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Sexpositiv: Aktivismus oder private Angelegenheit?

*******ous Frau
14.341 Beiträge
Themenersteller JOY-Team 
Sexpositiv: Aktivismus oder private Angelegenheit?
Ein herzliches Hallo in die Runde!

Im Anschluss an unsere Diskussion von gestern Abend zum Text https://luhmendarc.blog/2020 … sexpositivity-sexnegativity/ und auch in Zusammenhang mit einer Definition von sexpositiv, siehe: https://www.joyclub.de/profile/homepage/4654297-276133.sexpositiver_aktivismus.html, gingen mir noch ein paar Gedanken durch den Kopf.

Ich versuche einmal, halbwegs passende Worte zu finden und mit einer Frage an euch zu verknüpfen.


Wir haben uns, so würde ich es einschätzen, in der Diskussion immer wieder einmal auf unterschiedlichen Ebenen bewegt und vor dem Hintergrund dieser diverse Ansichten und Gedanken miteinander geteilt.

Die diversen Ansichten sind gut, ich mag gar nicht auf ein Unisono hinaus, doch der Gedanke oder vielmehr die Frage, die für mich daraus hervorgeht:

Was ist sexpositiv für euch?

Nicht im Sinne einer Definition, sondern mehr angelehnt auch an den Titel der Homepage von @****rod. Füllt ihr sexpositiv für euch privat mit Leben und tragt es vielleicht noch zu Freunden und Bekannten weiter oder ist es mehr schon (im weitesten Sinne politischer) Aktivismus, ein Anliegen diese Haltung "in die Welt" hinauszubringen?


Persönlich: Es hat ein Weilchen gedauert, mir selbst klar darüber zu werden, was ich will respektive als wichtig erachte und vor allem auch, wie weit ich mich für mein Wollen und geteilte Ideen, Überzeugungen bereit bin einzusetzen. Dabei bewege ich mich mittlerweile über die privaten Grenzen hinaus und würde mich damit eher, aber sehr vorsichtig dem Aktivismus zuordnen.


Ich bin gespannt, wo ihr euch verortet. Vielleicht trifft das von mir aufgemachte Spannungsfeld auch gar nicht auf euch zu!? Dann bin ich einmal mehr neugierig.

Mit besten Grüßen
Judith
*********rgara Frau
7.485 Beiträge
Ich würde jedem Sexpositivität wünschen. Da ich aber denke, dass jeder seine eigene Sexualität lebt und selbst bestimmt wie er sie lebt oder welche Erfahrungen er macht und dass es kein richtig oder falsch gibt, lebe ich sie für mich.
Wer mit mir über Sex spricht wird das schnell merken und erst recht , wenn er mit mir Sex hat.
Aufdrängen werde ich meine tiefe Überzeugung wie herrlich und natürlich es ist Sex zu haben niemand, weder in Wort noch Tat.
**********aster Mann
1.012 Beiträge
@*****url: Danke für Deinen Beitrag.

Du hast darin für mich eine spannende Frage aufgeworfen. Zum ersten sehe ich mich als Sexpositiv und habe in diesem Thema Sexpositiv: "sexpositiv": Was bedeutet das Wort eigentlich genau?! dargelegt wie ist zu Sexpositivität stehe.

Die Aufgeworfene Abgrenzung zu Aktivismus finde ich spannend. Wo endet Sexpositivität und wo beginnt Aktivismus für Sexpositivität.

Einerseits lebe ich meine Sexpositivität privat, also nicht so "geoutet" dass meine Arbeitskollegen, meine Familie und Nachbar etwas davon wissen. Andererseits wissen alle in meinem doch recht großen Freundeskreis davon und ich halte "private" Veranstaltungen ab, wie Joystammtisch in Mainz, jährliches Orgienwochenende im Freundeskreis und eine jährliche Doublepenetrationparty in einem Swingerclub. Verdienen tue ich nicht an den Veranstaltungen, im Gegenteil ich lege besonders viel drauf im Verhältnis zu allen anderen. Aber für mich war das alles im gewissen Sinne privat, da es mir jeweils ein Anliegen ist, dass es diese Dinge gibt. Es passt somit auch zu meinem Naturell, dass ich viel "Sende" und aufpassen muss auch genug zu "Empfangen".

Bin ich dadurch schon im Aktivismus? Bisher habe ich eher nach privat und professionell getrennt mit dem Unterscheid, man verdient damit Geld oder nicht. Ich will damit kein Geld verdienen, da für mich die Botschaft damit anders transportiert wird. Es bleibt für mich immer die Frage nach der Glaubwürdigkeit, wenn jemand damit auch sein Geld verdient.

Aber ich Verbreite durchaus eine Botschaft mit dem was ich tue und das mache ich auch bewusst. Ich habe auf viele Menschen in meinem Freundeskreis und wahrscheinlich auch außerhalb meines Freundeskreises Einfluss genommen mit meinen Botschaften und Veranstaltungen. Ich glaube ja auch durchaus, dass ich etwas zu sagen habe, was für andere Menschen interessant sein kann und habe dies auch mehrfach zurück gemeldet bekommen.

Daher würde ich die aufgeworfene Frage so beantworten, dass ich mich durchaus auf einem Weg hin zu Aktivismus sehe.

Danke für die aufgeworfene Frage.
*********on511 Frau
388 Beiträge
Gruppen-Mod 
Hallo @*****url et all,
Ja, so klar hatten wir die Trennung gestern nicht und ich bin mir auch nicht sicher, ob es wirklich jedem bewusst ist, dass es da auch durchaus eine sexpositive politische Bewegung gibt. Ich hätte es gestern Abend schon gern aufgegriffen, aber wie es oft in guten Diskussionen ist, war der Gesprächsverlauf abgebogen und der Zeitpunkt nicht mehr da oder ich hab nicht mehr dran gedacht... *zwinker*
Ich für mich würde es wie folgt definieren, dass es verschiedene Stufen gibt, die ineinander greifen, aber - wie immer in der Sexualität - nicht klar abzugrenzen sind:
• die erste, die Lernende: ich setze mich mit dem Thema auseinander, verstehe was es bedeutet und vor allem, was es für mich bedeutet... aber hier werfe ich gleich für mich die Frage in den Raum, die ich noch beantworten muss: kann ich sex-positiv sein, wenn ich mich noch nie damit beschäftigt habe? Das Wort nicht mal kenne (so wie es mir ging, bevor ich diese Gruppe fand)
• die zweite, die Aktive: ich lebe nach diesen Prinzipien, versuche mich ständig zu hinterfragen und trage das nach Aussen, diskutier darüber mit Freunden, nutze Räume, wie den Stammtisch, Teile Wissen
• die Dritte, die Aktivistische: ich steh zu meiner Überzeugung und vertrete diese nach aussen, mache Aktionen, Demonstrationen, diskutiere mit Politikern... über diese Art des Aktivismus bin ich gestolpert, als ich mir ein Video von Felix Ruckert anschaute und aus Neugier ihn gegoogelt habe. Sein xplore Festival lädt tatsächlich Politiker zur Diskussion über Sexpositivität ein und sagt quasi, dass es eine bessere Welt gäbe, wenn alle Sexpositiv wären...
https://xplore-berlin.de/

Ich kann den Ansatz verstehen und nachvollziehen, würde mich aber definitiv in Stufe 2 sehen, denn für mich ist es einfach zu privat. Im kleinen Rahmen austauschen, sehr gerne. Aber auf die Straße gehen... ach, nööö... *zwinker*

Das geschäftliche, wie von @**********aster angeführt, das durchaus Sex-Positivität verbreitet, hatte ich für mich noch gar nicht auf dem Schirm, würde ich eher in Phase 2 sehen. Zumindest im kleinen Umfang.

Spannend jedenfalls
*kuss*
*****_71 Mann
250 Beiträge
Hallo Judith,

das sind schon zwei Fragen ^^

Was ist sexpositiv für euch?
Wenn ich das für mich geklärt habe und mir bewusst ist, wie ich dies lebe, kann ich auf die zweite Frage eingehen:
Sexpositiv: Aktivismus oder private Angelegenheit?

Du wolltest es nicht im Sinne der Definition wissen, aber ich ich möchte dennoch auf die Definition, die Astarod auf seiner Seite übersetzt hat verweisen. Das trifft es für mich.
Außerdem: zu akzeptieren, was in mir lebendig ist. Mich zu erforschen, schauen was meine Bedürfnisse sind, ohne sie zu verurteilen und ggf. nach Strategien der Verwirklichung schauen.
All dies wünsche allen Menschen und das Wohlwollen, andere Menschen anzunehmen oder so sein zu lassen wie sie sind.
Auf der Suche nach Strategien komme ich zur zweiten Frage, denn für die Erfüllung vieler Bedürfnisse brauchen wir andere Menschen. Insofern kommen wir automatisch in Interaktion und Austausch. Die Frage ist nur der Radius.
So richtig habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht, denn in meinem direkten Umfeld tausche ich mich aus und ab wann ist es keine private Angelegenheit mehr?
Aktuell lebe ich Polyamour (2 verbindliche Beziehungen) und offen (unverbindliche Begegnungen sind möglich) und um mit allen Beteiligten in einer guten Verbindung zu sein, finde ich die innere Haltung und die Tools der gewaltfreien Kommunikation hilfreich und seit einiger Zeit die Auseinandersetzung mit dem Wheel of Consent, was viel Klarheit in zwischenmenschliche Dynamiken und in das was ich will, was in mir lebendig ist, bringt.

Das alles gehört für mich in meinen persönlichen sexpositiven Entwicklungsprozess und ich betrachte es als private Angelegenheit.
Gleichzeitig kommt es durch Workshops (zu genannten Tools oder zu Themen wie Kinky, Tantra etc. ), durch Gespräche, durch Austausch wie auf dieser Plattform hier, zur Verbreitung sexpositiver Ideen. In meinem Fall wäre es vielleicht ein unbeabsichtigter Aktionismus. Aber verstecken mit meinen Ideen möchte ich mich auch nicht, sondern zu dem stehen.
Ich sehe mich allerdings nicht als Fackelträger, der jetzt öffentlich auftritt um die Idee von Sexpositivität in die Welt zu tragen.
Viele Grüße
Heiko
****on Mann
16.230 Beiträge
Ich selbst sehe mich auch als uneingeschränkt sexpositiv. Und in Gesprächen mache ich meine Haltung bei jeder passenden Gelegenheit deutlich. Also nicht bei den nicht-passenden Gelegenheiten.

Ich wünsche mir so sehr einen gesellschaftlichen Wandel hin zur Sexpositivität. Dazu gehört für mich auch das Abstreifen von vorgeschriebenem, obligatorischem Sex, wie im Luhmendarc.blog als Schattenseite von Sexpositivität behauptet.

Aber ich missioniere nicht meine Umgebung. Ich konfrontiere sie nur milde und unnachgiebig zugleich mit mir und meiner Haltung. Darin sehe ich keinen Aktionismus, sondern nur mich und mein Leben.
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Füllt ihr sexpositiv für euch privat mit Leben und tragt es vielleicht noch zu Freunden und Bekannten weiter oder ist es mehr schon (im weitesten Sinne politischer) Aktivismus, ein Anliegen diese Haltung "in die Welt" hinauszubringen?
Vielleicht sowohl als auch: Ich für mich denke, dass man/frau den (etwaigen) politischen Anspruch nicht grds. vom Anspruch auf Privatheit trennen kann. W. Reich (als vorgeblichen Schöpfer des Begriffs der "Sexpositivität") intentionierte sicherlich Sexpositivität als politischen Ausweg aus einer Gesellschaft, die von offener und struktureller Gewalt geprägt ist.
Sexpositivität beinhaltet für mich insofern auch das bewusste Sich-in-Widerspruch-Setzen mit den Bedeutungshierarchien der vorherrschenden Sexualmoral in einer Gesellschaft, in der -trotz zunehmender Liberalisierung der Sexualität- nach wie vor noch Gewalt, Unterdrückung und Ungleichheit (namentlich Geschlechterungleichheit) offene und oftmals auch verdeckte Realität ist.
Eine Gesellschaft, die nach wie vor nach den Spielregeln repressiver Toleranz geprägt ist, in der nach wie vor Doppelmoral eher der Standard zu sein scheint.
Allerdings:
Aktionismus- wozu? Geht es nach meinen Dafürhalten doch in erster Linie darum, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung nicht nur als Etikett einer sexuellen Orientierung im allgemeingültigen Rahmen, sondern als elementaren Bestandteil meines individuellen Lebensentwurfs nicht nur zu definieren, sondern auch auszuleben. Das (im Übrigen in aufgeklärten Gemeinwesen) verankerte Recht auf Gleichheit und Freiheit beinhaltet für mich denknotwendig auch das Recht, sich unterscheiden zu dürfen.
Und frei zu entscheiden: Zum Recht auf Differenziertheit der eigenen Leiblichkeit und Intimität hin... und damit auch dem Recht, es fern jedem Einflusses von gesellschaftlichem oder vermarktungsgerechten Zeitgeistes entweder offen oder heimlich auszuleben. Selbstbestimmung ist ungleich Fremdbestimmtheit...
******Fox Mann
2.328 Beiträge
Füllt ihr sexpositiv für euch privat mit Leben und tragt es vielleicht noch zu Freunden und Bekannten weiter oder ist es mehr schon (im weitesten Sinne politischer) Aktivismus, ein Anliegen diese Haltung "in die Welt" hinauszubringen?

In meiner Denke und meinem Fühlen kann ich das letztendlich nicht trennen. Wenn ich Vorstellungen zum Leben habe die mir etwas bedeuten, dann spreche ich auch darüber.

Das brauche ich einerseits zu meiner eigenen Meinungsfindung und andererseits weil es mein Leben ist, mich beschäftigt und ausmacht.

Im diesem Sprechen sehe ich das essentiellste 'in die Welt hinaus tragen', weil ich dabei von mir spreche und damit berühren kann.

Letztendlich betrifft dies den Teil deiner Frage, die sich auf Freunde und Bekannte bezieht. Womit es wieder in meinem näheren Umfeld als Thema bleiben würde.

Ich glaube aber nicht, das dieses und alle Themen damit in meinem Umfeld bleiben. Bekanntenkreise, Netzwerke überschneiden sich, der Informationsfluss hat keine Grenzen. Privat und Politisch lässt sich in meinen Augen nicht trennen.

Am Ende möchte ich noch dies sagen: Ich sehe im sexpositiven vor allem etwas, wofür ich mich entschieden habe, auf Grund meines bisherigen Lebens. Für mich und für mein Leben, mein Sein und mein Werden.

Insofern sehe ich darin einen Aktivismus der zwar nicht dem Aufziehen einer Demo entspricht, aber aus einem veränderten Denken resultiert eine veränderte innere Haltung, und damit halt auch ein anderes Handeln.
Für mich ist es eine Haltung, wurzelnd im sexpositiven Feminismus als Gegenströmung zur PorNo-Debatte Ende der 80ger. Also eine politische Haltung, die Aktivitäten erfordert, wenn Rechte auf sexuelle Selbstbestimmung gefährdet sind.
Wir sind ja in Deutschland diesbezüglich relativ frei.. .in Kamerun z. B. werden Homosexuelle noch verfolgt.
Also können wir es uns leisten, uns ins private zurück zu ziehen, die Früchte zu ernten und zu geniessen, die frühere Generationen erkämpft haben. . . Das hat aber einen schalen Beigeschmack, weil wir auf dieser Welt auf einer Insel der sexuellen Selbstbestimmung leben und in vielen Ländern dieses nicht möglich ist.
Also sind politische Aktionen weiterhin notwendig.
So gesehen hat Sexpositivismus auch nichts mit dem eigenen Sexleben zu tun. Ich kann auch abstinent leben, ob nun coronabedingt oder aus stess- und hormonellbedingter Unlust heraus , und trotzdem sexpositiv sein .... weil es eine von Toleranz geprägte Haltung ist, die keine moralischen Grenzen manifestiert, solange sich alles im legalen und einvernehmlichen Rahmen bewegt.
*******ous Frau
14.341 Beiträge
Themenersteller JOY-Team 
Vielen Dank für eure Beiträge und Überlegungen zur aufgeworfenen Frage. Spannend. Bei vielen Überlegungen nicke ich zustimmend - und habe mich auch dabei erwischt, mit meinem Bildschirm zu sprechen.


Zitat von *********on511:
Ich für mich würde es wie folgt definieren, dass es verschiedene Stufen gibt, die ineinander greifen, aber - wie immer in der Sexualität - nicht klar abzugrenzen sind:

Die Idee von Stufen und damit eine visuelle Hilfe zur Verortung, empfinde ich als hilfreich. Dass es ein Spannungsfeld ist und nicht zwei Pole für ein Entweder-oder sondern vielmehr ein Sowohl-als-auch.
********er75 Mann
6.898 Beiträge
Ich sehe zum einen die Abstufung, also Abgrenzung, der verschiedenen Ebenen und Themen Bereiche als hilfreich für die Diskussion und die Verortung der, auf der anderen Seite sehe ich es in meinem Leben, und auch ganz allgemein, eher als Prozess und als situationsabhängig.
Was meine ich damit:
Ich sehe mich grundsätzlich als sexpositiv eingestellten, und auch sexpositiv lebenden Menschen. Ich habe aber kein „Sendungsbewusstsein“, das mich dazu antreibt andere davon zu überzeugen, dass Sexpositiv „besser und schöner“ ist.
Ich glaube auch, dass gerade gesellschaftliche Zwänge, seien sie nun beruflich oder privat, viele von einem offeneren Ausleben, auch von einem offenen „sexpositiven Aktionismus“ abhalten.
Viele Gespräche, die ich bei Xplore Festivals in Berlin geführt habe, haben gezeigt, dass oftmals schon das offene Bekenntnis sexpositiv zu sein im privaten Umfeld ein Problem ist.
Somit ist für mich ein Prozess der Selbstfindung, des Sich-selbst-bewusst-werden’s, der dann auch zu Veränderungen im privaten Umfeld führt, und der auch dazu führen kann, dass man selbst sexpositive Räume und eine sexpositive gesellschaft schaffen möchte.

Wie gesagt, habe ich nicht das Sendungsbewustsein, und stehe grundsätzlich „allein glückselig machenden, einzig wahren Wegen „ immer kritisch gegenüber.
Denn für mich mag sexpositiv zu leben der richtige Weg sein, das muss aber nicht auf alle zu treffen.
Wenn jemand auch sexpositiv leben möchte unterstütze ich ihn gern, aber ich möchte niemanden „bekehren“, genauso wenig wie ich zu „bekehrt“ werden möchte.
*******eyan Mann
114 Beiträge
Ich möchte das Thema gerne etwas weiter fassen, die Frage ist ja nicht nur, ob "Sexpositivimus" (was auch immer sich dahinter für jeden einzelnen und jede einzelne verbergen mag) eine private oder politische Angelegenheit ist, sondern Sexualität ganz allgemein. Wenn ich mir anschaue, wie schwer sich der Großteil der Menschen tut, mit denen ich persönlichen Umgang habe, über Sex und vor allem den Probleme damit zu reden, deren Bedürfnisse auszudrücken und wie wenig nicht falschen Moralvorstellungen und völlig überholter Paardefinitionen geschuldeten Sex diese Menschen dann schließlich haben, und wenn ich mir dann noch dazu ansehe, wie unglaublich Paar-zentriert selbst aufgeschlossene Plattformen wie diese sind, dann bleibt für mich nur der Schluss, dass es ein ein höchst politisches Anliegen für uns sein muss. Soweit ganz grundsätzlich.

Ganz persönlich ist es natürlich viel schwieriger. Das Thema anzusprechen ist nicht ganz einfach, ohne sich selbst völlig zu outen. Manche leben in einem sozialen Umfeld, in denen das kein Problem ist oder das Umfeld sogar gänzlich Teil einer Community wie dieser hier ist. Die restlichen 99,999 Prozent haben aber ein Umfeld, wo es gegenüber jedem einzelnen Kontakt abzuwägen ist, wie weit man sich selbst exponieren will und kann. Somit ist es aber auch schwierig, über das Thema in der Tiefe zu reden und damit dem erforderlichen Aktivismus nachzukommen. Ein Teufelskreis.
*******_nw Frau
7.609 Beiträge
Was unterscheidet eigentlich den Druck, den man selber auf Andere ausüben zu dürfen glaubt, von demjenigen, gegen den man sich selbst zur Wehr setzt? Doch nur die Perspektive, oder?

Sexpositivität beinhaltet für mich notwendigerweise Respekt - und ob ich den habe erweist sich nicht vorrangig an meinem Verhalten denen gegenüber die meiner Meinung sind.

Wenn mein Verhalten und meine Ausstrahlung andere Menschen nicht dazu bewegt sich für das zu interessieren was diese Ausstrahlung hervorbringt wird Aktivismus das meiner Ansicht nach erst Recht nicht bewirken.
*******ous Frau
14.341 Beiträge
Themenersteller JOY-Team 
@*******eyan, du fasst in deinem ersten grundsätzlichen Absatz in Worte, was ich zuletzt bei mir beobachten konnte.

Sexualität ist für mich schon lange ein Thema, seit meiner Jugend bin ich dafür bekannt bis verschrien. Politik habe ich aus diversen Gründen abgelehnt. Doch je intensiver ich mich zuletzt mit Sexualität auseinandersetzte, desto politischer nehme ich mich selbst wahr und bekomme es auch gespiegelt. Der Zündstoff, der in diesem Thema steckt, wird für mich manchmal gefühlt mit jeder Diskussion spürbarer.

Was mir darüberhinaus noch durch den Kopf geht: Wir - als hier diskutierende Personen - beschäftigen uns mit dem Thema Sexualität und Sexpositivität, wir alle haben irgendwann damit begonnen, Worte für das zu finden, was uns bewegt und eignen uns nach und nach eine Sprache an.

Worte und damit Sprache scheinen mir noch der Schritt vor einem sich entwickelnden Denken, einer sich verändernden Haltung zu sein.
*******eyan Mann
114 Beiträge
Ich stimme Dir vollkommen zu. Worte, Sprache sind nötig, um Denkmuster, Konzepte greifbar zu machen und manchmal überhaupt erst sozusagen auf die Idee zu kommen, dass es andere Konzepte als das einzig bisherige ge- oder erlebte gibt.

Ganz konkret: unser aller Denken (und wie ich bei meinen Kindern sehe, auch das der nächsten Generation(en)) ist hinsichtlich Sexualität von zwei wesentlichen sprachbildenden und konzeptbildenden Instititutionen geprägt: Religion und Pornografie. Ein klein wenig auch von Literatur und Kino. Bevor wir durch eigene Erfahrungen oder durch Austausch mit anderen über reale Erfahrungen unsere Sprache dafür finden und entwickeln beginnen, werden uns bereits Konstrukte eingetrichtert, die wir erst wieder mühsam loswerden müssen. Alle die erwähnten Einflüsse von außen haben eines gemeinsam: sie sind (männlich getriebene) Fiktion.
Ha, die Trolle sind da und ich weg
*********on511 Frau
388 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ja, Sprache ist ein wichtiges Medium, aber ebenso Verhalten. Beides Ausdruck von innerer Bewegung, sprich Gefühlen, beides die Möglichkeit uns Ausdruck zu verleihen...

Ich hab eben einen Artikel auf Zeit.de gelesen und dieser, wie so vieles, was ich in der letzten Zeit gelesen habe - und dazu gehört auch dieses Forum und seit ein paar Tagen dieser Thread - machen mich wirklich nachdenklich, ob der Notwendigkeit nicht vielleicht doch auf die Straße gehen zu wollen, gar zu müssen...
Hier ein Zitat aus diesem Artikel: "Der Mensch ist eine sozial lernende Spezies. Es ist uns nicht egal, was andere denken. Gegen soziale Normen zu leben ist anstrengend und belastend. Und die soziale Norm ist leider immer noch, dass sich vor allem die Frauen um die Kinder kümmern sollen."*
Und so lange diese Norm nicht verändert wird, wird es so bleiben, dass Menschen in Rollenklischees verhaftet bleiben, sich nicht frei mit sich selbst, ihrer Rolle und ihrer Sexualität auseinandersetzen...

und während ich das hier so schreibe, wird mir nochmal bewusst, dass Sexpositivität für mich nie nur mit der Sexualität zu tun hat, sondern mit mir als gesamte Person: ich kann nicht mich nur öffnen in Punkto Sexualität, sondern bin entweder ein Mensch, der sich grundsätzlich reflektiert und hinterfragt, offen ist, sich selbst bewusst ist oder ich werde es spätestes dadurch, dass ich mich mit Sexpositivität auseinandersetze. Das eine bedingt das andere.
Und das - so will ich mal ganz frech behaupten - ist das was Ruckert meint, wenn er sagt, Sexpositivität kann die Welt verändern... den Umgang der Menschen miteinander... er geht sogar soweit, zu sagen, auch mit der Natur...
Warum - frag ich mich - kann diese Bewegung mehr erreichen, als die vorhergehenden? Wie z.B die Emanzipationsbewegung? LGBTQ? Warum lohnt es sich, dafür zu streiten? Weil es hier um alle geht! Männlein, wie Weiblein und alles dazwischen, weil es um die ganze Person geht und um die Einstellung dieser Person und nur vordergründig um Sex...
Im ersten Beitrag hab ich noch geschrieben: auf die Straße gehen? Ach, nööö... rückblickend bin ich bereits auf die Straße gegangen... ich war mehrmals in Frankfurt auf dem CSD im Wagen unterwegs, aber auch in Stuttgart im Fetischwagen... streitend für mehr Toleranz... *zwinker*
Insofern, erkenntnisreiche Tage für mich...
Ein wunderschönes Wochenende euch allen
*kuss*


*den Artikel möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten - hier reden eine Evolutionsbiologin und ein Paartherapeut über eine Studie, die sie zur Partnerwahl erstellt haben: https://www.zeit.de/2020/24/ … content=zeitde_andpush_link_
******age Mann
3.171 Beiträge
@*****url : Danke für das Thema Judith,
dass Du hier noch einmal nachfasst.

Ich bringe es für mich einmal auf den Punkt:

Sexpositivität ist ein natürlicher Umgang
mit dem Thema Sexualität in Begegnungen,
Kommunikation und Körperlichkeit.

Sexpositivität geht auf die Suche nach der
eigenen Sexualität ohne andere Sichtweisen
auszugrenzen.

Sexpositivität ist ein Bewusstsein dafür,
beim Sex stets einen Konsens zu schaffen.

D*wolf*C
Profilbild
**********tlust
21 Beiträge
Ich denke Sexpositivität wächst in einem selbst heran, entwickelt sich durch innere und äußere Einflüsse und Erfahrungen und bildet sich wie eine Art Aura nach außen. Wenn wir sexpositiv leben und lieben, werden wir diese Gefühle und Gedanken nach außen tragen und damit im besten Fall eine Inspiration für andere sein. Das beginnt zum einen mit dem Partner und engen Freunden und weitet sich aus. Im besten Fall nehmen wir so ganz viele Menschen mit und irgendwann wird das Thema (wie alles andere meist auch) politisch. Meiner Meinung nach kann man nicht im stillen Kämmerlein sexpositiv sein *zwinker* Wir suchen uns ja auch Menschen mit sexpositiven Ansichten und Einstellungen um mit ihnen intim zu werden oder uns auszutauschen.

Der Ursprung sind wir selbst dabei.

Wenn du wertschätzend und achtsam mit unserer Sexualität und der anderer Menschen umgehen, sind wir bereits sexpositiv ohne dafür groß politisch zu sein.

Danke Judith für diesen Gedankenanstoß! Total schön.
*******lon Mann
225 Beiträge
Sexpositiv bedeutet für mich in erster Linie, Sexualität gegenüber offen zu sein. Sie als etwas Grundlegendes im Leben aller Menschen zu akzeptieren und respektieren.

Es gibt Menschen, die sich gerne und intensiv mit ihrer Sexualität auseinandersetzen, und am anderen Ende Menschen, die das aus welchen Gründen auch immer nicht tun. Auch das müssen wir respektieren.

Mir wäre es ein Anliegen, bei den Menschen, die sich für Sexualität interessieren, aber Sexualität in unserer Gesellschaft nur durch Pornos, die typischen Klischees und altes Rollenverständnis kennen und erleben, einen Denkprozess anzuschieben, der sie verändert. Das würde ich mir besonders wünschen für junge Menschen, die in der Pubertät sind und gerade ihre Sexualität entdecken. Ihnen sollte man das Bild einer offenen und befreiten Sexualität vermitteln.

Aber selbst hier im JOYclub ist es nicht immer möglich: letztens wollte ich einen wissenschaftlichen Beitrag von 3sat in einem Forum thread verlinken, mit spannenden, neuen Erkenntnissen über die Anatomie der weiblichen Geschlechtsorgane. Wurde abgelehnt.

Es gibt also noch unglaublich viel "zu tun". Aber missionieren ist nicht mein Ding. Daher versuche ich einfach mit Menschen, bei denen ich merke, dass sie Sexualität gegenüber offen sind, ins Gespräch zu gehen. Und meine Sichtweise zu erklären.
Hier ist fast nur von Sexualität die Rede, als ob das ein Lehrfach ist, was man studieren kann.
Sein Fahrrad schieben und kontrollieren, ob alles funktioniert, auch mal klingeln, heiß noch lange nicht Fahrradfahren.
Ich unterscheide Sexualität und SEX, also Theorie und Praxis.
Das ist mir alles zu verkopft. Wieso nur, wo wir doch durch SEX entstanden sind, und jede Zelle unseres Körpers quasi eine SEX-ZELLE ist. Der Körper hat die Software perfekt schon in sich. Und wenn man ihn ließe, wäre alle viel einfacher und leichter. Beim SEX muss doch sowieso jede Theorie oder Vorstellung verschwinden, natürlich bis auf den notwendigen Rest von begleitendem Gewahrsein. Wie beim Autofahren, das funktioniert weitgehend nur instinktiv(vorher eingeübt) und wehe die Gedanken kommen, dann kann man schnell mal das Pedal verwechseln( mir schon passiert).
*******ias Frau
4.395 Beiträge
Für mich ist Sex eine Form der Kommunikation.

Früher war ich sicherlich eine sexpositive Aktivistin. Pi Mal Daumen mit 22 hatte meine Experimentierphase mit alternativen Beziehungsformen begonnen. Abseits der seriellen Monogamie ergaben sich für mich viel mehr Möglichkeiten die unterschiedlichsten sexuellen Erfahrungen zu sammeln. Und mit 24 erreichte mein Aktionismus wohl den Höhepunkt. Häufig stieß ich im Freundes- und Bekanntenkreis Gesprächsrunden über Sexualität, Emotionen, Bedürfnisse und Beziehungsformen an.

Zum Beispiel One Night Stands. Damals gab es im Prinzip nur die klassische Variante ohne Option auf mehr. Die Anbahnung erfolgte ausschließlich in freier Wildbahn. Was ist falsch daran, wenn eine Frau und ein Mann aus purer Lust Sex miteinander haben? Was ist das für ein Erfahrungsraum? Warum ist pure Lust für den Mann OK? Doch für die Frau soll es "dreckig" sein, von Zeit zu Zeit ebenfalls keine Beziehung im Sinn zu haben?

Und ich stieß auch etliche andere Themen an. - Ob das allen Anwesenden passte oder nicht. - Ich wollte Denkanstöße geben! Was es alles gibt. Wie unterschiedlich doch die Bedürfnisse der Menschen sind. Wie sich die Bedürfnisse in verschiedenen Entwicklungsphasen ändern... Oder dass sich manche sexuellen Bedürfnisse nur in Bezug auf bestimmte Personengruppen zeigen.
Ja, ich wollte zur sexuellen Selbsterkenntnis & Emanzipation anregen.

Alte Freunde sagen: Damals warst Du quasi eine Sex-Missionarin.

Damit polarisierte ich sehr stark.
Einige fanden es toll. Anderen ging ich damit tierisch auf den Senkel.
Mein stärkster Gegenpol in der Gruppe wäre nach dem von Trigon verlinkten Blog-Beitrag https://luhmendarc.blog/2020 … sexpositivity-sexnegativity/ wohl ganz klar in der Rolle des Aktivisten für Sexnegativen (Trans-)Feminismus / Kritisch-Solidarische Haltungen gegenüber Sex. Aber dieser Sexnegative war und ist ein gutes Gegengewicht. Inzwischen sind wir enge Freunde.

Zitat von *****url:
Sexualität ist für mich schon lange ein Thema, seit meiner Jugend bin ich dafür bekannt bis verschrien. Politik habe ich aus diversen Gründen abgelehnt. Doch je intensiver ich mich zuletzt mit Sexualität auseinandersetzte, desto politischer nehme ich mich selbst wahr und bekomme es auch gespiegelt. Der Zündstoff, der in diesem Thema steckt, wird für mich manchmal gefühlt mit jeder Diskussion spürbarer.

*dito* Genau darum ging es. *ja*
Ich selbst sah mich aufklärerisch. Doch keinesfalls politisch.
Besagter Freund hat erst deutlich werden lassen, dass das, was ich da in der Gruppe treibe, hoch-politisch ist. Dass ich ungeachtet derer, für die Gespräche über Sexualität nicht in den Freundes- und Bekanntenkreis gehören, eine neue Gruppennorm kreiere, in der sich quasi jeder damit beschäftigen oder die Gruppe verlassen muss. Da hat er gegen gehalten. Und das war gut so.

Inzwischen würde ich mich nicht mehr den Aktionisten zuordnen.
Denn ich achte darauf, wo und wann.
Die Menschen können und dürfen dem ausweichen.

Wobei... wenn ich hin und wieder meinen Unsichtbarkeitsmodus verdaddel und von Blind-Anschreibern angesprungen werde... dann kommt hin und wieder die sexpositive Aktivistin raus. *teufel*

*nachdenk* Und wenn ich ehrlich bin, gibt es auch noch ein paar andere Situationen.
So ganz ablegen, werde ich den Aktionismus wohl nie.
Größtenteils agiere ich inzwischen jedoch anders.
****on Mann
16.230 Beiträge
Dass Sex(ualität) nur positiv ist, war für mich selbstverständlich. Ich bin in gewisser Weise aufgewachsen ohne den Kontakt zu Sexualmoral und Einwänden gegenüber Sexualität. Bis zu meinem 12. Lebensjahr abgeschirmt von dem, was "man" so denkt oder zu hören bekommt.

Als mir dann Mitschüler mit ihren Elternhaus-geprägten Vorstellungen zur Sexualität begegneten, könnte ich es jahrelang nicht glauben, dachte stets, dass sich dahinter eine Art kollektiver Scherz verstecke, den nur ich nicht verstünde.

Die einzige Macke, die ich mitbekommen habe, war der Satz meiner Mutter: "Junge, vergiss nie, dass Sex nur für Männer ist, nicht für Frauen. Frauen wollen Erotik, nicht Sex. Frauen, die Dir etwas anderes sagen, lügen und wollen Dich manipulieren." Ich hatte bis dahin es so verstanden, dass Sex die Abkürzung für Sexualität ist, und Erotik sozusagen die Stimmung um Sexualität. Darum hatte ich ihre Aussage so aufgefasst, dass Frauen Sexualität nicht mögen, sondern nur die Stimmung drumrum. Sie aber hatte damit kurioserweise nur Geschlechtsverkehr gemeint und ihre eigene unerweckte Fühlkraft im vaginalen Bereich, ihre Taubheit im Fühlen auf alle Frauen verallgemeinert, weil sie auf mehrere Frauen in Gesprächen gestoßen war, denen es so erging. Es war und ist ein kulturelles Phänomen, kein biologisches, wie sie glaubte.

Mein Aktionismus war darum für richtig lange Zeit, mich und andere auf die Möglichkeiten sexuellen Fühlens zu sensibilisieren. Und das nimmt gerade wieder Fahrt auf bzgl. meines eigenen Fühlens. Ich kämpfe sehr für die sexuelle Erreichbarkeit von Männern und von Frauen. Vermutlich ist dies ein durchaus sexpositiver Aspekt.
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