Ich habe für mich ein Modell gefunden, mit dem ich persönlich sehr weit gekommen bin, was meine eigene Weiterentwicklung angeht und ich benutze es auch gerne in meiner Arbeit.
Wut (neben Schmerz, Angst und Freude) kommt dann zum Vorschein, wenn die psychosozialen Grundbedürfnisse verletzt werden, wie z.B. das Bedürfnis, anderen in Beziehungen nahe zu sein, autonom zu sein, liebenswert zu sein, sich zugehörig zu fühlen, sich wohl zu fühlen usw..
Wut ist für mich somit ein Wegweiser. Wenn ich wütend werde, dann bedeutet es für mich, dass etwas in meinem eigenen Wertesystem berührt wurde. Meine persönliche Ordnung ist aus dem Gleichgewicht. Wenn ich Wut verspüre, lasse ich sie kommen. Entweder indem ich in das Fühlen gehe, ganz still, für mich wahrnehmend - und finde im Fühlen heraus, um welchen Wert es mir gerade geht.
Oder, wenn ich im Fühlen nichts wahrnehmen kann, weil es zu sehr zugedeckelt ist und ich nicht so ohne weiteres dran komme, ich gehe lautstark in eine Auseinandersetzung mit meinem Partner (und nur mit ihm, weil ich es mit ihm kann, wir haben uns eine Konfliktstruktur geschaffen) oder mit mir in einen begleiteten Monolog, um an das tiefer liegende Eigentliche heran zu kommen. Dann ist die enorme Energie, die Wut beinhaltet, dazu eingesetzt, "die Fracht zu bergen". Die Erkenntnis kommt darin recht schnell und dann ist von jetzt auf gleich die Wut weg und ich oder wir lachen dann auch darüber und reden dann über das, um was es eigentlich geht.
Schade finde ich, dass Wut zu den Emotionen gehört, die in der Regel als negativ gesehen werden. Wut ist auch geschlechterspezifisch. Männern wird es eher zugestanden, dass sie ihre Wut im Außen ausagieren. Frauen eher nicht. Ich erlebe nicht selten Frauen, die die Fähigkeit, Wut zu empfinden, durch Konditionierungen komplett verschüttet haben und bei denen es nicht leicht ist, sie wieder in diese Empfindung zu führen.
Durch die gesellschaftliche Ablehnung haben sich dann auch Spielarten entwickelt, um Gefühle gesellschaftfähig auszudrücken. Bei der Wut z.B. durch Sarkasmus und Zynismus oder auch feindselige Ironie. Anstatt das zu tun, was für den Körper "gesund" wäre, nämlich die Wut zu fühlen, wird sie lediglich verbal kommuniziert.
Oder aber man agiert sie in destruktivem Handeln aus.
Wut über andere ist für mich Projektion. Der andere ist lediglich Auslöser, der mir meine Werte und ihre Verletzung spiegelt. Das zu erkennen hat mich sehr schnell sehr un-wütend werden lassen. Heute schaue ich teilweise blitzschnell darauf, um welchen Wert es mir geht, so dass das Gefühl Wut nur ganz kurz bei mir da ist.
In meinen Augen zeigt das, was Abraxas genannt hat, das fehlende Fühlen auf. Verarbeite ich Wut auf einer intellektuellen Ebene, dann ist die Wut nicht gefühlt und zeigt sich somit an anderer Stelle sehr impulsiv im Entladen.
Spirituelle Menschen, die sich zum Teil gerne mit den oberen Chakren beschäftigen, weil sie eine Gewichtung in die sieben hinein bringen, z. B. in dem sie selbst ihre unteren Chakren noch nicht geklärt haben, haben dann auch ihre Wut noch nicht vollständig ausgelebt. Und dann kommt meiner Überzeugung nach zu dem genannten Phänomen.