Anstieg der Syphilis-Infektionen Bericht im JOYclub-Magazin
Wir möchten gerne diesen Bericht als Diskusionsthema nehmen, weil es leider immer wieder Leute gibt, die der Meinung sind sich, trotz PT mit Gv, nicht mit Safersex beschäftigen zu müssen.Oder die sagen wir machen ja keinen PT mit Gv, sind jedoch Oralverkehr mit anderen als dem eigenen Partner nicht abgeneigt.
man kann sich jedoch auch beim Oralverkehr mit Syphilis infizieren.
Viele denken gar nicht an Syphilis, schließlich ist das eine Krankheit die eigentlich ins vergangene Jahrhundert gehört -denkt man-
Dass es anders ist zeigt uns die Meldung des Robert-Koch-Institutes (RKI)
Erneuter Anstieg der Syphilis-Meldungen in 2011!"
Diese Meldung gab das Robert-Koch-Institut (RKI) am 18.6.2012 in ihrem epidemiologischen Bulletin* heraus. Syphilis gehört zu den wenigen meldepflichtigen Erkrankungen. Die Neuerkrankungsrate (Inzidenz) hat 2011 mit 4,5 Infektionen auf 100.000 Einwohner den höchsten Stand seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2001 erreicht.
Der zwischen 2004 und 2008 beobachtete Trend zu stagnierenden Zahlen, 2009 und 2010 sogar rückläufig, hat sich nun umgekehrt (siehe Abb. 1).
© Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin Nr. 24
© Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin Nr. 24
Welche Ursachen werden für diese Entwicklung diskutiert?
Die Analyse der gemeldeten Neuerkrankungen zeigt, dass sich in der Hauptsache MSM (Männer, die mit Männern Sex haben) in den Metropolen Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt und München infizieren. Inwieweit die gestiegene Neuerkrankungsrate mit Verhaltensänderungen durch vermehrte, ungeschützte Sexualkontakte zusammen hängen, kann nur durch Erhebungen zum Sexualverhalten geklärt werden.
Obwohl Untersuchungen der letzten Jahre von Bochow** bei homosexuellen und bisexuellen Männern ein eher stabiles Schutzverhalten feststellen konnten, liegt doch zumindest der Verdacht nahe, dass die gute medikamentöse Therapierbarkeit von HIV-Infektionen aktuell doch zu größerer Risikobereitschaft besonders bei Männern geführt hat. Zumindest wird das von Insidern der schwulen Szene auch als subjektiver Eindruck geschildert.
Der Vollständigkeit halber muss aber darauf hingewiesen werden, dass die epidemiologische Situation in den Zeiten vor HIV/AIDS (siehe Abb.2) deutlich ungünstiger war.
© Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin Nr. 24
© Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin Nr. 24
Syphilis nicht mehr im Bewusstsein der Menschen: Warum?
HIV/AIDS hat die klassischen, sexuell übertragbaren Infektionen (STI - sexually transmitted infections) bei vielen Menschen in Vergessenheit geraten lassen. Die günstige epidemiologische Situation besonders in den 80iger und 90iger Jahren war auf die Bedrohung durch das Hi-Virus und das durch die AIDS-Prävention folgende sehr gute Schutzverhalten zurückzuführen.
Seit 1996/97 ist die hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) zur Behandlung der HIV-Infektion verfügbar, was bedeutete, dass ein "HIV-Positivsein" nicht mehr zwangsläufig zum Tode führen musste. HIV/AIDS wurde zu einer der vielen Risikofaktoren für Gesundheit und Leben und verlor daher deutlich an Bedrohungspotential. Wir sprechen heute von der sogenannten "Normalisierung von HIV/AIDS".***
Syphilis – eine ehemalige Geißel der Menschheit
Eine Theorie besagt, dass Kolumbus die Krankheit Syphilis aus Amerika mitgebracht haben soll.
Eine Theorie besagt, dass Kolumbus die Krankheit Syphilis aus Amerika mitgebracht haben soll.
Syphilis, auch als Lues, harter Schanker oder Franzosenkrankheit bezeichnet, zählte zu den großen Seuchen in der Geschichte Europas. Es gibt eine große Anzahl von Theorien zur Herkunft der Erkrankung. Sehr zäh hält sich die Auffassung, dass Kolumbus die Krankheit 1494 aus Amerika mitgebracht hat.
Es gibt aber Hinweise darauf, dass die Krankheit schon im Altertum existierte. Von Spanien aus hat sie sich dann über die Mittelmeerländer in ganz Europa ausgebreitet. Erst im 18. Jahrhundert erreichte die Seuche dann besonders die Städte in Deutschland. Unzähligen berühmten Frauen und Männern aus der Geschichte werden Syphilisinfektionen nachgesagt. Hier seien nur August der Starke, Ludwig van Beethoven, Albrecht Dürer, Katharina die Große, Ludwig XIV., Napoleon Bonaparte, Friedrich Nietzsche und Franz Schubert genannt.
Die Erkrankung verlief damals nach vielen Jahren sehr häufig tödlich. Behandelt wurde sie mit hochgiftigem Quecksilber, später dann mit der organischen Arsenverbindung Salvarsan, mit welchem die Krankheit erstmals eingedämmt werden konnte. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts dann wurde die Behandlung durch das Penicillin abgelöst.
Nach dem ersten und zweiten Weltkrieg schnellten die Zahlen der Infizierten wieder nach oben. Die Geschlechtskrankheiten Syphilis und Tripper bekamen wieder hohe gesundheitspolitische Relevanz.
Welche Symptome gilt es zu beachten?
Der Verdacht auf eine Infektion kann nur durch die qualifizierte Diagnostik eines Arztes gesichert werden. Die in jedem Lehrbuch bzw. auf jeder Webseite zum Thema STI beschriebenen klassischen Symptome müssen nicht zwangsläufig bei jedem infizierten Menschen auftreten.
Der spiralförmige Erreger Treponema pallidum tritt durch kleinste Hautrisse und die Schleimhäute in den Organismus ein und befällt zunächst die regionalen Lymphknoten, um sich dann im ganzen Körper auszubreiten.
Die Infektion ist durch normalen Geschlechtsverkehr, aber auch durch Oral- oder Analverkehr übertragbar.
Die Infektion ist durch normalen Geschlechtsverkehr, aber auch durch Oral- oder Analverkehr übertragbar.
Die Infektion erfolgt meist über sexuelle Kontakte mit infizierten Personen, wobei eine Infektionswahrscheinlichkeit zwischen 40 Prozent und 60 Prozent liegt. Früher war auch eine Ansteckung Neugeborener unter der Geburt häufig zu beobachten.
Viele Menschen und auch immer noch so mancher Hausarzt denken immer nur an die Übertragung beim Geschlechtsverkehr, also dem klassischen Vaginalverkehr zwischen Frau und Mann. Heute gibt es jedoch eine Vielzahl von sexuellen Praktiken, die es immer zu bedenken gilt.
So kann eine Infektion auch über Oral- oder Analverkehr erfolgen. Die entsprechenden Symptome treten dann nicht an den Geschlechtsorganen, sondern im Bereich der Mund- bzw. Analschleimhaut auf.
Stadium I
Klassischerweise kommt es ca. drei bis vier Wochen nach der Infektion an der Eintrittsstelle des Erregers zu einem kleinen, meist schmerzlosen, Geschwür, dessen Ränder von fester Konsistenz sind (Ulcus durum). Es handelt sich dabei um den sogenannten Primäraffekt.
Aus der Mitte dieses Geschwürs kann hochinfektiöse Flüssigkeit austreten. Ein bis zwei Wochen später können die sich in der Nähe des Infektionsortes befindlichen Lymphknoten anschwellen. Das Geschwür heilt auch unbehandelt nach ca. vier bis sechs Wochen wieder ab. Hier liegt auch die große Gefahr, eine Infektion mit dem Syphilis-Erreger einfach zu übersehen, da dieser Primäraffekt bzw. das Stadium I nicht immer so eindeutig erkennbar auftreten muss.
Stadium II
Syphilis ist im zweiten Stadium meist u.a. durch Fieber gekennzeichnet.
Syphilis ist im zweiten Stadium meist u.a. durch Fieber gekennzeichnet.
Etwa acht Wochen nach der Infektion tritt die Erkrankung in ihr Stadium II. Die Erreger haben sich in der Zwischenzeit weiter verbreitet.
Meist tritt dann ein grippeähnliches Erkrankungsbild mit Fieber und Abgeschlagenheit auf. Die Lymphknoten sind oft am ganzen Körper angeschwollen.
Dazu gesellen sich unterschiedliche Symptome an der Haut. Häufig tritt ein Hautausschlag mit rosa gefärbten Flecken auf; andere Patienten können einen Haarausfall beobachten.
Stadium III
Im Stadium III, drei bis fünf Jahre nach der Infektion ist der ganze Körper, auch die inneren Organe, durch den Erreger befallen. Es können sich gummiartig verhärtete Knoten, die sogenannten Gummen, bilden. Diese syphilitischen Knoten können auch die großen Blutgefäße befallen und später zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
Stadium IV
Das Stadium IV tritt meist erst nach 15 bis 20 Jahren nach der Infektion auf. Es wird auch von der Neurolues gesprochen, weil nun das gesamte Nervensystem befallen ist. Viele Betroffene leiden unter einer chronischen Hirnentzündung, die dann zu einer Demenz und letztendlich zum Tod führt.
Diese schwersten Formen der Erkrankung werden in den hochentwickelten Ländern kaum noch beobachtet, da auch Spätformen heute therapierbar sind. Alle Frühformen können mit Penicillin bzw. anderen Antibiotika problemlos behandelt werden. Resistenzbildungen sind bisher nicht bekannt.
Wie sollte ein persönliches Fazit aussehen?
Jede Auffälligkeit an den Geschlechtsorganen, im Mund oder im Analbereich nach ungeschützten sexuellen Kontakten, sollte ernst genommen werden, auch wenn die Symptome nach ein bis zwei Wochen wieder verschwunden sind. Im Zweifel immer einen Arzt aufsuchen, auch wenn das Schamgefühl groß sein sollte. Das gilt besonders für Menschen, die häufig wechselnde Sexualpartner haben. Eine regelmäßige Kontrolle durch einen Mediziner ist hier höchst empfehlenswert.
Nur mit einer Blutuntersuchung ist eine einwandfreie Diagnose möglich.
Nur mit einer Blutuntersuchung ist eine einwandfreie Diagnose möglich.
Auch der Arzt kann die Diagnose Syphilis nur über entsprechende Blutuntersuchungen sichern, denn eine Bewertung der Symptome allein führt nicht selten in die falsche Richtung. Der erfahrene Arzt wird bei seinen Überlegungen auch andere sexuell übertragbare Infektionen (STI) differentialdiagnostisch mit bedenken.
In vielen Haushaltsapotheken befinden sich nicht selten übriggebliebene Antibiotika, die sich u.U. für eine Therapie eignen würden. Da aber nur durch eine Nachuntersuchung die erfolgreiche Bekämpfung der Syphilis-Infektion gesichert werden kann, muss dringend von derartigen "Selbsttherapien" abgeraten werden.
Als Regel gilt: Im Zweifel lieber einmal mehr als einmal zu wenig einen Facharzt konsultieren. Und auch heute gilt immer noch: Kondome schützen! "Machs mit – gib AIDS und anderen STI keine Chance".