Nachdem ich jetzt eine vernünftige Tastatur vor mir habe, nochmal etwas ausführlicher.
Die Diskussion, dass nur "das richtige" Equipment einen "echten" Fotografen ausmacht, ist ja im Grunde - wie hier schon richtig bemerkt wurde - ein alter Hut. Meiner Erfahrung nach wird sie in der Regel von Menschen aufgebracht, die sich selber furchtbar wichtig nehmen und über eben jenes Equipment definieren. Und Wunder über Wunder: In aller Regel haben sie genau die Kamera, über die sie schwadronieren.
Was dabei übersehen wird: Ob ich Auto fahren kann, hat nichts damit zu tun, ob ich jetzt einen Mercedes SLK fahre, oder einen rostigen Panda.
Ich habe beruflich ab und zu mit Profifotografen und -videografen zu tun und was ich da schon an Ausstattung gesehen habe, trotzt jeder Beschreibung: Supermoderne High-End-Kameras sind da so gut wie nie dabei. In der Regel sieht man bewährte Modellreihen, die schon etwas länger auf dem Markt sind und von der Equipment-gläubigen Fraktion sicher nicht mit dem Wort "Profi" in einem Atemzug genannt würden. So lernte ich in England mal einen Berufsfotografen kennen, der auf seine Nikon D750 geschworen hat. Sein Argument: Hat alles, was ich brauche und ist schön leicht. Nebenher gesagt: Sein Blitz bestand zu einem großen Teil aus Gaffer-Tape. Und wenn ich mich recht erinnere war das ein Yongnuo, weil "wozu soll ich unheimlich viel Geld ausgeben, wenn der es genauso tut?"
Die Berufsfotografen, mit denen ich zu tun hatte, hatten alle bewährtes, zuverlässiges, gut gepflegtes und trotzdem teilweise etwas abgeheult aussehendes Equipment. Und ausnahmslos alle ließen sich gerne auf einen kleinen Schnack mit dem Amateur, der ich bin ein. Ich habe auf diese weise viel von ihnen gelernt.
Für mich ist der einzige Unterschied zwischen einem Amateur und einem Profi, dass letzterer sein Geld damit verdienen muss. Das bedeutet, dass ein erfolgreicher Profi vor allem Wert auf ökonomische Effizienz legt: Die Ausrüstung muss vor allem ihrem Zweck dienen und darf nicht ausfallen. Wie jeder gute Handwerker (und nichts anderes ist Auftragsfotografie) ist gerade aus letzterem Grund ein Profi eher geneigt, auch mal ein paar Euro mehr auszugeben, um vernünftiges Handwerkszeug zu haben. Schließlich ist das seine Erwerbsgrundlage (die er im Gegensatz zum Amateur auch von der Steuer absetzen kann).
Für den Profi ist Zeit Geld. Die zeit, die er am Set oder der Nachbearbeitung verplempert, fehlt ihm für andere Aufträge. Der zweite Punkt ist, dass der Auftraggeber zufrieden sein muss, nicht der Fotograf. Das mag manchmal zu einer gewissen Seelenlosigkeit der Fotos führen, die ein Profi macht. Dazu muss man nur mal einen beliebigen Katalog oder eine Broschüre aufschlagen. Die Fotos sind handwerklich mehr oder weniger gut gemacht (was sicher auch eine Frage des Budgets ist, dass der Auftraggeber zu zahlen bereit ist) und schlicht Massenware. Ich habe beruflich oft mit derartigen Fotos zu tun und mir blutet oft genug das Herz, wenn ich daran denke, dass irgendjemand sein Geld damit verdient, zum 2895. mal glücklich grinsende "Käufer" oder "Kunden" abzulichten - in der Regel unter klar definierten Brand Guidelines der Firma, die den Auftrag gibt. Da ist kein Platz für künstlerische Gestaltung. Da zählt nur, dass es den Vorgaben entspricht.
Was ich nicht ganz verstehe ist, dass viele Amateure - oder nennen wir sie lieber mal Hobbyfotografen - dieser seelenlosen Fotografie nacheifern - speziell im Bereich Fashion und Beauty. Das Schöne am Dasein als Amateur ist ja, dass man seinen eigenen Stil entwickeln kann und völlig unabhängig von irgendwelchen Vorgaben ist. Trotzdem wird oft genug perfekt ausgeleuchteter Einheitsbrei abgeliefert, der dann - insbesondere, wenn auch noch ein paar Titten zu sehen sind - von der treuen Fangemeinde mit überschwänglichem Applaus bedacht wird. Unabhängig von der Handwerklichen Qualität (die ja durchaus objektivierbar ist) oder der Kreativität (die im Auge des Betrachters liegt).
Letztendlich nützt mir - völlig unabhängig davon, ob ich nun Profi oder Amateur bin - Equipment nur so lange etwas, wie ich auch damit umgehen kann. Überspitzt gesagt: Wenn ich mit einer Nikon D5 für x-tausend Euro durch die Gegend renne und nur in der Lage bin, mit Programmautomatik halbwegs akzeptable Bilder zu machen, ist irgendetwas nicht richtig. Und wenn man sich nicht gerade auf sehr außergewöhnliche Marktlücken spezialisiert, kommt man selten bis gar nicht in die Verlegenheit, die technischen Fähigkeiten seiner Kamera voll auszureizen.
Insofern lasse ich Menschen, die sich über ihre Ausrüstung definieren, ihren Spaß und treibe mich lieber mit Fotografen herum, die sich vorwiegend mit so nebensächlichen Dingen wie Bildaufbau und Belichtung beschäftigen. Macht irgendwie mehr Spaß. Und solange die Leute, die vor meiner Kamera stehen und ich mit meinen Fotos zufrieden sind, reicht mir das völlig aus. Das ist dann auch die einzige Parallele zu einem Profi. Ansonsten geht es mir als Amateur vor allem um die Freude am Gestalten und den Kontakt zu Menschen, die auf einer Wellenlänge mit mir schwimmen.