Unglaublich, was die Angst aus den Menschen macht. Viele geraten in Panik!
Die armen Kinder!
Hier ein aktueller Bericht, über die derzeitige Situation!
„Ohne Not kein Risiko eingehen“
Kinderimpfung: Warum es besser ist, auf den Kinderimpfstoff zu warten und welche Gefahr von Omikron ausgeht
Von Ute Strunk
MAINZ/KÖLN/GERNSHEIM. Bis zu 120 Kinder impft eine Kinderärztin aus dem südhessischen Gernsheim täglich – und das schon seit einigen Wochen. Etwa 50 davon sind unter zwölf Jahre alt. Doch für sie gab es bisher noch keine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) und auch noch keinen zugelassenen, verfügbaren Impfstoff. Natalie Vogel bietet die Kinderimpfung für die Jüngeren daher im sogenannten „Off-Label-Use“ an: Sie setzt ein Drittel der Menge des Erwachsenenimpfstoffes ein.
Stiko-Mitglied rät ab
Davon rät Stiko-Mitglied Professor Fred Zepp jedoch ab. Es sei dem Menschen, der geimpft wird, gegenüber nicht gerecht, wenn man ohne Not Risiken eingeht, indem der Impfstoff anders verdünnt und eingesetzt wird als er zugelassen ist, sagt der ehemalige Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz. Schon die Erwachsenenimpfdosis von 0,3 Milliliter sei sehr klein und man müsse die Impfung sehr sorgfältig durchführen, damit der Impfstoff im Muskel ankommt und nicht im Fettgewebe. Nur so würde man eine schützende Impfantwort erhalten. „Wir befürchten, dass die geringe Menge von 0,1 Millilitern jedoch nicht dort ankommt, wo sie hingehört“, sagt Zepp. Die Sorge sei, dass die Patienten dann glaubten, sie seien geschützt, obwohl sie es nicht sind. Zepp empfiehlt daher den speziellen Kinderimpfstoff zu verwenden, der ab der nächsten Woche verfügbar ist. Dieser werde anders „verpackt“ und könne in einer Dosierung von 0,2 Milliliter verimpft werden.
„Impfungen im Off-Label-Use sind nur dann sinnvoll, wenn eine sehr bedrohliche Krankheit im Raum steht beziehungsweise keine Alternativen existieren“, sagt auch Professor Jörg Dötsch, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Uniklinik Köln. Die Covid-19-Infektion für Kinder und Jugendliche habe glücklicherweise kein bedrohliches Ausmaß und es gebe Alternativen sich zu schützen. „Daher raten wir von einem Off-Label-Use ab“, so der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ).
Zwar hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA bereits Ende November den Biontech-Pfizer-Impfstoff für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassen, die Stiko-Empfehlung stand aber noch aus. Am Donnerstag hat nun das Expertengremium in einem Beschlussentwurf mitgeteilt, dass die Corona-Impfung Kindern von fünf bis elf Jahren mit Vorerkrankungen und Kontakt zu Risikopatienten empfohlen wird.
Diese hätten ein höheres Risiko, nicht nur eine banale Infektion zu bekommen, sondern eine schwere Erkrankung, erläutert Stiko-Mitglied Zepp die Empfehlung. Deshalb sei bei Kindern mit Vorerkrankungen das sehr kleine Risiko einer Herzmuskelentzündung durch die Impfung weniger belastend als bei gesunden Kindern dieser Altersgruppe. Doch auch gesunde Kinder sollen bei individuellem Wunsch geimpft werden können. „Nur weil die Stiko aktuell noch keine Empfehlung für alle Kinder aussprechen kann, heißt das nicht, dass wir uns gegen die Impfung wenden. Es heißt nur, dass wir im Augenblick noch nicht genug Daten haben, um die Sicherheit beschreiben zu können.“
Ausgewertet wurden die Daten von 1517 Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren, die in der klinischen Studie mit dem Biontech-Impfstoff geimpft wurden. Dabei könnten jedoch solche Risiken wie Herzmuskelentzündungen gar nicht beurteilt werden, weil diese nur einmal unter 10 000 Impfungen auftreten, erläutert der Mediziner aus Mainz.
Viele Eltern können es kaum erwarten, ihre Kinder impfen zu lassen. Etliche haben Angst, dass sich ihre Kinder infizieren könnten, zumal die Zahl der Neuinfektionen gerade in der Altersgruppe der Fünf- bis 14-Jährigen derzeit am höchsten ist. Die 7-Tage-Inzidenz beträgt dort deutschlandweit rund 969 (Stand 8.12.). Das hänge aber auch damit zusammen, dass Kinder, die einzige Personengruppe sei, die drei – bis fünfmal pro Woche anlasslos getestet werde, sagt Zepp. Kinder seien daher im Vergleich zu Erwachsenen in der Statistik überrepräsentiert, da diese ja meist nur getestet würden, wenn sie krank werden. Zwar sei die Inzidenz bei Kindern am höchsten, die Hospitalisierungsrate jedoch am niedrigsten.
„Die Altersgruppe der Fünf- bis Elfjährigen hat im Hinblick auf die Covid-19-Infektion einen bislang sehr milden Verlauf“, sagt auch DGKJ-Präsident Dötsch. Daher sei es wichtig, die Nebenwirkungen der Impfung den Nebenwirkungen der Erkrankung gegenüberzustellen. „Kinder dürfen – da sie schutzbefohlen sind und wir die Verantwortung für sie haben – nicht für die Pandemiebekämpfung instrumentalisiert werden“. Bei Kindern sei es nötig, dass jeweils ein individueller Vorteil der Impfung zu erkennen ist.
Der Kinder- und Jugendmediziner rät auch mit Blick auf die neue Omikron-Variante dazu, nicht in Sorge zu verfallen. In Südafrika soll es laut Medienberichten eine Zunahme bei Krankenhauseinlieferungen von Kindern der Altersgruppe bis fünf Jahre gegeben haben. „Die Daten zur Omikron-Variante sind noch sehr dürftig“, sagt Dötsch auf die Frage, wie er die Situation für die ganz jungen Kinder einschätzt. Immerhin gibt es in Deutschland vier Millionen Kinder im Alter von null bis vier Jahren. Und für sie ist noch kein Impfstoff in Sicht. Zu den Berichten aus Südafrika sagt der DGKJ-Präsident: „Es bedarf unbedingt einer guten wissenschaftlichen Evaluierung, nicht zuletzt auch in einem vergleichbaren Gesundheitssystem.“ Dötsch erinnert daran, dass bis jetzt bei allen Varianten befürchtet wurde, dass die Erkrankungen bei Kindern schwerer verlaufen, insbesondere auch bei der Delta-Variante. Das Gegenteil sei eingetreten.
Kinder werden nicht ihrem Schicksal überlassen
Im Moment sei es noch zu früh, um zu Omikron schon Prognosen abzugeben, sagt auch die Virologin Isabella Eckerle, Leiterin des Zentrums für neuartige Viruserkrankungen an den Universitätskliniken Genf, in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. „Die Inzidenzen, die wir gerade haben, und die Überlastung im Gesundheitssystem, das ist nicht Omikron, sondern Delta.“ Die gebürtige Rheinland-Pfälzerin aus Speyer sieht in der Kinder-Impfung ein wichtiges Instrument in der Pandemiebekämpfung. Eckerle gehört zu denen, die sagen, man sollte alles versuchen, um Infektionen von Kindern zu verhindern, weil dieses Virus noch relativ unerforscht ist. „Wir kennen dieses Virus noch nicht gut genug, um Langzeitfolgen bei den Jüngeren auszuschließen.“ Es gebe inzwischen genug Daten, die zeigen, dass auch Kinder schwer erkranken könnten. Auch wenn dies nur einen kleinen Prozentsatz betreffe, könne man das nicht einfach ignorieren. Es sei für viele Eltern schwer zu ertragen, dass man die Kinder jetzt quasi dem Schicksal überlassen müsse.
„Die Kinder werden auf keinen Fall ihrem Schicksal überlassen“, sagt hingegen Stiko-Mitglied Fred Zepp. „Wir prüfen ja gerade, was die Infektion für sie bedeutet, und was die Impfung. Gerade beim Einsatz neuer Impfstoffe bei jungen Kindern ist besondere Vorsicht geboten und wir wissen noch zu wenig, um mögliche Langzeitfolgen zu beurteilen.“ In Deutschland seien laut der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) in der gesamten Pandemie bisher 2169 Kinder (Stand 10.12.) wegen Covid-19 in Kliniken betreut worden. Davon sind in der Gruppe der Fünf- bis Elfjährigen laut RKI nur sieben Kinder verstorben. Und diese litten alle an schweren Grunderkrankungen. „Es hatte bisher kein einziges gesundes Kind einen schweren Verlauf oder ist gar zu Tode gekommen,“ so Zepp. Und obwohl wir jetzt eine riesige Infektionswelle haben, gebe es viel weniger stationäre Aufnahmen als im vergangenen Winter. Das bedeute offensichtlich, dass die Delta-Variante bei Kindern viel weniger Probleme erzeugt als die Alpha-Variante. Zudem gebe es in dieser Welle deutlich weniger Folgeerkrankungen wie PIMS (Pädiatrisches Inflammatorisches Multisystem Syndrom) als vor einem Jahr.