Nun, zur Frage am Anfang des Themas: Wie es mir ergangen ist?
Sapiosexualität ist ein neuer Begriff und ich fange gerade an, mich mit dem Begriff auseinander zu setzen. Ich vermute Sapiosexualität bei mir selbst, doch ganz sicher bin ich nicht.
Ich fühlte recht früh, dass meine Sympathien etwas anders funktionierten, als bei den meisten mir bekannten Personen. Die anderen konnten mir recht gut sagen, was sie an anderen anziehend finden, was sie erregt etc.. Ganz lange Zeit (vor allem in der Jugend) war es für mich schwierig. Ich konnte nicht sagen, mir gefallen brauen/grüne/blaue Augen, blonde/dunkle Haare, knackige/runde Hintern, Waschbrett- oder Teddibärbauch u.a.. Wenn ich jemanden anziehend fand, war es schwierig zu beschreiben. Ich erzählte Sachen, wie "ich kann mit ihm gut reden, er steckt mich an mit seiner Faszination für dieses und jenes Thema, oder er weiß alles über dieses Thema, das ich bis jetzt nicht verstehen konnte... "
Parallel dazu hatte ich Partner, mit denen ich zwar intim geworden bin, sie jedoch auf lange Sicht langweilig fand. Und es waren so tolle Menschen! Ich habe mir recht schnell eine Strategie zugelegt, dass ich mich für das zu interessieren versuchte, worin sie sich gut auskannten. Sprich vom Steinmetzt habe ich mir alles Mögliche über z.B. Marmor erklären ließ, vom Architekten über die Stile der Architektur, vom Koch über die Kunst seiner Profession usw.. Diese "Krücke" half aber auch nur für einige Monate.
Irgendwann konnte ich meine Vorlieben etwas genauer in Worte fassen "Ich liebe einfach Menschen, die mir etwas beibringen können. Und habe ich von ihnen gelernt und merke, dass ich nichts mehr Neues von ihnen lernen kann, schwindet die Anziehungskraft rasant und ich mag ihn nicht mehr in meinem Bett haben." Ich liebe Menschen, die sich in einem oder vielen Themen extrem gut auskennen, die für ihre Themen regelrecht brennen! Solche Menschen triggern mich, sie nehmen mich mit und ich reite wie von selbst dieselbe Welle, die sie reiten! Ich bin gefesselt, ich könnte vor Glückseligkeit einfach heulen und zum Orgasmus käme ich fast allein durch seinen Blick auf mich und von seinen Lippen ausgesprochener Name für mich.. Es ist verrückt!
Seit vielleicht 15 Jahren kann ich definitiv sagen, dass ich mich als erstes in den Verstand eines Menschen verliebe. Ich war in viele meiner Lehrer und Dozenten verliebt! Sogar mit 30 noch. Ich liebe immer noch Menschen und werde wohl diese immer lieben, die mir etwas beibringen können.
Ich unterscheide zwischen Sex und feste Beziehung. Ich kann wohl Sex mit jemandem haben, dessen Verstand mich nicht fesselt. Allerdings erhoffe ich mir von solchen Menschen, dass ich wenigstens auf erotischer oder sexueller Ebene etwas von der Person lernen kann. Wenn es für mich nichts, so gar nichts zu lernen gibt, wenn die Person mir nichts anbieten kann, was meinen Geist anregt, ihn kitzelt und/oder herausfordert, werde ich nicht "feucht im Schritt". Ich behandle die Person mit Respekt und Freundlichkeit. Aber ich werde mit dieser Person nicht intim werden können.
Nun, das ist meine Geschichte, die mich zu der Annahme führte, ich wäre sapiosexuell. Bin jedoch noch am herausfinden, was der Begriff überhaupt bedeuten soll, welche Formen von Sapiosexualität es gibt und vieles vieles mehr. Und auch deshalb bin ich sehr gespannt, was ich in dieser interessanten Gruppe alles herausfinden und lernen werde. Ich freue mich auf jeden Fall!