Freigeist in der Schublade
Mir ist durchaus bewusst, dass ich in Schubladen denke.
Besonders aufgefallen ist es mir mal wieder, als ich am Arbeiten war, jemanden sah, der asiatische Wurzeln hatte und sich auch so mit seinem Kollegen unterhielt. Als er und ich dann redeten und er akzentfrei Hochdeutsch sprach, war ich baff. Ich habe mich bei ihm entschuligt und ihm erklärt, dass ich ihn Aufgrund seiner Erscheinung in eine Schublade gesteckt hatte, nämlich: "Spricht nur gebrochen Deutsch und versteht nicht alles - bereite dich auf längere Erklärungen vor". Er hat nur gelacht und sich bedankt, dass ich so ehrlich war.
Da wurde mir wieder enorm bewusst, dass ich ein Schubladendenker bin, so wie viele anderen auch. Aber ich finde es auch nicht schlecht. Unsere Schubladen sind nämlich nicht ausschließlich schlecht, sondern schützen uns auch. Wenn ich z. B. jemandem begegne und das Gefühl habe, die Schublade: "der kann mir gefährlich werden" öffnet sich, dann halte ich mich von ihm fern.
Deswegen tendiere ich dazu zu sagen Schubladendenken ist nicht per se schlecht, sondern tendenziell eher gut. Allerdings muss ich mich auch lösen können und darf nicht an meinen vorgefertigten Schubladen hängen. Die Kunst der Reflexion und Metareflexion macht den Unterschied, ob es gut oder schlecht ist, wenn wir Menschen beurteilen.