Metamorphose: Vom Prinzen zum Frosch
Hallo meine Lieben,
ich bin gleich zweimal in die Onlinekommunikationsfalle getappt.
Lucy hat da schon einige wichtige Punkte zusammengefaßt...
Kurzfassung: die Menschen schreiben über sich, man erfährt also in erster Linie wie sie über sich selbt denken - man erlebt sie nicht.
hat man sich erstmal warmgeschrieben, Gedanken ausgetauscht und ist sich sympathisch ist das Bauchgefühl beim ersten Treffen zur Hilflosigkeit verdammt. Selbst wenn alle Alarmglocken schrillen kämpft man sie nieder, denn schließlich soll man nicht oberflächlich sein und man weiß ja schließlich schon soooo viel von der anderen Person, da sollten einen ein paar seltsam anmutende Verhaltensweisen doch nicht stören. (Achtung, Ironie!)
Ich habe mich beide Male in das Bild von der Person verliebt, das ich mir anhand ihrer Worte gemacht habe. Wäre ich den beiden im realen Leben begegnet wäre die Unterhaltung höchstwahrscheinlich nicht über ein flüchtiges "Hallo" hinausgegangen. Mein Bauchgefühl hätte mich gewarnt (und sowas von Recht gehabt!) hätte ich es nicht niedergedrückt.
natürlich können Onlinebeziehungen auch gut gehen, aber dazu gehört eine Menge Glück und eine ausgereifte Persönlichkeit, die sich nicht mehr so leicht beeinflussen läßt.
Bei mir kam erschwerend hinzu, daß ich auch in meiner Teenagerzeit
niemals geflirtet habe, ich habe stets einen großen Bogen um alles gemacht, was nach Mann aussah. Mir waren diese pubertären, lauten, machohaften Jungs mit ihren großen Sprüchen und dem Zwang sich immer und überall beweisen zu müssen einfach zuwider. Haben die Mädels aus meiner Klasse von ihren Beziehungen (die drei Wochen später schon wieder zu ende waren) erzählt, konnte ich nie verstehen, was daran so toll sein sollte.
Aus dieser Situation heraus konnte ich irgendwie fast nicht anders, als jemanden übers Net kennenzulernen. Da war die Distanz, Nicknamen, ein Schutzwall hinter dem man sich verstecken kann.
Nur leider habe ich übersehen, daß man durch den Schutzwall hindurch leider auch nicht das wahre Wesen des Gegenübers erkennen kann. Was mich anbelangt - ich habe immer aufrichtig über mich geschrieben, aber zwischen dem, was ich schrieb, und dem, was der andere daraus gelesen hat, mag ein Unterschied liegen. Ich kann also nicht sagen, daß mich die beiden Männer bewußt getäuscht haben, vielleicht habe ich in ihre Worte einfach Sachverhalte hineininterpretiert, die es schlicht und einfach nicht gab.
Dinge, die mir gefallen haben, habe ich überbewertet; Dinge, die mich gestört haben, als Belanglosigkeiten abgetan.
Später habe ich es mit Masken verglichen: ich sah die Männer nicht wie sie tatsächlich waren, sondern sah sie maskiert und habe mich in diese Masken verliebt. Und als die Maske dann fiel wollte ich mir meine Täuschung nicht eingestehen. Redete mir ein, daß ich tolerant sein müsse, Kompromisse schließen - und dabei paßten wir schlicht und einfach nicht zusammen. Hatten komplett unterschiedliche Erwartungen an eine Beziehung, an den Partner. Im Grunde hätte ich auch auf irgend einen Mann auf der Straße zugehen können und mit ihm eine Beziehung eingehen - das Ergebnis wäre vermutlich das gleiche gewesen.
Beim zweiten Freund war es ähnlich. Er konnte so traumhaft schreiben, daß es mir regelmäßig die Tränen in die Augen trieb. Er konnte mit seinen Worten meine Seele berühren - aber leider war er nicht fähig, das, was er schrieb, auch tatsächlich in unserer Beziehung zu leben. Er hat sich das Zusammensein mit mir sicher auch anders vorgestellt, wir haben einander Masken aufgesetzt.
Zusammengefaßt:
• wenn man sich zu intensiv schreibt, ehe man sich das erste Mal trifft, hat der Instinkt, das Bauchgefühl keine Chance mehr, erfolgreich zur Flucht zu raten.
• man rückt sich ins beste Licht: verschickt nur jene Fotos, auf denen man sich selbst toll findet, feilt stundenlang an Texten - da ist kein Platz für spontane, unbewußte Gesten. Ausweichende Blicke, Grunzen (ehrlich, das hat einer tatsächlich gemacht!), herabwürdigendes Verhalten anderen gegenüber etc...
grundsätzlich glaube ich nicht, daß es unmöglich ist, seinen Traumpartner übers Net zu finden. Man sollte nur unbedingt darauf achten, daß man sich lieber früher als zu spät trifft.
ist wieder mal ein langer Text geworden...danke fürs Durchhalten
liebe Grüße, KleineEule