Des Dramas 2ter Teil eines Lustigenstückes...
..., für Muttis, Omis, Erbtanten und große Schwestern…
Analoge Anwendung für Vatis, Erbonkel und die Pest auf Füßen: Neugierige, kleine Brüder…
Gebrauchsanweisung:
1. Paste & copy…
2. Nichtzutreffende Anreden etc. streichen & umformulieren…
3. Ausdrucken, Einenvelopieren und ausreichend frankiert versenden, es sei denn, es gibt von Mutti etc. noch Taschengeld! Dann dezent auf Armut hinweisen und ohne Marke verschicken!
Warnung:
Nicht an Muttis, Vatis, Erbtanten/-onkel, Omas & Opas und Geschwisterteile versenden, die selber bei einem der Wasservereine der Reichsmarine, der Volksmarine oder der Bundesmagarine gedient haben/noch dienen oder für die Truppenbetreuung von s.o. in zwielichtigen Etablissements in Hafenstädten weltweit zur Verfügung standen/stehen! Dat ward nix!
Hinweis 1:
Ihr wisst ja! Omas habe ich keine mehr. Meine große Schwester wohnt im Süden und ist nicht doof. Vererben will mir niemand mehr irgendetwas. Aber meine Mutti wird am Großbildfarbfernseher seekrank, wenn sie Wasser sieht!
Deshalb schreibe ich in der Form eines Briefes an meine Mutti!
Hinweis 2:
Nach der Doppellinie wird es ernst!
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Liebe Mutti!
Hier schreibt Dir tatsächlich und unweigerlich zweifellos ohne Alternative Dein großer Sohn mit seiner Sauklaue. Aber er tut das sehr gerne!
Wie Du sicherlich der Zeitung entnommen hast, ohne Dir die schlimmen, Dich seekrank machenden Bilder von an Betonmolen festgemachten Segelschiffen ohne Lappen anzusehen, ist die Hansesail 2011 mittlerweile Geschichte!
Kannst Du Dich noch an Weihnachten erinnern? An die guten Vorsätze, die wir alle hatten? Deine liebe Schwiegertochter - meine Frau - und Dein lieber Sohn – ich – hatten den guten Vorsatz, in diesem Jahr mehr Sport zu betreiben!
Wir haben die guten Vorsätze jetzt eine Woche lang umgesetzt und waren auf einem riesengroßen, völlig garantiert unsinkbaren Supersegelschiff, das aus Sicherheitsgründen auch noch einen Motor hat, einen Kochherd, einen Kühlschrank, Heizung an Bord, gepflegte, großräumige Sanitär- und Duschanlagen und ganz, ganz viele Schwimmwesten, Funk und Radar, ein Rettungsboot, Seenotraketen, Seekarten… Und so viel zum Essen und Trinken, das wir um die ganze Welt hätten segeln können, waren auch an Bord – also fast ganz wie bei Dir zu Hause! Ja Mutti, ich höre damit jetzt auf.
Aber Mutti – Du glaubst es nicht! Das Schiff hat zwei Segel, Großsegel – Mutti das ist kein Schreibfehler, das heißt so und ist hinter dem Mast ohne Hintersegel zu heißen und auch, wenn es eigentlich ganz klein ist! - und eine Fock vor dem Mast – ähnlich wie die Gorch Fock. Und einen Mast wie der Butterdampfer der Nation hat sie auch. Ja Mutti, ich weiß, die GF hat drei, aber das ist pure Angabe! Einer reicht zum Segeln völlig aus und die GF könnte auch nur mit einem Mast und zwei Segeln segeln… sieht aber Scheiße aus. Tschuldigung Mutti – das war ein Ef-Wort! Ef… wie ferboten! Aber Du weißt ja, die mit dem blauen Tuch und den goldenen Streifen am Ärmel halten sich für die Allergrößten, kraft der ihnen von der Marine verliehenen Arroganz!
Jedenfalls hat der Kapitän des Schiffes, auf einem Segelboot heißt der auch Skip oder der Alte - unserer hat auch noch den Kosenamen „Skipper der Herzen“, ist das nicht süß? – genug zu trinken eingekauft, um damit rund um die Welt zu segeln. Ja Mutti, auch Saft und Milch und Mineralwasser und Obst sind ganz viel an Bord! Die Bahabaha ist fast ein Ökovollwertdampfer, Mutti! Zu Essen hatten wir auch mehr als genug dabei. Alles total gesund! Der Skip sorgt für ganz viele, gute Vitaminmischungen. In meinem Alter soll ich a immer ganz viel trinken! Dann tut er ein ganz kleines bisschen Alkohol rein, ganz wenig und etwas Eis. Das macht er wegen der Haltbarkeit der Mischungen im rauen Seeklima. Aber keine Bange Mutti… die halten eh nicht lange, dann sind sie weg! Ja Mutti, Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen und keine Fresspakete zu schicken… ist für alles gesorgt! Außerdem will ich doch sporteln und abnehmen!
Jedenfalls sind wir gut angekommen Mutti und ich bin auch nicht über 130 Stundenkilometer auf der Autobahn gefahren. Das Auto stand ganz sicher unter den Fenstern eines Altersheimes in Stralsund. Da ist immer einer schlaflos und sitzt am Fenster und paßt auf alle Autos auf, Mutti! Wir haben dann unser Gepäck verladen und uns mit allen anderen artig bekannt gemacht. Einige außer dem Skipper und seiner Frau – ja, die sind jetzt ordentlich und sittsam verheiratet, Mutti! Ist Schluss mit dem geschlamperten Verhältniss… – kannten wir noch aus dem letzten Jahr. So auch einen Spielgefährten Deiner Schwiegertochter. Ist das nicht nett, alte Freunde wieder zu treffen? Diesmal hat er sich eine eigene Frau mitgebracht. Was wir spielen? Romeé, Kanasta, Billard, Fußball, Mensch ärgere Dich nicht… und so was, wenn wir Lust dazu haben.
Der Skipper hat dann den Dampfer aus dem Innenhafen an die Außenmole verholen lassen. Er hat dazu die Brückenöffnungszeiten genutzt, statt einfach drauflos zu fahren und den Mast abzuwerfen. Der Skipper ist schon ein echter Fuchs, Mutti! Vom Hasen haben wir einen ersten Drink bekommen. Der Hase ist eine süße Frau, die wie der Osterhase für alles zuständig ist, was der Skip nicht macht! Praktisch, nicht wahr, Mutti? Das ist wie mit Vatti und Dir zu Hause! Warum der Skip einen Hasen mitnimmt, anstatt seiner eigenen Frau? Nein Mutti… doch nicht so was! Die Frau ist in Rostock zugestiegen und der Hase aus! Das ist eine lange, komplizierte, unglaubliche Geschichte, Mutti und ich habe hier nicht mehr so viel Briefpapier, um Dir das auch noch zu erklären! Mutti! Der Hase und die Frau teilen sich einfach die viele, viele, schwere und harte Arbeit an Bord! Sauber machen, Segel setzen, Schiff an- und losbinden, Essen machen, Schiff putzen, Gäste bedienen, abspülen, Weihnachten feiern… Das klappt ganz toll! Ja Mutti, wir haben hier auch August!
Wir haben dann ganz viel den Dampfer losbinden, an einen anderen Liegeplatz verholen – das ist das Umparken im Hafen - und wieder festmachen geübt. Mal kam der Hafenmeister und wollte das so, mal wollte ein größeres Schiff anlegen und wir nicht Fender dafür spielen und einmal kam ein Seenotrettungskreuzer vorbei und hatte eine Segelacht an der Seite angebunden, die er in den Hafen gebracht hat! Du siehst, Mutti, alles sehr sicher und trotzdem wird ganz viel geübt!
Irgendwann hatte der Skip die Schnauze vom Liegeplatz-Tic-Tac-Toe voll und wir haben ganz abgelegt! Tschuldigung Mutti, der Ausdruck war vielleicht ein bisschen unangebracht, aber er hat das so in etwa selber gesagt. Ist also sozusagen ein Zitat! Wir hatten einen lauen Wind; der die 9 etwas kratzte und schöne, hohe Wellen. Der Wind kam – gut für das Segeln – stark von der linken Seite, hier Backbord genannt, und auf der anderen Seite war die Kante von der Fahrrinne zum Greifen nah! Wir hätten auch vom Boot springen und zu Fuß weiter gehen können… das Wasser ist da brutal flach, Mutti! Deshalb ist das so sicher!
Die Wellenhöhe betrug bis zu 5 Metern, manchmal auch etwas mehr. Alle Wellen hatten schöne Schaumkronen, wie im Bilderbuch oder auf den alten Gemälden, und überschlugen sich! Fünf Meter oder mehr hohe Wellen sind aber kein Problem, wenn man bedenkt, das die Ostsee ungefähr 1.322 km breit und fast km 1.410 km lang ist! Was sind da schon 5 Meter? Ja, Mutti, ich höre gleich sofort auf damit!
Nur der noch: Der Skip und noch einige andere waren dann aber doch recht froh, dass die Fahrrinne breiter wurde und dann auf der rechten Seite – auf dem Dampfer heißt das Steuerbord - richtig tiefes Wasser kam, auch wenn wir dann nicht mehr hätten an Land laufen können! Da entspannte sich der Skip ein wenig. Gut, wenn der nicht so gestressed ist und Falten im Gesicht hat, wie altes, geknautschtes Wellblech!
Ach Mutti, das war auch noch toll! Wir waren sehr fröhlich und voll guter Dinge, Mutti! Eine Frau ganz besonders! Die hat den Törn ihrem Mann zur Liebe mitgemacht. Ist das nicht toll, Mutti? Das ist wahre, große Liebe! Aber Du musst ihr das nicht nach machen, Du hast Vatti auch so lieb, gelle? Da die Frau ihre Handtasche vergessen hat, hat der Skip ihr einen schwarzen, angebundenen Baueimer – der wird sonst im Hafen immer geklaut, Mutti – gegeben. Was wir damit zu tun hatten? Eigentlich Nichts, Mutti! Vergiss es einfach wieder! Und weißt Du, was ganz niedlich war? Die Frau hat den Baueimer den ganzen Törn lang nicht mehr losgelassen! Und alle 5 bis 7 Seemeilen – das sind in etwa die Kilometer auf See, Mutti - haben die Fische ein ordentliches Frühstück bekommen. Haben die sich gefreut! Schon zerkaut, nahrhaft und mäßig warm… die Frau ist eine echte Tierfreundin! Konnte die Bröckchen lachen…und das sagenhaft ausdauernd!
Eigentlich wollten wir ja auf geradem Weg von Stralsund nach Rostock! Aber da der Wind von dort kam, konnten wir dort auch nicht hin! Alle Segel setzen und mit dem Motor gegen den Wind, der von gerade vorn kommt anmotoren, ist unsportlich, Mutti! Außerdem geht immer irgendwas kaputt dabei, Mutti – die Segel oder der Motor. Blöd sieht es außerdem auch noch aus… Da ist unser Skip eitel! Es muss schon immer schön aussehen bei ihm… Wie Zuhause bei Dir die Fensterbänke mit den gerafften Gardinen und die Geranienpötte! Also sind wir nach Dänemark rüber gesegelt und haben dort angelegt! Stell Dir vor Mutti… Dein Sohn stand hinten beim Steuerrad und hatte schwere Wetterkleidung an. Als wir auf Moen, der dänischen Insel, im Hafen lagen, habe ich mich ausgezogen und konnte sogar die Unterhose auswringen! Das war lustig… und das ganz lange, warme Duschen hat total Spaß gemacht!
Wir sind dann relativ schnell und ganz, ganz artig früh schlafen gegangen, weil wir alle vom Sporteln zu müde zum Sporteln waren, Mutti! Wie jetzt? Verstehst Du nicht ganz? Macht nichts, Mutti!
Am nächsten Morgen ist einer der anderen Mitsegler – ein ganz lieber Kerl – mit Kaffee und Tee zu uns an die Koje gekommen, bevor er sich angezogen hatte. Damit er nicht so fror, haben wir in dann mit in die Koje genommen und gemeinsam Kaffee und Tee getrunken und über Gott und die Welt geplaudert. Das war sehr nett, Mutti und praktizierte Nächstenliebe. Einmal jedoch ist der Hase rein gekommen und wollte nasse Sachen aufhängen. Sie hat dann nur gesagt, dass wir uns nicht stören lassen sollten bei der Nächstenliebe und ist dann in aller Seelenruhe wieder gegangen. Wir haben uns nicht stören lassen, Mutti, und unseren Tee und Kaffee miteinander ausgetrunken. Das war sehr entspannend, Mutti! Der arme Kerl fror dann nicht mehr ganz so sehr. Dein Sohn hatte Kräutertee…
So ging das dann bis zur Hansesail weiter. Ich bin noch nie so oft so nass geworden, wie in diesen ersten drei Tagen, Mutti. Aber meiner Haut hat es gut getan und ich habe nicht einen grauen oder schwarzen Rand unter den Fingernägeln mehr… alles raus gewaschen!
In Rostock hat der Skip sich erstmal um das Boot und uns gekümmert. Da wurden Heizlüfter gekauft, um den Dampfer wieder trocken zu bekommen. Frag mal Vatti! Das war wie Baustellenlüfter beim Winterbau… der erklärt Dir das ganz genau. So ein Segelboot kann man nicht einfach auf die Leine Hängen zum Trocknen… Obwohl es auf der Warnowwerft in Rostock Kräne gäbe, die das könnten… einschließlich auswringen und abhängen lassen! Aber dazu war keine Zeit und außerdem der Skip…: „Wie sähe das denn aus?“ Der ist Praktiker und hat selber getrocknet!
Die Hansesail war dann lustig, als wir da waren. Wasser überall Wasser! Da konnten einige Bootseigner auf den Nachbarbooten sparsam sein und das Beste draus machen. Die sind im strömenden Regen auf das Oberdeck, biologisch abbaubare Seife in der einen Hand, den Schrubber in der anderen und dann wurde das Schiff geschrubbt und gewaschen! Und das Spülwasser gab es vom lieben Gott in großen Mengen gratis! Segler sind schon ein gar sittsames und reinliches Völkchen! Schön, dass Dein sittsamer und reinlicher Sohn und Deine liebe, noch sittsamere und reinliche Schwiegertochter dazugehören! Findest Du nicht, Mutti?
Dazu gibt es ein süßes Gedicht Mutti! Nein, es stammt nicht von mir und nicht von Gorch Fock und ist Marinetradition:
„Auf jedem Schiff, das schwimmt und segelt,
ist einer, der die Putzfrau hilf!
Und ist das Schiff auch noch so klein,
einer muss die Putzfrau sein!“
Ich habe ein Wort geändert, damit es sich besser reimt, Mutti! „Vögelt“ macht auf See auch gar keinen Sinn, Mutti!
Ach war das nett dort! Wir sind auf ein niederländisches Schiff umgestiegen und haben eine Ausfahrt damit gemacht – wie im letzten Jahr! Die Niederländer sind total fröhliche und sehr, sehr entspannte Segler und das Boot war viel, viel größer, als die Bahabaha. Da waren dann wir ganz sicher drauf, zumal es sch im Hafen befand und mit mehreren Seilen ganz fest an Betonhafenanten in Rostock und damit am Vattiland angebunden war! Und ein älterer Herr dort hatte sogar Geburtstag, Mutti! Der hat dann eine Torte auf den Kopf bekommen. Nein Mutti, natürlich keine echte, eine sehr, sehr spaßige, bunte Kunststofftorte wie in Hut in Ascott, Mutti. Eine ganz junge Frau hat dann für das Geburtstagskind getanzt, bis ihr auch kalt wurde, weil sie beim Tanzen fast alle Kleidungsstücke verloren hat. Die jungen Dinger müssten sich mal wärmer anziehen, bei dem Wetter! Sagst Du ja immer auch! Dann durfte das Geburtstagskind sie wärmen. Der hatte ganz viel Hitze und total glänzende Augen! Wahrscheinlich Fieber…Das Frieren der jungen Frau und das Fieber des älteren Mannes hat dann unsere liebevolle Eignerin mit einer Sprühsahnedose zu bekämpfen versucht. Du weißt ja, Sprühsahne auf der Haut isoliert wie Bauschaum und kühlt wie Nichtisolierbaumschaum! Frag Vatti! Und da die Sahne kalt war, durfte das Geburtstagskind sie naschen, um das Fieber zu senken! Das funktioniert auf See wie Quarkwickel an den Beinen. Ist ein uraltes Seemannhilfshausmittel aus der Fischerei! Haben die beiden sich gefreut! Und unsere Eignerin – so eine herzensgute Frau…! Ein altes Hausmittelchen auf See, zwei Wehwehchen behandelt… sparsam ist sie auch noch! Wir haben alle total viel Beifall geklatscht, Mutt! Das musste schon sein!
Nach der Hansesailparty sind wir am nächsten Morgen wieder auf die fast zur Heimat gewordene und durchgetrocknete Bahabaha zurück und haben uns auf den Rückweg gemacht.
Aber davon - und wie wir im August Weihnachten, das Fest der Liebe - auf See gefeiert haben, schreibe ich Dir in der kommenden Woche, liebe Mutti, wenn Du das willst und ich die Zeit dazu finde!
Und grüße bitte Vatti ganz herzlich von mir! Und herzliche Grüße auch von Eurer artigen, etwas prüden Schwiegertochter! Alles im grünen Bereich, Mutti, wie immer!
Euer lieber, sittsamer Sohn
Georg
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