Vardø...
o l u r: Mittelsäger, mo Eiderenten, m Goldregenpfeifer
Am nächsten Tag ging és dann bei Schmuddelwetter vorbei an Goldregenpfeifer, Eiderenten und Mittelsäger nach Vardø, dem kleinen Städtchen auf der Insel Vardøya, das nur durch einen Tunnel zu erreichen ist.
Dies ist auch der östlichste Punkt Norwegens.
Zum Vergleich, mensch ist hier weiter im Osten als beispielsweise in Kairo, Istanbul oder St. Petersburg
Die Grenze nach Russland scheint auf dem Meer nur wenige Meter entfernt zu sein...
Der erste Eindruck der sich einem aufdrängt, wenn mensch durch Vardø fährt, ist der aufdringliche Verfall gepaart mit offenkundiger Hoffnungslosigkeit, den die Häuser und menschenleeren Straßen auszuatmen scheinen.
Aufgelockert oder auch überspielt wird dieser zunächst nur, durch die allgegenwärtigen Graffitis wirklich künstlerischen Ausdrucks an den Häuserwänden.
Wer noch mehr davon sehen und lesen will, dem sei dieser ergänzende Link mit auch sehr schönen Bildern empfohlen:
https://www.koeln-format.de/ … ischerort-an-der-barentssee/
Diejenigen die hier aushalten und leben, offizielle Einwohnerzahlen gehen von etwas mehr als 2 tsd aus, leben vom Fischfang, der Fischverarbeitung und ein paar Touristen, die vom schaurig schönen Charme dieses Endes der Welt angezogen werden.
Aber Vardø hat auch Geschichte
Im 17 und 18 Jahrhundert wurden hier im Zuge von meist nachbarschaftlichen Denunziationen über hundert Menschen der Hexerei beschuldigt, meist natürlich Frauen, aber exemplarisch (wenn man(N) schonmal dabei war) auch ein paar Quotenmänner, und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
https://www.nzz.ch/internati … d-segen-in-vardoe-1.18396718
Eines der Erklärungsmuster für die Untaten sieht die in der Finnmark grassierende Armut als mögliche Ursache. Die im rauen Klima sich häufenden existenziellen Schicksalsschläge wie Schiffbruch und Feuersbrünste wurden auf Hexerei zurückgeführt. Dass es sich bei manchen der Verurteilten um zugezogene Dienstmägde handelt, kann auch als Indiz für eine sexuell begründete Bigotterie gesehen werden, der Frauen bis in die Neuzeit ausgesetzt waren – Steinigungen und Teufelsaustreibungen sind ein Ausdruck davon.
Der einst lebhafte Handel von hier aus mit dem russischen Zarenreich, endete mit und durch die Oktoberrevolution in Russland 1917.
Im 2.Weltkrieg wurde Vardø vollständig zerstört und danach wieder augebaut.
rechts mitte Steilneset Memorial
Dem ausnahmsweise einmal sauschlechtem Wetter bei unserem Besuch, fiel ein intensiver Blick auf das
Steilneset Memorial, als Mahnmal zur Erinnerung an die Hexenverbrennung, und ein Besuch vom
Vardøhus, der nördlichsten Festung der Welt, die erstmals im 14 Jahrhundert als Bastion gegen russische Übergriffe errichtet wurde, zum Opfer.
Vardøhus festning
https://de.wikipedia.org/wiki/Festung_Vardøhus
Ebenso wie ein Bootstrip auf die vorgelagerte Vogelinsel Hornøya.
Aber Vardø ist natürlich auch ein Hotspot für "
fugletitting" (nicht was ihr denkt, sondern norw. für Vogelbeobachtung)
So konnten wir hier durchaus imposante Eindrücke von
diversen Küstenseeschwalben (
Sterna paradisaea),
die übrigens einen der weitesten Zugwege von allen Zugvögeln überhaupt zurücklegt (Arktis<>Antarktis ca 20tsd KM),
Küstenseeschwalbe
Dreizehenmöwen (
Rissa tridactyla) im Unterschied zu Sturmmöwen (
Larus canus),
erstere nisten normalerweise auf Felsen an kleinen Vorsprüngen mitten im Meer oder wie auch hier zu erkennen, ausnahmsweise auf schmalen Fenstersimsen an (halb)verfallenen Häusern,
ol Dreizehenmöwe, om Sturmmöwe, or Gänsesäger
weit entfernten Trottellummen (
Uria aalge), die auch auf Helgoland brüten und deren Lummensprung berühmt ist,
ihrer Verwandten der Dickschnabellumme (
Uria lomvia),
allgegenwärtige Gänsesäger (
Mergus merganser)
und all der anderen üblichen Verdächtigen an diesen Orten, zu denen auch der Seeadler und natürlich die Austernfischer gehören...
Kurzum...wir sind hier nicht satt geworden und müssen unbedingt nochmal hierhin, wahrscheinlich sogar um ein paar Tage zu verweilen und einen genauen Blick werfen zu können...