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Zu viele zu Rettende....

*******hick Paar
553 Beiträge
Auf einer Reise nahe Neapel hatten wir ( auch mit Flüchtlingshintergrund) mal bei einer Nachtwache (... und an den nächsten Abenden mit der ganzen Crew) das Thema diskutiert.
Ausgangslage: perfektes Wetter weit draußen plötzlich treiben querab auf Sichtweite ( zu viele 10,20,...) Menschen im Wasser und ein Offentsichtlich Leck geschlagenes Boot im Wasser.
Unsere Lösung:
1. Lage checken ( Wo/ Wie viele / Was)
2. sofort Notruf
3. In Luv zu den Schiffbrüchigen drehen Dingi mit Wasser zu den Schiffbrüchigen treiben lassen.
Auf keinen Fall nur einen an Board nehmen da wir nicht selektieren wollen und können.
Unsere schließlich übereinstimmende Meinung.
****li Mann
278 Beiträge
Es gibt einen auf den ersten Blick brutalen Spruch aus der Zeit der Kap Hoorn umrundenden Fracht führenden Rahsegler: Zuerst das Schiff, dann die Fracht, dann der Mensch. Der Sinn erschließt sich erst nach einigem Nachdenken, hilft dann aber bei solch kniffligen Abwägungs-Entscheidungen wie im geschilderten Fall vor den Kanaren.
Was bedeutet das für mich? Ich bin Einhand mit einem alten 30 Fuß Backdecker unterwegs. An Bord kommt man über Hecksprossen mit angehängter Badeleiter; ca. 1 Meter plus fester Seereling; und das ist nur im fitten und ruhigem Zustand möglich. Die zu Rettenden sind in einem körperlich, geistig, emotional desolaten Zustand. Jeder Einzelne müßte über wie auch immer geschorene Takel an Bord geholt werden. Da ich kein austrainierter Mitt-Zwanziger mehr bin trau ich mir maximal zwei Leute auf diese Weise aus dem Wasser zu ziehen zu. Ob diese beiden dann die restlichen 10-20-30 Verbliebenen bergen können wage ich stark zu bezweifeln; aus mehreren Gründen!
Was kann ich also TUN?
Hoffen, das meine Kommunikations-Geräte funktionieren und genügend Strom haben um Hilferufe abzusetzen und alles was schwimmt in Luv des Havaristen ausbringen. Danach fahre ich außer Sichtweite ...

Eine Anmerkung sei noch erlaubt. Wir gehen immer von unserer Sichtweise und Verantwortung aus. Trifft nicht Menschen, die sich bewußt auf solch eine gefährliche Reise, aus welcher Not heraus auch immer, eine Mitschuld an dem Desaster? Sind wir verpflichtet, Menschen die sich vorsätzlich in Gefahr begeben in jedem Fall zu helfen und unser eigenes Überleben hintanzustellen?
******_69 Paar
6.710 Beiträge
@****li , Das mag ja im Fall der Flüchtlinge in einem Boot zutreffen, was aber mit Schiffbrüchige mitten im Atlantik, weit und breit nichts, oder im Boot und ein Schwerwetter naht?
*********sicht Paar
2.681 Beiträge
@****li - deinen letzten Gedanken solltest du aber auch konsequent zu Ende denken - z.B. keine Rettung von verschütteten Skiläufern, wenn diese abseits der Piste waren, wer bei Rot die Strasse überquert und angefahren wird, wird nicht behandelt, Kopfverletzungen bei Radfahrern ohne Helm werden nicht behandelt, Yachtsegler, die trotz Starkwindwarnung auslaufen, werden nicht aus Seenot gerettet, ganz zu schweigen von Paraglidern, Freeklimbern, Vendee-Globe- Seglern und und und.
Und diese Beispiele betreffen Menschen, die nicht vor Not und Verfolgung fliehen, sondern sich "Just for Fun" in Lebensgefahr begeben.
Ausserdem - TODESSTRAFE für den Versuch einer , eventuell illegalen, Einreise ?????
****di Mann
857 Beiträge
Es gibt zur allgemeinen Situation eine Handlungsanweisung, die in Kürze wiedergegeben so lautet:

Abstand halten und in Sichtweite bleiben, nicht zu nahe kommen, sonst springen die Schiffbrüchigen ins Wasser.

Notruf mit Positionsdaten absetzen und das Boot weiter aus sicherer Entfernung beobachten.

Alles andere würde die Crew des rettenden Schiffes gefährden.

Menschen im Wasser zu retten ist nicht einfach und ob im Schleuserboot noch bewaffnete Schleuser sitzen, kann auch niemand beurteilen.

Jeder Einzelfall erfordert eine Entscheidung, es ist schwierig, diese im Vorfeld mit einem Ergebnis zu diskutieren.
****li Mann
278 Beiträge
@*********sicht
Die letzte Anmerkung mit der Todesstrafe find ich fehl am Platz; um es höflich auszudrücken.

Die "Just for Fun" Leute sollten zur Kasse gebeten werden. Und die ganz besonders Uneinsichtigen sich öffentlich verantworten müssen. Was ja auch teilweise schon passiert und so weit mir bekannt ist fordert z.B. die DGzRS ihre Auslagen mit kräftigem Aufschlag von den "Brüdern Leichtfuss" zurück.
****li Mann
278 Beiträge
@******_69
Stell dir vor, du kommst beim Untergang der Titanic vorbei! Der Grund, warum die Menschen auf die Reise gegangen sind ist zwar sehr verschieden, ändert aber nix an der Beurteilung der Lage und retten kannst du nur wenige etc.
*****ree Frau
22.075 Beiträge
Gruppen-Mod 
Zitat von *********sicht:
Ausserdem - TODESSTRAFE für den Versuch einer , eventuell illegalen, Einreise ?????

Was soll dieser Satz? Den halte ich für unangebracht, nicht zielführend und für sehr provokant. Ausserdem ist das menschenverachtend 😔
******_69 Paar
6.710 Beiträge
@****li ,Nur von weitem zusehen wie die Leute im Eiswasser absaufen könnten wir aber trotzdem nicht.
****li Mann
278 Beiträge
,Nur von weitem zusehen wie die Leute im Eiswasser absaufen könnten wir aber trotzdem nicht.

Joh, da hilft, wenn man auf allen Augen inclusive der Hühneraugen blind ist! *ironie*
*********sicht Paar
2.681 Beiträge
Zitat von *****ree:
Zitat von *********sicht:
Ausserdem - TODESSTRAFE für den Versuch einer , eventuell illegalen, Einreise ?????

Was soll dieser Satz? Den halte ich für unangebracht, nicht zielführend und für sehr provokant. Ausserdem ist das menschenverachtend 😔

@*****ree - mein Satz bezog sich auf ojolli, der anmerkte, ob man überhaupt Menschen retten sollte, die übers Mittelmer flüchten, denn diese würden sich ja wissentlich in solche Gefahr begeben.
Diese Aussage finde ich Menschenverachtend und darauf bezog sich mein Satz.
*******hick Paar
553 Beiträge
... und schon wieder sind wir bei der Politik *popcorn2*
Irgendwie traurig wie schnell das geht und hauptsächlich mit wie wenig Sachverstand da beharrt statt diskutiert wird😉
*******n_43 Frau
298 Beiträge
Themenersteller 
@****an Dankeschön, hatte ich auch gefunden....


STYX Was für ein Name!....bleiben wir weg von der Politik, im Lager des Segelns und beim "Wasser des Grauens" somit beim Thema....
Ein NOTRUF wird bei der Gefahr für's Leib und Leben abgesetzt.
Im von @*****nia geschilderten Beispiel:
47' 6 Crewmitglieder
Es sind ca. 30 Menschen im Wasser, (Panik, Todesangst) kein Rettungschiff in der Nähe, Küste in nächsten 5 Stünden erreichbar, See rau ...
1. MOB, Notruf absetzen, Not-Funker-Stelle besetzen (1 Person) Rettungswesten an!
1a im Film wurde sie angewiesen weg zu bleiben und nichts zu unternehmen!
2. Mit Distanz (10 m?) einkreisen, in Beilieger gehen, Luv, Motor aus (2 Personen+ Rudegänger/Skipper, Beobachter)
3. z.B. Dingi, Fender an die Leinen (evtl. mit Palstek mehrere an einer Leine), Rettungskragen (übrigen 3 Crewmitglieder)
4. In Ruhe und besonnen beobachten und handeln, egal wie verzweifelt man sicherlich sein wird;
5. Die Rettungsinsel würde ich nicht rausbringen!
6. ohne Selektion Menschen aus'm Wasser an Bord holen, Dingi hinter sich schleppen
7. auch als Atheist auf Hilfe von wo auch immer hoffen, dass alles gut wird

Wäre das vertretbar?

Sollte man viel weiter weg von der Küste sein, ....da wage ich mir die Entscheidung gar nicht auszudenken.
Die Verantwortung für die Crew immer im Auge behalten.
********Face Mann
139 Beiträge
Andere Frage dazu,

was macht Ihr, wenn Ihr ein oder zwei Personen in einer Tonne an den Kanaren vorbei treiben seht? Jetzt egal ob 70sm östlich oder westlich davon.
********Face Mann
139 Beiträge
Nicht falsch verstehen, es gehen auch etliche Personen mit der Tonne oder den kleinen Ruderboot über den Atlantik. Die haben Vertrauen in die Tonne und möchten möglichst nicht belästigt werden, bis sie im Westen am Strand anlanden.

Man kann also keinesfalls sagen, dass gleich das gesamte Programm, ohne Not, gezogen werden muss.

Es kommt halt immer drauf an...
******l23 Mann
1.441 Beiträge
Zitat von *******n_43:
Motor aus
kurze Verständnisfrage

wäre mit Motor nicht besser, um "beweglich" zu bleiben? Auch auf die Gefahr hin, dass evt "etwas" in die Schraube kommen kann?
Klingt zwar doof, ist aber nicht so gemeint
****54 Mann
73 Beiträge
Das mit dem Motor aus bzw. auskuppeln hängt doch wahrscheinlich auch sehr von der Antriebsanlage ab. Ein tief kurz hinter dem Kiel angeordneter Saildrive dürfte wohl weniger problematisch sein als ein angehängter Aussenborder oder Schachtmotor. Ein Jetantrieb oder Schottel dürfte in der Hinsicht am unproblematischsten sein, auch was die Verletzungsgefahr von im Wasser treibenden angeht.
*********egler Paar
1.597 Beiträge
Das was @*******n_43 schreibt/zusammenfasst ist aus meiner Sicht nicht nur vertretbar sondern macht sehr viel Sinn. Auch noch Dank an @*****nia fuer den Beitrag von Erlebtem.

Einige Punkte kann man noch vertiefen bzw an Scenarios anpassen.

Insgesamt hat man hier etwas, was auf jeden Schiff als Leitfaden vorhanden sein sollte.

Ich werde mir das kopieren (@*******n_43 OK?) und in ein Mind Map einbauen. Dort ist es sehr leicht lesbar und kann auch leicht weiter vertieft werden. Am Ende werde ich es in meinem eigenen Notfall-Handbuch haben fuer den Fall das in einer Situation Fragen aufkommen.

STYX - koennte ein interessanter Film sein. Er sollte nur nicht "Der Weisse Hai", "The Perfect Storm"- Niveau haben haben. Aber das weiss man erst am Ende!
******lor Mann
924 Beiträge
Bei einem echten Seenotfall würde ich nach dem absetzen eines Funkspruch soviele versuchen zu retten wie es geht, ohne meine Crew, mich und das Boot in Gefahr zu bringen. Aber bei einem offensichtlichen Flüchtlingsboot und nur mit Männern besetzt würde ich nach dem Funkspruch mit Ortsangabe ganz weit Abstand halten und beobachten.
****di Mann
857 Beiträge
Wichtig wäre auch, die richtigen Nummern zu wählen ...
Die Coastguard wird in den meisten Ländern über Kanal 16 erreicht. Erfolgt keine Antwort, kann der nächste Schritt eine Telefon-Kurzwahl sein, über die man diese erreicht. In Italien ist das die sogenannte "Numero Blue" 1530, In Griechenland die 108, in der Türkei die 158.

Wichtig: Solche Kurzwahl-Nummern funktionieren nur im jeweiligen nationalen Handy-Netz! Im türkisch-griechischen Grenzbereich wählt sich das Mobil-Telefon gern einmal in das stärkere Netz des Nachbarlandes ein, so kann der Notruf dann abgelehnt werden. Kommt man auch über diese Nummern nicht weiter, am besten das deutsche MRCC in Bremen anwählen. Unter (0049) (0)421/536870 erreicht man rund um die Uhr die Leitstelle, die den Notfall dann sofort an die nationalen MRCC weitervermittelt.
****di Mann
857 Beiträge
Es gibt auch eine interessante Handlungsanweisung:

https://www.proasyl.de/wp-co … faden_Seenotrettung_2015.pdf
*********egler Paar
1.597 Beiträge
@****di Sehr gute Info im Link!!!. Danke.
*******nimo Mann
16 Beiträge
Eine absolut fürchterliche Situation. Bei all den Beiträgen gewinne ich zunehmend den Eindruck, dass man da vermutlich nichts richtig, aber ne ganze Menge falsch machen kann. Ich würde jedenfalls nicht unternehmen, was die eigene Crew und das eigene Boot in Gefahr bringt. Ist aber auf der warmen Couch einfacher gesagt als vor Ort entschieden. Wenn ich mich richtig erinnere, wird das Retten von Flüchtlingen in einigen Charterverträgen in solchen Regionen sogar explizit untersagt.
****li Mann
278 Beiträge
Den link zu proasyl finde ich sehr hilfreich - ausdrücklich großen Dank an @****di.

Er zeigt aber auch, wie schnell man in politische bzw. staatliche Auseinandersetzungen als nicht nur vor der eigenen Haustür segelnder kommen kann. Und er zeigt auch, das man ganz schön abgebrüht und gut vorbereitet in rechtlichen Fragen sein muss, um bei einer solchen Situation klar zu kommen. Und er gibt, wie sollte es auch anders sein bei Vorschriften/Gesetzen, nur eine oberflächliche "Gebrauchsanweisung". Nicht jeder hat ein auf dem neuesten Stand der Technik befindliche Kommunikationsanlage an Bord, als nur ein Beispiel.

Zurück zur eigentlichen Frage: ein klassischer Fall eines Dilemmas. Hierfür gibt es ja viele auch in der Literatur festgehaltene Beispiele. Der Dachdecker, der mit seinem Sohn eine Wetterfahne auf der Kirchturmspitze befestigen soll, der Sohn kommt so in Not, das der Vater ihn vom Sicherungsseil losschneidet, weiterklettert, Arbeit beendet und wieder zurückkehrt. Der Kapitän, der ruhig bei unhandigem Wetter "Kurs halten" befiehlt obwohl sein Sohn gerade über Bord gegangen ist. Oder der Pilot, der vor die Wahl gestellt wird sein vollbesetztes Passagier-Flugzeug abstürzen zu lassen oder in ein volles Stadion zu lenken.

Eines ist klar: je umfangreicher und präziser ich diese Situation händele desto sicherer ist die unvermeidliche und unschöne Verhandlung mit nicht absehbaren Folgen für mich vor einem Seegericht. Und die wird bei Personenschäden so sicher kommen wie die Flut auf die Ebbe!
******age Mann
373 Beiträge
Hallo in die Runde,
Artikel 98 des Seerechtsübereinkommens sagt:

"Jeder Staat verpflichtet den Kapitän eines seine Flagge führenden Schiffes, soweit der Kapitän ohne ernste Gefährdung des Schiffes, der Besatzung oder der Fahrgäste dazu imstande ist, jeder Person, die auf See in Lebensgefahr angetroffen wird, Hilfe zu leisten."

Unter dem Strich liegt die Entscheidung, was er oder sie als ernsthafte Gefährdung ansieht beim Schiffsführer. Der trägt die Verantwortung und darum ist eine Diskussion mit der Crew überflüssig. Faktoren, die eine ernsthafte Gefährdung ausmachen könnten, habt ihr nun schon geschildert.

Rechtlich auf der sichern Seite ist man (mit einer Nussschale) wohl, wenn man sich in Sichtweite hält und mögliche Rettungskräfte einweist (Raketen, etc)

Einige Informationen dazu hat Redaktion der Tagesschau 2019 zusammengestellt. Hier ist der Querverweis:

https://www.google.com/amp/s … er/faq-seerecht-101~amp.html

Das Beste in ein kaum gebrauchtes Jahr
C.
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