„Einerseits soll man nur das tun, was sich für einen selbst stimmig anfühlt. Andererseits wird man dazu angehalten, auch mal die Komfortzone zu verlassen.
Nein! Es ist lediglich ein Angebot, die eigene "Komfortzone" in sexpositiven Räumen zu verlassen! Dieses Angebot kannst Du wahrnehmen, aber es ist Deine Entscheidung. Wenn es für Dich nicht passt, dann mach es nicht! Es ist jederzeit richtig, "Nein" zu sagen, wenn da ein "Nein" ist!
„Mir ist unverständlich, warum scheinbar alle Welt es für so erstrebenswert hält, die eigenen Grenzen aktiv zu pushen, nur um sie erweitert zu sehen!
Es geht hier nicht zwingend um die Erweiterung der Grenzen, sondern darum zu verstehen, wo diese Grenzen in einem selber herkommen. Habe ich mir diese Grenze ausgesucht, bzw. ist sie in mir einfach da oder wurde sie mir aufgedrückt, durch negative Erfahrungen oder durch mein Umfeld (z.B. Körperbild durch die Medien)? Das kann ich hinterfragen, muss ich aber nicht.
Und das sollte nicht einfach dadurch geschehen, dass man mal eben mit einer Person, bei der man ein klares "Nein" oder "vielleicht" verspürt, irgendwelche abgefahrenen Sachen macht und dann nach der Erfahrung allein gelassen wird. Dazu gibt es Seminare und Lehrer (die man sich vorher auch genau anschauen sollte). Und es gibt Gesprächsgruppe, die einen begleiten können.
Und nein, es ist nicht alle Welt, die ihre Komfortzone verlässt. Es sind ganz wenige. Die meisten gehen dem eher aus dem Weg.
„Ich bin Neuem gegenüber nicht aus Prinzip offen. Tolerant - ja. Aber offen bin ich persönlich nur dann, wenn das Thema mich auch interessiert und mich anzieht. Wenn es von selber geschieht. Ich forciere es nicht.
Wichtig hier ist die Toleranz! Sexpositiv ist beispielsweise auch die Aussage "Hey, ist überhaupt nicht meins, aber toll, dass Du Dein Leben so lebst und darin Deine Erfüllung findest." Ich muss nicht alles toll finden und ausprobieren und kann mich trotzdem sexpositiv fühlen, wenn ich z.B. andere in ihrem Weg bestärke oder als Mensch nicht generell ablehne.
„Ich finde den Aufruf zur Offenheit potentiell gefährlich. Er kann dazu verleiten, die eigenen Grenzen zu verletzten. Etwas, das man bei anderen nie tun würde - ihre Grenzen zu verletzen!
Ich fände es wichtig, die Leute vermehrt darin zu bestärken, auf ihre innere Stimme zu hören und achtsam mit sich selber umzugehen.
Ja! Definitiv! Darum wird auf sexpositiven Stammtischen, in den entsprechenden Internetforen oder in sexpositiven Räumen sehr viel über Konsens diskutiert! Es wird aktiv in den Gruppen geübt, "Nein" zu sagen. Es wird über manipulatives Verhalten geredet und wie man das erkennt (Stichwort "Pick-up artists"), u.s.w. - erst dadurch wird ein sicherer Rahmen geschaffen, zum diskutieren, zum experimentieren (wenn man das will) und ja, auch zum Grenzen kennenlernen.
Ganz generell passt es doch, was Du schreibst: Wenn Du etwas nicht willst, dann tue es nicht. Wenn Du ein "vielleicht" spürst, aber unsicher bist, dann tue es nicht! Niemand zwingt Dich zu etwas und wenn es doch jemand versucht, dann lass die Finger von der Person!
Auf Deine Frage bezogen: Bin ich dann überhaupt sexpositiv? Ich habe aus Deinen Beiträgen bisher nichts rausgelesen, was das Gegenteil behaupten würde.