Eine Patientenverfügung ist eine Willenserklärung zur medizinischen Behandlung für den (späteren) Fall, dass keine Einwilligungsfähigkeit mehr bestehen wird. Oft wird eine solche Verfügung auch Patiententestament genannt.
Meist erstellen ältere Menschen eine Patientenverfügung. Das Hauptmotiv dafür ist die Angst, als Pflegefall wehrlos einer ungewollten Behandlung ausgeliefert zu sein. Abgelehnt werden in Patientenverfügungen am häufigsten die Dialyse, die Beatmung und die künstliche Ernährung.
Am 18. Juni 2009 verabschiedete der Deutsche Bundestag eine gesetzliche Regelung zur Patientenverfügung (Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts). Diese benötigt (als Einspruchsgesetz) nicht die Zustimmung des Bundesrats und trat am 1. September 2009 in Kraft.[1] Dort wird eine Patientenverfügung definiert als die schriftliche Festlegung eines einwilligungsfähigen Volljährigen für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt
Welche Person statt des Patienten die Entscheidungen am Lebensende treffen bzw. die Entscheidungen des Patienten durchsetzen wird (s. u.), ergibt sich nicht aus der Patientenverfügung.
Die Patientenverfügung ist insofern von einer Vorsorgevollmacht und einer Betreuungsverfügung zu unterscheiden.
In der Vorsorgevollmacht wird nicht verfügt, was am Lebensende zu tun oder zu unterlassen ist, sondern wer (als so genannter Bevollmächtigter) medizinische oder andere Anordnungen treffen soll. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ergänzen also einander und sollten nebeneinander erstellt werden.
Eine solche Person kann auch durch das Betreuungsgericht bestimmt werden. Sie wird dann als Betreuer bezeichnet. Mit einer Betreuungsverfügung unterbreitet der Verfügende dem Gericht lediglich einen Vorschlag für die Auswahl der Person des Betreuers. Die Betreuungsverfügung kann auch auf die Patientenverfügung verweisen, um den Betreuer daran zu binden.
Patientenverfügungen sind nach dem am 1. September 2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Patientenverfügung (3. Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts – BGBl I, S. 2286) verbindlich. „Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer ob die getroffenen Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Bevollmächtigte oder Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen“ (§ 1901a Abs. 1 BGB). Betreuer kann ein vom Verfügenden eigens bestellter Bevollmächtigter sein oder aber ein amtlich bestellter Betreuer. Wer eine Patientenverfügung verfasst, sollte deshalb mit Blick auf dieses Verfahren zugleich in einer Vorsorgevollmacht eine Person seines Vertrauens bestimmen, die seiner Verfügung im Bedarfsfalle zur Durchsetzung verhilft. Unterbleibt letzteres, muss ein Betreuer durch das Betreuungsgericht (früher Vormundschaftsgericht) bestellt werden. „Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden“ (§ 1901a Abs. 1 letzter Satz BGB)
Patientenverfügungen können sowohl Festlegungen für Maßnahmen zur Lebenserhaltung als auch solche für deren Unterlassung oder deren Abbruch enthalten. Ist ersteres der Fall, bedarf – wie auch schon nach bisher geltendem Recht – die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff „der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger anhaltenden Schaden erleidet“(§ 1904 Abs. 1 BGB). Willigt umgekehrt der Betreuer nicht in ärztliche Maßnahmen ein, obwohl diese angezeigt sind „und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute wegen des Unterbleibens oder eines Abbruchs der Maßnahmen stirbt oder einen schweren oder länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet“, bedarf es ebenfalls einer Genehmigung des Betreuungsgerichts (§ 1904 Abs. 2 BGB). In beiden Fällen muss das Gericht die Genehmigung erteilen, wenn dies dem Willen des Betreuten entspricht (§ 1904 Abs. 3 BGB). Eine solche Genehmigung erübrigt sich jedoch, sofern zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass ein Eingriff bzw. dessen Unterlassung oder dessen Abbruch dem Willen des Betreuten entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).
Mit dem neuen Gesetz sind die in der Rechtsprechung bereits zuvor grundsätzlich anerkannten Verfügungsrechte eines einwilligungsunfähig gewordenen Patienten klärend dahingehend erweitert worden, dass sie „unabhängig von der Art oder dem Stadium der Erkrankung des Betreuten“ gelten (§ 1901a Abs. 3 BGB). Die bis dahin geltende Reichweitenbegrenzung, derzufolge dem Wunsch eines Patienten, auf lebenserhaltende Maßnahmen zu verzichten, nur entsprochen werden durfte, wenn der Tod nahe bevorsteht, ist damit entfallen. Auch die medizinethisch besonders umstrittenen Konstellationen des sogenannten Wachkomas und die Demenzerkrankung, mit denen oftmals kein nahe bevorstehendes Lebensende verbunden ist, schränken die Geltung der Patientenverfügung nicht mehr ein[3]. Mit der nun getroffenen Regelung ist zum ersten Mal von Gesetzes wegen eingeräumt, dass es außerhalb eines unmittelbar bevorstehenden Todes von der Gesellschaft anzuerkennende Gründe und Motive gibt, vom Leben zu lassen, und dass man auf ein mögliches Weiterleben verzichten kann, ohne gegen seinen Willen von Dritten daran gehindert zu werden[4].
Liegt eine Patientenverfügung vor, hat der behandelnde Arzt zu prüfen, welche ärztlichen Maßnahmen in Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten angezeigt sind. Er und der Betreuer haben sodann diese Maßnahmen zu erörtern "unter Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage für die nach §1901a zu treffende Entscheidung"(§ 1901b Abs 1 BGB). Nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten soll Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist (§ 1901b Abs. 2 BGB). Ein Mitentscheidungsrecht haben sie indessen nicht.
"Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme … einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist dann aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere schriftliche oder mündliche Äußerungen, ethische, religiöse Überzeugungen oder sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten" (§ 1901a Abs. 2 BGB).
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. März 2003[5] sind Patientenverfügungen (wie auch aktuelle Willensäußerungen) prinzipiell verbindlich. Dies folge „aus der Würde des Menschen, die es gebietet, sein in einwilligungsfähigem Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht auch dann noch zu respektieren, wenn er zu eigenverantwortlichem Entscheiden nicht mehr in der Lage ist“[6].
Eine gegen den erklärten Willen des Patienten durchgeführte Behandlung ist (soweit sie wie eine Zwangsernährung mit einer Magensonde in die körperliche Integrität eingreift) eine rechtswidrige Handlung, deren Unterlassung der Patient analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB verlangen kann.[7] „Dies gilt auch dann, wenn die begehrte Unterlassung [...] zum Tode des Patienten führen würde. Das Recht des Patienten zur Bestimmung über seinen Körper macht Zwangsbehandlungen, auch wenn sie lebenserhaltend wirken, unzulässig [...].“[7]
Die Missachtung des in einer Patientenverfügung geäußerten Willens könnte auch als Körperverletzung strafbar sein (der erwähnte Zivilsenat des BGH lässt strafrechtliche Fragen nach beiden Seiten offen)[8][9].
Im Fall des unabwendbaren tödlichen Verlaufs ist eine auf die Situation bezogene Patientenverfügung auf jeden Fall verbindlich, wenn der Verfügende nicht erkennbar von der Verfügung abrückt (BGH, XII ZB 2/03).
Patientenverfügungen sind verbindlich, wenn der Wille des Patienten für die konkrete Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann, weshalb eine Patientenverfügung gerade bei einer immer wieder auftretenden, die Entscheidungsfähigkeit nur vorübergehend einschränkenden Erkrankung, unproblematisch ist.
In anderen Fällen ist eine Patientenverfügung für einen Arzt, einen Betreuer oder einen Bevollmächtigten grundsätzlich verbindlich, wenn
* der Verfügende nicht erkennbar von der Verfügung abrückt, und
* die Patientenverfügung im Zustand der Einwilligungsfähigkeit (Entscheidungsfähigkeit) verfasst wurde.
* Ferner wird empfohlen, die Verfügung möglichst in regelmäßigen Abständen erneut durch Unterschrift zu bestätigen, wobei neueste Behandlungsmethoden möglichst ausdrücklich ein- oder ausgeschlossen werden sollten.
Nur im Zustand der Einwilligungsfähigkeit kann eine Patientenverfügung rechtswirksam errichtet werden. Von einer Einwilligungsfähigkeit ist auszugehen, wenn der Patient die Tragweite seiner Entscheidung erfassen und seinen Willen diesbezüglich frei bestimmen kann. Auf Geschäftsfähigkeit kommt es hierbei nicht an. Im Zweifel dürfte ein entsprechendes ärztliches Attest von Vorteil sein.
Sollte eine Patientenverfügung nicht die Voraussetzung der unmittelbaren Verbindlichkeit erfüllen, ist sie dennoch ein wichtiger Hinweis für den Betreuer oder Bevollmächtigten. Denn ein Betreuer oder Bevollmächtigter hat im Grundsatz nach dem angenommenen mutmaßlich freien Willen des Betroffenen so zu entscheiden, wie der Betroffene selbst entscheiden würde, wenn er selbst entscheiden könnte, es sei denn es wäre unverhältnismäßig, so zu entscheiden. Grundsätzlich hat der natürliche Wille des Betreuten aber Vorrang vor dem angenommenen mutmaßlich freien Willen.
Patientenverfügungen binden den Betreuer, er hat „dem Patientenwillen gegenüber Arzt und Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung und nach Maßgabe des § 1901 BGB Ausdruck und Geltung zu verschaffen“ (BGH, XII ZB 2/03 vom 17. März 2003).
Wenn die Patientenverfügung mit dem Gewissen des Betreuers im Widerspruch steht und ihm Unzumutbares auflastet, hat er dem Patientenwillen den Vorrang zu geben, auch soweit die Erkrankung noch keinen tödlichen Verlauf genommen hat, so der geplante (§ 1901a Abs. 2 Satz 2 BGB im (zurück gezogenen) Referentenentwurf der Bundesregierung vom November 2004 sowie im Diskussionsentwurf des MdB Stünker, SPD, März 2007). Andererseits wird ein Betreuer nur für Aufgabengebiete benannt, die der Betroffene nicht mehr selbst regeln kann oder geregelt hat. Durch eine Patientenverfügung ist der jeweilige Bereich aber bereits geregelt, so dass hier die Bestellung eines Betreuers ausscheidet. Ein Bevollmächtigter ist gleichfalls an eine Patientenverfügung gebunden.
Patientenverfügungen binden auch den Arzt und Pfleger, die zu ihrer Tätigkeit der Zustimmung des Patienten bedürfen. Diese hat der nicht mehr einwilligungsfähige Patient in seiner Patientenverfügung näher umschrieben. Eine diesem Patientenwillen widersprechende Behandlung oder Pflege ist nicht zulässig (BGH XII ZR 177/03 vom 8. Juni 2005) und zu beenden. Der Arzt oder Pfleger kann sich weder auf eine etwa in einer Pflegevereinbarung vereinbarte künstliche Ernährung noch sein Berufsethos oder Gewissen zur Rechtfertigung seines Handelns berufen. Er kann aber die Behandlung in andere Hände übergeben und so seinem Gewissen entsprechen. Das Bundesverfassungsgericht sieht keine strafrechtlichen Konsequenzen für den Betreuer/Bevollmächtigten oder den Arzt oder das Pflegepersonal für den Fall, dass eine Patientenverfügung befolgt wird, obwohl das Leben des Patienten gerettet werden könnte (BVerfG, 1 BvR 618/93, Beschluss vom 2. August 2001). Daher sehen die derzeitigen Gesetzentwürfe (Stand Frühjahr 2007) keinen Änderungsbedarf im Strafrecht.
Das Bundesjustizministerium zu der Frage, wann Patientenverfügungen verbindlich sind:
„Wenn in einer Patientenverfügung Festlegungen für ärztliche Maßnahmen in bestimmten Situationen enthalten sind, sind diese verbindlich, wenn durch diese Festlegungen ihr Wille für eine konkrete Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann. Die Ärztin oder der Arzt muss eine derart verbindliche Patientenverfügung beachten. Die Missachtung des Patientenwillens kann als Körperverletzung strafbar sein. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 17. März 2003 betont, dass es die Würde des Menschen gebietet, ein im einwilligungsfähigen Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht – etwa in Form einer Patientenverfügung – auch dann noch zu respektieren, wenn die Verfasserin oder der Verfasser der Patientenverfügung zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung nicht mehr in der Lage ist. Das betont auch die Bundesärztekammer in ihren Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung, in denen es heißt: ‚Patientenverfügungen sind verbindlich, sofern sie sich auf die konkrete Behandlungssituation beziehen und keine Umstände erkennbar sind, dass der Patient sie nicht mehr gelten lassen würde.
Form und Auslegung [Bearbeiten]
Im ab dem 1. September 2009 geltenden Recht [Bearbeiten]
Nach der ab September 2009 geltenden Rechtslage (s. o.) muss die Patientenverfügung in Schriftform verfasst sein (nach Absatz 1 Satz 1 des § 1901a BGB[2]). Der Widerruf kann jedoch (Absatz 1 Satz 3 dieses neuen § 1901a BGB[2]) jederzeit „formlos“ (also ohne Formzwang, auch mündlich) erfolgen (Absatz 1 Satz 3 dieses neuen § 1901a BGB[2]).
Liegt keine Patientenverfügung im Sinne dieses Gesetzes vor oder ist vorliegende Situation des Patienten nicht in der Patientenverfügung geregelt, so können jedoch unter anderem auch „frühere mündliche [...] Äußerungen“ im Rahmen der Bestimmung des mutmaßlichen Willens des Patienten entscheidend sein.[11]
Im bis zum 31. August 2009 geltenden Recht [Bearbeiten]
Die Verfügung ist zwar nach derzeitigem (im Gegensatz zu s. o.) Recht prinzipiell formfrei, soll aber in schriftlicher Form hinterlegt werden, damit sie besser beweisbar ist. Nach der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGH, XII ZB 2/03 vom 17. März 2003) folgt die Beurteilung einer Patientenverfügung allgemeinen Regeln, da sie nur eine besondere Form der Willenserklärung darstelle. Damit kommt es für ihre Wirksamkeit entscheidend darauf an, dass sie genau den Fall trifft, der zu entscheiden ist: Eine Patientenverfügung, die regelt, dass im Fall eines Schlaganfalls keine künstliche Ernährung gegeben werden soll, würde also keine bindende Wirkung entfalten, wenn die Hirnfunktionen durch eine Demenz beeinträchtigt wären. Eine Patientenverfügung kann demnach auch jederzeit vom Verfasser – ebenfalls ohne bestimmte Form, also auch mündlich – aufgehoben oder abgeändert werden.
Weil das Recht der Patientenverfügung kompliziert ist und diese sehr genau sein muss, um Wirkung zu entfalten, empfiehlt es sich, sie zusammen mit einem Rechtsanwalt, einem Arzt oder einem Notar zu entwerfen, der Erfahrung mit der Materie hat. Von standardisierten Vorlagen, in denen nur angekreuzt werden muss, ist daher abzuraten.
Ermittlung des Patientenwillens [Bearbeiten]
Die Patientenverfügung ist keine Arbeitserleichterung für Angehörige und Ärzte, sondern eine rechtlich verbindliche Anweisung. Entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung kommt Angehörigen oder Ehegatten in diesem Zusammenhang keinerlei Entscheidungsbefugnis zu. Die Äußerungen dieser Personen können lediglich dann, wenn der wirkliche Wille nicht (z. B. durch eine Patientenverfügung) feststeht, herangezogen werden, um den mutmaßlichen Willen des Patienten zu erforschen.
Problematisch ist, ob eine Patientenverfügung auch in jedem Falle gilt bzw. wie die Grenze zwischen dem Wortlaut und einem (nur fiktiv ermittelbaren) mutmaßlichen Willen zu ziehen sei. Befürworter einer Reichweitenbeschränkung argumentieren, dass Sterbesituationen nicht vorhersehbar seien und daher der Wille nicht sicher festgestellt werden könne. Daher müsse nach dem mutmaßlichen Willen entschieden werden, der nach den Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen des Patienten zu ermitteln sei. „Den mutmaßlichen Willen des Patienten zu erforschen bedeutet, nach bestem Wissen und Gewissen zu beurteilen, was der Patient für sich selbst in der Situation entscheiden würde, wenn er es könnte“, formuliert die Bundesärztekammer. Ausschließlich der Wille des Patienten und nicht, was andere in seiner Situation tun würden, ist für die Heilbehandlung und deren Abbruch nach geltendem deutschen Recht die alleinige Richtschnur. Der Bundesgerichtshof formuliert in seiner Grundsatzentscheidung vom 17. März 2003 (XII ZB 2/03):
Die Willensbekundung des Betroffenen für oder gegen bestimmte medizinische Maßnahmen darf deshalb vom Betreuer nicht durch einen ‚Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen‘ des Betroffenen ‚korrigiert‘ werden, es sei denn, daß der Betroffene sich von seiner früheren Verfügung mit erkennbarem Widerrufswillen distanziert oder die Sachlage sich nachträglich so erheblich geändert hat, daß die frühere selbstverantwortlich getroffene Entscheidung die aktuelle Sachlage nicht umfaßt.“
Im Fall, dass der Wille des Patienten nicht eindeutig festgestellt werden kann, hat der Betreuer oder der Bevollmächtigte nach dem mutmaßlichem Willen zu entscheiden, ob eine Behandlung abgebrochen oder fortgesetzt wird, und zwar unabhängig davon, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet (BVerfG, 1 BvR 618/93; BGH, XII ZB 2/03). Hat das Gericht Kenntnis von einer Bevollmächtigung, darf es auch dann keinen Betreuer bestellen, wenn der Betroffene mittels Patientenverfügung lebensrettende Behandlungen ausschließt (BVerfG, 1 BvR 618/93).
Zur Beurteilung des mutmaßlichen Patientenwillens durch das Vormundschaftsgericht kann ein Eintrag im „Zentralen Vorsorgeregister“ hilfreich sein. Die Bundesnotarkammer führt ein „Zentrales Vorsorgeregister“, in welchem man auch seine privatschriftliche Vorsorgevollmacht registrieren lassen kann.[12] Es dürfen Angaben über Vollmachtgeber, Bevollmächtigte, die Vollmacht und deren Inhalt in das Register aufgenommen werden. Eine Auskunft aus dem Register erhält nur das Vormundschaftsgericht (oder das Landgericht als Beschwerdegericht), an Ärzte oder Krankenhäuser wird sie nicht erteilt.[13]
Problem- und Konfliktfälle [Bearbeiten]
Bei der Umsetzung von Patientenverfügungen kommt es zu immer wiederkehrenden Problemen:
* Ein erstes besteht darin, dass Patientenverfügungen vielfach nicht hinreichend konkret in Hinblick auf eine noch nicht eingetretene Situation hin abgefasst sind. Wendungen etwa wie "Wenn keine Aussicht auf Besserung im Sinne eines für mich erträglichen und umweltbezogenen Lebens besteht, möchte ich keine lebensverlängernden Maßnahmen …" sind deshalb, wenn auch nicht unbeachtlich so doch in ihrer Bindungswirkung zweifelhaft[14]. Deshalb ist allen, die eine Patientenverfügung treffen wollen, zu raten, sie mit Hilfe eine Rechtsanwalts, eines Notars und/oder eines Arztes abzufassen, die mit einschlägigen Situationen und den in diesem Zusammenhang zu bedenkenden Konsequenzen Erfahrung haben.
* Insbesondere Patientenverfügungen, die für bestimmte Fälle den Einsatz lebenserhaltender Maßnahmen untersagen, können Bevollmächtigte oder Betreuer, die mit der Durchsetzung der Verfügung betraut sind, in Gewissenskonflikte stürzen, sei es, dass sie es als nahe Angehörige nicht übers Herz bringen, den Tod eines geliebten Menschen zu befördern, sei es dass sie aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen das menschliche Leben für unantastbar halten. Wer einen anderen zur Durchsetzung einer solchen Patientenverfügung bevollmächtigt, sollte deshalb tunlichst abklären, ob der andere erforderlichenfalls zur Durchsetzung seiner Verfügung bereit ist. Im Übrigen bleibt für den Bevollmächtigten oder Betreuer, der sich zur Durchsetzung der Verfügung nicht mehr im Stande sieht, die Möglichkeit, dann aber auch die Pflicht, für einen anderen Sachwalter Sorge zu tragen, der den Willen des Verfügenden vollzieht.
* Vor allem in Fällen fortscheitender Demenz sind die Übergänge erfahrungsgemäß gleitend. Deshalb ist oft schwer eindeutig einzuschätzen, inwieweit ein Patient in seiner jeweiligen aktuellen Situation mit Blick auf die in einer Patientenverfügung getroffenen Anordnungen noch oder nicht mehr entscheidungs- oder einwilligungsfähig ist. Seine Patientenverfügung kann nur dann Anwendung finden, wenn er das nicht mehr ist. Ist er es noch, hat er selbst über die Einleitung oder Unterlassung ärztlicher Maßnahmen zu entscheiden. Voraussetzung dafür ist, dass er über das, worüber er entscheiden muss, aufgeklärt ist und es auch versteht. Erst wenn sich zeigt, dass der Patient zu letzterem nicht mehr in der Lage ist, kommt seine Patientenverfügung zum Zuge – und mit ihr die Entscheidung eines Bevollmächtigten oder eines bestellten Betreuers. Wie hier in Zweifelsfällen zu verfahren ist, ist nicht ausdrücklich geregelt, muss deshalb aus dem Sinnzusammenhang der gesetzlichen Regelung abgeleitet werden:
o Decken sich in der konkreten Situation die erkennbaren Lebensäußerungen des Patienten mit seinen vom Betreuer durchzusetzenden Festlegungen in der Patientenverfügung, gilt diese. Die Frage der Entscheidungsfähigkeit muss nicht weiter geklärt werden.
o Gleiches gilt, wenn vom Patienten keine entscheidungsförderlichen Äußerungen zu erhalten sind.
o Decken sich in der konkreten Situation die erkennbaren Lebensäußerungen des Patienten hingegen nicht mit den von seinen Betreuer durchzusetzenden Festlegungen in der Patientenverfügung, muss eine gutachterliche Klärung der Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit des Patienten herbeigeführt werden. Wird sie bestätigt, kommt die Patientenverfügung noch nicht zum Zuge. Wird die Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit nicht bestätigt, ist der Patientenverfügung zu folgen.
o Im letztgenannten Fall kann es sein, dass eine auf die konkrete Situation passende Patientenverfügung besondere lebensunterstützende Maßnahmen ablehnt, der Demente aber in seiner aktuellen Situation durchaus Lebenswillen und Lebenszufriedenheit zeigt, die dahingehend gedeutet werden können, dass er an seiner getroffenen Verfügung nun doch nicht mehr festhalten will – ein Fall formlosen Widerrufs seiner Verfügung. Wer dies ausschließen will, sollte diese Konstellation in seine Patientenverfügung mit einbeziehen und sie für nicht entscheidungsrelevant erklären.
Im Falle von Konflikten rund um Vorsorgedokumente bietet die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung bundesweit den Service ihrer Schiedsstelle Patientenverfügung an. Im Vorfeld gerichtlicher Auseinandersetzung können sich sowohl Ärzte als auch Angehörige gebührenfrei beraten und strittige Dokumente prüfen lassen. Je nach Bedarf reicht die Hilfestellung der Stiftung von der telefonischen Beratung über die Erstellung von Gutachten bis hin zur Mediation vor Ort.
Besondere Situation bei Notfällen [Bearbeiten]
Ein praktisches Problem der rechtlich wirksamen Patientenverfügung liegt darin, dass sie bei einem Notfall oft nicht vorliegt und in der Eile der Notsituation auch nicht ermittelt werden kann. Deswegen werden Wiederbelebungsmaßnahmen häufig auch dann durchgeführt, wenn der Betroffene dem widersprochen hatte. Allerdings ist beim Verbot der Wiederbelebung darauf zu achten, ob der Verfügende diese nicht nur für den Fall seines Siechtums verboten hat und keine Einwände gegen notärztliche Maßnahmen bei einem Unfall oder plötzlichen Anfall erhoben hat. In der gebotenen Eile einer Notfallsituation wird sich zudem nur schwer feststellen lassen, ob eine vorliegende Verfügung gültig ist und den zuletzt geäußerten Willen des Patienten richtig wiedergibt.
Sind entgegen dem erklärten Willen in einer Patientenverfügung lebenserhaltende Notmaßnahmen getroffen worden, sind sie auf Wunsch des wieder entscheidungsfähigen Patienten oder im Falle von dessen fortdauernder Entscheidungsunfähigkeit auf Betreiben des Betreuers abzubrechen oder einzustellen (vgl. § 1904 Abs. 2-4 BGB).
Ein vorhandener Eintrag im „Zentralen Vorsorgeregister“ ist hierbei wenig hilfreich, da Auskünfte aus dem Register nicht an Ärzte oder Krankenhäuser erteilt werden.
Das in der Schweiz (siehe dort) praktizierte Verfahren böte auch in Deutschland praktische Hilfe. Ebenso wie ein Organspendeausweis könnte ein in der Brieftasche enthaltener Hinweis auf das Bestehen und den Verwahrer einer Patientenverfügung, besser noch eine unterschriebene Version derselben mit einem Hinweis auf den Verwahrungsort des Originals, auf die Kontaktdaten des zu ihrer Durchsetzung Bevollmächtigten sowie der nächsten Angehörigen ungewollte Notfallmaßnahmen wenigstens teilweise verhindern.
Gesetzesentwicklung [Bearbeiten]
Der 66. Deutsche Juristentag hat sich am 20. September 2006 mit großer Mehrheit für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe und der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen ausgesprochen.[15] Das bedeutet, dass Behandlungsabbrüche und das Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen auch schon vor der Sterbephase rechtlich erlaubt sein sollen. Im Strafgesetzbuch soll ausdrücklich klargestellt werden, dass sich Ärzte in solchen Fällen nicht strafbar machen. Hierzu hat sich unverzüglich eine kontroverse Debatte in der Öffentlichkeit ergeben.
Ende 2006 wurde aus den Reihen des Bundestags die Vorlage zweier Gesetzesentwürfe zur gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe und der Patientenverfügung angekündigt. Der Bundestag hat sich am 29. März 2007 in Vorbereitung einer gesetzlichen Neuregelung mit der Patientenverfügung befasst. Hierzu werden mehrere Gesetzesentwürfe aus den Reihen des Bundestags vorgelegt, die unterschiedlich weit reichten bzw. unterschiedlich hohe Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung stellten.[16] Ausgehend von der Beratung am 29. März 2007 wurden drei neue Entwürfe vorgelegt.[17]
Zuerst haben am 6. März 2008 der Abgeordnete Joachim Stünker und 205 weitere Abgeordneten verschiedener Fraktionen einen gemeinsamen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht.[18] Die Erste Beratung im Bundestag, in deren Ergebnis der Gesetzentwurf an die Ausschüsse Recht, Finanzen, Familie und Gesundheit überwiesen worden ist, gab es am 26. Juni 2008.[19] Der so genannte Fraktionszwang war hier aufgehoben.
Am 21. Oktober 2008 haben der Abgeordnete Wolfgang Bosbach und 50 weitere Abgeordnete einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag vorgestellt, der auf dem Entwurf Bosbachs aus dem März 2007 basiert, aber u. a. dahingehend geändert wurde, dass eine Patientenverfügung vom Betreuer durchzusetzen ist, die zur Niederschrift vor einem Notar (nach dessen Belehrung über die rechtlichen Wirkungen und Widerrufsmöglichkeiten) vor nicht mehr als 5 Jahren errichtet wurde. Der abermals erweiterte Entwurf, der auch noch Bestimmungen zu Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen, zum Behandlungsverzicht sowie zur Finanzierung von Beratungsleistungen durch die Krankenkassen enthält, wurde dem Bundestag am 16. Dezember 2008 vorgelegt.[20]
Ein weiterer Gesetzentwurf wurde am 11. November 2008 von einer Gruppe von 33 Bundestagsabgeordneten um die Abgeordneten Wolfgang Zöller und Hans Georg Faust vorgelegt. Er verfolgt das Ziel, nur das allernötigste im genannten Bereich gesetzlich zu regeln. Eine nochmals geänderte Fassung dieses Entwurfs, die jetzt zusätzlich Regelungen zur Form der Patientenverfügung und zur Ermittlung des Patientenwillens bei Entscheidungsunfähigkeit enthält, wurde 18. Dezember 2008 in den Bundestag eingebracht.[21] Die erste Beratung zu diesen beiden Gesetzentwürfen fand im Bundestag am 21. Januar 2009 statt.[22]
Nach einer Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags am 4. März 2009 fand die 2./3. Lesung der Entwürfe am 28. Mai 2009 statt; sowohl die Gruppe um Stünker als auch um Zöller haben Anfang Mai letzte Änderungen an ihren Entwürfen vorgenommen. Dieser Abstimmungstermin ist wegen Streitigkeiten über die Modalitäten der Abstimmung kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt worden. Die Abstimmung wurde am 18. Juni 2009 nachgeholt. An diesem Tag stimmte der Bundestag nach zweiter und dritter Beratung ab über die drei vorgelegten Entwürfe sowie über einen Antrag[23] einen kleinen Gruppe von Abgeordneten (der darauf abzielte, das Thema Patientenverfügung überhaupt nicht gesetzlich neu zu regeln).[24]
Mit einer Mehrheit von 317 Stimmen bei 233 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen hat der Bundestag den „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts“ der Abgeordneten Stünker, Kauch, Jochimsen und weiterer Abgeordneter angenommen.[25]
Rechtslage in der Schweiz [Bearbeiten]
In der Schweiz wird die rechtliche Verbindlichkeit der Patientenverfügung im neuen Erwachsenenschutzrecht in Art. 370 ff des Zivilgesetzbuches[26] auf Bundesebene geregelt. Es ist von den eidgenössischen Räten beschlossen und tritt voraussichtlich 2011 in Kraft. Darin ist auch die Möglichkeit für das Übertragen einer Vollmacht für medizinische Entscheidungen geregelt. Zudem wird den Angehörigen eines urteilsunfähigen Patienten das Entscheidungsrecht eingeräumt.
Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe verschiedener Organisationen, welche Patientenverfügungen erarbeitet haben. Zu den wichtigsten Herausgebern gehören Nonprofitorganisationen wie Caritas Schweiz, Pro Senectute, Dialog Ethik und Patientenorganisationen, sowie die Sterbehilfeorganisationen Exit und Dignitas. Bei einigen dieser Organisationen ist es auch möglich, die erstellte Patientenverfügung zu hinterlegen, beispielsweise bei Dialog Ethik und Exit; dabei erhalten die Personen, die eine Patientenverfügung unterschrieben haben, einen Ausweis im Kreditkartenformat. Dieser erlaubt dem Arzt, in einem Notfall Angehörige und die Organisation anzufragen, damit die Patientenverfügung vorliegt, wenn Entscheidungen anstehen. Die Organisationen bieten Angehörigen auch Unterstützung bei Problemen mit der Durchsetzung der Verfügungen. Meist sind allerdings auch Ehegatten und nahe Angehörige im Besitz dieser Dokumente.
Rechtslage in Österreich [Bearbeiten]
In Österreich wurde im Mai 2006 ein Patientenverfügungsgesetz erlassen, das am 1. Juni 2006 in Kraft trat. Damit können Patienten bis zu fünf Jahre im Voraus bestimmen, welche Behandlungsmethoden sie ablehnen, sollten sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht mehr in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen. Unterschieden wird zwischen der „verbindlichen“ und der „beachtlichen“ Patientenverfügung. Für eine verbindliche Patientenverfügung sind überaus hohe Formvorschriften zwingend vorgesehen, unter anderem eine medizinische Beratung durch einen Arzt und eine rechtliche Beratung durch einen Notar, einen Rechtsanwalt oder die Patientenanwaltschaft. Wenn nicht alle Formvorschriften eingehalten werden, liegt eine „beachtliche“ Verfügung vor, die den Ärzten zumindest als Orientierungshilfe dient.
Seit dem 1. Juli 2007 (Inkrafttreten des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes) ist im österreichischen Recht auch die Vorsorgevollmacht als vorrangiges Rechtsinstitut gegenüber einer Sachwalterschaft gesetzlich normiert worden. Die Regelungen finden sich in den § 284f, § 284g und § 284h ABGB.
Geschichte [Bearbeiten]
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Im den Jahren von 1976 bis 1980 existierte eine „Initiative für Humanes Sterben auf Wunsch von Sterbenden“ des Bundes für Geistesfreiheit in Nürnberg, aus der 1980 die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben hervorging. Diese Initiative verteilte eine „Verfügung an Ärzte“, in welcher sich die Betreffenden für den Fall eigener Äußerungsunfähigkeit gegen Therapien der bloßen Sterbensverlängerung aussprechen konnten. Gleichzeitig war diese Verfügung mit einer Organspendeerklärung verbunden. Im Jahr 1978 präsentierte der Kölner Arbeitsrechtler Wilhelm Uhlenbruck der Öffentlichkeit ein so genanntes „Patiententestament“, das in den Folgejahren von einem Verlag verkauft worden war. Diesem wurde bereits eine kleine Hinweiskarte beigefügt, die man im Geldbeutel etc. bei sich tragen konnte. Die Hamburger Ärztekammer verteilte 1979 ein solches „Testament“ an Patienten.
Medizinische Aspekte [Bearbeiten]
Eine Patientenverfügung kann die krankheitsbedingte Prognose eines Patienten verschlechtern. Patientenverfügungen könnten bei den behandelnden Ärzten zu einer „negativen therapeutischen Grundeinstellung“ führen. Daraus könnte dann ein Selbstläufer werden, der die Prognose tatsächlich verschlechtert.[27] Dieser Effekt ist auch als „Futility“ (Aussichtslosigkeitsannahme) bekannt. In zwei Studien[28][29]zeigte sich, dass bei Patienten mit einer schweren intrazerebralen Blutung die Annahme einer schlechten Prognose ein unabhängiger Risikofaktor für die tatsächliche Sterblichkeit und das neurologische Ergebnis war.[30]