Vor 19 Jahren traf ich einen Menschen, der meinte irgendwann im Gespräch, ich müsse noch eine sehr sehr junge Seele haben.
So völlig frisch geschlüpft und ursprünglich. Vielmehr Aussagen dazu waren aus diesem Menschen nicht heraus zu bekommen. Doch danach beschäftigte mich das Thema.
Haben Seelen ein Alter? Und falls ja, welches Alter hat meine? Und ich habe viel darüber nachgegrübelt.
Zwei Wochen später sprach ein anderer Mensch dieses Thema an. Sie hatte sich mit Numerologie und Energien beschäftigt und folgerte daraus: Ich müsse eine sehr alte Seele haben.
Danach hatte ich doch gar nicht gefragt. Und mit Numerologie hatte sich die erste Person doch auch beschäftigt, kam jedoch zum entgegen gesetzten Ergebnis. Nun sollte meine Seele plötzlich uralt sein? Vielmehr Aussagen dazu waren auch aus diesem Menschen nicht heraus zu bekommen.
Zwei Tage später war ich auf einem Hexen & Schamanenstammtisch. Es war mein erster Besuch dieses Stammtisches. Kurz nach meiner Ankunft fing einer aus der Gruppe an über Seelenalter zu sprechen und fragte mich, ob ich meines kenne.
Das Thema schien wohl gerade in Mode zu sein oder so. Ich verneinte. Es dauerte auch nicht lange und ein paar Menschen schätzen mein Seelenalter: Eindeutig eine Seele mittleren Alters. Vielmehr Aussagen dazu waren aus diesen Menschen nicht heraus zu bekommen. Doch aus den Reaktionen so mancher Gruppenmitglieder schloss ich, dass sie diese Nummer nicht zum ersten Mal mit einem Neuling abzogen.
"Netter Effekt.", dachte ich mir da. "Wenn du mit Menschen über irgendein spirituelles Thema sprechen willlst, dann werf ihnen an den Kopf ihre Seele sei jung, mittel oder alt. Danach kannst du bei den meisten Menschen dein Thema ansprechen und Monologe halten. Die Person wird dir erst mal zuhören und Verständnisfragen stellen, in der Hoffnung, zu erfahren, warum du ihr nun eine junge, mittelalte oder alte Seele zuschreibst. Und mit etwas Glück vergisst die Person sogar den Raison d'Être dieses Gesprächs und lässt sich wirklich auf dein Thema ein - was so gar nichts mit Seelenalter zu tun hat. Aber ohne diesen Einstieg würde dir keiner so lange so interessiert zuhören."
Zumindest bei mir hatte das funktioniert. Und bald darauf überprüfte ich meine Hypothese und fand sie bestätigt. Bei den meisten Menschen funktionierte das. Ich konnte problemlos über Themen referieren, die zuvor von vielen Gesprächspartnern ad hoc abgelehnt worden waren.
Die zuvor erfolgte Rollenzuschreibung "junge Seele" oder "alte Seele" machte das möglich.
Ob man das wirklich tun will - dem Gesprächspartner auf die Art ein Gesprächsthema unterzujubeln - steht natürlich auf einem anderen Blatt.
Aber wenn man davon weiß, kann man solche Gespräche leicht abblocken oder ganz bewusst dem anderen zuliebe den interessierten Zuhörer geben. Es wird ja seinen Grund haben, dass er/ sie unbedingt über dieses Thema referieren mag.
Was meine oben stehenden Fragen anbelangt, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das Alter einer Seele unwichtig ist. Sicherlich gibt es Entwicklungsschritte im Leben, die mit dem Alter zusammenhängen. Und doch macht nicht jeder Mensch jeden Entwicklungsschritt in derselben Reihenfolge. Es gibt immer Abweichungen von der Norm.
Ich zum Beispiel habe mit 33 Jahren einen Rentenantrag gestellt. Nach meinem Vater und vor meiner Mutter. Meine Gesundheit war im Arsch. Meine Finanzen waren im Arsch. Meine Mobilität war im Arsch. Aus dem Erwerbsleben war ich raus und so einige versuchten mir einzureden, ich würde niemals wieder ins Erwerbsleben zurückkehren. Vieles von dem, was ich gesundheitlich noch gekonnt hätte, ging mangels Finanzen oder Mobilität nicht. Ich befand mich in extrem geschwächter Position. Schwach und ohne Nutzen für die Gesellschaft. Um mich herum starben Menschen, die mir lieb waren, auch wenn wir uns noch gar nicht solange kannten. Denn am ehesten fand ich Kontakt zu Menschen, die in einer ähnlichen Lebenslage waren.
Ich würde sagen: Mit dem Thema Altersarmut bin ich durch. Ich habe heraus gefunden, wie ich damit umgehen und das Leben trotzdem genießen kann. Dafür fehlen mir viele andere Entwicklungsschritte, die ein Mensch normalerWeise zwischen seinem 30. und 40. Lebensjahr macht.
Wenn mir nun jemand aufgrund meines Lebenalters was-weiß-ich-was zuschreibt, dann liegt er häufig daneben. Ich kann damit nichts anfangen.
Warum sollte das beim Alter meiner Seele anders sein?
Selbst wenn mir mein Seelenalter bewusst werden würde oder ich - wie so manche von sich behaupten - das Alter der Seelen anderer lesen könnte: Wozu? Hier und jetzt ist das doch völlig unnützes Wissen!