Argument, damit dem Wunsch des Erblassers zu entsprechen)... *zwinker*
*******Maxx Mann
11.954 Beiträge
Gruppen-Mod 
Also, hab jetzt mal versucht, das Ganze ein wenig aufzudröseln:

Erblasser hat eine Frau (mit der er offenbar noch verheiratet ist) und zwei Söhne, davon einen aus erster Ehe. Der zweite Sohn hat wiederum zwei Kinder, die Enkel des Erblassers.
Das sind die Fakten, die aus dem Fall bekannt sind.

Nach der gesetzlichen Erbfolge würde (Zugewinngemeinschaft unterstellt) die Ehefrau nach meinem Kenntnisstand eine Hälfte des Erbes bekommen und die beiden direkten Nachkommen des Erblassers (also beide Söhne) die andere Hälfte zu je gleichen Teilen, also jeder 1/4 des Erbes.
In dem Fall gingen die Enkel ohne Testament leer aus - also auch, wenn das gesamte Testament wegen der sittenwidrigen Klausel für nichtig erklärt würde.

War der eine Sohn (der Vater der Enkel) aber bereits verstorben, würde sich sein Anteil auf die beiden Enkel aufteilen - jeder der Enkel erhielte also 1/8 des Erbes.

In dem Testament wurde nun die Ehefrau des Erblassers auf 1/4 des Erbes herabgesetzt (also praktisch ihren Pflichtteil), der Sohn aus 1. Ehe blieb bei seinem 1/4 und die beiden Enkel sollten auch je 1/4 des Erbes bekommen (also das Doppelte von dem, was ihnen nach der gesetzlichen Erbfolge zugestanden hätte, wenn ihr Vater nicht mehr lebte). Letzteres aber nur unter der "Besuchsbedingung" - andernfalls sollte die Ehefrau 1/2 des Erbes (also wie gesetzlich) und der andere Sohn auch 1/2 des Erbes (also jetzt doppelt so viel wie gesetzlich) bekommen.

Damit würden die beiden Enkel aber enterbt werden (wenn man unterstellt, dass deren Vater nicht mehr lebt - andernfalls würde das Erbe ja erst einmal diesem Vater zustehen).

So eine komplette Enterbung aufgrund einer nicht erfüllten "Besuchspflicht" wäre auf jeden Fall sittenwidrig.

Jetzt aber nur die Besuchsklausel zu streichen und damit den Enkeln wider des Willens des Erblassers das Doppelte des gesetzlichen Erbteils zukommen zu lassen halte ich für genau so überzogen.

Ausgewogen wäre für mich, wenn das Gericht den Enkeln ihren gesetzlichen Erbteil (je 1/8) zugesprochen und unter der Prämisse des Testaments, dass Ehefrau und Sohn aus erster Ehe offenbar zu gleichen Teilen erben sollen, den übrigen Teil eben so zwischen beiden aufgeteilt hätte (je 3/8).

Man kennt die sonstigen Umstände in der Familie nicht, aber hier zu unterstellen, der Erblasser wollte auf diese Weise die Besuche erzwingen, finde ich ganz schön anmaßend.
Genau so gut kann es auch sein, dass er wollte: "Wenn die Enkel sich nicht für mich interessieren (was ja ihr gutes Recht ist), dann sollen sie auch nicht erben (was zu verfügen halt mein gutes Recht ist)."
****ot2 Mann
10.754 Beiträge
Themenersteller 
Danke für deine Mühe, erstmal.

Mir ging es eigentlich weniger um die konkreten Erbaufteilungen, sondern eher um den Satz:

"Der Großvater habe ein Verhalten erzwingen wollen, das regelmäßig die innere, freie Überzeugung seiner Enkel voraussetze. Eine derartige Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit seiner Enkel sei nicht hinzunehmen."

Meine Erachtens hatten die Richter im Hinterkopf, dass ein "Einstetzen als Erbe" so etwas ähnliches wäre wie eine "Bestechung". Und ein Erbe sei nicht dazu da sich "Wohlverhalten" zu befördern.
*******Maxx Mann
11.954 Beiträge
Gruppen-Mod 
Aber ein Testament ist dazu da, um Wohlverhalten und Fehlverhalten (und das aus der Sichtweise des Erblassers!) bei der Verteilung des eigenen Vermögens nach dem Tod zu berücksichtigen.

Da der Tote erfahrungsgemäß zu dem Zeitpunkt, an dem dieses Verhalten einzuschätzen ist, dazu nicht mehr in der Lage ist, müssen andere dies Einschätzen: Wie haben sich die Erben aus der mutmaßlichen Sicht des nunmehr Toten verhalten?
Wo soll der Erblasser die Bedingungen, nach denen er dieses Verhalten einschätzen würde, niederschreiben, wenn nicht im Testament?

Oder ist dem Erblasser hier vorzuwerfen, dass diese Bedingungen vor Testamentseröffnung schon bekannt waren? *oh*
**My Paar
260 Beiträge
Testament interpretieren & Verhalten beeinflussen
In der Tat ein spannender Fall - und aus meiner Sicht zeigt er sehr schön, wie unser deutsches Erbrecht eigentlich gedacht ist.

Deshalb möchte ich auf zwei frühere Beiträge eingehen.


Zitat von *********s_65:
Die Wünsche eines Erblassers sind zu respektieren…
… - von jedem! - Auch vom Gericht!

[…] - Aber seinen Wunsch würde ich respektieren!

Klingt super. Mir stellt sich nur die Frage, woran ich genau den tatsächlichen Wunsch des Erblassers fest machen soll.

Mit Sittenwidrigkeit hat es für mich aber nichts zu tun… - Und wenn ich dann noch hier lerne, daß sich diese Bewertung über die Jahre ändert… *zwinker* - dann zweifle ich vollends ganz an unserem "geschriebenen Recht"... ;-)

Zum einen finde ich es ganz gut, dass sich Bewertung in rechtlicher Hinsicht über die Jahre ändern kann, denn sonst würden wir ja - übertrieben ausgedrückt - z.T. immer noch Rechtsprechung wie im Mittelalter haben, und zum anderen musste auch ich als Jünger der Digitalisierung die Erfahrung machen, dass Recht und Rechtsprechung eben nicht digital ist - und sein sollte - da die Umstände im Einzelfall eben (nahezu) immer verschieden sind.

Durch die "Begründung" des Gerichts war ich fast geneigt die Entscheidung gut zu heißen... - ABER: Das Gericht hat "interpretiert" und dabei das "geschriebene Wort!!!" IGNORIERT... und die eigene "Interpretation" darüber gestellt... - das geht gar nicht... - man könnte auf die Idee kommen, daß ein Testament gar nichts mehr wert ist...

*hm* - was anderes soll das Gericht denn tun, als den vorliegenden Text zu interpretieren? Den Erblasser fragen geht ja offensichtlich nicht mehr. Und bei allem verständlichen Wunsch nach Eindeutigkeit, Sprache - und deren schriftliche Persistierung - ist an ganz viele Stellen nicht so eindeutig wie es vielleicht scheinen mag.

Auch ich könnte dazu geneigt sein eine solche abprüfbare Bedingung in mein Testament schreiben zu lassen, wenn es denn eine Notwendigkeit dafür gäbe, aber da diese Bedingung ja mit einer weiteren Sache verknüpft ist, bleibt am Ende schon die Frage, was denn der tatsächliche Wille des Verfassers gewesen war.
Ging es ihm wirklich darum, dass seine Enkel ihn 6 Mal im Jahr besuchen (an 6 aufeinanderfolgenden Tagen, oder präzise alle 2 Monate?), damit diese mit einem eigenen Erbanteil versehen werden, oder ging es ihm nur darum, seinen Besuchswunsch deutlich zu machen und hatte er womöglich noch andere Gründe, warum die Enkel direkt erben sollten (wenn denn der Sohn des Verstorbenen und Vater der Enkel noch lebte)?

Wie bereits im Text zu dem Urteil erwähnt, hatte der Erblasser wohl ein besonderes Interesse daran, die Enkel explizit zu Erben zu erklären, allerdings sollte es nicht gänzlich ohne Gegenleistung passieren.
Warum die geforderte Gegenleistung dann allerdings sittenwidrig sein kann, möchte ich im Folgenden etwas beleuchten.

An dieser Stelle möchte ich aber noch ein eigenes Beispiel einschieben, warum ein Gericht, bzw. evtl. auch schon der Rechtspfleger beim Nachlassgericht, gelegentlich dazu genötigt wird, eine Interpretation des letzten Willens vorzunehmen.

Relativ häufig kommt es nämlich vor, dass in einem Testament eines von mehreren Kindern als Alleinerbe eingesetzt wird und bezüglich einer Ersatzerben-Regelung nur folgender Satz aufgenommen wurde:
"Ersatzerben möchte ich zum heutigen Zeitpunkt nicht bestimmen."

Wer mir zu diesem Satz eine eindeutige Auslegung des Willen des Erblassers liefern kann, der sollte für einen der vielen Buchpreise im deutschen Sprachraum vorgeschlagen werden.

Es ist nicht gut, ein Testament so mit Füßen zu treten... - Ich wünsche mir, daß der Wunsch eines Erblassers an höchster Stelle steht, solange nichts "illegales" dabei ist... - und hier mit Sittenwidrigkeit zu argumentieren geht gar nicht...

Klingt - vielleicht - wünschenswert, und wird in Teilen ja auch so von sorbas42 gewünscht bzw. gefordert …

Zitat von *****s42:
Aber ein Testament ist dazu da, um Wohlverhalten und Fehlverhalten (und das aus der Sichtweise des Erblassers!) bei der Verteilung des eigenen Vermögens nach dem Tod zu berücksichtigen.

Da der Tote erfahrungsgemäß zu dem Zeitpunkt, an dem dieses Verhalten einzuschätzen ist, dazu nicht mehr in der Lage ist, müssen andere dies Einschätzen: Wie haben sich die Erben aus der mutmaßlichen Sicht des nunmehr Toten verhalten?
Wo soll der Erblasser die Bedingungen, nach denen er dieses Verhalten einschätzen würde, niederschreiben, wenn nicht im Testament?

Oder ist dem Erblasser hier vorzuwerfen, dass diese Bedingungen vor Testamentseröffnung schon bekannt waren? :o

… aber deckt sich nach meinem Verständnis des deutschen Erbrechts überhaupt nicht mit dessen Intention.

Wenn es nämlich tatsächlich das Ziel des deutschen Erbrechtes wäre, dass der letzte Wille des Erblassers das höchste Gut wäre, dann dürfte es überhaupt keine Pflichtteilsregelung geben. Diese sorgt jedoch dafür, dass die gesetzlichen Erben (1. Ordnung) zumindest die Hälfte des Nachlasswertes erhalten, selbst wenn sie keine Erben werden.
Schon eine vollständige Enterbung ist äußerst schwierig zu bewerkstelligen, warum sollte dann das Vorenthalten von eigentlich ausgewiesenen Erbanteilen so viel einfacher sein.
Soweit ich mich erinnere wurden auch schon früher sog. Heiratsklauseln in Testamenten regelmäßig als sittenwidrig verworfen, da es niemandem zumutbar ist, dass er oder sie innerhalb einer gewissen Zeitspanne einen Partner findet, den er zu ehelichen bereit ist.

Insofern ist ein Testemant regelmäßig, und auch bekanntermaßen, gänzlich ungeeignet Verhalten im Nachhinein zu maßregeln.
Wer das Verhalten von Menschen wirklich nachhaltig beeinflußen möchte, der muss dies schon zu Lebzeiten tun - und im angesprochenen Fall wäre es doch ein leichtes gewesen, den Enkeln bei jedem (oder jedem 2.) Besuch 50 oder gar 100 EUR zuzustecken, so dass automatisch ein Interesse an einem erneuten Besuch bestanden hätte.

Bei Verwandten auf der Seite meiner Frau hat dies hervorragend funktioniert - übrigens mit den erwachsenen Kindern, und nicht mit den Enkeln!

Aus meiner Sicht bestätigt dieser Fall und die Diskussion hier zumindest mal wieder, dass das Recht in Deutschland nicht immer dem entspricht was wir als "Normalbürger" vielleicht gerne hätten. - Aber an anderer Stelle haben wir gerade heute wieder festgestellt, dass Auswandern zwar eine Option wäre, aber die Gründe dafür noch nicht trifftig genug. *zwinker*
*********s_65 Mann
543 Beiträge
@**My:

zu "wo den Wunsch festmachen": Nun, wenn er so klar im Testament geäußert wurde wie hier, dann sollte man sich nicht fragen, wie man seinen Wunsch erkennen kann... *zwinker*

zum Thema "geschriebenes Recht", Interpretation, wie im Mittelalter: Nein, das ist so nicht richtig! - Da verwechselst Du was! - Wir könnten auch ein modernes Recht haben... (also nicht so wie heute *zwinker* ) - Veränderung wäre keinerlei Problem WENN dazu ein Gesetz geändert wird oder ein neues dazu kommt! - Wie gesagt, "wenn"!!! - Es soll ja Leute geben die genau das machen... *zwinker* - Man nennt sowas Demokratie... - Dinge ändern sich und man ändert die Gesetzt. - Und bei der Rechtsprechung der Gesetze wird dies umgesetzt. Und wenn in dem Gesetz steht, man darf nicht Auto fahren am Sonntag, dann ist das so! - Egal in welchem Jahrhundert. - Und wenn man das sonntags dann doch irgenwann wieder darf, dann ändert man das Gesetz oder streicht es...

Schon klar, daß nicht alles so eindeutig ist wie in der Mathematik... *zwinker* - aber ich könnte Dir ein Beispiel nennen wo sich in den letzten 50 Jahren die "Interpretation" gnadenlos geändert hat!!! Nicht zum Negativen, nein, zum Guten, ABER ohne daß ein Gesetz geändert wurde!!! Es wurde nur VÖLLIG anders betrachtet/interpretiert - Und das widerspricht meines Erachtens der Gewaltenteilung! - Und solch ein Gesetz auf Papier zu drucken bei solch unterschiedlicher Beurteilung kann man sich auch sparen... - schade um die Bäume... *zwinker*

Das mit dem digital habe ich nicht verstanden... - Mein Gehirn arbeitet analog... *zwinker*

zu "was anderes soll das Gericht denn tun, als den vorliegenden Text zu interpretieren?": Ganz einfach, LESEN und VERSTEHEN! - Denn der "strittige" Punkt war ja so geschrieben, daß er für jeden, der der deutschen Sprache mächtig ist, klar verständlich ist! - Es mag unklare Angaben geben, dann ist Interpretation wohl angebracht, aber nicht bei klaren Aussagen! *zwinker*

Und wenn jemand absichtlich in ein Testament was anderes reinschreibt als er will nur um etwas bestimmtes zu erreichen, dann sollte er nicht zum Notar gehen, sondern zum Arzt... *zwinker* - Denn nur wo Testament drauf steht ist auch wirklich Testament drin... *zwinker* - Und mit dem was man in ein Testament reinschreibt kann man - soweit ich das sehe - zu Lebzeiten NICHTS mehr erreichen! - Denn das Testament wird erst danach eröffnet... *zwinker* - Sollte jemand solch "komische Texte" in ein älteres "Show-Testament" zu Hause schreiben und den anderen präsentieren, oder "erzählen was er alles im Testament stehen hat (könnte ja sogar das Gegenteil drinstehen) so halte ich davon nichts, aber kann ja jeder (fast) machen was er will... *zwinker* - Aber in ein gültiges Testament sollte man IMMER seinen "letzten Willen" reinschreiben und nichts anderes... - Es macht das Leben einfach einfacher in der Kommunikation wenn man sagt, "ich möchte ein Wasser" anstatt zu sagen "ich möchte jetzt nichts essen"... *zwinker*

zum Thema "Ersatzerben" kann ich nur sagen: Keine Ahnung wer und warum jemand sowas reinschreibt... *zwinker* - Ich würde mal sagen, manchen Leuten kann man nicht mehr helfen! *haumichwech*

Aber mit solch dubiosen Formulierungen kann man NICHT begründen, warum man KLARE AUSSAGEN in Zweifel stellen sollte!

Vielleicht noch was dazu: Vielleicht ist es Fachsprache und hat in einem best. Fall eine gewisse Bedeutung dieser Satz... - aber ich plädiere für eine Sprache die klar ist und die jeder versteht in einem Testament und nicht um Ausdrücke für die man erst noch Jura studieren muß... - Im Restaurant bestellt man schließlich auch ein Glas Wasser und nicht ein Glas einer Flüssigkeit die bei einer stark exothermen Reaktion aus zwei Teilen Wasserstoff und einem Teil Sauerstoff entstanden ist... *haumichwech*

Der letzte Satz gilt leider nach meinen Erfahrungen allgemein für alle Behörden, deshalb wollte ich das hier anmerken... - man weiß ja nie ob sich nicht dadurch doch was verbessert... *zwinker* - Die Hoffnung stirbt zuletzt... - Denn die Behörden erwarten eine Kommunikation mit genau ihren Fachausdrücken die oft mit dem heute gesprochenen Wort nicht mehr viel zu tun haben... - Würde das ein Chemiker genauso machen, dann würden diese Leute nie Benzin bekommen an der Tankstelle... *zwinker*
**My Paar
260 Beiträge
Wären weniger Besuch vielleicht NICHT sittenwidrig gewesen?
Weil ich die Diskussion so spannend finde … und an anderer Stelle mit "unerfreulicheren" erbrechtlichen Dingen zu tun habe, möchte ich lieber hier nochmal einen Beitrag schreiben - und fange dafür nochmal vorne an:

Zitat von ****ot2:
Das Gericht schrieb in der Begründung:
Hätte der Großvater gewusst, dass seine Besuchsbedingung nicht rechtens ist, sei davon auszugehen, dass er seine Enkel trotzdem zu Miterben gemacht hätte. Dafür spreche seine gewünschte enge Bindung zu den Enkeln.

Das halte ich für völlig lebensfremd. M.E. wollte der Großvater sie eben gerade nicht zum Miterben machen, wenn sie nicht mal Zeit für einen Besuch finden.

Naja, an dieser Stelle bleibt mal die Frage, ob wir hier den tatsächlichen Fall diskutieren wollen, oder es um eine grundsätzliche Diskussion über sittenwidrige Formulierungen geht.

Es ist ja schön, dass @****ot2 die Aussage des Gerichts für lebensfremd hält, aber eine ausführlichere Sichtung des Urteils und der dort aufgeführten Dinge (u.a. E-Mail-Verkehr) lassen mich schon glauben, dass der Großvater den Enkeln etwas vererben wollte.
U.a. die Formulierung im Testament selber lässt dort mehr Spielraum zur Auslegung als es hier bisher angedeutet wurde (dazu weiter unten mehr).

Zitat von *****s42:
So wie ich das verstanden habe, geht es hier darum, dass an sich in der gesetzlichen Erbfolge noch nicht erbberechtigte Enkel durch das Testament erben (dazu ist ja ein Testament da, um die gesetzliche Erbfolge nach eigenem Willen abzuwandeln), weil die Bedingung, unter der sie erben sollen, in den Augen des Gerichts sittenwidrig ist (an regelmäßige Besuche der Enkel beim Erblasser geknüpft). (man mag mich korrigieren, wenn ich das falsch verstanden habe)

Soweit verstehe ich das aus der Urteilsbegründung heraus auch.

Wie man das subjektiv betrachtet (Ist es moralisch vertretbar, dass die Enkel sich nicht blicken lassen und nur erben wollen? Ist es moralisch vertretbar, so eine Bedingung vor das Erbe zu setzen? ...), kann man hier meiner Meinung nach völlig außen vor lassen.

Wenn meine Prämisse oben so stimmt, würden die Enkel ohne Testament nicht erben.

An dieser Stelle lässt sich schon daran Zweifeln, dass die Enkel nur erben wollten ohne sich mal beim Erblasser blicken zu lassen - soweit ich das aus der Urteilsbegründung lese.

Und grundsätzlich stimmt auch der letzte Satz, aber er verkennt, dass der noch lebende Vater der beiden Enkel im Testament überhaupt nicht bedacht und damit bereits enterbt (= auf den Pflichtteil beschränkt) wurde.

Erst das Testament ermöglicht ihnen einen Anteil am Erbe, und das unter Auflagen. Diese haben sie offenbar nicht erfüllt und sollen so nach dem Willen des Erblassers ja nicht enterbt werden, sondern einfach nur keine Sonderrolle neben der gesetzlichen Erbfolge einnehmen (wodurch sie halt nicht erben).

Wie gerade schon geschrieben, geht es eben nicht um eine gesetzliche Erbfolge!

Die Fragen, die sich stellen, sind da eher:
Ist es OK vom Gericht, hier nur die sittenwidrige Klausel (im Testament nicht bedacht, wenn keine Besuche) zu streichen und damit die Enkel als Erben nach dem Testament einzusetzen?
Oder hätte dann nicht auch die Begünstigung der Enkel gegenüber der gesetzlichen Erbfolge mit gestrichen werden müssen?
Ist nicht eher anzunehmen, dass der Erblasser beim Wissen um die "Sittenwidrigkeit" seiner Bedingung diesen Teil im Testament dann ganz weggelassen hätte?

Die Frage kann man stellen, und auch wenn ich es vielleicht nicht so explizit in der Urteilsbegründung gelesen haben, so hatte ich schon den Eindruck, dass sich die Richter genau diese Frage eben gestellt haben.
Der genaue Wortlaut im Testament ist an dieser Stelle vielleicht auch ein wenig aufschlussreicher (weiter unten).

Zitat von *********s_65:
@**My:
zu "wo den Wunsch festmachen": Nun, wenn er so klar im Testament geäußert wurde wie hier, dann sollte man sich nicht fragen, wie man seinen Wunsch erkennen kann... ;-)

Jaja, wenn er denn auch wirklich so klar geäußert wurde/worden wäre.

zum Thema "geschriebenes Recht", Interpretation, wie im Mittelalter: Nein, das ist so nicht richtig! - Da verwechselst Du was! - Wir könnten auch ein modernes Recht haben... (also nicht so wie heute *zwinker* ) - Veränderung wäre keinerlei Problem WENN dazu ein Gesetz geändert wird oder ein neues dazu kommt! - Wie gesagt, "wenn"!!! - Es soll ja Leute geben die genau das machen... *zwinker* - Man nennt sowas Demokratie... - Dinge ändern sich und man ändert die Gesetzt. - Und bei der Rechtsprechung der Gesetze wird dies umgesetzt. Und wenn in dem Gesetz steht, man darf nicht Auto fahren am Sonntag, dann ist das so! - Egal in welchem Jahrhundert. - Und wenn man das sonntags dann doch irgenwann wieder darf, dann ändert man das Gesetz oder streicht es...

Grundsätzlich finde ich ja auch, dass es schön wäre, wenn alles so eindeutig über Gesetze geregelt wäre. Aber eigentlich finde ich auch, dass unsere Politiker viel zu oft meinen wegen irgendeiner "Kleinigkeit" gleich ein neues Gesetz zu machen, anstatt die "vorhandenen" Gesetze gleich etwas sorgfältiger zu formulieren und damit den Umständen im Einzelfall mehr Bedeutung beizumessen, eben weil so gut wie kein Fall wieder der andere ist und am Ende immer eine Bewertung der Umstände im Einzelfall erfolgen muss.

Ansonsten wären so Dinge wie Totschlag und möglicher Rechtfertigungsgrund kein Fall fürs Gericht. Ist ja eindeutig, oder!? (Ja, an Extremen lassen sich Positionen leichter fest machen.)

Natürlich bin ich auch unglücklich darüber, dass der Samstag trotz missverständlicher Formulierung im BGB auch ein Werktag ist.
Aber sogenannte Weichmacher wie "sittenwidrig", "Wucher" oder "Anstand" machen aus meiner Sicht ein Gesetz deutlich haltbarer als der Versuch einen Umstand des täglichen Miteinanders sprachlich präzise zu fassen.

Schon klar, daß nicht alles so eindeutig ist wie in der Mathematik... *zwinker* - aber ich könnte Dir ein Beispiel nennen wo sich in den letzten 50 Jahren die "Interpretation" gnadenlos geändert hat!!! Nicht zum Negativen, nein, zum Guten, ABER ohne daß ein Gesetz geändert wurde!!! Es wurde nur VÖLLIG anders betrachtet/interpretiert - Und das widerspricht meines Erachtens der Gewaltenteilung! - Und solch ein Gesetz auf Papier zu drucken bei solch unterschiedlicher Beurteilung kann man sich auch sparen... - schade um die Bäume... ;-)

Ich fände es eher schade, wenn wir für jede neue Erkenntis im rechtlichen und zwischenmenschlichen Umfeld ein neues Gesetz bräuchten, weil die bisherigen das zu beanstandende Verhalten nicht explizit verboten.
Insofern kann ich ganz gut mit der sogenannten Rechtsfortschreibung durch Richter leben.

Das mit dem digital habe ich nicht verstanden... - Mein Gehirn arbeitet analog... ;-)

In dem Glauben lasse ich Dich/Euch gerne. Auch wenn die aktuellen Erkenntnisse in der Gehirnforschung von einer ganz ähnlichen Funktionsweise wie in elektronischen Schaltkreisen ausgehen. - Allerdings muss ich zugeben, dass ein Umbau der Hardware im Gerhin deutlich schneller geht und eben mit "Rücksicht" auf die Umwelteindrücke. Diese Eigenschaft fehlt unseren Computern (noch).

zu "was anderes soll das Gericht denn tun, als den vorliegenden Text zu interpretieren?": Ganz einfach, LESEN und VERSTEHEN! - Denn der "strittige" Punkt war ja so geschrieben, daß er für jeden, der der deutschen Sprache mächtig ist, klar verständlich ist! - Es mag unklare Angaben geben, dann ist Interpretation wohl angebracht, aber nicht bei klaren Aussagen! *zwinker*

Auf diesen Punkt komme ich gerne nochmal am Ende … also die Sache mit den unklaren Angaben und dem vermeintlich unstrittigen Punkt.
Übrigens hatte (auch) ich bereits die Frage aufgeworfen, ob die 6 Besuche jährlich an aufeinanderfolgenden Tagen erfolgen können, oder im Abstand von (genau?) 2 Monaten. Beides würde auch das Erfordernis der Regelmäßigkeit erfüllen.

Und wenn jemand absichtlich in ein Testament was anderes reinschreibt als er will nur um etwas bestimmtes zu erreichen, dann sollte er nicht zum Notar gehen, sondern zum Arzt... *zwinker* - Denn nur wo Testament drauf steht ist auch wirklich Testament drin... *zwinker* - Und mit dem was man in ein Testament reinschreibt kann man - soweit ich das sehe - zu Lebzeiten NICHTS mehr erreichen! - Denn das Testament wird erst danach eröffnet... *zwinker* - Sollte jemand solch "komische Texte" in ein älteres "Show-Testament" zu Hause schreiben und den anderen präsentieren, oder "erzählen was er alles im Testament stehen hat (könnte ja sogar das Gegenteil drinstehen) so halte ich davon nichts, aber kann ja jeder (fast) machen was er will... *zwinker* - Aber in ein gültiges Testament sollte man IMMER seinen "letzten Willen" reinschreiben und nichts anderes... - Es macht das Leben einfach einfacher in der Kommunikation wenn man sagt, "ich möchte ein Wasser" anstatt zu sagen "ich möchte jetzt nichts essen"... ;-)

Oh … wo fange ich da jetzt nur an …

1. Der Erblasser war auch in ärztlicher Behandlung. Hat offensichtlich nicht geholfen.
2. Nein, ein Testament muss nicht unbedingt als solches überschrieben sein.
3. Wir Menschen glauben halt, dass wir mit Androhungen für die Zukunft das aktuelle Verhalten beeinflussen können (sonst bräuchten wir ja auch kein StGB).
4. Da Sprache nur vermeintlich eindeutig ist, ist der letzte Wille oftmals nicht unbedingt jener, wie er im Testament niedergeschrieben ist. Da hilft aus eigener Erfahrung nur rechtliche Beratung! - Aber in diesem Falle war es halt ein handschriftliches Testament.
5. Ja, es wäre oftmals besser, wenn wir auch sagten was wir wollen, aber das ist zum einen manchmal gar nicht so leicht ausgedrückt (wie ich ganz oft auf der Arbeit und auch zu Hause erlebe) und zum anderen sind wir uns manchmal auch gar nicht im klaren darüber was wir denn wirklich wollen.

zum Thema "Ersatzerben" kann ich nur sagen: Keine Ahnung wer und warum jemand sowas reinschreibt... *zwinker* - Ich würde mal sagen, manchen Leuten kann man nicht mehr helfen! *haumichwech*

Aber mit solch dubiosen Formulierungen kann man NICHT begründen, warum man KLARE AUSSAGEN in Zweifel stellen sollte!

Wie schon bei der ersten Erwähnung angedeutet: Die Ersatzerbenformulierung steht so (wahrscheinlich tausendfach) in notariell verfassten Testamenten. Warum die das da so reinschreiben verstehe ich allerdings auch nicht, da die Notare daran als Rechtsanwalt nur in manchen Bundesländern verdienen können. *zwinker*

Und über die klare Aussage habe ich auch schon mehrfach ein paar Worte verloren.

Vielleicht noch was dazu: Vielleicht ist es Fachsprache und hat in einem best. Fall eine gewisse Bedeutung dieser Satz... - aber ich plädiere für eine Sprache die klar ist und die jeder versteht in einem Testament und nicht um Ausdrücke für die man erst noch Jura studieren muß... - Im Restaurant bestellt man schließlich auch ein Glas Wasser und nicht ein Glas einer Flüssigkeit die bei einer stark exothermen Reaktion aus zwei Teilen Wasserstoff und einem Teil Sauerstoff entstanden ist... *haumichwech*

Das unser Rechtsgeschäft davon geprägt ist, dass Normalbürger einen kostenpflichtigen Dekoder namens Anwalt braucht, ist allerdings keine neue Erkenntnis, oder?
Die Schwierigkeit bei den Testamenten ist nur, dass es halt unterschiedliche "Rechtsgeschäfte" gibt, welche im Gesetz zwar eindeutig bezeichnet sind (Erbe, Vermächtnis), aber im Volksmund nicht so eindeutig verwendet werden.
Beispiel: "Ich vermache Freund X mein Haus und Kind Y soll meine Aktien bekommen und den Rest erbt Tante Frieda."
U.a. abhängig vom Wert der Aktien und des Hauses bleibt da die Frage, wer da jetzt wirklich Erbe und wer Vermächtnisnehmer werden sollte?
Wenn Kind Y nun ausschlägt, weil die Aktien weniger als der Pflichtteil des gesamten Nachlasses wert sind, und Tante Frieda dann ausschlägt, weil sie als Erbe den Pflichtteil aus "dem Rest" nicht bezahlen kann, muss dann der Staat als Erbe dem Freund das Haus vermachen und Kind Y den Pflichtteil bezahlen?

Der letzte Satz gilt leider nach meinen Erfahrungen allgemein für alle Behörden, deshalb wollte ich das hier anmerken... - man weiß ja nie ob sich nicht dadurch doch was verbessert... *zwinker* - Die Hoffnung stirbt zuletzt... - Denn die Behörden erwarten eine Kommunikation mit genau ihren Fachausdrücken die oft mit dem heute gesprochenen Wort nicht mehr viel zu tun haben... - Würde das ein Chemiker genauso machen, dann würden diese Leute nie Benzin bekommen an der Tankstelle... ;-)

Klingt auf den ersten Blick toll, aber warum benutzen denn Chemiker, Mathematiker und andere Gesellschafts- und Naturwissenschaften eine Fachsprache mit Fachausdrücken? Damit es (hoffentlich) wirklich eindeutig ist wovon geredet wird. Einfach nur Benzin ist ja heute an der Tankstelle auch nicht mehr ausreichend (95, 98, E10, …).

Gleiches gilt halt für Verwaltung und Rechtsgeschäfte. Am Ende soll es ja eben (theoretisch) eineindeutig sein.
Aber ja, auch ich konnte mit dem Rechtsmittel der "Erinnerung" bis zu unserem letzten Hauskauf nichts anfangen.


Zum Abschluss jetzt noch den entsprechende Abschnitt aus dem Testament:

[Enkel sollen 50 % erben,] aber nur dann, wenn sie mich regelmäßig d.h. mindestens sechsmal im Jahr besuchen. … Sollte das nicht der Fall sein, d.h. mich keiner besuchen, werden die restlichen 50 % des Geldes [anderweitig] aufgeteilt.

Und ich finde es spätestens mit dem Nachsatz nicht eindeutig, dass der Erblasser tatsächlich 6-mal im Jahr besucht werden wollte, oder ob nicht auch einzelne Besuche ausgereicht hätten, da die 50 % ja nur dann anderweitig aufgeteilt werden sollten, wenn ihn keiner besucht.

Übrigens betrug die Zeit zwischen Erstellen des Testaments und Versterben des Erblassers weniger als ein Jahr.

Und wie bereits erwähnt lebte der Vater der Enkel noch, war jedoch im Testament überhaupt nicht bedacht und damit enterbt. Insofern würde ich sogar annehmen, dass der Erblasser eigentlich dem eigenen Sohn einen Auswischen wollte, da im Übrigen bei dem Rechtsstreit darüber von der "Gegenseite" angeführt wurde, dass dem Wortlaut nach die Besuch des Erblassers bei den Enkeln auf die Anzahl nicht zählen sollten.
Und wenn es tatsächlich ausschließlich nur um Besuch beim Erblasser ging, und nicht um das Zusammentreffen von Erblasser und Enkeln zwecks Herstellen einer Bindung, dann kann ich schon nachvollziehen, dass es irgendwie im Kern überhaupt nicht um die Besuche als solches ging.
Zuletzt habe ich aus der Urteilsbegründung nicht herauslesen können, wie weit Erblasser und minderjährige Enkel auseinander gewohnt haben, und ob es insofern auch noch jedesmal auf die Mitwirkung der Eltern angekommen wäre um den Besuchswunsch zu erfüllen.
Dies wäre dem Erblasser ja sicherlich bekannt gewesen, und könnte damit die Bedingung im Testament zu einer eigentlich unerfüllbaren Bedingungen für die Enkel machen, welche nach meinem Kenntnisstand regelmäßig abgelehnt werden, ohne die daran geknüpfte Zusage zu verwerfen.


Insofern wiederhole ich nochmal meine Frage vom Anfang:

Wollen wir hier grundsätzlich über sittenwidrige Formulierungen diskutieren, oder über dieses spezifische Urteil?


In freudiger Erwartung auf weitere Diskussionsbeiträge,
Er von JuMy.
*********s_65 Mann
543 Beiträge
@**My:

Ich habe nichts gegen Fachausdrücke! - Ganz im Gegenteil! - Bei Experten untereinander ist das sehr sinnvoll! - Aber nicht von Experte zu Laie... *zwinker*

Nun, ich habe ja meine Meinung gesagt... - Ich erwarte nicht, daß Du sie teilst... *zwinker*

*undwech*
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