Offener Brief an Michael
Lieber Michael, jetzt haben wir- entgegen unseren ursprünglichen Erwartungen- zum 3. Mal Deinen Geburtstag zusammen gefeiert.
Von Anfang an war klar, das ich die Zweitfrau sein würde. Und bleiben würde.
Von Anfang an war klar, das unsere Geschichte zu Ende wäre, wenn sich eine Option auf eine feste Beziehung für mich ergäbe und diese drei Monate überstanden hat. Falls der Mann auf Monogamie bestehen sollte, und das tun sie meiner Erfahrung nach fast alle.
Und ich bin noch bei dir, als deine Zweitfrau. Warum?
Diese Frage beantwortet sich durch zwei Aspekte, einer seits das Sosein der Männer, die ich kennenlernte und die Interesse hatten.
Zweitens durch Dein Sosein.
Ich fang bei Zweitens an, Deinem Sosein.
Du hast etwas in Deiner Art, das meine Seele wärmt. Etwas, das nicht erlernbar ist. Wenn Du bei mir bist fühle ich mich als der für Dich wichtigste Mensch der Welt, in den Momenten. In den ungefähr acht Stunden pro Woche.
Du achtest auf mich, bemerkst mich, hast mich im Blick, ohne Dich dabei zu verlieren. Du hast Feeling für mich, das nicht erlernbar ist.
Die paar Male, als du in meiner Gegenwart eine andere Frau gefickt hast, habe ich Dich kaum wiedererkannt- diese Kälte in Deinem Blick, dieses Handeln, was mich an " Hau weg die Alte" erinnerte. Würdest Du mich nur einmal so behandeln, so ansehen- ich würde mit fliegenden Fäusten auf Dich losgehen oder wäre sofort weg.
Du nennst mir Lieder und Interpreten, die mir gefallen könnten, und fast immer gefallen sie mir.
Wenn wir übereinander verärgert oder traurig sind reden wir. Bis es wieder gut ist.
Wir gehen aufeinander zu, jeder so weit er kann.
Jeden Einblick in Deine Seele empfinde ich als Geschenk und sehe dort viel Schönes. Und eine gnadenlose Ehrlichkeit gegenüber Deinen weniger schönen Seiten.
Und wenn ich Dich in meine Seele blicken lasse? Du erschrickst nicht, obwohl Du auch in Abgründe blickst. Du kennst Diese, sie erschrecken Dich nicht. Obwohl Du mal leicht schaudernd meintest, mich nicht als Feindin haben zu wollen- warum sollte ich sie werden, ich kann mir keinen Grund vorstellen.
Du hast mir nie etwas aufgedrückt sondern immer nur Dinge angeboten. Es ist Dein Verdienst, das ich mich besser ernähre. Nicht nur Kalorien zähle, sondern auf den Basenhaushalt achte.
Transfette vermeide, vor einigen Jahren wusste ich noch nicht mal, was das ist.
Mich sexuell besser kennenlernen konnte, obwohl oder weil du SM- unbeleckt warst, als wir uns kennenlernten.
Weil du gefragt hast, geschaut hast, gefühlt hast. Gelernt hast, kommunizierst. Du gehörst zu den ganz wenigen Männern, die mich in meinem 30jährigen SM- Leben überspielen konnten. Die meisten waren zu schwach dazu. Und zu dumm, mir zuzuhören. Mich dahingehend ernstzunehmen, das ich sage, was ich unbedingt brauche und was unter " kann sein" fällt. Nie versucht hast, an den Dingen zu kratzen, die nicht gehen.
Nie versucht hast, mich für Sex mit Devotion oder Gehorsam bezahlen zu lassen.
Wenn Du eine Aussage machst hat sie ein Fundament. Sonst kommt ein lapidares " keine Ahnung" von Dir.
Deshalb mache ich mit einem Auge blind, was Du sagst. Weil Du meist Recht hast.
In einem Punkt konnte ich Dir nicht folgen: doch gegenüber anderen Männern weniger anspruchsvoll zu sein und das Devchen zu spielen, um unter die Haube zu kommen.
Die ich eigentlich, das hast du gut erkannt, brauchen würde- aber nicht mit dem Falschen. Und ein Mann , der so dämlich ist, das er gespielte Devotion benötigt, ist für mich keine Option.
Nuttige Klamotten zu tragen, die mich anwiedern. Das geht für mich nicht, den Ekel würde ich auf den Anderen übertragen.
Den Punkt verstehst Du teilweise nicht, wohl meine Kompromisslosigkeit größer ist als Deine. Der Preis entsprechend hoch, aber jeder Andere wäre höher.
Jedes Mal wenn Du gehst fühle ich mich reicher als bei Deinem Kommen, reicher von den obengenannten Liebesgaben. Und diversen Zusätzlichen.
Deiner Wärme, Deiner Nähe, deinem Witz, Deiner Klugheit, Deinen konkreten Hilfen, wenn ich welche brauche.
Du bist der erste Mann, der mir statt Rosen Biogemüse mitgebracht hat. Mitbringt.
Wenn ich im Masoflash halb gegen die Wand laufe und wichtige Termine haben kommst Du, wenn immer möglich, auch kurzfristig vorbei, und sei es nur für eine halbe Stunde.
Wenig Tage, bei denen ich keine Mails von Dir bekomme, meist sind es Mehrere.
Um zum ersten Aspekt zu kommen, warum sonst nie was gepasst hat:
Sie wollten, das ich ab dem ersten Moment monogam bin. Das geht für mich nicht. Es ist für mich ungesund, mich Hals über Kopf in Versuche fester Beziehungen zu stürzen und dann erfahrungsgemäß mit jedem Tag unterspielter zu sein.
Sie wollten eine hübsche und schlanke Frau, meinten aber, ihr eigenes Übergewicht sei stattlich.
Sie versprachen, das Rauchen aufzugeben, es war immer gelogen.
Sie versprachen, das übermässige Fressen aufzugeben, nahmen " erstaunlicherweise" nicht ab, bis ich die verschwiegenen Kalorienbomben fand. Die Lügen waren schlimmer , auf Lügen kann ich Null.
Ich verachte Lügner, ihre Schwäche und Charakterlosigkeit.
Sie wollten mich ständig auf irgendwelchen Perversenpartys herumzeigen, ich verachte Männer, die mit Besitz protzen.
Noch viel mehr verachte ich Männer, die sich gar keine Frau leisten können, sie aber trotzdem versuchen, als ihren Besitz hinzustelen. Auf Kosten irgendeines Amtes oder der Ausbeutung der Frau selbst- ekelhaft.
Sie machten mir lächerliche Eifersuchtszenen, wollten mein Joypasswort, mich zu meinen Dreharbeiten- sprich meinem Job- begleiten, um da sonst was zu kontrollieren, krank.
Sie konnten meinen Körper beschäftigen, aber mein Kopf hatte nichts zu tun. Diese Art der Befriedigung bleibt an der Oberfläche, es fehlt etwas.
Sie drehten sich pausenlos um sich selbst, nur Ich und Ich und Ich im Kopf. Vor lauter Gerede kam kein Gespräch in Gang.
Sie wollten mir erzählen, wofür ich das Geld auszugeben habe, das ich selbst verdiene- träum weiter.
Sie wollten eigentlich kein SM, um ficken zu können hätten sie- Augen zu und durch- trotzdem irgendwas gemacht- kein Bedarf.
Sie waren schlichtweg nicht gesellschaftsfähig und nicht bereit, das zu ändern. Ich tauge nicht zur Matratze des typischen Handwerkers. Und nur wenige Handwerker sind untypisch- wäre es einer gewesen hätte ich die hochgezogenen Augenbrauen des Umfelds bei den " Einladungen mit Begleitperson" hingenommen.
Sie interessierten sich erst angeblich fürs Theater, waren dann mal in einem Musikal! - was kein Theater ist- und dachten, das sei eine Eintrittskarte für irgendwas. Gemeinsame Interessen sind mir zu wichtig.
Sie verstanden meine Bücher nicht noch die Gründe, warum ich sie lese.
Und und und.
Ich erwarte nicht, das jemand so gut aussieht wie Du, aber ein wenig Mühe geben schadet nicht- ich hunger täglich viele Stunden, weil ich sonst wie ein Hefekloß aufgehen würde. Was nur natürlich ist, unsere Vorfahren taten es auch. Ohne die Sicherheit, dann etwas zu bekommen.
Ich erwarte nicht, das jemand so intelligent wie Du ist, aber wenigstens ein Studium zu schaffen sollte mit Interesse und Fleiß möglich sein. Zu spät ist es dafür nie.
Kann auch Sexualwissenschaften halbtags sein, dann haben wir wenigstens ein Gesprächsthema.
Ich erwarte, als Mensch zu interessieren, nicht als Statussymbol.
Ich erwarte Kommunikation und ein Miteinander, keine Einbahnstraße.
Ich bin nicht bereit, die Pflichten einer Ehefrau zu erfüllen, ohne deren Rechte zu haben.
Und ich erwarte nichts, was ich nicht selbst biete.
Und ich erwarte einen Mann, keinen Duckmäuser, der als Kompensation Frauen unterdrückt.
Und das Ergebnis: du bist weiterhin bei mir, zwei mal pro Woche, insgesamt etwa acht Stunden.
Perfektion sähe anders aus.
Die acht Stunden pro Woche waren und sind mehr, als ich in den letzten 24 Jahren je von einem Mann hatte.
Küsse und Umarmung
Nina