Wenn Jute Seile schlecht riechen ....

Ich verwende einen gewissen Anteil Rosenwasser bzw Öl in meinem Wachs

Nicht umsonst haben schon die alten Japaner ihre Seile zur Bearbeitung in die freie Natur gehängt (sogar bei jedem Wetter).

Der Grund, warum Sonnenlicht den Geruch nimmt ist, dass die Seile einfach in der Sinne oberflächlich eine hohe Temperatur haben und viele Stoffe verdampfen oder - wie du richtig sagst, das UV-Licht die Komponenten aufbricht, und etwas Luftbewegung sie wegträgt. Ozon hat damit erstmal nichts zu tun und Biologie auch nicht.

Wovor ich allerdings warnen möchte, ist, dass Sonne Juteseil zerstört und schwächt. Denn die Jute selbst besteht aus Komponenten, die in hohem Maß von Licht angegriffen werden. Typischerweise wird das ursprünglich helle Seil dann etwas gelblicher, die Bruchlast sinkt und es wird spröder. Nach 2 Wochen bei schönem Wetter draußen ist es nicht mehr zu gebrauchen. Deshalb ja auch Seile kühl, dunkel und nicht zu trocken lagern.

Zuletzt möchte ich noch zu bedenken geben, dass ein geruchsfreies Seil nicht unbedingt ein Schadstoff-freies Seil ist. Den Geruch verströmt das "leichte" (niedermolekulare, leicht verdunstende) Spektrum der Stoffe. Der Großteil der schwereren Stoffe (hauptsächlich polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe wie methylierte Naphtalene, Phenantrene, etc.) sind geruchlos, aber dennoch in gewissem Maße krebserregend, bioakkumulierend und hautgängig.

Übrigens: Kokosfett ist für die Seilbearbeitung nicht zu empfehlen. Diesen Fehler habe ich früher selbst gemacht. Besser ist Jojobaöl oder Babyöl. Das Öl in der Seilverarbeitung ist i.d.R. mineralisch (eher "Diesel", kein klassisches Petroleum), mit Ausnahme von "Amatsunawa", hier kommt Sojaöl zum Einsatz, welches allerdings zumindest in früheren Chargen nach einer Weile oxidiert und leicht klebrig wird, sowie etwas riecht. Dies liegt daran, dass die meisten pflanzlichen Öle aus Ölsäuren bestehen. Jojobaöl hingegen besteht aus Wachsestern, welche nicht oxidieren (ranzen) und das klassische Babyöl ist mineralisch.

Nach entsprechender Bitte eines Freunds werde ich mich nun doch sachlich zu diesem Thema äußern, welches sicherlich für viele aus der Seilszene interessant ist - und nicht zuletzt den Unterschied zwischen schöner Zweisamkeit und unangenehmer Session machen kann. Ich möchte einfach nur Tatsachen langjährige Erfahrungswerte mit euch als Community zu teilen, weder mich vordrängen noch irgendwie schlau klingen.

Zunächst mal zum ersten Abschnitt von dir, lieber DeliteBlue: Dein zugeflüstertes Wissen über Methoden mit leichten öligen Substanzen bezieht sich sicherlich auf eine von einer gewissen Person erwähnten Methode, die schon seit Jahren weder ich noch sonst jemand mehr verwendet. Und das liegt daran, dass die Seile dadurch zu stark entölt werden, was ihnen nicht gut tut, und nicht etwa an der Flüssigkeit, welche relativ naturnah ist, reccycelt wird und auch faktisch in keiner Weise "radikalisierend". Auch weiß ich nicht, was du mit vorsichtiger Dosierung meinst, denn da gibt es nichts zu dosieren. Die Bezeichnung Chemiefabrik ist sicherlich ein emotional funktionierendes Wort, doch ist es sachlich falsch und auch an meiner Stelle falsch angebracht. Chemisch ist eher der, welcher schädliche Substanzen auf den Seilen belässt oder diese billige Ware überhaupt verwendet, und dann denkt, mit etwas Sonnenlicht sei das getan, nur weil es nicht mehr danach riecht. Nicht dass ich sagen will, dass etwas Schiffsdiesel am Partner objektiv schadet, doch allzu naturnah und "biologisch" ist dieses "JBO" nun mal faktisch nicht. Trotz meiner 6 Jahre Uni-Studium der Geochemie bin ich aber hier auch kein absoluter Spezialist, vielleicht sollte man mal einen solchen fragen. Von wilden Theorien möchte ich mich aber distanzieren.

Und bitte: Schützt Seile vor UV-Strahlung. Das Licht macht die Fasern kaputt und die Seile spröe und leichter brüchig. Vielleicht noch nicht nach der von dir geschilderten Dauer, aber leiden tun sie darunter. Schon nach 1-2 Wochen auf dem Balkon würde ich niemals mehr auf die Idee kommen, mit dem inzwischen im Vergleich zum Original gelblich verfärbten Seil in einer Suspension zu fesseln.

Ozon ist tatsächlich ein gutes Mittel, Mikroben abzutöten, weil es, wie du richtig sagst, seinen Sauerstoff loswerden will. Das hat aber (wie du auch richtig sagst) absolut keine Bewandnis für Seile, weil die ja nicht mit Bakterien, sondern Schadstoffen belastet sind. Und wenn sie Bakterien haben, dann sind diese im Inneren des Seils, wo das Ozon nicht hinkommt. Hohe Konzentrationen von Ozon würden natürlich genauso das Seil "verbrennen".

Prinzipiell freue ich mich aber über eine angeregte Diskussion, wobei am Ende natürlich die Quality Time und das Glück von den Partnern zählt, wobei es doch am schönsten ist, im Bezug auf Seil keine Angst zu haben oder sich wochenlang Gedanken machen zu müssen.