Wenn ich mich da mal selbst zitieren darf
Und das ist doch auch logisch, wenn man mal ein wenig mehr darüber nachdenkt.
Die konkreten Infektionsketten kann ich auch nicht nachvollziehen, muss ich aber auch nicht.
Aber ich kann Mathematik. Und da erkläre ich gern ein wenig:
1. Ein wichtiger Wert ist die Basis-Reproduktionszahl R-Null (nicht mit dem "aktuellen R-Wert" verwechseln). Dieser gibt an, wie viele weitere Menschen ein Infizierter ansteckt, wenn niemand immun gegen diese Krankheit ist und auch sonst keine Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Dieser Wert liegt für viele Infektionskrankheiten zwischen 1-2 bei Influenza und 10-12 bei Windpocken oder 12-18 bei Masern. Für SARS-COV-2 wird dieser Basisreproduktionswert noch relativ unbestimmt angegeben, zwischen 2 und 5 liegen die meisten Angaben.
Interessant sind hier vor allem Studien und Modelle, die bei einer Differenzierung dieses Wertes nach den Symptomen des Betroffenen vorgenommen werden. Nach diesen ist die Basis-Reproduktionszahl bei präsymptomatischen und symptomatischen Patienten ca. 4 Mal so hoch wie bei asymptomatischen Patienten (also bei Patienten, die zwar positiv auf das Virus getestet werden, aber keinerlei Symptome zeigen).
2. Ausgehend von dieser Basis-Reproduktionszahl kann nun jeder leicht abschätzen, mit wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, bei einem Kontakt mit einem Infizierten selbst angesteckt zu werden.
Wenn ein Infiizierter im Durchschnitt also bis zu 5 weitere Menschen ansteckt (wenn keinerlei Gegenmaßnahmen getroffen werden) und für ca. 10 Tage infektiös ist, so steckt er jeden zweiten Tag jemanden an. Mit wie vielen Menschen war er aber in diesen 10 Tagen insgesamt in Kontakt (keine Gegenmaßnahmen, keine Quarantäne, er lebt sein gewohntes Leben weiter)?
Täglich mit 100 anderen? Mit 200? - Dann war er in 10 Tagen mit 1.000 oder gar 2.000 Menschen in Kontakt - und hat dabei 5 von diesen infiziert.
Oder anders gesagt: Durchschnittlich jeder 200. bis 400. Kontakt mit einem Infizierten ist "erfolgreich" (wobei hier enge und sehr direkte längere Kontakte sicherlich anders zu bewerten sind als im Supermarkt an der Kasse nebeneinander zu stehen oder über 1-2 Stunden im selben Büro oder Klassenraum zu sitzen).
Und jetzt zum Beispiel "Urlaub":
Wenn ich in einer Ferienwohnung, in einer Finca oder einer Berghütte mit meiner Familie Urlaub mache (und nicht in einem massentouristischen Urlauberbunker) - mit wie vielen verschiedenen Menschen komme ich dann dort in Kontakt? Ich mache öfter solche Urlaube, und wenn ich da während des ganzen Urlaubs auf 100 verschiedene Menschen treffe, mit denen ich über eine gewisse Zeit in Kontakt bin, ist das sehr hoch gegriffen.
Selbst in einem Land mit stabil 200 Neufällen je 100.000 Einwohnern pro Woche gibt es dort ca. 400 Infizierte je 100.000 Einwohnern oder 0,4% der Bevölkerung, die akut infiziert sind.
Wenn ich jetzt unterstelle, dass diese Menschen trotz Infektion dort frei herum laufen, liegt die Wahrscheinlichkeit einen dieser in meinem Urlaub zu kontaktieren deutlich unter 1%. Und selbst wenn wirklich ein Infizierter bei den geschätzt 100 Kontakten dabei ist, liegt die Wahrscheinlichkeit einer eigenen Infektion wieder deutlich unter 1% (Siehe oben).
Die Wahrscheinlichkeit, aus so einem Urlaub als Infizierter zurück zu kommen, liegt also unter 1/10.000 - oder mit anderen Worten: Weniger als einer von 10.000 Urlaubern (bei einem Urlaub dieser Art) wird sich im Urlaub infizieren. Das sind weniger als 10 je 100.000 und damit deutlich weniger als die aktuellen 200 bis über 500, die wir jede Woche in vielen Landkreisen Deutschlands je 100.000 Einwohnern haben (also bei den Menschen, die nicht im Urlaub sind).
Das war jetzt etwas Rechnerei, aber ich hoffe, sie ist nachvollziehbar.
Und ja, es sind nur grobe Überschlagsrechnungen - mit durchschnittlichen Zahlen. Es geht mir ja auch nur um die Größenordnungen der Relationen.
Man kann jetzt da auch ein tollen mathematisches Modell drumrum stricken - die Relationen werden sich nicht grundlegend dabei ändern.