Mehamn, Gamvik, Slettnes fyr
Wir mussten uns entscheiden und es fiel uns echt schwer. Gern wären wir jede einzelne Straße gen Norden hinauf gefahren oder hätten wenigstens ein „Hopping“ mit der Hurtigrute machen wollen, um am nächsten Inselfinger wieder hinunter zu fahren.
Aber erstens hatten wir- durch die Krankheit von Cat´s Sohn- drei Tage verloren und zweitens ist unser Auto zu hoch für die Hurtigrute.
Sehr schade- aber nur ein Grund, diese Region erneut aufzusuchen, denn die Ausflüge haben uns alle begeistert.
Unsere Auswahl fiel auf die Norkinnhalbinsel (norwegisch Nordkinnhalvøya).
Sie ist die nördlichste Halbinsel des europäischen Festlandes. Das Nordkap liegt zwar geografisch, mit 71°10´21'' nördlicher Breite, nördlicher, aber auch auf einer Insel, der Insel Magerøy , die heutzutage mit einem Tunnel erreichbar ist.
Wenn man Europa als Festland definiert und man von der Südspitze Italiens aus trockenen Fußes zum nördlichsten Punkt von Europa wandern möchte, kommt man bis Kinnarodden auf 71° 08' 01'' nördliche Breite.
Um dort hin zu gelangen, muss allerdings von Slettnes fyr (unserem Zielpunkt) aus, eine 24 Km lange Wanderung unternommen werden.
Egal- das interessierte uns nur peripher.
Wir fuhren also erst einmal über Tanabru, an der Tanaelv entlang nach Ifjord und von dort nach Norden.
In einer Kurve entdeckten wir auf einem Stein einen Seeadler (
Haliaeetus albicilla). Der Wolf hielt und Cat schlich sich mit dem Fotoapparat heran.
Blöderweise erkannte uns ein Pärchen, welches wir zuvor am Strand Grense Jakobselv kennen gelernt hatten, wieder und hupten erfreut, als sie unseren gelben Bus erblickten.
Der Adler flog weg.
Rechts ein Singschwan (
Cygnus cygnus).
Auf dem weiteren Weg wechselten etliche Rentiere die Fahrbahn. Leider holte uns die Wolke aus dem Osten auch wieder ein und hüllte die Straße vor uns in einen weißen Nebel. Ausgerechnet an einem «Utsikt»-Punkt. Das kannten wir schon. Immer, wenn eine Aussicht als bedeutend beschrieben wurde, hatten wir häufig eine weiße Nebelwand vor uns.
Es war aber sowieso spät genug, um sich einen Schlafplatz zu suchen und da kam uns der Platz ganz gelegen.
Endlich fanden wir dort auch die Zeit, auf die Ereignisse mit einem Single Malt «
The Glenlivet», den wir auf der anfänglichen Fährüberfahrt erstanden hatten, anzustoßen.
Am nächsten Morgen hatte sich die dicke Suppe um uns weitesgehend verzogen.
Wir erreichten Mehamn (samisch
Donjevuotna, kvenisch:
Meehamina). Auch hier gibt es einen kleinen Hype um den Weihnachtsmann.
Seitdem Gamvik nicht mehr angelaufen wird, ist Mehamn die nördlichste Anlaufstelle der Hurtigruten.
Mehamn und das Umland wurden ursprünglich aufgrund des natürlichen Hafens und der Nähe zu den Fischgründen gegründet. Trotz seiner Größe ist Mehamn erstaunlicherweise sehr lebendig. Es wächst und kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Jedes Jahr werden hier mehrere Feste und Kulturveranstaltungen abgehalten.
Wir kauften hier ein und setzten dann unseren Weg nach Norden fort.
Gamvik war die nächste Ortschaft. Von Gamvik hatten wir nur gelesen, dass diese Ortschaft eigentlich nie Sommer habe. Mit einer sommerlichen Durchschnittstemperatur von 9,6°C wären es weiterhin winterliche Temperaturen.
Gut- es war zunächst tatsächlich kühler...aber deutlich wärmer als noch vor zwei Tagen kurz vor Vadsø und als die Sonne herauskam, wurde es immer wärmer.
Unser Ziel war „Slettnes fyr“, der nördlichste Leuchtturm auf dem europäischen Festland.
Der Leuchtturm Slettnes liegt drei Kilometer nördlich von Gamvik, auf 71º05’33’’ nördlicher Breite (auf dem gleichen Breitengrad wie die Nordspitze Alaskas. ). Von der Spitze des Turmes hat man eine fantastische Aussicht auf das Meer und die Natur der Umgebung. Zwischen dem Leuchtturm und Gamvik befindet sich ein Naturreservat, das Lebensraum für viele besondere Vogelarten bietet.
Wir entdeckten gleich ein paar Schmarotzerraubmöwen und einen Kampfläufer.
Der Leuchtturm selbst wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut und dann am 15. September 1905 in Betrieb genommen. Zunächst haben die Leuchtturmwärter mit ihren Familien in der Leuchtturmanlage gewohnt, bis 1973. Später wohnten hier dann nur die diensthabenen Beschäftigten. Slettnes wurde als einer der letzten Leuchttürme Norwegens 2005 vollständig automatisiert.
1922 bekam der Leuchtturm ein Nebelhorn, das bei Nebel oder schlechtem Wetter alle 30 Sekunden ein Tonsignal erzeugte.
Während des 2. Weltkriegs wurde der Leuchtturm von den Deutschen als Beobachtungsposten genutzt. Die Marineoffiziere kontrollierten die Schaltung des Leuchtfeuers, immer nur dann, wenn deutsche Konvois vorbeizogen.
Der gußeiserne Turm wurde 1944 beim Abzug der deutschen Truppen gesprengt. Dies gelang jedoch nicht vollständig.
In der Zeit von 1945 – 48 wurden dann neue Wohngebäude errichtet, sowie ein Maschinenhaus, ein Bootsschuppen, ein Kai und ein neuer Leuchtturm.
Der Turm ist 30 m hoch. Damit ist der Leuchtturm der fünfthöchste in Norwegen.
Das Nebelhorn wurde auch wieder eingesetzt und ist mit einem 1 – 2-Ton-Signal und einer Reichweite von 6 Seemeilen zu empfangen. Dieses wurde bis 1985 genutzt.
1955 wurde auf Slettnes ein Funkfeuer eingerichtet und ein Jahr später wurde die Leuchtturmstation an das lokale Stromnetz angeschlossen.
Slettnes ist heute Eigentum von „Kystverket“, der staatlichen Küstenverwaltung, und wird in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Gamvik betrieben.
Der Slettnes-Leuchtturm steht seit 1998 unter Denkmalschutz.
Im Sommer gibt es die Möglichkeit das Museum des Leuchtturms zu besichtigen. Es werden Führungen durchgeführt und im ehemaligen Haus des Leuchtturmwärters gibt es ein kleines Café, in dem es fantastische Waffeln zu essen gibt!
Die wurden uns schon empfohlen und ja..wir können es bestätigen. Zwei Studentinnen haben sie für uns gebacken.
Nach dieser Stärkung gingen wir an der Küste entlang. Es gibt diverse Wanderwege von dort aus. Cat interessierte aber mal wieder die angezeigte Höhle.
Die Pflanzen sind niedrig und wir hatten ein Auge auf die kleinen bunten Blumen, die das satte Grün auflockerten. Sukkulenten wuchsen hier ebenso.
Als die Sonne heraus kam, malte sie die Landschaft noch einmal bunt an. Das Wasser leuchtete türkis- hellblau, der Strandsand war schneeweiß, davor das Grün, dann das Grau der Felsen, das Weiß-Rot des Leuchtturmes und das Blau des Himmels.
Hinter uns grasten ein paar Rentiere. Zwei, ein helles und ein dunkles Rentier mit imposanten Geweihen, liefen dann zum Wasser und posierten direkt für die Touristen, die sie aufnahmen.
Was für ein Bild!
Als wir aufs Wasser schauten, entdeckten wir Kegelrobben, die im Wasser spielten.
Hugin und Munin betrachteten uns argwöhnisch als wir einen Blick in die Höhle warfen. Leider war sie durch das Wasser abgeschnitten und für uns unerreichbar.
Ein letzter Blick auf die Tafel und dann machten wir uns langsam wieder auf den Weg.
wilder Schnittlauch
sm...