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Shibari/Kinbaku München
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Shibari – Fesseln und Emotionen107
Fesseln, Bondage, Shibari – auf viele von uns üben diese Begriffe…
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Shibari VS Kinbaku und ähnliche Begriffe

***_X Mann
71 Beiträge
Themenersteller 
Shibari VS Kinbaku und ähnliche Begriffe
Ich stolpere immer mal wieder darüber, dass jemand sagt "Kinbaku steht für festeres Fesseln" oder irgendwelche anderen Geschichten, was eigentlich der Unterschied zwischen diesen beiden und den jeweiligen Begriffen für Meister in diesen Bereichen (Kinbakushi, Bakushi, Nawashi) ist.

Mich hat interessiert was wirklich dran ist und ich bin bei Yagami Ren fündig geworden und finde seine Erklärung sehr schlüssig und erhellend.


***_X Mann
71 Beiträge
Themenersteller 
Kurze Zusammenfassung auf deutsch (korrigiert mich gerne, wenn ich etwas aus dem Kopf falsch oder unvollständig wiedergebe oder gar falsch übersetzt/verstanden habe):

Kinbaku ist ein Nomen -- es beschreibt die fertige Fesselung, das was entstanden ist, die Form
Shibari ist ein Verb -- es beschreibt die Tätigkeit
Nawa ist ein Sache - Seil

Wenn man "shi" angängt, beschreibt man jemanden, der sich mit genau dieser Sache besonders gut auskennt. Also einen Meister seines Faches.

Ein Kinbakushi versteht sich demnach besonders gut auf die Form - das Ergebnis. Der Fokus liegt also z.B. darauf eine besonders schöne Fesslung für ein Foto zu machen.

Ein Bakushi hingegen versteht sich besonders gut auf die Tätigkeit - also den Weg, wie man fesselt. Hier liegt der Fokus auf dem wie, der Kommunikation. Yagami Ren bezeichnet sich so.

Beide Titel kann man sich im Prinzip selbst geben, ob die dann allgemein anerkannt werden ist nochmal ein anderes Thema.

Nawashi ist besonderer Titel. Man sollte sich besser nicht selbst so nennen.

Das ist also der grundsätzliche, ursprüngliche Unterschied.
Während manche Leute die Unterscheidung wichtig finden (so wie Yagami Ren), wird allgemein kein großer Unterschied mehr daraus gemacht.
********_MUC Mann
40 Beiträge
Ich hab es so verstanden, dass Nawashi schon sehr exklusiv sein soll; sodass Ren selbst nur ein Mensch so nennt. Also vllt etwas ähnlich wie Großmeister und vllt sogar noch exklusiver als das. Stimmt das?
***_X Mann
71 Beiträge
Themenersteller 
Akechi Denki trug den Titel Nawashi, Kanna wird oft als Nachfolger angesehen und könnte wohl auch so genannt werden. Ich fand den Teil schwierig, glaub der wurde schon nicht gut ins englische übersetzt. Da wäre ich froh, wenn das mal jemand mit entsprechendem Sprachverständnis direkt übersetzen könnte. Aber ich nehme einfach mal mit: Man nennt sich einfach nicht so.
*******dDay Frau
4.777 Beiträge
OT

Also bezeichnet Bokashi die besonders meisterhaften Mikroorganismen, die Grünzeug verstoffwechseln? *lach*
*******CART Mann
692 Beiträge
Vorrausschicken möchte ich, dass ich weder die japanische Sprache, noch Japanologie studiert habe. Was ich wiedergebe ist meine persönliche Interpretation auf Basis nächtelanger Studien und sehr vielen Gesprächen mit Leuten aus und teils auch ausserhalb der Szene, Japanern und anderen.

Die japanische Sprache und Kultur ist sehr kontextbezogen, es gibt Kanjis und Katakanas und all das lässt sich nicht so einfach und klar abgegrenzt in Schubladen packen und 1:1 übersetzen, wie wir es gerne hätten. Als Beispiel 捕縄術 - was Hojōjutsu aber auch Torinawajutsu bedeuten kann. Kinoko kann mit Dämonenkind oder Pilz übersetzt werden.
Dies ist wichtig, um zu verstehen auf welchem Terrain wir uns bewegen bei dem Versuch hier Klarheit zu schaffen.
Sehr interessant war eine Umfrage auf der Strasse in Japan, wie die Leute den Begriff Wabisabi erklären...

Vor vielen vielen Jahren hat Steve Osada in einem Interview auf die Frage, wie man in Japan einen Rigger bezeichnet lapidar mit "nawashi" geantwortet.
Norio Sugiura Sensei hat während all unserer Zusammenarbeit immer nur von "kinbaku" gesprochen und Rigger als "shibarite" bezeichnet, nur einzelne, ausgewählte Personen in seltenen Fällen als "bakushi".
Als ich japanischen Mitgliedern eines Motorradclubs meine Bilder gezeigt hatte, nannten diese mich "nawashi", allerdings haben diese Jungs keine Verbindung zu der Szene und deren Besonderheiten.
Vor kurzem erst, habe ich diese Fragen Ren Yagami gestellt, er hat mir auf Umwegen genau das erklärt, was er in dem Youtube Video erzählt.

Aus meiner Erfahrung, ist es selbst in Gesprächen mit japanischen Muttersprachlern und Leuten welche schon sehr lange in Japan leben oder jenen die sich sehr intensiv damit auseinander setzen, nicht leicht ein gemeinsames Verständnis und Klarheit zu erhalten.

Für mich habe ich nach Langem zu folgender Interpretation gefunden:

nawa
das Seil ( hier auch asa nawa: Juteseil, ara nawa: Reisstrohseil) - hierzu komme ich später noch...

shibari
fesseln, als Verb, der Akt des Bindens mit dem Seil (auch nawa shibari - wobei der Japaner alles kürzt, deshalb shibari, mit Seil binden)
off topic: hieraus resultiert wohl auch Steve Osadas Unverständnis für die Beschreibung "Shibari Baumwollseil", da man interpretieren könnte, shibari in Langform asa nawa, nawa shibari, asa nawa shibari: Jute Seil binden, mit Juteseil binden, wohingegen Baumwollseil mit 綿ロープ - wata rōpu übersetzt wird...

shibari kata
die Form, der Ablauf, wie gebunden, gefesselt wird

shibarite
die Person welche bindet, fesselt

ukete
die das Seil empfangende Person

shi
bedeutet immer, dass etwas auf sehr hohem Niveau, meisterlich, professionell gemacht wird

nawashi
wäre also ein professioneller "Seilmeister", dies kann auch derjenige sein, welcher das Seil herstellt, laut Ren Yagami ein Titel, welchen Akechi Denki inne hatte und der an nawashi Kanna weiter gegeben und von ihm weitergeführt wird. Er hat auch den professionellen Aspekt angesprochen. Für Leute ausserhalb der Szene ist jedoch auch der Rigger ein nawashi

kinbaku
der Zustand, das Ergebnis des sexuellen, intimen Fesseln von Menschen

bakushi
eigentlich kinbakushi, jemand der dieses auf sehr hohem, meisterlichen, professionellen Niveau macht

seme
quälen, foltern, herausfordern

seme nawa
mit dem Seil quälen, foltern, herausfordern
nicht das Schmerzseil, es geht für mich hier nicht um das Zufügen von Schmerzen

Ich hoffe, mit diesen Ausführungen konnte ich ein wenig weiterhelfen und wünsche euch viel Spass bei weiteren Recherchen und Gesprächen hierzu. Nichts von alldem ist in Stein gemeisselt, oder die einzige Wahrheit.
Sehr Vieles ist situationsbedingt zu interpretieren, wer zu wem, bei welcher Gelegenheit... für den Einen bin ich ein nawashi, für den anderen ein bakushi und irgendwie meinen doch beide das Gleich *g*
*****ens Mann
1.539 Beiträge
Auf eine Diskussion bezüglich der Begrifflichkeiten lasse ich mich nach über 15 Jahren in der Fesselszene nicht mehr ein.
Auf eine Interpretation schon Diskussion selbst aber schon.

Im deutschsprachigen Raum greifen wir oft nichts an, was wir nicht mit DIN-Normen belegen und erklären können.
Daher mein Fazit:
"Die Zeit die man für die Grübelei und Streiterei über Begrifflichkeiten verschwendet für die Fesselei selbst nutzen"

PS: Diese Aussage kommt (sinngemäß) von einem japanischen Fessler.

Aber mir ist schon klar, dass man benennen können mag was man tut und was einem gefällt.
Die Zusammenfassung von DIABOLICART deckt sich großteils mit dem was ich in den letzten Jahren erfahren habe.

Bezüglich Begrifflichkeiten verweise ich auch auf diesen Eintrag:
Shibari: Ein Wiki für die Community
***_X Mann
71 Beiträge
Themenersteller 
Zu meiner Motivation:
Ich hatte die Begriffe als quasi austauschbar wahrgenommen. Dann von verschiedenen, ihnen zugeschrieben Unterschieden gehört bzw das das eine eine Stilrichtung des anderen sein sollte. Mir geht es nicht um die universelle Wahrheit oder eine Diskussion, sondern um mein Verständnis der Ursprünge der Bezeichnungen und ihrer Unterschiede und ob ich das bisher grundlegend falsch verstanden habe.

Was ich für mich mitgenommen habe ist, dass man sie synonym verwenden kann - es aber feine Unterschiede im Fokus gibt, die manchen Personen wichtiger sind, als anderen. Das fand ich spannend und wollte es gerne teilen, damit andere sich ihr eigenes Bild und Verständnis machen können.

Was das Wiki angeht: interessanterweise fehlen die Begriffe Shibari und Kinbaku darin scheinbar. Dort hatte ich auch geschaut *zwinker*
*****ens Mann
1.539 Beiträge
@***_X Hab's weiter geleitet, dass grundlegende Begriffe fehlen.
******oko Paar
82 Beiträge
Meine Erfahrung ist auch, dass die Begriffe stark synonym sind und ich glaube, dass auch etablierte Bakushi/Nawashi da unterschiedliche Interpretationen haben.

Ich habe jedenfalls von verschiedenen bekannteren Leuten jeweils sehr unterschiedliche Erklärungen gehört.

Was ich aber auf jeden Fall interschreiben kann ist, dass Shibari ein nominalisiertes Verb ist, während Kinbaku ein Nomen ist.

Ein bisschen wie "das Fesseln" und "Bondage" (für das es im Deutschen keine Entsprechung gibt, weil es kein Nomen gibt).

Wenn ich dazu komme, werde ich sicher auch dazu Artikel schreiben werde... 😉
******oko Paar
82 Beiträge
Vielleicht generell was zu Begriffen wie "Shibari", "Seme" und so weiter. Mittlerweile denke ich, dass es vielleicht sinnvoller ist, sich nicht zu fragen "Was heisst das genau?", sondern eher zu fragen "Was bedeutet das für Person X?".

Bei Seme zum Beispiel gibt es sehr unterschiedliche Aussagen. Yukimura Haruki hat gesagt, dass "Seme" für ihn bedeutet, dass man jemanden etwas "durchleiden" oder "aushalten" lässt. Nicht so sehr im Sinne von körperlichem Schmerz, sondern mehr emotional oder psychologisch.

Ren Yagami sagt "Seme, das ist, wenn jemand wie manisch fesselt und es nur um das Seil geht, ganz klar."

Wer hat jetzt Recht? Ren Yagami oder Yukimura Haruki? Beide sind ganz klare Experten im Feld, aber sie sagen einfach Dinge, die überhaupt nicht gleichzeitig wahr sein können. Und trotzdem haben sich beide ihre Gedanken gemacht und dem Begriff im Rahmen ihres Schaffens eine bestimmte Bedeutung gegeben... und wenn man sie fesseln sieht, sieht man auch, wie sie mit diesen Ideen arbeiten.

Darum denke ich heute, dass ich wahrscheinlich mehr weiss und mehr verstehe, wenn ich weiss, wie einzelne Stile, Schulen, Personen diese Dinge begreifen (und nutzen) als wenn ich versuche, eine einheitliche Definition aus all diesen Perspektiven zu basteln, die am Ende vermutlich niemand mehr so teilt.

Shibari ist halt nicht Philosophie oder Recht oder so etwas, wo man erst Mal die Begriffe bestimmt und dann konsistent dieselben Begriffe benutzt, sondern eher ein künstlerischess Feld, in dem verschiedene Trends, Strömungen, Haltungen dynamisch unterwegs sind und diese Subjektivität und Kreativität auch eine wichtige Quelle für die Vielfalt ist, die wir sehen.
********2013 Frau
52 Beiträge
Soviel ich weiß, sprechen Japaner in „Bildern“ und nicht wie wir in „Filmen“

Als Beispiel
Ich Straße Kirschblütenbaum

Ich gehe eine Straße entlang mit Kirschblütenbäumen

Nur mal so am Rande

Von daher wird sich manches nicht 1:1 übersetzen lassen
******oko Paar
82 Beiträge
Zitat von ********2013:
Soviel ich weiß, sprechen Japaner in „Bildern“ und nicht wie wir in „Filmen“

Als Beispiel
Ich Straße Kirschblütenbaum

Ich gehe eine Straße entlang mit Kirschblütenbäumen

Nur mal so am Rande

Von daher wird sich manches nicht 1:1 übersetzen lassen

Ich bin da ein bisschen skeptisch. Film als Medium ist irgendwas um die 130 Jahre alt, die Struktur der Sprache ist aber deutlich älter. In was haben die Menschen gesprochen, die dieselbe Struktur benutzt haben, aber keine Ahnung hatten, was ein "Film" ist?

Und der Beispielsatz würde lauten: "Ich eine Strasse mit Kirschblüten entlang gehe."

In deinem Beispiel fehlt das Verb (das im Japanischen am Satzende kommt). Im Prinzip ist es dasselbe, nur die Satzstruktur ist eine andere, es sind nicht einfach Nomen/Bilder hintereinander, die dann kontextbezogen den richtigen Sinn ergeben. Was in der Übersetzung ausserdem nicht auftaucht sind die Postpositionen, also kleine Hilfswörter, die Bezug zwischen den Nomen, Verben, Adjektiven und Adverben herstellen. Auf diese Weise kann man ausdrücken, ob man sich in eine bestimmte Richtung bewegt, was in welchem Verhältnis zueinander steht und so weiter.

Aber ja, im Japanischen spielt der Kontext eine grössere Rolle als im Deutschen, weil bestimmte Satzteile (wie das Subjekt) oftmals weggelassen werden können, wenn aus dem Kontext klar ist, was es ist.

Und ich stimme dir auch zu, dass sich manche Begriffe nicht direkt übersetzen lassen, zum Beispiel Ma-ai. Dieser Begriff wird oft als "Abstand" übersetzt, hat aber eine räumlich und zeitliche Komponente. Es ist gleichzeitig der richtige Moment als auch der richtige räumliche Abstand, sozusagen. Und das noch bevor man sich fragt, welcher Sensei in seinem Fesselstil Ma-ai wie genau benutzt und versteht...
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