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Lippenunterspritzungen als Sehnsucht - Kurzgeschichte

*****set Mann
11 Beiträge
Themenersteller 
Lippenunterspritzungen als Sehnsucht - Kurzgeschichte
Lisa betrat die Schönheitsklinik mit dem vertrauten Gefühl eines routinierten Gangs. Seit Jahren ließ sie sich hier ihre Lippen unterspritzen, stets darauf bedacht, die natürliche Form zu bewahren. Sie mochte es subtil, elegant. Doch in letzter Zeit hatten sich ihre Gedanken verändert, ohne dass sie es wirklich wahrnahm.

Während sie im Wartezimmer saß, blätterte sie durch die neuesten Modemagazine. Überall sah sie Bilder von Frauen mit überdimensionierten Lippen, die sie abstieß. Diese künstlich aufgespritzten Mündchen erschienen ihr wie Karikaturen, weit entfernt von der natürlichen Schönheit, die sie selbst verkörperte. Doch warum schaute sie immer wieder hin? Warum ließ es sie nicht los?

Ihr Blick wanderte durch das Wartezimmer, bis er auf ihre Kollegin Lucia fiel. Lucia war gerade aus dem Behandlungsraum gekommen, ihre Lippen unglaublich prall und voll. Es war, als hätte man ihre Lippen mit einem Luftballon aufgeblasen, und doch war da etwas, das Lisa nicht losließ. Eine merkwürdige Erregung, ein Verlangen, das sie nicht verstand, durchzuckte sie.

Lucia lächelte ihr zu, ein Lächeln, das durch die frischen Injektionen noch betonter wirkte. "Lisa! Lange nicht gesehen", sagte sie, ihre Stimme klang seltsam verändert durch die geschwollenen Lippen.

"Lucia", antwortete Lisa zögernd, "deine Lippen... sie sind..."

Lucia grinste, als hätte sie auf genau diese Reaktion gewartet. "Ja, ich habe heute eine etwas höhere Dosis genommen. Sie sind wundervoll, nicht wahr? Man fühlt sich gleich wie ein neuer Mensch."

Lisa nickte, obwohl ihr Inneres rebellierte. Sie konnte ihren Blick nicht von Lucias Lippen lösen, fühlte eine Mischung aus Faszination und Abscheu. "Ja, sie sind... beeindruckend."

Kurz darauf wurde Lisa zu ihrem Termin aufgerufen. Der Raum war hell erleuchtet, steril und doch vertraut. Sie setzte sich auf den Behandlungsstuhl und die Betäubungscreme wurde auf ihre Lippen aufgetragen. Während sie wartete, fühlte sie, wie die Nervosität in ihr aufstieg. Aber war es wirklich Nervosität oder war es etwas anderes?

Die Tür öffnete sich und ihre Ärztin trat ein. "Bereit, Lisa?" fragte sie mit einem professionellen Lächeln.

Lisa nickte, ihre Gedanken wirr. "Ja, wie immer. Nur eine kleine Menge, um die Form zu bewahren."

Während die Ärztin die Hyaluronsäure vorbereitete, schloss Lisa die Augen. Die Kälte des Gels drang in ihre Lippen ein, und plötzlich war es da, dieses unbändige Verlangen. Sie wollte so aussehen wie Lucia. Sie wollte diese prallen, vollen Lippen, wollte das Gefühl von Neuheit und Verwandlung.

"Ähm, könnten wir vielleicht... dieses Mal ein bisschen mehr?" hörte sie sich selbst sagen, überrascht von ihrer eigenen Stimme.

Die Ärztin hielt inne und sah sie prüfend an. "Sicher, Lisa. Bist du dir sicher?"

Lisa öffnete die Augen und nickte entschlossen. "Ja, ich bin mir sicher."

Die Injektionen gingen weiter, und mit jedem Tropfen, der in ihre Lippen floss, wuchs die Sehnsucht in ihr. Als die Prozedur beendet war, fühlte sie ihre Lippen schwer und geschwollen. Sie stand auf, betrachtete ihr Spiegelbild und sah eine neue Version ihrer selbst. Es war überwältigend und doch... befriedigend.

Auf dem Weg nach draußen traf sie wieder auf Lucia. "Du hast dich entschieden", bemerkte Lucia mit einem wissenden Lächeln.

Lisa lächelte zurück, ihre neuen Lippen fühlten sich seltsam an, aber sie wusste, dass sie den richtigen Schritt gemacht hatte. "Ja, ich denke, ich habe es getan."

Und während sie die Klinik verließ, fühlte sie sich tatsächlich wie ein neuer Mensch. Ein Mensch, der sich der Verlockung der Veränderung hingegeben hatte, trotz aller inneren Widerstände.
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