Colonia Dignidad - Paul Schäfer
Ca. 1950 wurde Paul Schäfer, aus dem kirchlichen Dienst, der evangelischen-lutherischen Kirche, in Bayern entlassen.
Vorangegangen waren zunehmende Gerüchte dass der in der Jugendpflege tätige Schäfer Jugendliche und Kinder, die ihm anvertraut waren, körperlich und sexuell, misshandelte.
Wohl um den Ruf der Kirche zu bewahren sah man von einer juristischen Strafverfolgung ab.
Der rhetorisch begabte Pädophilie fand ein neues Tätigkeitsfeld als Prediger wo er schnell eine immer mehr wachsende Zuhörerschaft begeisterte.
Der Baptistenprediger Hugo Baar, verehrte ihn als starke Führungspersönlichkeit, wurde ihm hörig und dadurch seines Predigeramtes enthoben.
Baar schloss sich Schäfer –der nach Baars Aussage eine charismatisch, dämonische Ausstrahlung hatte- an, erst im letzten Abschnitt seines Lebens konnte er sich diesem Einfluss entziehen.
Die beiden missionierten eine urchristliche Lebensweise, gepaart mit dramatischer Auslegung der Apokalypse in grausamsten Szenarien, von ihrer Anhängerschaft forderten sie den Zehnt den zehnten Teil des Einkommens.
Schutz, Geborgenheit und Vergebung sollten die Anhänger nur im Kollektiv, des von Gott berufenen Paul Schäfer, der auserwählt war die Gläubigen zu erretten, finden.
Bald mussten die Anhänger finanzielle Werte, Rentenansprüche sowie sämtliche Einkommen dem Kollektiv übertragen, da nur materielle Enthaltsamkeit zum Seelenheil führen würde.
Schäfer und Baar waren natürlich ausnahmslos Verwalter der Gütergemeinschaft, das Vermögen wurde investiert und angelegt.
Für die nach außen hin glückliche Kommune investierte Schäfer Geld in ein Gemeinschaftshaus, der Unterhalt wurde durch betreiben eines staatlich anerkannten Jugendheimes erwirtschaftet.
Er pachtete auch Lebensmittel- und Tabakwarenläden in denen seine Anhänger unentgeltlich arbeiteten.
Schäfer überzeugte seine Sektenmitglieder sämtliche sozialen Bindungen, außerhalb der Gemeinschaft, zu kappen, denn nur der freie, ungebundene Christ könne Gott dienen.
Durch Beichtzwang, herbeigeführt von scheinheiliger väterlicher Fürsorge, erlangte er Kenntnisse über die intimsten Gedanken und Geheimnisse seiner Anhänger und nützte diese geschickt zur Manipulation.
Wer sich gegen ihn auflehnte oder ihn in Frage stellte, bzw. gegen die Regeln der Gemeinschaft verstieß, wurde auf drastischte, demütigenste und erniedrigenste Art und Weise bestraft.
Der Verkünder sexueller Enthaltsamkeit verging sich selbst sexuell an Kindern, insbesondere an Jungen.
1961 ermittelte die Bonner Staatsanwaltschaft gegen Schäfer, wegen Kindesmissbrauch.
Das Netz der Ermittlungen zog sich immer enger und belastender um ihn, er tauchte ab und floh nach Chile, 200 seiner Sektenmitglieder folgten ihm nach.
Das Haus der Sektengemeinschaft wurde für 900.000€ an die Bundesregierung verkauft, womit Schäfer eine große Finca in Parral (350 Km östlich von Santiago de Chile) erwarb.
Er nannte sie Colonia Dignidad (Kolonie der Würde).
Der chilenischen Regierung gegenüber gab man vor sich um Waisenkinder kümmern zu wollen, beabsichtigt war jedoch der Kolonie ungebundenen, familienlosen Nachwuchs zukommen zu lassen.
In der Anonymität der Kolonie konnte Schäfer seine Manipulation und Unterdrückung weiter ausleben und setzte notfalls mit physischer und psychischer Gewalt die absolute Unterwerfung und Hörigkeit bei seinen Mitgliedern durch.
Jeglicher Widerstandswille der Sektenmitglieder wurde gebrochen, der körperlich und geistig zermürbende Arbeitsalltag betrug 16 Stunden, Ruhetage, Gottesdienste und Gebetsstunden galten mittlerweile als Zeitvergeudung.
Schäfer schaffte eine Maschinerie der Überwachung und der überwacht werden, jeder musste befürchten von jedem diskriminiert zu werden.
Privatgespräche waren verboten, Frauen-, Männer- und Kinderhäuser waren streng getrennt, letztere sehr zum gefallen des pädophilen Schäfers.
Nach und nach glich die Kolonie der Würde einer militärischen Anlage, mit Stolperfallen, Wachtürmen und bewaffneten Sicherheitskräften.
Laut der Medien war das Mustergut ein vorbildlicher landwirtschaftlicher Großbetrieb.
In Zwangsarbeitsähnlichen Zuständen schürften die Mitglieder in Gold- und Titanminen, arbeiteten im Straßen- und Brückenbau.
Als edles Aushängeschild galt ein kolonieeigenes Krankenhaus in dem die verarmte Bevölkerung des Umlandes kostenlos behandelt wurde.
Im Internat der Colonia Dignidad, das letztendlich der Rekrutierung diente, wurden Jungen Obdach und Ausbildung geboten, Klagen über Misshandlungen und Missbrauch der Kinder wurden nicht verfolgt.
Seit 1973 bestanden Absprachen zwischen der Militärdiktatur des Pinochet-Regimes und Schäfer was mittlerweile Gegenstand internationaler Ermittlungen ist.
Selbst deutsche Politiker besuchten die Kolonie, die von der deutschen Botschaft in Santiago unterstützt wurde.
Handwerker der Colonia Dignidad renovierten die Botschaft.
Flüchtende Sektenmitglieder die in der deutschen Botschaft Hilfe erwarteten wurden von dieser zurückgebracht, bis heute wird sich über diese Vorfälle schamhaft ausgeschwiegen.
Dem Sektenführer gelang es international ein positives Bild, deutscher Schaffenskraft, zu vermitteln.
Schäfer, der am 10. März 2005 in Argentinien verhaftet wurde, lebte zuvor 8 Jahre abgetaucht in der Illegalität und wurde umgehend an die chilenischen Strafverfolgungsbehörden überstellt, die Anklage, im Zusammenhang mit der Entführung und Verschwindens des Dissidenten Alvaro Vallejos, erhob.
In Abwesenheit war der Sektenführer von einem chilenischen Gericht in 27 Fällen, sexuellen Kindesmissbrauchs, verurteilt worden.
Des Weiteren erfolgte eine Anklage nachdem die Leiterin der Klinik, Gisela Seewald, gestanden hatte Kinder mit Elektroschocks und Psychoterror gefügig gemacht zu haben.
Seewald und Schäfer sollen acht Kinder, deutscher Abstammung, ihren Eltern entzogen und schwer misshandelt zu haben.
Schäfer wurde zu einer Haftstrafe von 20 Jahren und zu einem Schmerzensgeld von 1,5 Millionen $ verurteilt.
Wegen weiteren Fällen von Körperverletzung, in acht Fällen, wurde Schäfer am 14. Mai 2009 zu weiteren 3 Jahren verurteilt, wieder waren es Kinder, die zwischen 1970 und 1980, im Spital, mit Psychopharmaka misshandelt wurden.
Ebenso laufen Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.
Ebenso wurde in Deutschland gegen Schäfer und Sektenangehörige ermittelt:
- Durch Aussagen des geschädigten Ehepaars Packmor wurden, Mitte 1980, Ermittlungen wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung aufgenommen.
- Ein Frankfurter Rechtsanwalt erstattete 1991 Anzeige gegen Paul Schäfer, wegen Beteiligung bei der Tötung oppositioneller Chilenen in der Colonia Dignidad.
- 1997 wurde ein Verfahren gegen Schäfer wegen sexueller Misshandlung Kinder und Jugendlicher in Chile eingeleitet.