Ich wollte ja eigendlich nicht mitsenfen, aber jetzt tue ich es auch.
Ich habe auch einen Hengst, der sich von ich sag jetzt mal zu 95% von allen Hengsten unterscheidet, die hier in unserer Gruppe beheimatet sind.
Wieso?
Es ist ein Criollohengst, der als "Wildpferd" auf den riesigen Flächen einer argentinieschen Estanzia mitten in einer Herde auf die Welt kam.
Drei Jahre lang sah er den Menschen nur 1-2 mal im Jahr zum Ungezieferbad, zum aufbrennen des Brandzeichens und zu Kontrollrietten aus der Ferne.
Er hatte eine unbeschwerte Jugend, mit 3 wurde er dann eingefangen - eingeritten und zum Rinderarbeitspferd ausgebildet.
Seinen Einsatz hatte er dann 4-5 mal im Jahr für ca 3-4 Wochen und dann wurde er immer wieder in die Pampa entlassen.
Manch einer würde jetzt sagen tolles Leben, finde ich auch, aber da fingen seine Probleme schon an ....
Es prägte seinen Charakter, sein Wesen und seine Lebenseinstellung.
Er war Hengst, bewachte seine Herden gegen Rivalen, kämpfte gegen Raubtiere und pflanzte sich fort, alles genau so wie die Natur es vorgesehen hat.
Mit ca mit 8 Jahren wurde er dann eingefangen und verkauft an einen europäischen Händler für in Argentinien viel Geld.
Man kastrierte ihn, bzw versuchte es und schickte ihn mit dem Schiff übers Meer. Mehrere Wochen mit hunderten anderer Pferde - in engen Pferdchen, bei schlechtem Futter und wenig Wasser. Einige Pferde überlebten dies nicht, viele kamen halbverhungert, krank oder traumatisiert in Italien an und und nur die stärksten unter ihnen überlebten diesen Trip.
Flaco überlebte es unbeschadet, wurde vom Händler auf den LkW geladen und ab ging es nach Deutschland ....
Dort wurde er recht zügig an eine Frau verkauft die sich erfahren schimpfte und dachte sie käme mit einem dominanten,selbstbewussten "Wallach" zurecht.
Flaco endlich wieder auf großen Koppeln in Gesellschaft unterwegs, tat wieder das was er in Argeninien auch tat - leben.
Die Schwierigkeiten fingen an und so kam es das er irgendwann alleine auf einer Koppel endete, die die Besitzerin nicht mehr betrat. Tierarzt und Hufschmied mussten alles alleine oder mit Hilfe anderer machen ....
Die die ihn ihr dann abkaufte, damit das lästig gewordene Vieh endlich weg war, wollte ihn als Reitpferd für ihren Mann, war zu meinem Glück leider ein Griff ins Klo war und endete wieder damit, das ein gerne sich beweisendes Tier alleine - weil für den Rest der Hofpferde zu dominant, auf einer Koppel dahinlebte und sich langweilte. Als Gesellschafter ein extrem rangniedriger Wallach dabei - zusammen spielen,toben,fressen Fehlanzeige, weil immer Sicherheitsabstand zwischen den beiden - der europäische Wallach hatte Angst und zwar richtige und berechtigte. Flaco ist kein Schmussehengst, der tut was Hengste tun wenn sie kämpfen und das bis zum Ende.
Als ich dann in Flacos Leben trat, war er extrem eigen - und einfangen, ja das war so eine Sache ...
Da kam mir zu Gute das ich schon einige Criollos in Beritt hatte und selbst zwei schon meinen Besitz nennen durfte.
Das er doch noch Hengst war, stellten wir in Gießen in der Klinik fest, weil ich hab nachschauen lassen - da er in der Herde in der ich eigendlich meinen Platz für ihn hatte, die Stuten besprang und deckte.
Endergebnis: Vollzeugungsfähiger Hengst,da beim Kastrieren in Argentinien ein Hoden vergessen worden war und auch die Samenstränge noch alle intakt waren.
Ab dem Tag war leider Einzelhaft angesagt, bis das ich Gott sei dank einen kleinen Offenstall fand wo ich ihn und seinen Kumpel Rio halten konnte.
Ich wollte weder ein Fohlen von ihm, geschweige den einen Hengst !!!
Flaco gewährte mir seine Gunst und sein Vertrauen und lebt nun seit 6 Jahren bei mir. Im Offenstall mit einem selbstbewussten aber NICHT dominanten Wallach zusammen. Das Flaco noch Hengst ist merkt man in allem, ABER er würde niemals von selber an auf die Stuten gehen wenn er es nicht darf. Dafür hat er eine zu gute und konsequente Erziehung in Argentinien durchlebt.
Heute mit seinen 21 Jahren ist er in keinster Weise altersschwach oder müde, nein er ist Hengst durch und durch, der sicher - wäre er nicht bei mir gestrandet, als Wanderpokal weil schwierig im Umgang von Hand zu Hand gegangen und wohl am Schluss in der Wurst gelandet.
Ich liebe ihn so wie er ist, habe mit ihm die Rangordnung geklärt in vielen immer wiederkehrenden Situationen, auch heute noch und habe mit ihm als sehr sehr gutes Reitpferd in allen Bereichen tolle Erfolge gefeiert, ABER er ist und bleibt ein Hengst, der NIE die optimale Haltung bei uns in Deutschland haben kann und wird.
Deswegen hoffe und wünsche ich mir sehr, das er und sein dicker Kumpel Rio noch lange lange Zeit bei mir auf 5000qm Offenstallgelände + 1 Hektar Koppel ihr Leben genießen können, soweit ich ihnen das bieten kann.
Momentan sieht es ganz gut aus, weil seine Brustkorrpverknöcherungen durch das Wegtreten der Stuten, weil noch nicht soweit und den Tritten aus den Hengstkämpfen in Argentinien, die Verknöcherungen ihr Endstatium erreicht haben, seine Seele zur Ruhe kommt, keine nervenden keifenden Weiber, weil Hengst in einem Reitstall - geht gar nicht, dumme Sprüche von zweibeinigen Besserwissern und unendlich währender Listen von Vorschriften und dummen Argumenten, stets angespannter und gereizter Atmosphäre in den Reitställen.
Ich persönlich werde mir keinen Hengst mehr anschaffen, weil ich weiß das ich diesem NIE die artgerechte Haltung bieten kann.
Die Pferdehaltung wird immer schwieriger, weil immer mehr sogenannte tiergerechte Gesetze und Vorschriften erlassen werden, die aber in der Praxis unbrauchbar sind ...
Hengste gehören in meinen Augen nur in Hände von kompetenten Leuten, die wissen WAS sie da haben und dementsprechen ihnen das bieten können was ein Hengst braucht und ihn auch dementsprechend beschäftigen.
Ich bin auch sehr für einen Sachkundenachweiss für Pferde, genauso wie es die ja auch für Hunde gibt.
Ach und wen´s interessiert, ich hab eine 3 jährige Ausbildung zur Pferdewirtin mit Schwerpunkt Zucht und Haltung gemacht und viele Jahre in verschiedenen Ställen gearbeitet - ich weiß also absolut wovon ich rede.
Ach und sollte es mal zu der Situation kommen, das ich keine Pferde mehr halten kann und Flaco lebt noch, wird er mit mir den letzten Weg gehen, da ich nicht mit dem Wissen leben könnte, das jemand eine tickende Zeitbombe sein Eigen nennt und dann etwas passiert wo Menschen oder auch Tiere zu Schaden kommen könnten - weil ein Hengst mit dieser Vorgeschichte KEIN Kuscheltier ist.