Es gibt sehe einige Faktoren als wirklich neu und mit Einfluss auf die Gesellschaft an:
• der in vielen Familien gewachsene Wohlstand (Ich weiß: es gibt auch viele prekär Lebende.) Verzicht auf Konsumgüter für viele keine Notwendigkeit mehr, allenfalls eine Fastenübung. Kindern Genügsamkeit beizubringen erfordert eisernen Vorbildcharakter und erzieherische Konsequenz, was viele Eltern nicht aufbringen.
• Soziale Medien. Du bist, was Du scheinst. Wir seufzen bei einem Sonnenuntergang nicht mehr gedankenverloren, sondern sind aufgekratzt von der Vorfreude über die Likes für das einmalige Foto davon. Wir verlernen, genügsam "im Hier und Jetzt" zu sein, stattdessen hechelt unserer Gehirn süchtig nach Bestätigung durch Dritte (Selbst beim Fasten vor Ostern ersetzen wir den Kick durch Alkohol, Schokolade oder Tabak lediglich durch das Wohlgefühl der Anerkennung, weil wir unsere Abstinenz ja unaufgefordert mit allen teilen
)
• Vergleichbarkeit. Mit den Medien einher geht eine Erosion der Fähigkeit, zufrieden zu sein, weil die Ziele immer höher gesteckt werden. Viele können zwei Wochen am Mittelmeer nicht mehr genießen, wenn die Freunde in Dubai Jetski fahren.
• Liberalisierung: So wertvoll die Freiheit, nahezu alles tun zu können, auch ist, so anstrengend ist für viele das Gefühl, sich tatsächlich auch selbst optimieren zu müssen. Nabelschau fördert aber auch narzistischen Egoismus.
• ganz neu: Das Gefühl, dass die Welt (und damit die eigenen Perspektiven) NICHT immer ein wenig besser wird. Ich habe echtes Mitleid mit jungen Leuten, die einer chaotischen Destabilisierung unserer doch bisher heilen Welt (hier in Westeuropa) entgegensehen.
Diese Faktoren haben sicher unser Miteinander verändert. Oft nicht zum Guten.
Es gibt aber auch ungezählte Gegenbeispiele, wo die genannten Einflüsse POSITIVE Wirkungen zeigen: der Wohlstand lässt Menschen Raum, ihre Träume zu verwirklichen, gesunde Nahrung zu kaufen, Photovoltaikanlagen zu installieren, fremde Kulturen kennenzulernen und zufrieden zu leben. Die Liberalisierung hat den Joyclub hervorgebracht, ermuntert bisherige Minderheiten für ihre Rechte zu streiten und erlaubt uns individuell, unseren eigenen Lebensstil zu entwickeln. Die Vergleichbarkeit in sozialen Medien deckt Rückstände auf, zeigt Perspektiven und ermuntert Gleichgesinnte, sich zu vernetzen. Und die Sorge um die Zukunft treibt viele aus der Komfortzone in politisches Engagement.
Mit einem Messer kann man ein Brot teilen oder den Konkurrenten meucheln.
Wie immer kommt es also auf den Blick jedes Einzelnen auf seine Umwelt an, die Schlüsse daraus und ob und wie er/sie dann letztlich handelt.
Wir haben immer gerade genau die Verhältnisse, die wir verdienen