Wenn zwei Menschen sich treffen, sollte man sich darüber klar sein, dass man einander fremd ist und selbst wenn man viel miteinander gechatted hat, ist dies immer noch so.
Einander fremd sein ist etwas sehr natürliches und gehört zu jeder menschlichen Beziehung dazu. Viele ertragen diese Fremdheit nicht und versuchen sie durch das Überbetonen von Gemeinsamkeiten zu überdecken oder durch mangelnde Kommunikation gar nicht erst daran zu rühren.
Eine weitere Art der Fremdheit aus dem Weg zu gehen, ist die Erwartungshaltung. Hierbei schafft man eine gedankliche Passform und je nach dem wie sehr der andere dort hineinpasst, lässt man sich auf ihn ein oder eben nicht.
Dies scheint vernünftig, unterliegt aber zwei Fehlannahmen:
1. Man weiß sicher, ob der Kontakt einen bereichert oder nicht.
Vorlieben zu haben und zu wissen was man will, ist das eine. Aber ausschließen zu können, dass ein Mensch einen neue Perspektiven und Dinge zeigen kann, etwas vollkommen anderes. Man kennt den anderen nicht, man kann es bestenfalls ahnen. Viele Menschen sind schüchtern oder vorsichtig und wenn diese keine Chance erhalten sich zu entfalten, geht ganz viel verloren.
2. Man überprüft den anderen, zu seinem eigenen Besten.
Den anderen zu beobachten und vielleicht sogar systematisch fragen zu stellen, lässt ein unverfängliches Treffen zu einem Test werden, indem man Tester und Kandidat zu gleich ist. Nicht nur, dass man andere nicht so distanziert behandeln sollte, es nimmt einem auch den Spaß am Neuem. Wie schön ist doch Unverfänglichkeit, dass bewusste miteinander umgehen. Keiner von uns ist eine Ware und niemand sollte behandelt werden.
Seid euch fremd!
Fremdsein lässt Raum einander zu entdecken. Wenn niemand etwas vom anderen erwartet, ist der Umgang natürlicher, spontaner und menschlicher. Wenn man miteinander viel redet und nicht einfach annimmt oder noch schlimmer voraussetzt, weiß jeder, dass es eben echte Menschen sind, mit denen man umgeht. Und nicht nur wandelnde Geschlechtsmerkmale.
Erwartungshaltungen sind Schutzmechanismen. Je mehr man davon aufbaut, desto mehr sollte man sich fragen. Warum will ich mich schützen, wovor habe ich Angst? Und reicht es nicht vielleicht sich erst einmal an einem neutralem Platz zu treffen, bevor ich jemanden Fremdes in meine Wohnung und in mein Herz lasse.
Sich Zeit lassen ist schön, sich kennen lernen ist schön, in seiner eigenen Individualität wert geschätzt zu werden ist schön. All das geht nur mit einer gewissen Fremdheit und dem Bewusstsein, dass wir einander nie ganz kennen können und dafür dankbar zu sein.
Denn wirds nämlich auch nicht langweilig.
Soweit meine Meinung.
Sorry für den langen Post.