02
Cuba Libre
“Und du glaubst nicht, dass es sich wieder einrenken wird?”
Andrea hatte die Frage wie beiläufig formuliert, ohne einem mitschwingenden Unterton oder dem
unausgesprochenen “Warte ein paar Wochen, die kommt sicher wieder zurück” seines
Freundeskreis. Dennoch schüttelte Erich den Kopf so heftig, dass sie ein Stück zurückwich.
“Da gibt es nichts “einzurenken”!”
Er trank von seinem Glas, stellte es sorgfältig auf den mit Unterlagen und Papieren vollgepackten
Fernsehtisch und seufzte.
“Sie hat sich in ihren Arbeitskollegen verknallt, der Arbeitskollege in sie. Er hat seine Frau
verlassen, sie hat mich verlassen und seit...”
Demonstrativ fischte er sein Smartphone aus der Hosentasche, durchblätterte den Kalender und
legte es neben dem Glas ab.
“...zwei Wochen leben sie jetzt in ihrer gemeinsamen Wohnung. Das hat nichts mit einer Ehekrise
oder einem Streit zu tun, das ist das endgültige Aus. Für immer.”
Er blickte in ihre Augen, ihren skeptischen Gesichtsausdruck, und erriet ihre Gedanken, ihre
nächste Frage.
“Ja, ich glaube wirklich, dass es bei ihnen ernst ist. Und weißt du was? Ich bin nicht wütend. Ich
spüre keinen Hass. Reisende soll man nicht aufhalten, und wenn die Liebe wo hinfällt, dann ist man
sowieso machtlos. Sollen sie doch glücklich werden...”
Andrea trank ihr Glas leer, sah ihn prüfend an, und beschloss nach einigen schweigsamen
Sekunden, dass er es tatsächlich ernst meinte, sich nicht selbst belog.
Und sie hatte recht damit. Erich hatte in den letzten Tagen mit dem mehr als 10jährigen Kapitel
seines Lebens abgeschlossen. Während auf dem Bildschirm gerade Hobbits um ihr Leben kämpften
– sie hatten sich gemeinsam auf Herr der Ringe, Directors Cut geeinigt – füllte er beide Gläser von
neuem mit Rum (Havanna Club, 7jährig, nichts Besonderes aber zum Mischen durchaus geeignet)
und Cola.
“Das einzige, was ich mich manchmal noch frage, ist WARUM? Warum zieht sie ihn mir vor?”
Andre nickte und lehnte sich auf dem Sofa zurück, den Blick halb auf ihn, halb auf den Fernseher
gerichtet. Den Ton hatten sie bereits vor einer halben Stunde, als ihr Gespräch ernster wurde,
abgedreht.
“Am Sex kann es mal nicht gelegen haben.”
Andrea grinste bei diesen Worten, und Erich sah sie an, als ob sie den Verstand verloren hätte.
“Woher willst du denn wissen...”
Er ließ die Frage unvollendet im Raum schweben, aber sie war berechtigt. Sie kannten sich beide
seit ihrer Kindheit, hatten die Teenager- und die Studentenjahre meist miteinander verbracht, und
dennoch war zwischen ihnen nie etwas gelaufen. Einmal, in den späten 90ern, hatte Erich einen
Anlauf unternommen, der von Andrea brüsk abgewiesen worden war. Ihrer Freundschaft hatte dies
keinen Abbruch getan, und heute...
...ja, heute waren sie soetwas wie “beste Freunde”. Erich hatte bewiesen, dass der beste Freund
eines heterosexuellen Mannes mit gesundem sexuellen Apetit durchaus auch eine gutaussehende
Frau Mitte Dreissig sein kann, ohne dass man(n) dabei wahnsinnig wird. Auch jetzt sah sie
hinreißend aus, mit ihren langen braunen Haaren, den weichen, ebenso gefärbten Augen und einer
runden, weiblichen, aber immer noch nicht “Mollig” zu nennenden Figur. Sie war beinahe perfekt,
und dennoch hatten sie nie...
“Maria. Sie nennt dich immer noch “die Zunge”.”
Andreas Worte und ihr Lächeln (irrte er sich oder war es nun beinahe anzüglich?) rissen ihn aus
seinen Gedanken, und plötzlich verstand er. Natürlich! Maria! Wie hatte er vergessen können? Er
war mit Andreas kleiner Schwester liiert gewesen – damals, vor Äonen. Was erzählten sich
Schwestern untereinander über ihre Lover? Vermutlich alles, dachte Erich, als er sich wieder neben
Andrea setzte und ihr das Glas reichte. Sie prosteten sich zu, sie nippten beide wie synchronisiert an
ihren Gläsern, und plötzlich...
...plötzlich sind ihre Lippen an den seinen. Wie in Trance stellt er das Glas ab, ebenso wie sie,
erwidert den Kuss und findet sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in einer Umarmung wieder,
die er in einer derartigen Leidenschaft schon seit Jahren nicht mehr erlebt hatte. Nach den ersten,
zärtlichen, behutsamen Sekunden, ist SIE es, die mehr will, und fordernd ihre Zunge durch seine
Lippen stößt, um sich an seine zu schmiegen. Dass Gandalf der Graue mit einem Balrog ringend in
die Tiefe stürzt, bekommen beide nicht mehr mit, denn mit geschlossenen Augen schmusen sie auf
Erichs Familiensofa wie verliebte Teenager.
“Vor 15 Jahren hättest du dafür gemordet, und jetzt passiert es einfach so”, ist einer der wenigen
bewussten Gedanken, zu denen Erich noch fähig ist, während sie zärtlich in seine Unterlippe beißt.
Seine Händ wandern von ihrem Rücken zurück, streichen über die Bluse, bleiben dann auf ihrer
Schulter ruhen, ehe sie langsam auf die Brüste gleiten. Sie fühlen sich groß an, groß und schwer,
und es fühlt sich so richtig an, sie zu halten, sie zu streicheln, sie zu...
Doch nein! Es ist falsch – zumindest denkt das Erich für einen unendlich kurzen, unendlich
intensiven Sekundenbruchteil. Sie ist verheiratet, sie hat Kinder – und ihr Mann – ich kann ihm
doch nicht antun, was mir soeben angetan wurde?
Das letzte Aufbäumen seines schlechten Gewissens geht in einem leisen Kichern unter, ihrem
Kichern, als sie ihn sanft in den Hals beißt und gleichzeitig mit erstaunlich geschickten Fingern den
Reißverschluss seiner Hose öffnet. Sein eigener Schwanz verrät Erichs Gewissen – und streckt sich
jetzt bereit aus dem Baumwollschlitz der Boxershirt hervor, gestreichelt von einer Andrea, die seine
Proteste mit einem tiefen, langen Kuss verstummen lässt, ehe sie mit einem Ruck zur Seite rutscht
und ihren Kopf in seinen Schoß liegt.
Warm.
Warm, feucht und angenehm, unendlich angenehm ist das süße Empfinden für Erich, als ihr Mund
ihn umschließt, und sie ein unerwartet geschicktes Spiel mit seiner Eichel beginnt. Immer wieder
reibt die rauhe Oberseite ihrer Zunge über die empfindliche Unterseite seiner Eichel, während ihre
rechte Hand ihn am Schaft festhält und die linke....
“Was macht sie denn da?” denkt sich Erich, als sie geschickt die Hose herabzieht und die linke
Hand seine Pobacken kneift, ehe sich ihr linker Zeigefinger langsam zu jener empfindlichen Stelle
kurz vor dem Anus bewegt und zielgerecht sanften, pulsierenden Druck ausübt.
“Woher weiß sie?!” schießt es ihm noch durch den Kopf, ehe er sich wieder an Maria erinnert.
“Gibt es eigentlich irgendetwas, dass Schwestern nicht miteinander besprechen?!” ist sein letzter
bewusster Gedanke, und dann will er auch schon schreien, will Andrea warnen, will ihr sagen, dass
er gleich kommen wird...
….doch stattdessen krampft er sich mit den Händen in den Bezug des Sofas und stöhnt auf, als er
Welle für Welle seiner Ladung in ihren Mund pumpt. Während sie unbeirrt weitermacht, leckt,
saugt, schluckt und weitersaugt, sogar über jenen Punkt hinaus, an dem die Überreizung von “geil”
zu “unangenehm” übergehen kann.
Sie richtet sich auf, blickt ihn kurz scheu an, und küsst ihn endlich wieder. Er schmeckt sich selbst,
seinen Saft in Resten auf ihrer Zunge, und hunderttausenden Fragen schießen ihm durch den Kopf.
Doch er kann sie nicht in Worte fassen, er kann lediglich stammeln: “Und jetzt?!”
“Und jetzt”, sagt Andrea mit einem sehr spitzbübischen Lächeln, “darfst du beweisen, dass dein
Spitzname gerechtfertigt ist.”