Eine kleine Geschichte zum erfreuen.
Hallo,zwar keine Kurzgeschichte, aber dennoch eine Geschichte in einer Geschichte, In dem Fall aus meinem Roman "Tödliche Flitterwochen in Florida". Ein Cosy Crime Roman mit BDSM-Bezug, genauer CG/l. Nein es ist keine Werbung. Einfach nur eine schöne kleine Geschichte, die Euch erfreuen soll.
Kapitel 5: Ein Abend für die Kleinen
E
rika war gerade in der Küche und bereitete das Abendessen zusammen mit ihrem Mann zu, als es an der Tür klingelte.
„Darf ich zur Tür, Daddy?“, fragte sie ihren Mann und Daddy Dom.
„Klar, ich mach’ den Rest allein.“
Die beiden hatten sich entschieden, daß es heute eine typische deutsche Brotzeit geben sollte. So wie Odine und Amelie es aus ihrer Heimat kannten. Frank stellte nur noch eben Käse und Aufschnitt auf den Tisch. Dann war alles fertig.
Freudig ging Erika an die Tür, schaute erst durch den Türspion und grinste, als sie Odine und Amelie sah.
Odine hatte eine blaue Bluse und eine schwarze Jeans angezogen, wohingegen Amelie in einem rosafarbenen T-Shirt mit Einhorn und Regenbogen, sowie einer Bluejeans daher kam. Erika begriff sofort. Heute Abend war Amy zu Gast und sie freute sich. Dann öffnete sie schnell die Tür und umarmte erst Amelie und danach Odine.
„Toll, daß ihr da seid. Die anderen sollten auch gleich kommen. Ich bin echt gespannt auf Sarah.“, meinte Erika.
In diesem Moment kamen auch Toni und Sarah um die Ecke und Sarah staunte nicht schlecht, als sie Amelie sah. Das war eindeutig der Littlemodus bei ihr. Und auch die blonde Frau mit den kurzen Haaren wirkte, als wenn ihr Kleidungsstil für deutlich jüngere Menschen gedacht war. Erika trug eine verwaschene Bluejeans, ein schwarzes T-Shirt mit langen Ärmeln und einem bedrucktem floralem Muster darauf. Darüber trug sie eine Weste aus hellblauem Jeansstoff. Alles zusammen wirkte die Kombination auf Sarah eher wie die Kleidung eines Teenagers, nicht wie die einer Frau, die geschätzt um die vierzig Jahre war. Instinktiv blieb Sarah auf dem Gehweg stehen. Das konnte doch nicht wahr sein. Was war hier los? Sie griff Tonis Hand und drehte sich zu ihr.
„Die Frau in der Tür, die ist auch eine Little?“, fragte sie unsicher.
„Ja, das ist Erika, die Frau vom General.“
„Seid ihr hier alle, irgendwie, irgendwie anders?“, unsicher brachte Sarah die Frage heraus.
„Was meinst Du mit anders?“, fragte die schwarzhaarige Frau Sarah.
„Na ja. Ich habe hier noch niemanden, wie soll ich sagen Normalen gesehen. Amelie und Odine, sind in einem Machtgefälle. Der General ist ein Daddy Dom und seine Frau ein Littlegirl. Du selbst bist zumindest dominant. Gibt es auch noch Menschen, die normal sind?“
Toni runzelte die Stirn, als sie Sarah direkt in die Augen sah. Dann lächelte sie und legte sanft die andere Hand unter Sarahs Kinn, damit diese ihr in die dunklen Augen sehen musste.
„Sarah, wir sind normal. Denn wir sind alle Menschen. Wer sagte, daß Du, ich, Erika, der General oder gar Odine und Amelie nicht normal sind?“
„Der Typ, bei dem ich gelebt habe, er meinte Menschen, wie wir wären, nicht normal, auf die müsste man besonders achten und Menschen wie meinen Freund und mich, die bräuchten eine besondere Betreuung.“
„Sarah, das ist Blödsinn, Du bist so normal wie jeder andere Mensch auch. Und wie jeder andere Mensch auch hast Du Bedürfnisse, die in einer Beziehung gestillt werden müssen, damit Du glücklich bist. Lass Dir so etwas nie wieder von irgendwem erzählen.“
Dann nahm Toni ihre Hand von Sarahs Kinn und in diesem Moment rannten Sarah die Tränen über die Wangen. Wie aus Reflex nahm Toni Sarah in die Arme und hielt sie fest, bis sie sich beruhigt hatte.
Erika, Odine und Amelie bekamen auf einmal mit, daß Toni stehen blieb und Sarah in den Arm nahm. Erika wollte sofort hinrennen, aber sie wurde von Amelie am Arm festgehalten.
„Nicht. Lass den beiden die Zeit.“, meinte sie dann zu Erika.
„Ich will nicht, daß die Kleine weinen muss.“, sagte Erika.
Dann schaltete sich Odine ein und fragte.
„Erika, wo bist Du am liebsten, wenn Du weinst?“
„In Daddys Armen?“
„Meinst Du nicht, daß Sarah auch jemanden braucht, in dessen Arme sie Halt finden kann?“
„Doch. Dennoch tut es weh.“, maulte Erika.
„Ich weiß genau, was Du meinst, dennoch denke ich, daß Sarah, in den richtigen Armen liegt. Sie braucht jemandem, dem sie vertrauen kann. Und es scheint Toni zu sein. Lass den beiden den Moment.“, antwortete Amelie.
Fragend sah Erika zu Odine rüber. Doch diese nickte nur bestätigend und sagte dann.
„Amelie hat recht.“
„In Ordnung.“, erwiderte Erika zerknirscht.
Ihr war die Entscheidung der beiden überhaupt nicht recht. Aber sie wollte auf der anderen Seite ihren Plan Sarah zu helfen nicht gefährden. Also gab sie klein bei. Aber vom Gefühl nach wäre sie am liebsten zu Sarah gerannt.
Nach einiger Zeit lösten Sarah die Umarmung und sah Toni dankbar in die Augen. Sie wollte gerade etwas sagen, als Toni sie unterbrach.
„Shhh. Alles gut, Du musst nichts sagen.“
„Darf ich etwas fragen?“
„Das war bereits eine Frage. Aber klar, Du darfst mich immer alles fragen.“, lächelte Toni.
„Warum machst Du das alles für mich?“, unsicher schaute Sarah Toni in die Augen.
Toni lächelte und sagte dann zu Sarah.
„Ich mag Dich, und es tut mir weh, zu sehen, was hier mit Dir passiert ist. Und, daß es auf meiner Base passiert, macht mich unsagbar wütend.“
Als Toni den Satz beendet hatte, strich sie sanft mit der Hand über Sarahs Wange. Diese legte instinktiv ihr Gesicht in Tonis Hand und schloss die Augen. Die beiden Frauen sagten kein Wort, mitten auf der Straße vor dem Haus von Archangel, in der Öffentlichkeit waren sie sich so nah. So viel Nähe hatte Sarah all die Monate vermisst, sich danach gesehnt. Gehofft, daß sie sie in dem Mann, der sie gefangen hielt, finden würde. Vergeblich.
„Bitte tu mir nicht weh.“, flüsterte Sarah leise.
„Das habe ich nicht vor, Dummerchen.“, lächelte Toni. „Aber lass uns zu den anderen gehen, hier auf der Straße ist es doch ein wenig zu öffentlich, oder?“
„Ja, außerdem könnte ich eine Cola vertragen. Wenn Du nichts dagegen hast.“, ergänzte Sarah ihren eignen Satz.
„Nein, warum sollte ich?“, lachte Toni und nahm Sarahs Hand und die beiden gingen zu den anderen Frauen.
„Sarah, darf ich vorstellen, das ist Erika.“, mit einer Handbewegung deutete Toni auf Erika, um dann auch Odine und Amelie zu begrüßen.
„Hallo Odine. Hallo Amelie, hübsches T-Shirt.“, lächelte Toni.
Amelie lief rot an. Mit einem solchen Kompliment hatte sie nicht gerechnet.
„Danke, Toni.“, war alles, was Amelie herausbrachte.
Sowohl Toni als auch Odine mussten schmunzeln, aufgrund von Amelies Reaktion. Dann ging Erika einen Schritt auf Sarah zu und meinte dann.
„Schön Dich kennenzulernen.“, anstatt ihr die Hand zu geben, umarmte Erika Sarah einfach und diese war im ersten Moment so geschockt, daß sie kein Wort rausbrachte.
Erika löste die Umarmung und führte dann alle ins Esszimmer, in dem Frank schon wartete.
„Ah, allgemeines Geplauder, beendet? Ohh Amy, dein T-Shirt ist ja richtig hübsch. Das steht Dir.“
Sofort lief Amy wieder rot an, nicht nur, daß Frank erkannt hatte, daß ihr mehr nach ihrer kleinen Seite heute war, nein auch er fand das T-Shirt toll.
„Danke, Frank.“
Dann begrüßte Frank auch Sarah und Toni.
„Hallo ihr zwei, schön das ihr gekommen seid. Ich hoffe, ihr zwei kommt miteinander aus?“
„Ja, Sir. Alles bestens.“, antwortete Sarah schnell und Toni verzog eine Augenbraue. Die Antwort kam zügig. Entweder war es die Wahrheit oder Sarah versuchte irgendwen zu beruhigen. War es sich selbst, war es der General oder war es Toni, die sie beruhigen wollte?
„Wer hat denn schon Hunger?“, fragte Frank in die Runde.
Alle stimmten ein und wurde schnell aufgetischt. Es gab eine bunte Platte aus Gurken, Tomaten, Käse und dazu wurde allerlei Aufschnitt gereicht, ebenso wie ganz untypisch dunkles Brot. Und so musste Odine auch fragen.
„So etwas hatte ich hier nicht erwartet, wie kommt es, daß Du so typisch deutsches Abendbrot auftischst. Ich meine dunkles Brot und guter Käse, dazu Aufschnitt, das kenn’ ich aus Deutschland. Aber amerikanische Küche habe ich anders im Hinterkopf.“
„Wenn Du wieder in Deutschland bist, frag mal Kassy.“, lachte Erika.
„Ernsthaft, Kassy hat Euch Esskultur beigebracht?“, grinste Amy frech.
Sofort verfinsterten sich die Minen von Odine, Toni und Archangel. Odine war die Erste, die die Fassung wieder hatte und meinte.
„Amy, meinst Du nicht, daß dein Verhalten gerade unangemessen war. Wir sind zu Gast in einem anderen Land. Und nur weil deren Esskultur eine andere ist, heißt es nicht, daß es keine gibt.“, Odine Stimme war sehr ernst geworden und alle drei Littles zuckten bereits beim ersten Ton der Zurechtweisung zusammen.
Amelie schluckte. Das hatte gesessen, ein Anschiss vor allen Anwesenden. Und das, was noch schlimmer war, sie fühlte, daß Odine recht hatte, mit dem, was sie gesagt hatte. Instinktiv sprang sie von ihrem Stuhl auf und wollte wegrennen. Aber Sarah, welche neben ihr saß, nahm ihre Hand und meinte dann zu Amelie.
„Lass es, Du weißt doch das Odine recht hat.“
Amelie nickte, anscheinend hatte Sarah sie in der kurzen Zeit zu gut kennengelernt. Sie hatte erkannt, was in Amelie los war. Amelie nickte und meinte dann zu Sarah, Toni, Archangel und Erika gewandt.
„Es tut mir leid. Was ich gesagt habe, war falsch.“, dann setzte sie sich wieder an den Tisch, hatte schon den nächsten Bissen in die Hand genommen, aber brachte es nicht fertig ihn zum Mund zu führen. Erika sah flehend zu Archangel und Sarah sah in dem Moment Toni bittend an. Sowohl Toni als auch Archangel verstanden den Blick, sahen kurz zu Odine rüber und diese nickte nur leicht den beiden zu. Darauf ergriff Toni das Wort.
„Amy, komm mal her zu mir.“, Toni sagte diese Worte mit einer sanften Stimme, allerdings war ihr Blick wieder so streng, wie Amelie ihn schon ein paarmal bei Toni und Sarah gesehen hatte. Unsicher ging sie zu Toni rüber. Diese stand auf und nahm Amelie in den Arm.
„Vergeben und Vergessen.“
Amelie spürte die Ehrlichkeit dieser Absolution und die Tränen begannen zu fließen. Toni hielt sie noch eine Weile im Arm, um sie dann mit einem Klaps weiter zu Archangel zu schicken. Auch dieser war aufgestanden und zog Amelie fest in seine Arme.
„Vergeben und Vergessen, littlegirl.“
Auch hier endeten die Tränen kaum. Erst als Archangel sie aus der Umarmung entließ, fiel ihr ein, daß sie sich ja noch bei jemandem entschuldigen musste. sie ging zu den beiden Stühlen von Erika und Sarah.
„Es tut mir leid.“
Die beiden sprangen auf und nahmen Amelie in eine Gruppenumarmung. Erika sagte sofort.
„Alles vergeben und vergessen.“
Und auch Sarah wiederholte die wohltuenden Worte und so standen die Drei eine Weile am Tisch und sowohl Odine, Toni und Archangel lächelten, als sie das Bild der drei ausgesöhnten Frauen sahen.
Unsicher sah Amelie zu Odine rüber. Diese lächelte, stand auf und öffnete ihre Arme. Sofort rannte Amelie in Odines Arme. Kaum hatte Odine ihre Arme um Amelie geschlungen, weinte Amelie wieder hemmungslos. Sie hatte wirklich verstanden, wie sehr sie sich danebenbenommen hatte.
„Schaaaaaaaaaatz, es tuuuuuuuuut mir leid.“
„Shhh, shhh. Vergeben und Vergessen. Sweetheart. Alles ist gut.“
Unsicher sah Amelie zu Odine hoch. Dann flüsterte sie fast schon.
„Bekomme ich noch Ärger?“
Odine lächelte, Amelie wusste, daß sie den Bogen überspannt hatte. Aber Odine war überzeugt, daß Amelies Einsicht, keine weiteren Maßnahmen erforderte, also sagte sie mit sanfter Stimme.
„Nein, Schatz. Du hast die Lektion verstanden. Vergeben und Vergessen. Alles ist gut.“
„Danke.“
Amelie vergrub sich fast in Odines Brust. Sie wollte diesen sicheren Hafen nie wieder verlassen. Gerade jetzt fühlte sie sich so behütet, daß sie nicht mehr aus Odines Armen wollte.
Sarah stand immer noch neben Erika und beobachtete Odine und Amelie. Ihr Blick wurde sehnsüchtig. Fast schon verträumt schaute sie den beiden und ihrer Aussöhnung zu. Bis Erika sie leise ansprach.
„Sarah, woran denkst Du?“
„Ähh, an nichts Besonderes.“, stotterte Sarah vor sich hin.
„Hey, tu nicht so. Ich weiß, daß Du an etwas denkst. Du kannst jederzeit mit mir reden. Also, wenn Du es willst.“
„Danke. Aber ich muss das selbst erst mal verarbeiten.“
Sarah verstand nicht, was in ihr vor sich ging. Sie verstand aber, daß genau das, was Amelie hier gerade erlebte und dessen sie Zeugin war, genau das war, wovon sie immer geträumt hatte. Aber sich so noch mal einem Menschen hingeben? Nein, sie konnte sich das nicht vorstellen. Kein Mann der Welt würde sie so noch mal bekommen. Keinem Mann auf der Welt würde sie sich noch mal so hingeben können. Sarah seufzte gedankenverloren auf und setzte sich wieder an den Tisch.
„Können wir weiter essen?“, bat sie dann die Anwesenden.
„Ja, klar.“, antwortete Archangel.
Sowohl Toni als auch Archangel hatten beobachtet, wie Sarah sich verhielt. Die beiden sahen einander an und lächelten sich kurz an. Mehr brauchten sie nicht, um zueinander zu signalisieren, worum es ging. Aber in Toni arbeitete es auch so schon. Sie hatte genügend Erfahrung, um zu wissen, was in Sarah vor sich ging. Die unerfüllte Sehnsucht und der Zwiespalt waren für sie eindeutig zu erkennen. Aber es war ihrer Meinung nach viel zu früh, daß Sarah sich wieder in eine Bindung gab. Sarahs Wunden mussten heilen und das würde Zeit brauchen. Viel Zeit und Verständnis.
Nach dem nun ohne weitere Ereignisse ablaufenden Abendbrot, fragte Erika, ob es in Ordnung wäre, wenn sie mit Sarah und Amelie auf ihr Zimmer ginge, um etwas zu reden. Toni, Odine und Archangel stimmten zu und die drei Frauen verschwanden in Erikas Zimmer.
Odine, Toni und Archangel setzten sich ins Wohnzimmer.
„Kann ich Euch, etwas zu trinken anbieten?“, fragte Archangel.
„Ein Bier?“, Odine schaute fragend zu den beiden.
„Klar, ich bringe Euch gleich eines.“
Ein kurzes Klappern im Kühlschrank und dreimal ein kurzes Plopp später kam er mit drei Flaschen Bier zurück. Er reichte jeder Frau eines.
Dann setzten sie sich in das Wohnzimmer. Archangel hatte das Wohnzimmer zusammen mit Erika klassisch eingerichtet. An der einen Wand war ein offener Kamin, davor stand ein klassischer Couchtisch, welcher dunkel gebeizt war und geschwungene Beine hatte. Um den Tisch standen mehrere Ledersessel mit hoher Lehne und direkt dem Kamin zugewandt war eine Ledercouch. Archangel setze sich in einen der Sessel, während Odine und Toni die Couch nutzten, um sich zu setzen.
Nach zwei Schlucken Bier fragte dann Archangel Toni: „Hast Du es gemerkt?“
„Was meinst Du?“, erwiderte Toni die Frage mit einer Gegenfrage.
„Sarahs Reaktion auf Amelies Benehmen und unsere Reaktion darauf?“
„Ja, das habe ich. Aber es ist zu früh.“, antwortete Toni.
„Wie kommst Du darauf?“, fragte Odine.
„Sie hat ihr Trauma nicht überwunden und soll sich direkt in die nächste Abhängigkeit stürzen? Das kann nicht Euer Ernst sein.“, sagte Toni bestimmt.
„Wieso Abhängigkeit?“, fragte Odine.
„Weil, wenn wir mal ehrlich sind, sind die Arten wie wir alle hier Beziehungen leben, nichts anderes. Eine psychische Abhängigkeit, die unsere Partner erfahren.“
Toni sagte diese Worte mit einer Bestimmtheit, die Odine erschaudern ließ. Sah sie das wirklich so? Odine musste nachhaken.
„Wie kommst Du darauf?“, fragte sie deshalb Toni und setzte sich so auf die Couch, daß sie Toni genau beobachten konnte.
„Na denk mal nach, was hat Amelie Dich gefragt, als sie danach in deinen Armen lag.“
„Ob es noch weitere Konsequenzen gibt.“, antwortete Odine ehrlich.
„Siehst Du? Ihr Wunsch Dir zu gefallen ist so groß, daß sie Angst vor den Konsequenzen hat, wenn sie weiß, daß ihr Benehmen Dir missfallen hat. Ist das keine Abhängigkeit?“
„Nein, das ist Liebe und einen Menschen, den man liebt, will man nicht verärgern oder enttäuschen, das ist etwas ganz Normales.“, mischte sich nun auch Archangel in das Gespräch mit ein.
„Ach und Du meinst wirklich, daß diese Sorge Amelies erster Gedanke war und nicht die Sorge um mögliche Konsequenzen?“
Nun mischte sich auch Odine wieder ein und sagte zu Toni.
„Toni, ich versichere Dir, daß Amelie nicht fragte, weil sie Sorge um ihre Kehrseite hatte, es war wirklich die Rückversicherung, ob ich noch böse auf sie wäre. Amelie ist bei so etwas extrem unsicher, und das war sie schon, bevor wir ein Paar wurden.“
„Hm.“, mehr sagte Toni dazu nicht.
„Und was denkst Du von Sarah?“, wechselte Archangel das Thema.
„Ich finde, sie ist ein süßes Mädel, aber sie braucht Zeit. Zeit, um sich selber zu finden.“
„Meinst Du, man kann sie einfach wieder auf die Welt loslassen?“, fragte Odine.
„Nein, sie braucht psychologische Betreuung und vielleicht ein wenig Anleitung, um sich anzupassen.“
„Anleitung?“, hakte Archangel nach.
„Ja, sie sieht in allem nur das negative, was auch verständlich ist, nachdem was sie erlebt hat. Sie muss wieder lernen, Vertrauen zu fassen.“
Odine schmunzelte, dann aber sagte sie, nachdem sie einen weiteren Schluck aus der Bierflasche getrunken hatte.
„Merkst Du es nicht?“
„Was merke ich nicht?“
„Sie will vertrauen, aber nur einer Person hier.“
„Wen meinst Du?“
„Na Dich. Sie will Dir vertrauen, aber sie scheint sich unsicher zu sein, ob Du auch bereit bist ihr zu vertrauen und ob Du ihr nicht doch wehtun wirst.“
„Das könnte ich nie. Nicht so. Ja, ich habe Regeln, ja in einer Beziehung mit mir würde es für das Nichteinhalten Konsequenzen geben. Ja, diese Konsequenzen sind schmerzhaft. Aber ich würde niemals ihr Herz verletzen, oder ihr Vertrauen missbrauchen. Und außerdem ist es viel zu früh für sie ein derartiges Vertrauen zu mir aufzubauen, oder gar eine Beziehung.“
„Findest Du nicht, daß es ihre Entscheidung ist? Ich meine, hat sich nicht das Recht zu entscheiden, wann sie, wem wie viel Vertrauen entgegenbringen will?“, fragte Odine.
„Es ist ausschließlich ihre Entscheidung. Aber es ist mein Recht eine Meinung, zu dem Thema zu haben und dementsprechend zu handeln.“, konterte Toni.
„Die Frage ist doch, ob Du danach handelst, was Du denkst, daß es das Beste für sie oder für Dich ist.“
„Frank, komm, lass meine Ex aus dem Spiel. Die hat damit gar nichts zu tun.“
„Nein? Ich denke doch. Denn deine Ex ist mittlerweile drei Jahre her.“
„Ja und?“
„Nun ich denke, wenn Du nicht immer Angst hättest, daß ein neuer Mensch in deinem Leben nicht wirklich weiß, auf was er sich mit Dir einlässt, dann könntest Du sehr viel länger schon ein gemeinsames Glück genießen.“ beendete Frank die Diskussion.
Odine beobachtete das alles nur und trank einen Schluck aus ihrem Bier. Toni war angefressen, wie oft hatten sie und Frank die Diskussion schon gehabt. Wie oft hatte sie ihm gesagt, daß sie sich nicht vorstellen konnte, daß jemand überhaupt wusste, worauf er sich bei ihr einließe. Sie war einfach nur genervt davon und wollte diese Diskussionen nicht mehr führen. Doch nach einiger Zeit merkte sie dann leise an.
„Was ist, wenn ich ihr Trauma noch verschlimmer?“
„Dann müsst ihr gemeinsam zum Doc und das aufarbeiten. Unverarbeitete Traumata sind gefährlich.“, erwiderte Odine.
„Woher willst Du das wissen?“, fragte Toni Odine.
Odine atmete durch und begann zu erzählen, was vor ihrer Hochzeit mit Amelie passiert war, sie erzählte von ihrer Provokation des Hauptverdächtigen, um Amelie beschützen zu können, sie erzählte von ihrer Entführung und was ihr dort widerfuhr. Sie erzählte von ihren Ängsten und davon, wie sie sich Hilfe gesucht hatte, als sie eines Morgens Amelie im Halbschlaf angegriffen hatte. Dann schloss sie die Erzählung mit den Worten ab.
„Du siehst, ich weiß genau, was Traumata anrichten können.“
„Ah, sorry. Das wusste ich nicht.“
„Wie solltest Du auch? Der Fall ist bestimmt nicht in euren Akten.“
„Nein, ist er noch nicht. Aber ich schreibe meinen Bericht nächste Woche.“
„Deinen Bericht?“, fragte Toni.
„Der Verdächtige war Junovic.“, erwiderte Frank trocken.
„Ihr habt Junovic?“, fragte Toni erstaunt.
„Nur seine Leiche. Er hat versucht, mich auf meiner Hochzeit zu entführen und zu töten.“
„Oh, mein Gott.“, stöhnte Toni auf.
„Es ist vorbei, Toni. Mach Dir keinen Kopf mehr darum.“
„Kann ich einen Whiskey haben?“, fragte Toni.
„Ja, klar.“
Frank schenkte Toni einen Whiskey ein und diese trank ihn auf Ex aus.
„Na wenigstens ist ihr tot dann gerächt.“, rutschte es Toni dann raus.
Odine sah fragend zu Frank und dieser antwortete.
„Eines der Opfer war die damalige Partnerin von Toni. Sie hat den Mordversuch knapp überlebt.“, antwortete Frank.
Odine nahm einen kräftigen Schluck von ihrem Bier und schaute die beiden dann nachdenklich an. Das war nicht der ernst, oder? War hier immer alles persönlich? Sie stand auf und ging im Wohnzimmer auf und ab. Dann stellte sie Toni die für sie entscheidende Frage.
„Toni, wovor hast Du Angst?“
Entsetzt sah Toni zu Odine rüber. Dann atmete sie tief durch, um ihr zu antworten.
„Davor, daß ich nicht genug bin. Daß ich nicht genug Kraft habe, denjenigen, den ich liebe, zu schützen, daß ich nicht immer für die Person so da sein kann, wie sie es braucht. Davor, daß ich einfach nicht gut genug bin.“
In Erikas Zimmer hatten die drei Mädels mitbekommen, daß die Diskussion der Großen etwas emotionaler wurde. Und alle lauschten wie gebannt im Nebenraum. Nur Sarah hielt es irgendwann nicht mehr aus. Sie verstand die Unsicherheit von Toni. Und sie begriff, wie es ihr dennoch egal war. Der Mensch, zu dem sie neben Erika und Amelie Vertrauen hatte. Das war Toni und Toni hatte Angst nicht genug zu sein. Das durfte nicht sein. Sarah liefen die Tränen über das Gesicht, ihr wurde klar, daß sie nicht die einzige mit Problemen war. Toni hatte ihre eigenen Probleme. Allerdings dachte Sarah auch, daß dieser Archangel recht hatte. Toni selber hatte ihr mal gesagt, daß nur sie, daß Sarah entscheiden könne, wem sie so sehr vertrauen wolle, daß sie auf diese Person hören würde. Langsam wurde es alles zu viel für Sarah. Sie drehte sich um und ging raus. Sie verließ das Haus und rannte die Straße entlang. Amelie und Erika wollten sie noch aufhalten, doch sie riss sich von den beiden los und lief. Lief, bis ihr die Lungen brannten. Lief, bis sie nicht weiterlaufen konnte. Als sie anhielt, kamen sofort die Tränen wieder und schmiss sich auf das Gras und heulte, sie heulte den Schmerz aus sich heraus. Doch mit jeder Träne wurde der Schmerz schlimmer. Irgendwann merkte sie. wie sich eine Hand um ihre Schulter legte. Es war Tonis Hand. Amelie und Erika waren Sarah gefolgt und Erika war dann zurück zu Archangel gegangen und hatte die anderen geholt.
„Wir lassen Euch dann mal allein. Ich denke, ihr habt 'ne Menge zu bereden.“ , mit diesen Worten von Archangel verließen Odine, Amelie, Frank und Erika den Park am Rande des Flughafens, in den sich Sarah unbewusst geflüchtet hatte.
Toni kniete sich zu Sarah ins Gras und streichelt ihr sanft über den Rücken.
„Ich denke, Frank hat recht. Wir sollten reden?“
„Worüber? Das, selbst wenn ich bereit wäre Dir zu vertrauen? Du nichts von mir wissen willst? Weil Du denkst, ich wäre ein Wrack?“, keifte Sarah Toni an.
Doch kaum, daß sie diese Worte ausgesprochen hatte, kamen die nächsten.
„Sorry, ich weiß, Du hast eigene Probleme, die Du bewältigen musst. Tut mir leid.“
„Entschuldigung angenommen, Sweetheart.“, lächelte Toni und fuhr fort. „Aber eines sage ich Dir, sollten wir zwei wirklich eine Beziehung führen musst Du mehr auf deinen Tonfall achten.“
„Sonst was?“, grinste Sarah.
Kaum hatte Sarah diese Frage gestellt, spürte sie auch schon den Schmerz einer flachen Hand auf ihrem Po. Verdammt, das tat selbst in der Jeans der Airforce weh.
„AUA!“, schrie sie auf.
„Gut, so war es gedacht, little Miss!“. erwiderte Toni.
„Du würdest nicht wirklich, oder?“, entgeistert sah Sarah Toni an.
„Doch ich würde, glaub mir, und ich würde es jedes Mal wieder tun, sobald Du Dich im Ton vergreifst.“
Sarah schluckte. Sie würde sich bestimmt nicht oft im Ton vergreifen, das war nicht ihre Art, aber zurzeit war sie einfach aufgewühlt. Zu sehr neben der Spur.
„Tut mir leid. Wirklich.“
„Vergeben und Vergessen.“, erwiderte Toni und öffnete ihre Arme.
Sofort kuschelte sich Sarah bei ihr ein und genoss Tonis Wärme.
„Toni?“, fragend sah Sarah Toni an.
„Ja, Kleines?“, Toni erwiderte den Blick mit einem sanften Lächeln.
„Seit Ihr mich gefunden habt. Ich hab’ das Gefühl, ich bin im freien Fall. Ich suche nach Halt. Aber niemand ist da, der mich in den Arm nimmt und sagt, daß alles gut wird. Ich hab’ Angst vor dem Aufprall.“, wieder begannen die Tränen bei Sarah zu laufen. Und Toni zog sie wieder in ihre Arme.
„Ich bin da und fange Dich auf, Kleines. Versprochen.“
Irgendwann beruhigte sich Sarah ein wenig und Toni fragte sie, ob sie nicht nach Hause gehen wollten. Sarah nickte nur stumm und die beiden gingen in Tonis Bungalow.
Ich hoffe ihr hattet soviel Spaß beim Lesen, wie ich ihn beim Schreiben hatte.
Liebe Grüße