Emotionales Nichtfesseln
In der Welt des Shibari tauchen immer wieder
Warnungen auf, die vor bestimmten Praktiken oder sogar vor bestimmten aktiven Personen warnen.
Oft wird die Angst vor möglichen Risiken geschürt, als würde das Fesseln an sich eine Gefahr darstellen.
Doch was könnte sich hinter diesen Warnungen verbergen?
Es könnte in Betracht gezogen werden, dass sie nicht aus Sorge um das Wohl der Beteiligten ausgesprochen werden, sondern vielmehr als Mittel dienen, um interessierte Personen für sich zu gewinnen.
Ein häufiges Beispiel für dieses Verhalten ist das
Aussprechen von „Red Flags“ über andere aktive Personen oder Fesselpraktiken.
Diese Warnungen zielen darauf ab, den Ruf anderer zu beeinträchtigen und sich selbst als die bevorzugte Wahl für Rope Models zu positionieren, um sie in den eigenen Einflussbereich zu ziehen.
Dabei wird oft ein Gefühl der Unsicherheit erzeugt, das nichts mit tatsächlichen Gefahren zu tun hat, sondern vielmehr dazu dient, sich selbst als die „sichere“ oder „richtige“ Wahl zu präsentieren.
Dieses Verhalten lässt sich auch durch zwei psychologische Mechanismen erklären: Framing und Confirmation Bias.
Framing beschreibt die Art und Weise, wie Informationen präsentiert werden, um die Wahrnehmung der anderen zu beeinflussen.
In diesem Fall wird durch gezielte Warnungen eine bestimmte Sichtweise auf andere aktive Personen gefördert, die sie als unsicher oder unzuverlässig erscheinen lässt.
Confirmation Bias ist die Tendenz, Informationen so zu interpretieren, dass sie bereits bestehende Überzeugungen oder Ängste bestätigen. Warnungen vor anderen aktiven Personen können also gezielt eingesetzt werden, um negative Annahmen oder Ängste über sie zu stützen und die eigene Position als „sichere“ Wahl zu festigen.
Ein weiterer Aspekt, der nicht unbeachtet bleiben sollte, ist der
Ingroup-Outgroup-Bias.
Dieser beschreibt die Tendenz, die eigene Gruppe positiv zu bewerten und andere Gruppen negativ zu betrachten. In der Shibari-Szene kann dies dazu führen, dass bestimmte Rigger
gezielt andere negativ darstellen, um ihre eigene Gruppe oder Praxis als überlegen darzustellen. Dabei wird das Verhalten von „außenstehenden“ aktiven Personen
als unzuverlässig oder gefährlich dargestellt, um die eigene Position zu stärken und Interessierte in den eigenen Einflussbereich zu ziehen.
Mit diesen Warnungen wird oft eine Angst erzeugt, die dazu dient, Personen zu beeinflussen und sie in einen bestimmten Einflussbereich zu lenken.
Es ist auch wichtig zu betonen, dass solche „Red Flags“ nicht immer aus einer echten Sorge um Sicherheit resultieren, sondern dazu genutzt werden, die
Schicksale anderer für den eigenen Vorteil zu instrumentalisieren.
Es könnte sein, dass von denjenigen, die vor anderen warnen, Geschichten von „Opfern“ erzählt werden, wobei es dann möglicherweise nicht darum geht, diese Personen zu schützen, sondern sich selbst in einem besseren Licht darzustellen.
Dieses Verhalten kann leicht in
Victim Shaming umschlagen, wenn die Geschichten der betroffenen Personen nicht respektvoll behandelt, sondern verwendet werden, um sich selbst zu erhöhen und andere zu diskreditieren.
Jede Person, die solche Geschichten nutzt, sollte sich bewusst sein, dass es niemals akzeptabel ist, die Erfahrungen und das Leid anderer auszuschlachten, um eigene Interessen zu verfolgen oder sich als überlegen darzustellen. Die Verantwortung sollte immer darauf liegen, Unterstützung zu bieten und zu verstehen, anstatt die Fehler anderer gegen sie zu verwenden.
Fesseln ist eine Kunst, die auf Verantwortung und gegenseitigem Respekt basiert. Wer sich dem Shibari öffnet, sollte ausgesprochene „Red Flags“ hinterfragen und Denunziationen nicht gelten lassen.
Diese Warnungen können oft eine verdeckte Absicht haben, Menschen von einer offenen, authentischen Praxis abzuhalten und sie in eine kontrollierte, isolierte Gruppe zu führen.
Letztlich entscheidet jede Person für sich selbst, achtet dabei nicht nur die eigene Sicherheit, sondern auch die
Qualität der Kommunikation und das Vertrauen in den Partner:in an erste Stelle stellen. Wer dies tut, wird seinen eigenen, sicheren Weg im Shibari finden – unabhängig von den „Red Flags“, die andere aussprechen.
"Angst ist ein guter Ratgeber für diejenigen, die Macht ausüben wollen."
–
Niccolò Machiavelli
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