Ein sehr schönes Thema und schon mal vielen Dank an alle, die bisher dazu geschrieben haben. Da war schon viel dabei, dem ich absolut zustimme.
Meine Erfahrungen mit Safewörtern waren tatsächlich eher negativ. Einmal so weit, dass es mir einen ziemlichen Absturz gefolgt von einer längeren Auszeit beschert hat.
Für mich persönlich kommt ein "klassisches" Safewort nicht in Frage. Die Ampel empfinde ich als total Lustkillend. Was ich will ist eine Ausstiegsmöglichkeit, wenn es nicht mehr geht oder etwas Bestimmtes zu viel wird.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass ein Safewort keinesfalls die Sicherheit bieten muss, die es den Beteiligten suggeriert. Und diese Empfehlung an Anfänger "nutzt auf jeden Fall ein Safewort" macht mir immer etwas Bauchgrummeln.
Um das zu erläutern möchte ich dazu gerne meine persönliche Erfahrung schildern:
Ich war ganz neu in der Szene, hatte meinen ersten Dom, der einiges an Erfahrung hatte, aber eben nicht mit mir. Ich selbst kannte mich und meine Reaktionen noch nicht, ich war neugierig und aufgeschlossen, alles prima.
Wir vereinbarten ein Safewort, weil ihm das sicherer erschien. Ich hatte die Information "das macht man so, das macht es sicher, das muss man so machen".
Wir waren auf einer D/s Veranstaltung. Meine erste. Es lief wirklich alles schief. Ich fühlte mich schlecht, es gefiel mir nicht von anderen angefasst zu werden (was auch eigentlich bei der Veranstaltung nicht abgesprochen war), es gefiel mir nicht mit anderen in Aktion zu treten. Dank meiner devoten Neigung war ich trotzdem sehr schnell im Subspace. Die ganzen Eindrücke haben mich total überfordert. Ich habe überlegt: "Wie in drei Teufels Namen komme ich aus dieser Situation wieder raus?". Ja: ich hatte ein Safewort. Aber es war weg. Nicht nur das Wort an sich, sondern überhaupt die Überlegung, dass ich eins habe. Ich habe geheult, ich habe gebettelt aufzuhören, gesagt, dass ich nicht mehr kann, mir das alles zu viel ist, das nicht das Spiel ist, wie ich es mag.
Und mein Dom? Fühlte sich total sicher, dachte mir geht es super, dass ich das genieße so ausgeliefert zu sein, meine Grenzen zu sprengen... weil ich ja das Safewort nicht gesagt habe. Er wiegte sich in völlig falscher Sicherheit, und war (nachdem er nach einigen Gesprächen verstanden hat, was da wirklich passiert ist) echt geschockt.
Und seien wir ehrlich: wie viele spielen gerne mit diesem Gefühl, versuchen sich zu wehren, behaupten sie würden das nicht wollen, wollen übermannt werden. Das ist ein spannendes Spiel für viele, glaube ich gerne, aber nicht für mich. Und woher soll ein Dom das wissen? Wie soll gerade ein Anfänger wissen, was der Hormonkick und die Umstände mit einem machen? Und was einem selbst dann noch möglich ist? Und was einem überhaupt gefällt? Phantasie und Realität sind definitiv zwei Paar Schuhe.
Natürlich kann man jetzt sagen: Wie unemphatisch von dem Dom. Das hätte er doch merken müssen... Ja, vielleicht. Aber es war ja alles abgesprochen. Und wenn ich mir die Situation(en) an dem Abend mit etwas Abstand betrachte: Viel ist da wirklich eigentlich nicht passiert. Aber mir, als Anfänger, war es trotzdem viel zu viel und ich habe das emotional überhaupt nicht verpacken können.
Seitdem ist ein klassisches Safewort für mich absolut Tabu. Wenn ein Dom darauf besteht, dann ist der nichts für mich.
Stattdessen weiß ich, dass ich jederzeit, auch wenn ich völlig weg bin, sagen kann: "ich kann nicht mehr". Das ist sozusagen mein Safewort. Im Gegenzug ist natürlich versprochen, dass ich das nicht nutze, um mich aus Situationen zu ziehen, die eigentlich noch gehen. Das kommt wirklich nur, wenn WIRKLICH nichts mehr geht.
Ich mag es auch lieber zu sagen: mein Kreislauf kippt weg, der Arm schläft ein, bitte nicht auf diese Stelle oder bitte nicht soooo fest. Anstatt ein Safewort zu sagen und Dom darf erst mal rätseln: Was hat sie denn? Abbruch? Ändern der Fesselung? Ändern der Spielart? Ändern der Intensität?
Einen abrupten Abbruch würde ich auch in vielen Situationen als (vorsichtig formuliert) nicht so schön empfinden. Ganz im Gegenteil würde so etwas mich vermutlich im freien Fall auf dem Boden einschlagen lassen.
Mich persönlich behindert ein Safewort auch wirklich nach den Erfahrungen, die ich gemacht habe. Da muss ich viel zu konzentriert bleiben um dessen Existenz nicht zu vergessen. Ich will mich doch fallen lassen...
Bitte versteht das nicht so, als wäre ich grundsätzlich gegen Safewörter. Das muss jeder selbst raus finden, was am Besten zu einem passt. Ich möchte damit nur aufführen, dass auch ein Safewort keine Sicherheit bieten MUSS.
Daher empfinde ich so Aussagen wie "Wer ohne Safewort spielt ist fahrlässig oder ein Dumdom/Dumsub" als anmaßend und einfach falsch. Es ist einfach individuell, was zu einem passt, womit man umgehen kann, wie man spielen will.
Highlight des von mir beschriebenen Abends war übrigens, dass eine andere Sub zu mir kam und sagte "ja, jetzt fühlt sich das alles richtig scheiße an. Aber morgen wirst Du Dich großartig fühlen. Ansonsten bist Du nicht devot". ... Würde jetzt nicht behaupten, nachdem es mir am nächsten Tag natürlich keinesfalls gut ging, dass das den Absturz in irgendeiner Art gelindert hätte