Story - Die Auktion
- I -Die Gerüche, die Geräusche, die Gesichter. Sie alle verschmelzen zu einer einzigartigen Masse und schaffen eine wohlige und bekannte Stimmung. Ein Flair umhüllt diesen Ort. Ich kann spüren, wie es sich einem Mantel gleich um meine Schultern legt um mich einzuhüllen. Die gesamte Szenerie breitet sich vor mir aus wie ein endloses Meer. Sie durchdringt jede Pore und erfüllt mich mit einer Ruhe, die all jenen Lärm, jedes Stöhnen, jeden Schmerzenslaut nicht nur übertönt, sondern von eben jenen Eindrücken zehrt und wächst. An Orten wie diesen stirbt der Alltag und gebiert Klarheit.
Das Prickeln, das meinen Nacken herunterlief, verebbt langsam und trägt die kurze Gänsehaut davon, die meine Haut unlängst befiel. Mein Blick ist starr auf die kleine Bühne gerichtet, auf der eine Auktionatorin nach vorne tritt um das nächste Exponat anzukündigen. Meine linke Hand krallt sich für einen kurzen Moment in das sanfte Leder des Sessels unter mir. Die Stimmen um mich herum sind längst verstummt um den Worten der in Leder gehüllten Frau auf der Bühne zu lauschen. Es mögen 80 Gesichter sein, die sich heute hier einfanden um dieser Auktion beizuwohnen. Noch kurz führt meine rechte Hand ein Glas an meine Lippen. Das süße Aroma des Amarula explodiert in meinem Mund, während du an einer Kette nach vorne gezogen wirst.
Selbst in diesem Moment der Erniedrigung beklatsche ich deine demütige Anmut im Geiste. Wie könnten sich Augen an diesem Anblick je satt sehen? An deinem Halsband wurde eine Kette befestigt. Deine Hände sind hinter deinem Rücken zusammengebunden worden, doch statt Handschellen, wie sie die anderen Exponate an diesem Abend trugen, wurden sie mit Jute fixiert. Alles andere würde für uns beide einen Frevel darstellen! Deine Augen sind hinter einer Binde verborgen, weshalb du ob des Zuges an der Kette kurz wankst. Mir ist bewusst, dass diese kurze Regung nicht nur deiner temporären Blindheit geschuldet ist. Du bist nervös. Auch wenn du beinahe 20 Meter von mir entfernt auf dieser Bühne stehst, kann ich es beinahe schmecken. Deine Stirn zieht sich kurz kraus. Deine Zungenspitze neckt für den Bruchteil eines Momentes dezent über deine Oberlippe. Als du es bemerkst beißt du in einem Schamreflex auf sie. Diese Regung ringt mir ein Schmunzeln ab. Ja, du bist nervös. Gleichzeitig bist du hochgradig geil. Deine Nippel sind nicht aufgrund der wohligen Temperatur in diesem Raum keck aufgerichtet. Deine Schamlippen sind nur dezent gerötet. Fremde würden diesen Umstand vermutlich übersehen. Ich tue es nicht. Würde ich nun einen Finger in deine Fotze führen, er wäre klitschnass wie an jenem Tag als du das erste Mal nackt vor mir standest. Diese Mischung aus Scham, demütigender Reduktion deines Wesens, Neugier und Hilflosigkeit, lässt dich fast auslaufen. Mir ist bewusst, dass dir das in der Vergangenheit oft peinlich war, während ich es liebte wie du genau in diesen Momenten der sexuellen Überreizung schmeckst.
Deine Haut schimmert leicht unter dem Licht der Bühnenbeleuchtung während die Auktionatorin dich vorstellt. Deinen Namen nennt sie nicht. Heute hast du keinen Namen. Du bist Nummer 13, meine Glückszahl. Damit bist du das letzte Exponat des Abends. Es war mir wichtig, dass du nicht als erstes auf die Bühne geführt werden würdest. Es dauerte beinahe 1,5 Stunden ehe du dran warst. So lange verharrtest du mit verbundenen Augen. So lange musstest du den anderen Auktionen lauschen. So lange hatten die anderen Präsentatoren Zeit dich vorzubereiten und schmoren zu lassen. Du solltest dich wie ein Objekt fühlen, denn nichts anderes bist du an diesem Abend. Hat dich einer von ihnen hinter der Bühne gefickt? Ist deine Fotze deshalb leicht gerötet? Der Gedanke ringt mir ein neuerliches Schmunzeln ab. Er zieht bis in meine Lendengegend und lässt meinen Schwanz hart werden. Spontan hoffe ich, dass er dich gefickt hat. Gespielt hat niemand mit dir. An deiner Haut sind keine Spuren zu sehen. Das hatte ich auch nicht angenommen. Es hätte die Illusion der Makellosigkeit gebrochen. Und makellos stehst du nun dort auf der Bühne mit jener leichten Gänsehaut, die zu sehen ich so genieße.
Bei der Vorstellung, dass du hinter der Bühne benutzt wurdest zieht es in meinem Magen. Dieser leichte Klumpen ist an Abenden wie diesen allgegenwärtig. Doch ist es nicht jenes Gefühl, dass die Haut vom Fleisch löst und uns verletzlich in Salz tränkt. Es ist nicht jenes Gefühl, dass uns wie ein verwundetes Tier dazu bringt nach den Händen zu schnappen, die uns nah sein wollen. Die Eifersucht ist kein Bestandteil dieses Gefühls. Das war früher anders. Das wissen wir beide. Verlustängste und Unsicherheiten, die Sorge zu verlieren was ich liebe, klopften gelegentlich an die Tür meines Verstandes. Sie säten Gift und ließen Felder des Vertrauens verdorren, ehe sie sie mit Salz tränkten, auf dass auf dieser Erde nie wieder eine Knospe erblühen möge. Heute ist jenes Gefühl fort. Was in meinem Magen keimt ist das souveräne Gefühl der Neugier, der Aufregung, eines Fiebers, welches von der ekstatischen Frage angetrieben wird was wohl heute mit dir passieren wird.
All diese Gedanken durchfluten meinen Geist, getränkt von all den Möglichkeiten die sich ergeben könnten. Wird man dich nur ficken? Wirst du geteilt, wie ich dich gerade indirekt teile? Landest du bei einem Sadisten und kehrst später voller Spuren zu mir zurück? Ich lausche den ersten Geboten und betrachte die dazugehörigen Gesichter. Da ist eine Frau, deren Begleitung ein Halsband trägt. Dann sehe ich einen großen kahlen Mann, der seinen Körper nur von Lederriemen bedecken lässt. Ein weiterer jüngerer Mann im Anzug hebt ebenfalls seine Hand. Neben ihm sehe ich einen Koffer und kurz erinnere ich mich an seinen Kink. Nadeln wären etwas Neues für dich. Ihm sind meine Daumen innerlich just am meisten gedrückt. Die Gebote gehen hin und her. Ein kleiner und kurzer Wettstreit zwischen dem Anzug und einer großgewachsenen Frau in einem Lederharness entsteht. Mit Frauen spieltest du bisher selten. Auch dieses Ergebnis hätte etwas für sich.
Einen Aufpasser brauchst du in der Regel nicht. Ich bestehe nicht darauf permanent dabei zu sein, wenn du bespielt wirst oder mit jemandem fickst. Von dieser Regel gibt es Ausnahmen. Eine solche Auktion ist eine dieser Ausnahmen. Doch bin ich hier eher stiller Beobachter, der dir stumm als Anker dient. Auch wenn ich dich nicht anfasse bist du mein. Auch wenn du meine Worte nicht hörst, so bin ich bei dir. Dies ist unsere Erfahrung. Wir teilen sie. Mein Einfluss ist die Kinkliste, die ich ebenso für dich ausfüllte wie ich es mit der Tabuliste tat. Damit ist dir gewiss, dass keine Grenzen überschritten werden, die du überhaupt nicht überschreiten möchtest. Ebenso verbleibt die Unsicherheit, was ich genau nicht ausschloss, was ich von all jenen Dingen die du noch nie, oder nur ansatzweise, kennenlerntest als Kink notierte. Natürlich würde ich nie etwas vermerken, das dir unheimlich erscheint. Doch weiß ich, dass es bei dir zwei Definitionen des Wortes „unheimlich“ gibt. Du kennst Unheimlich als etwas, dass dir wirklich Unbehagen bereitet. Dieses Unheimlich definiert klare Grenzen. Dann gibt es eine Form des Wortes Unheimlich, dass deine Fantasie beflügelt. Es umfasst Dinge, die alleine zu tun du nicht von dir aus bereit wärst, die dich aber dennoch reizen. Sie reizen dich, wenn man deine Hand ergreift und dich begleitend über jene Unsicherheitsgrenze auf neues Terrain führt. Nur jemand der dir wahrlich nahe steht mag diesen Unterschied erkennen können.
Ein neuer Bieter steigt auf den letzten Metern ein und lenkt meine Gedanken kurz fort von dir. Ich höre die Worte der Auktionatorin. Die Frage ob dies das letzte Gebot sei dringt durch den Raum. Mein Gesicht formt ein Lächeln. Der letzte Bieter gewinnt die Auktion. Er ist es, der dich für den heutigen Abend ersteigert. Ich kenne das Gesicht, das zu seiner bietenden Hand gehört. Du kennst es auch. Die Gewohnheit hat gewonnen. Was du heute erleben wirst kennst du bereits und doch wirst du den Abend als befriedigend empfinden. Gewohnheit ist nichts schlechtes, schon gar nicht wenn dein innerster und stärkster Fetisch bedient wird. Mir ist klar, dass es für dich nichts erregenderes gibt als einen guten Seilfick. Der ist dir nun überraschenderweise garantiert worden, auch wenn du, blind wie du momentan bist, noch nichts von deinem Glück weißt. Erneut rinnt flüssiges Gold über meine Zunge und reizt meinen Gaumen auf süß-liebliche Art. Kurz überlege ich, ob ich aufstehen und dem uns beiden bekannten Rigger sagen soll er möge deine Augenbinde lassen wo sie ist. Dann besinne ich mich eines Besseren. Ich werde nicht eingreifen. Ich habe dich nicht ersteigert. Mein Einfluss am heutigen Abend wird subtiler und nicht direkter Natur bleiben.
Als du von der Bühne geführt und deinem Käufer überreicht wirst sind meine Züge eingefroren. Mit Wohlwollen und Erregung sauge ich jenen Moment in mich auf an dem er dich übernimmt. Seine Hand berührt deine Haut und gleitet über deinen Bauch tiefer. Ein kühles Grinsen rinnt mir über das Gesicht als mir offenbar wird, dass nun auch er weiß wie feucht du für ihn bist.
- II -
Ruhigen Schrittes nähere ich mich dem abgetrennten Raum. Es sind Stunden vergangen. Vielleicht waren es sogar Tage. Möglicherweise verstrichen gar ganze Winter, in denen ich ausharrte. Die Auktion setzte sich fort, doch während ich weiteren Geboten lauschte, weitere nackte Körper taxierte, galten meine Gedanken all jenen Dingen, die während dieser Zeit außerhalb meines Blickes geschehen mussten. Einige weitere Exponate wechselten zu ihrem temporären Besitzer. Manche davon wurden unmittelbar vor unser aller Augen ausgetestet und benutzt. Andere verschwanden wie du in abgetrennte Räume.
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„Wirst du denn nicht eifersüchtig?“ Der Klang deiner Stimme hallt in meinen Gedanken.
„Warum sollte ich?“ Meine Antwort war offen und neugierig. Ja, die Frage nach der Eifersucht und ihrer Definition stellte ich mir in der Vergangenheit oft selbst. Deine Augen suchten die meinen als wir dieses Gespräch führten. Kurz pressten sich deine Lippen aufeinander, während sich deine Stirn dezent furchte. Ich sah, dass du überlegtest wie genau du dieses Thema angehen solltest. Dein nachdenklicher Gesichtsausdruck brachte mich zum Lächeln, was du als Spott misszuverstehen drohtest. „Was?“ Deine Stimme war leicht gehoben. Keine Streitsucht war darin zu finden, sondern Unsicherheit. Du fühltest dich ertappt. Sanft schüttelte ich meinen Kopf, während ich den deinen mit der rechten Hand umfasste und an mich heranzog. Einem sanften Kuss auf deine Stirn folgend sagte ich dir, dass alles in Ordnung sei. „Ich mag, was ich hinter deiner Stirn sehe.“ Erneut verzogst du dein Gesicht und antwortetest auf jene leicht spöttelnde, das Gespräch in eine überspitzte Richtung lenkende, Art die jene leichte Unsicherheit ob des Themas nur noch unterstrich. „Mein Gehirn?“ Dass du die Antwort nicht ernst meintest sah ich in deinen Augen die du, den Kopf noch immer leicht gesenkt, zu mir aufgerichtet hieltest. Ich entschied dir eine konkrete Antwort zu geben. „Eifersucht kenne ich. Ich war lange Zeit eifersüchtig und hätte mir diverse Szenarien nicht vorstellen können. Lange Zeit hielt ich Eifersucht für etwas, das entsteht, wenn nicht genügend Vertrauen da sei. Damit ist jedoch die Person, auf die man eifersüchtig ist, beziehungsweise wegen der man eifersüchtig ist, plötzlich in der Pflicht.“ Mein Kopf schüttelte sich andeutungsweise, ehe ich fortfuhr. „Heute sehe ich, dass das Unsinn ist. Eifersucht ist ein Gefühl, dass mich früher aufgrund von Verlustängsten ergriff. Diese Verlustangst ergab sich, weil ich fürchtete nicht zu genügen. Wenn ich nicht genügte, würden sich diejenigen von mir abwenden, die ich liebe. Aus dieser Unsicherheit ergab sich Eifersucht. Am Ende habe ich nur gehofft, dass man mich nicht für unwürdig halten und verlassen würde. Heute glaube ich, dass es vielen Menschen im Kern so geht, wenn sie von Eifersucht sprechen.“
Meinen Kopf hob ich leicht an als ich spürte, dass du deine Stirn an mein Kinn zu lehnen suchtest. „Und was ist mit positiver Eifersucht? Kann Eifersucht nicht auch etwas Gutes haben? Ich meine ‘was wertschätzendes? Wenn man keine Eifersucht hat bedeutet das doch, dass einem der Mensch egal ist, oder?“ Leise brummte ich zunächst verneinend, ehe ich mit ruhiger Stimme zu einer Entgegnung ansetzte. „In dem Kontext mag ich den Begriff der Eifersucht trotzdem nicht. Wenn ich eifersüchtig wäre wann immer du dich mit jemand anderem triffst, vielleicht sogar spielst oder fickst, dann wäre die Ursache stets noch immer meine Verlustangst, also die Sorge, dass du dich fremdverlieben könntest oder feststellen würdest, dass diese Person eigentlich ‚besser‘ sei als ich und du ihr dann mehr Zeit und Emotionen widmen könntest als mir, beziehungsweise mich sogar verlässt. Du kannst dich aber auch auf der Straße, bei deiner Arbeit, oder sonst wo in jemand anderes verlieben. Ich müsste dich ja faktisch einsperren. Also nicht auf die angenehme Art, sondern wirklich wegsperren. Und jemand ‚besseres‘? Es gibt Millionen Menschen, die in allem was ich tue besser sind als ich. Es wäre total größenwahnsinnig von mir anzunehmen, dass dem nicht so wäre. Es gibt Menschen die besser ficken, bessere, oder sagen wir ‚andere‘, SM-Sessions bieten, die einen größeren Schwanz haben, die besser Fesseln, die…du weißt schon was ich meine. Wenn wegen so etwas unsere Beziehung irgendwann einmal endet, dann wäre sie vermutlich aus den falschen Gründen überhaupt erst entstanden.“
Als ich spürte, dass du deinen Kopf zu heben suchtest habe ich meinen etwas zurückgezogen. Unsicher hast du mich angesehen. „Aus den falschen Gründen? Was meinst du?“ Ich wollte dir nicht vor den Kopf stoßen als ich, wie es mir manchmal passiert, so scheinbar unemotional und analytisch daherredete. „Damit meine ich,“ setzte ich an „dass ich weiß, dass du nicht bei mir bist, weil du nur an bestimmten Dingen interessiert bist, die ich dir vermeintlich zu bieten habe, sondern weil ich der Mensch bin, der ich bin. Denk an den Danger Dan Song ‚Trotzdem‘. Das meine ich. Da gönne ich dir lieber Erlebnisse, statt sie dir zu neiden und in Eifersucht zu ertrinken. Und natürlich wäre ich pissig, wenn du irgendetwas hinter meinem Rücken tun würdest. Natürlich würde das unendlich schmerzen und mich verletzen. Aber ich vertraue dir. Ich muss mir keine endlosen Sorgen machen. Meine Fehler sind mir vermutlich weit mehr als dir bewusst, denn ich überanalysiere und überreflektiere mich ständig. So viel könntest du mich gar nicht infrage stellen und kritisieren, wie ich es selbst tue. Das gehörte schon zu mir als wir uns kennenlernten. Du kennst mich gar nicht anders. Und du weißt, dass das nicht mit einem Mangel an Selbstbewusstsein oder Selbstvertrauen zu verwechseln ist. Du bist hier. Warum sollte ich mir also Sorgen machen, wenn dich jemand anderes ordentlich durchfickt, solange wir es abgesprochen haben und zueinander ehrlich sind?“
Deine Wangen wurden leicht rot als du deine Augen verdrehtest. Ich mochte die direkte Sprache schon immer. Dir kam sie so nie über die Lippen, war sie gar in einer schambehafteten, dennoch erregenden, Weise unangenehm. Unser Gespräch endete mit einem Kuss. Ein Kuss, der Gewissheit, Intimität, Verbundenheit und Vertrauen ausdrückte.
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Als ich den kleineren abgetrennten Raum erreiche, in den dein Käufer dich geführte hatte, höre ich eine einzelne Person zweimal klatschen. Wieder jemand, der eine intime, wenn auf vor Publikum durchgeführte, Bondagesession mit einer Show verwechselt. Dein Rigger ist kein Pilot und er hat auch gerade kein Flugzeug gelandet. Das Klatschen erstirbt so schnell wie es einsetzte, als offenkundig niemand miteinzustimmen gedenkt. Im Türrahmen stoppe ich meine Schritte und blicke in den Raum. Etwas mehr als ein halbes Dutzend Personen stehen oder sitzen hier. Ihre Leiber säumen das Zentrum des Geschehens und damit dich, deinen Körper, deinen Käufer und den Hängepunkt von dem du scheinbar just herabgelassen worden bist. Ich sehe diverse Seile auf dem Boden verstreut. Auf einer Decke sitzend schmiegt sich dein Rücken an deinen Partner. Dieser hat seine Arme um deinen nackten Leib geschlungen und hält dich fest. Er fängt dich gerade auf.
Ein Teil in mir bedauert es, dass ich die gesamte Session verpasste. Ein anderer Teil wollte genau dies. Er wollte den Eindruck deines makellosen Körpers, der zum Zeitpunkt der Auktion lediglich mit einem leichten, der Nervosität geschuldeten, Schweißfilm bedeckt war, bewahren um nun diesen neuen Eindruck als Vergleich aufsaugen zu können: Dein Gesicht und deine Haut sind gerötet, letztere mit Seilspuren verziert und verschwitzt, deine Haare sind zerzaust und die Lippen trocken. Ihr habt keine Eile und ruht dort gemeinsam, während ich jede Nuance deines Körpers und der Emotionen, die von ihm widerhallen, über den Raum hinweg beinahe inhaliere. Meine Gedanken kehren kurz zurück zu unserem einstigen Gespräch, als ich mir des Knotens in meinem Magen nur allzu gewahr werde. Er war da, seitdem wir zu diesem Auktionsevent ankamen. Er verstärkte sich, als du hinter die Bühne geführt wurdest. Er verdichtete sich umso mehr, als du ersteigert worden bist und er hielt während all der langen Minuten an, die du hier, fern meiner Augen, diese Session genießen durftest. Doch ist es keine Eifersucht. Es ist Spannung. Die Spannung des Momentes, die Aufregung des Seins, die Erregung einer gemeinsamen und geteilten Freude über diesen Abend und über dieses Erlebnis.
Nach einigen langen Momenten hebt dein Käufer den Blick zu mir. Er trifft mich leicht fragend. Wir kennen uns, weshalb ich diese Regung zu deuten vermag. Wie auch schon früher an diesem Abend lehne ich es strikt ab mich einzumischen. Du liebst dieses Gefühl des Ausgeliefertseins wie ich es liebe dich aktiv auszuliefern. Mir ist jedoch ebenso bewusst, dass eine kurze Aufmerksamkeit dieses Szenario nicht brechen wird. Also nicke ich kurz, drücke mich vom Türrahmen ab an den ich mich, ohne es bewusst bemerkt zu haben, anlehnte und gehe auf euch zu. Dein Käufer macht keine Anstalten sich zu bewegen, womit er verraten hätte, dass etwas passieren wird. Ich trete näher und bleibe vor deinen Beinen stehen, die du im Sitzen ausgestreckt hast. Mein rechter Schuh trifft deinen nackten linken Fuß nur seicht, doch du wirkst als hätte man dich aus einer Trance gerissen. Dein Kopf zuckt leicht hoch, hebt sich von der Schulter an der sie gerade noch lehnte, während neue Spannung deinen Körper erfüllt. Nach einem Moment legst du dein Bein zur Seite und öffnest auch das andere dezent und vorsichtig, auf dass ich nähertreten kann.
Ein dezentes Lächeln legt sich auf meine Züge. Wie willfährig du doch sein kannst. Du, die Verborgene, die ihre Sehnsüchte im Alltagsstress und im sonstigen Alltagsleben zu verbergen vermag. So berühren meine Knie zwischen den deinen den Boden, ehe meine rechte Hand sich nach deiner Wange ausstreckt. Sanft berühre ich deine Haut. Zuerst zuckst du unsicher und berührst die Unterseite deiner Oberlippe kurz mit der Zunge, wie du es als Nervositätsreflex gewohnt bist. Mein Daumen streicht sachte über deine Haut und beinahe augenblicklich spüre ich, dass die Nervosität von dir abfällt. Auf den Knien rücke ich ein kleines Stück näher und lege meine linke Hand unterhalb deines Oberarmes an deine Seite. Du folgst dem stummen Signal und beugst dich vor. Meine Hand lasse ich von deiner Wange an deinen Hinterkopf wandern, ehe ich dich näher an mich heranziehe. Deine Erregung ist nicht nur spürbar. Ich kann sie sprichwörtlich riechen. Den Menschen in deinem Rücken ignoriere ich, ohne ihm die vorherigen Momente mit dir zu neiden. Auch ohne bewusst darauf zu achten kann ich erkennen, dass er seine Hose loswurde. Doch spielt dies nun keine Rolle als dein Kopf sich an meine Brust bettet.
Deine Hände bleiben an deiner Seite. Unaufgefordert würdest du mich in einer solchen Situation niemand berühren oder gar umarmen. Ich lehne das Kinn zunächst auf deinen Kopf, halte dich fest und lasse dich das Schlagen meines eigenen Herzens hören. Obschon ich mir sicher bin, dass deines intensiver hämmern muss als das Meine, kann ich meinen eigenen erhöhten Puls nicht leugnen. Während meine linke Hand deinen Rücken hält und das Gefühl deiner warmen Haut genießt, nehme ich die andere Hand von deinem Hinterkopf und führe sie an dein Kinn um selbiges zu heben. Zunächst empfängt deine Stirn einen sanften Kuss. Du magst diese dezente Geste der Verbundenheit. Dann hebe ich dein Gesicht weiter an, bis meine Lippen die Deinen berühren.
Für einen Moment empfängst du meinen Kuss lediglich passiv und genießend. Dann erwiderst du ihn selbst innig. Ein Kuss, wie jener im privaten. Ein Kuss, der mir zuspricht. Ein Kuss, der das Gift des Alltags, welches beständig auf mein Haupt tropft, hinwegwischt. Die Welt ist Irrsinn. Ihre Ordnung fällt. Doch die Wölfe sind in die Wälder zurückgekehrt. Die Sonne brennt auf uns hernieder, verglüht alte und überholte Paradigmen und soziale Zwänge, ehe ein eiskalter Winter Klarheit und Erneuerung bringen wird. Und immer bist du da, ruhst an meiner Seite und bietest Beistand, wie ich ihn dir zu bieten vermag.
Sanft löse ich meine Lippen von dir. Erneut streiche ich kurz über deine linke Wange, während ich die Hand von deinem Rücken löse. Dieser Abend ist noch nicht vorbei und ich bin nicht gewillt ihn vorzeitig zu beenden. Du wirst wieder aktiv mir gehören, doch wird dieser Moment erst in einigen Stunden kommen, denn für heute Abend bist du verkauft. Und so entlasse ich dich sachte und beobachte, wie du dich erneut gegen deinen Käufer lehnst. Diesem nicke ich knapp zu, ehe er seine Arme abermals um dich legt.