TOS und Rest vs. Defiance
Weil DSC ja gerne als recht negativ angesehen wird und es schon ne Zeit lang her war, dass ich StarTrek mal durchgeschaut habe, hab ich die letzten Monate mal wieder alles von vorne geschaut...
Folgende Serien hab ich dazu gesehen:
• ENT
• DSC
• TOS
• TNG
• VOY
• DS9
und die entsprechenden Filme dazwischen, damit ich die richtige chronologische Reihenfolge habe.
Nicht einbezogen habe ich jedoch die Zeichentrick-Serien...
Und ich muss sagen...ich bin erstaunt und erschüttert zugleich...
Mir ist aufgefallen, dass recht häufig - hier und auch in anderen Foren - die Negativität von DSC angesprochen wurde, dass es eine "moralisch verwerfliche" StarTrek Version sei, die nichts mit den Moralvorstellungen des "üblichen" StarTrek zu tun hat.
Nun - mir hat sich folgendes Bild erschlossen:
Das ist falsch...
DSC ist in vielen Dingen moralischer als die "alten" Serien...
In TOS gibts andauernd Situationen, in denen Kirk mit Gewalt reagiert obwohl es eine andere Möglichkeit gegeben hätte.
TOS ist ziemlich militärisch und sehr brutal so unterm Strich...
Es gibt immer und immer wieder Vorfälle, wo Kirk sich in die Entwicklung und Kultur anderer Völker einmischt - und ihnen oft mit Gewalt die Normen der Föderation aufdrücken will...EGAL welche Konsequenzen das haben kann...
Die erste Wahl die Kirk trifft ist in den meisten Fällen:
Gewalt...
Sogar Pille trägt andauernd einen Phaser...
Bis mindestens Ende des 23. Jahrhunderts kennt die Föderation die Todesstrafe - auch für minderwertige Straftaten wie schwerer Diebstahl...
Selbst die körperliche Züchtigung von Kindern war da noch opportun...
Und dann sind da noch die ganzen Sternenflotten-Offiziere die die Schnauze voll hatten von der Föderation und abtrünnig wurden um ganze Planeten zu unterwerfen...
Dann kommen wir mal zu TNG...
Das ist voll von Ethik und keinerlei zweifelhaftigkeiten?
Ehrlich?
Die erste Folge von TNG - was macht Picard?
Er will kämpfen...
Und nicht nur das...er lässt einen Verwalter entführen - obwohl er weiß, dass diese Aktion illegal ist...gut - der Verwalter wird nicht von der Enterprise entführt aber nur, weil das Lebewesen schneller ist...
Und so geht es weiter - immer wieder setzt Picard sich über die "oberste Diriktive" hinweg, setzt Sternenflotten-Recht auf Nicht-Föderationswelten durch und setzt oft genug seinen Willen durch, obgleich ganze planetare Bevölkerungen eine ganz andere Meinung haben - weil ER der Meinung ist, dass es "so besser ist für die"...
Voyager...ach du grüne Neune...
Was da alles los ist...
Die machen auch was sie wollen - und was sie wollen ist, in einem ganz anderem Quadranten mit ihrer Sternenflottigkeit auftrumpfen.
Sie mischen sich in innerpolitische Angelegenheiten ein, entmachten Herrscher die ihnen nicht passen und zerstören ganze politische Systeme...
So nebenbei - weils ja heißt das "im echten StarTrek" niemand auf die Idee gekommen wäre lebende Wesen als Antrieb zu nutzen möchte ich mal an die Equinox erinnern, die GENAU DAS machen...
Und DS9...
Wow - echt?
Da ist ein Commander, der sich - mit Würdigung und dem Wohlwollen und sogar dem Drängen des Sternenflotten-Kommandostabs zum "Propheten" hochstilisieren lässt, damit die Bajoraner ja die Anwesenheit der Föderation akzeptieren...und das ist bei Weitem nicht alles...
AUCH HIER mischt sich die Föderation - allen voran Benjamin Sisko, der Prophet und Offizier - in die Belange anderer Völker ein, setzt sich nach Belieben über die unterschiedlichsten Sternenflottenanordnungen hinweg und macht, was ihr grad in den Sinn kommt um die EIGENE Position zu stärken...
Oh - und bitte vergessen wir nicht Julian Subatoi Bashir, den Arzt von DS9...
Ein Arzt, der nicht müde wird seine "Kollegen" anderer Völker zu verurteilen wenn sie zu den Waffen greifen:
"Sie sind Arzt! Auf meiner Welt müssen Ärtze einen Eid ablegen der ihnen verbietet anderen Leid zuzufügen!"
und gleichzeitig dennoch immer und immer wieder mit auf "töten" eingestellten Phasern auf Feinde der Föderation feuert - und das mit erheblichem Geschick und viel Können...
Der Punkt ist:
In TOS, TNG, DS9, und auch ENT - sind die Charaktere größtenteils symphatisch und strahlend und heldenhaft dargestellt - in DSC sind sie eher düster dargestellt...deshalb verzeihen wir - nein, JUBELN wir wenn die TOS-Crew mal wieder einen "schlechten Herrscher" entmachtet oder reagieren mit Verständnis, wenn die VOY-Crew jemanden übervorteilt oder wenn Sisko seine Propheten-Karte ausspielt...und schimpfen und fluchen wir, wenn in DSC mal was in die Hose geht und nicht sauber abläuft...
Man MUSS DSC auch zu Gute halten, dass sie sich im Krieg befinden - und zwar einem brutalen Krieg.
Die Borg waren kein Krieg - das war ein kurzes Gemetzel.
Das Dominion war ein ausgedehnter Krieg, bei dem es aber viele Pausen und Verhandlungen gab.
Dieser Krieg gegen die Klingonen war der erste wirklich große Konflikt der Föderation - und sie waren unterlegen...es war ein blutiger, dreckiger, schrecklicher Krieg...und im Krieg machen Menschen - auch gute Menschen - manchmal Sachen, die nicht jeder unbedingt als "GUT" einstufen würde...
Deshalb sind manche Entscheidungen fragwürdig - aber nur, wenn man sie im Licht des TNG-Friedens oder der ENT-Erforschungs-Naivität betrachtet...
Ja, was soll ich sagen?
Ich finde DSC reiht sich ziemlich gut in die StarTrek-Reihe ein.
Es passt der Zeit und der Situation angemessen sehr gut und hat, wie ich finde, einiges an Potenzial.
ICH freue mich auf jeden Fall auf die 2te Staffel...
Allerdings kann ich auch jeden verstehen, der sagt:
"War nicht meins."
Es aber auf eine "moralisch unpassende Version" und "von der StarTrek-Moral entfernten Darstellung" zu schieben ist eine Schönrednerei der alten Serien - und schlicht nicht richtig.