NACHTWACHE
Wenn die Sonne am Horizont verglüht und das Licht poröser wird, zeigt sich bald ein überwältigender Sternenhimmel. Die Sterne sind hier aufgrund der fehlende Lichtverschmutzung besonders gut zu sehen. Eine unglaublich fette Sternenpracht, zum Greifen nah.
Die Nacht ist grenzenlos, nirgendwo eine Insel, nicht ein einziges Schiff innerhalb größter Reichweite der Instrumente. Rund um den kleinen Punkt am AIS, der unser Boot darstellt, ist nichts und niemand. Und das Radar hält in der Dunkelheit scheinbar nach Dingen Ausschau, die gar nicht existieren.
Der Tiefenmesser schickt unermüdlich Schallwellen in die Tiefe. Standhaft zeigt er närrische 3 bis 14 Meter an, obwohl tausende Meter Ozean die Tiefe bis zum Meeresgrund füllen. Ich weiß, unter mir streckt sich auch ein riesiges, in tiefes schwarz getauchtes Unterwassergebirge bis zum Südpolarmeer.
Immer wieder der Blick voraus in das dunkle Nichts, einer schier endlosen, warmen Dunkelheit. Manchmal holt mich der Autopilot Windfahnen Alarm aus meiner Gedankenwelt und ich tue das notwendige, um das aufgeregte elektronische Helferlein wieder zu besänftigen.
Das Wetter Radar zeigt Wolken, die bereits oder kurz davor sind abzuregnen. Die nächste graue Wand grüßt schon schaurig schön von achtern und zaubert ein „Genua gerefft 1“ ins Logbuch.
Die grün leuchtenden Instrumente sagen mir, es sind noch 1.736 mathematisch errechnete Seemeilen bis zum Ziel St. Maarten in der Karibik.
Noch genug Zeit, der Melodie des Atlantiks zu lauschen..