@****im
Genau so ist es: es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Sadisten und Masochisten gut zusammenpassen würden.
Ein "echter Sadist" ist erst dann zufrieden, wenn der Masochist lange ausgestiegen ist und den Schmerz nicht mehr erotisieren kann.
Da sind wir dann aber eindeutig auch in den pathologischen Bereichen des BDSM.
Ein "pathologischer" Sadist möchte in der Regel den masochistischen Part brechen, um sich selbst spüren zu können. Er will das Leid des anderen sehen, oft weil er das eigene Leid eben nicht sehen und v. a. nicht spüren möchte. Er wird dabei aber den masochistischen Part irgendwann überfordern und ihn kaputt machen. Das ist ja auch sein Ziel. Wenn er dieses aber erreicht hat, wird die dadurch entstandene Leere auch ihn wieder einholen und der Kreislauf beginnt mit einem neuen "Opfer" wieder von vorn. Dabei wird dann der zu Beginn erneut in den Himmel gelobte "perfekt zur sub passende, konsequente und souveräne Dom", plötzlich wieder zu einem unempathischen, "toxischen Narzissten", die nun allenthalben geradezu inflationär auftauchen.
Genauso gibt es aber meiner Erfahrung nach auch "pathologische" Masochisten, die sich auch nur spüren können, wenn ihre Grenzen eindeutig überschritten sind. Die möchten gar nicht, dass man bei "Bitte hör auf!" aufhört, denn da geht deren Bestrafungswunsch ja erst los.
Solche (moralischen) Hardcoremasochisten können aber wiederum einen "nichtpathologischen Sadisten" an dessen Schmerzgrenze bringen und ihn so "abnutzen", dass er zu einer "stumpfen Rasierklinge" wird.
Ich wurde z. B. dann ziemlich unemotional entsorgt, weil mir vorgeworfen wurde, nicht "konsequent" genug gewesen zu sein. Sie könnte sich dann aber nicht auf mich verlassen und sie würde sich unsicher bei mir fühlen, denn ich wäre für sie mit meiner Zurückhaltung "kein Fels in der Brandung".
Ich habe aber heute für mich gelernt, bei solchen Leuten die Beine in die Hand zu nehmen und zu rennen.
Die Frage der TE nach sehr masochistischen Menschen kann ich vielleicht so versuchen zu beantworten:
Ein "nichtpathologischer" Masochist ist meiner Meinung nach z. B. nicht wütend auf sein schlagendes Gegenüber, wenn der "normale" menschliche Regungen zeigt und ist dann auch nicht ent-"täuscht", wenn der Top zu Beginn der Beziehung aus Vorsicht oder Zurückhaltung "zu früh aufhört". Er hält ihn dann nicht für ein "Weichei", sondern traut sich stattdessen, gemeinsam mit dem Top Grenzen zu erarbeiten, indem
er offen und ehrlich genau diese Grenzen mit dem Top bespricht, statt nur zu hoffen, dass der geeignete perfekte Super-Duper-Dom den Masochisten schon wortlos "lesen" könne. (Was für ein Oxymoron!).
Er fühlt sich dann auch gerade NICHT unsicher, sondern im Gegenteil gut aufgehoben und kann "sicher" sein, dass der "Sadist" es eben nicht übertreibt. (Die ernstgemeinte Frage für mich ist nur, ob der dann tatsächlich sadistisch ist?).
Ich kenne das von mir, dass ich durchaus immer wieder erlebt habe, dass meine masochistische Partnerin mich an meine Grenze gebracht hat, wo ich aufgehört habe. Und dann haben manche mir klar gemacht, dass ich "ruhig" weitermachen könne. Das waren unglaublich intensive Momente auch für mich als aktiven, weil ich da extrem intensiv genau auf sie, aber eben auch auf mich geachtet habe. Und da sind eben Grenzen erweitert worden, aber halt in dem Fall auch meine als Top. Für die sub war das in dem Augenblick dann sicher nicht so ein beglückender submissiver Moment, aber dafür wurde sie dann später in der Beziehung schon "entschädigt".
Ich höre da manchmal noch die Stimmen, die dazu behaupten, ein Top müsse aber im "Flow sein" und dann müsse er nicht auf den bottom achten.
Das hat mich früher durchaus verunsichert und mich an meiner "Dominanz" zweifeln lassen.
Heute berührt mich das aber nicht mehr. Ich sehe meinen "Sadismus" ganz klar als Reaktionsfetischismus. Und es ergibt sich schon aus dem Wort, dass ich dazu bei meinem "Opfer" sein und auf es acht geben muss. Ohne diese besondere Achtsamkeit käme ich aber auch gar nicht in meine Faszination für den Moment, in dem die Reaktion der Masochistin für mich der Kink ist. Und dabei ist es mir egal, ob sie schon nach dem 6., oder erst dem 20. Schlag, "Oh Sch..., dass tut soooo weh!" sagt, oder sich wegdreht. Ich muss da kein Pensum abarbeiten, oder bestimmte Instrumente benutzen, oder sogar sub extra "bestrafen", wenn sie das heute "nicht für mich aushält!" Das finde ich für mich heute eher gruselig.
Und meine sub wiederum weiss, dass ich durchaus bereit bin, auch mal weiter zu machen, obwohl ich mich im ersten Moment vielleicht doch ganz schön von ihr gefordert fühle (und nein, dass ist für mich kein topping from the bottom, bzw. ich habe heute genug "Dominanz", dass mir solche Sprüche egal sind😁).
Sie weiss aber dadurch eben auch, dass ich so genau bei mir selber hinschaue, dass ich eine "Überforderung" bemerke und zwar nicht nur bei mir, sondern eben auch bei ihr.
Und da kommen wir wieder zu der Frage, was ist ein sehr masochistischer Mensch?
Sie weiss, dass sie eine ziemlich fragwürdige Biografie mit leider erheblich gestörten Beziehungspersonen hat, die (früher) einen starken Selbstneglect bei ihr ausgelöst hat. Den hat sie später als Erwachsene von einem "pathologischen" Sadisten bedienen lassen, bis sie eben gemerkt hat, dass der sie kaputt geprügelt hätte, wenn sie daraus nicht ausgestiegen wäre. Das war ein sehr mutiger und schmerzhafter Schritt und dafür bewundere ich sie noch mehr, als für ihre "Nehmerqualitäten".
Denn ich habe andere Frauen kennen gelernt, die das nicht konnten, die aber mich für ihr schlechtes Gefühl verantwortlich machen wollten.
Sie hat mir dann auf meine Besorgnis hin ehrlich "gestanden", dass es vielleicht einmal Momente geben könnte, in denen sie von mir möchte, dass sie sich "spüren" will, indem ich sie wirklich "unerotisch" hart schlage.
Ich meinerseits habe ihr gestanden, dass mich das bei aller "normalen" Zurückhaltung auch echt anturnt und ihr versprochen, dass ich mich da an ihre Bedürfnisse - aber im Kontakt mit meinen persönlichen Grenzen - heran tasten werde - und habe das Versprechen auch eingehalten.
Tja, und dabei ist herausgekommen, dass sie mir heute sagt, dass ich mir keine Sorgen mehr machen müsste, dass ich "zu weich" mit ihr umginge.
Aber sie hat diese "Bemühungen" von mir durchaus auch als "Fürsorge" für sie (an-)erkennen können, so dass sich ihr Selbstneglect wiederum langsam auflöst und die monströse "Bestrafungssession i. S. eines echten SSV", vor der ich mich immer gefürchtet habe, weil ich das gar nicht kann, bisher von ihr gar nicht abgefordert wurde, weil sie das gar nicht (mehr) braucht.
Stattdessen ist sie ausreichend "bedient", wenn sie bei mir die Faszination in meinen Augen sieht, die ich habe, wenn ich sehe, welchen Grad an körperlichem Schmerz sie einstecken kann.
Und sie ist wiederum fasziniert, wenn sie bei solchen Gelegenheiten sieht, welchen Grad an Sadismus (?) sie aus mir herauskitzeln kann und freut sich NACH solchen Sessions wie ein kleines Kind, zu welchen "Schandtaten" ich mich (ja im Grunde von ihr) habe herausfordern lassen.
Sie sagt heute, dass ihre anfängliche Einschätzung, dass ich nicht annähernd an ihre Grenzen herankäme, heute einem "gesunden" Respekt gewichen sei und sie nicht mehr ganz so entspannt sei, wenn wir loslegen.
Und ich denke, dass macht eine "richtige" Masochistin aus, dass sie schon auch mit der Vernunft und Achtsamkeit ihres Tops rechnet, auch wenn sie trotzdem (oder gerade) von ihm möchte, dass er sie über ihre Grenze hinaus fordert.
Aber das heisst auch, dass sie ihn eben NICHT als "Rasierklinge" für ein mögliches selbstschädigendes Verhalten miss-braucht,
sondern einen Dom (und NICHT einen pathologischen Sadisten) braucht, der sie und ihre Tagesform (be-)achtet und dabei trotzdem auch auf seine Kosten kommt.
Ich habe einen Job, in dem ich ohne Sanktionsbefürchtungen haben zu müssen, einen pathologischen Sadismus ausleben könnte und dafür nicht nur bezahlt werde, sondern mir vorher sogar rechtswirksam ein schriftliches Einverständnis erteilen lasse.
Ich konnte daher in all den Jahren sehr genau beobachten, ob es mich kickt, einem anderen Menschen Schmerzen zuzufügen. Und ich kann nach vielen Jahren der selbstkritischen Selbstbeobachtung sehr beruhigt sagen, dass das für meine Person nicht zutrifft und dass mir Schmerz-FREIHEIT in meinem beruflichen Alltag große Zufriedenheit beschert.
Und es gab immer wieder Phasen nach Beziehungen, in denen ich mich eben als Rasierklinge missbraucht gefühlt habe, in denen ich diesen "Sche... BDSM" an den Nagel hängen und nichts mehr damit zu tun haben wollte.
Und dann kam eine "richtige" Masochistin und die ganzen Vorsätze schmolzen dahin wie ein Schneemann im Klimasommer. Ich weiss immer noch nicht ganz genau, wieso mich die Doppelstreifen, die ein Rohrstock hinterlässt, so sehr anmachen, oder warum es mich so kickt, wenn ich von ihr Dinge abfordere, von denen ich weiss, dass diese nicht wirklich oben auf ihrer Prioritätenliste stehen.
Aber es ist so und ich weiß durch meine Auseinandersetzung mit meinen "pathologischen Anteilen" heute zum Glück, dass es bei mir nicht (mehr) z. B. mit fragwürdigen Liebesbeweisen, die ich aufgrund alter Kränkungen brauche, oder Tränen zu tun hat, die ich lieber die sub weinen lasse, statt sie mutig selbst zu weinen.
Das betrifft aber bitte schön nur mich. Wie andere das sehen, weiss ich nicht und darüber maße ich mir auch kein Urteil an...