Swinger gehen auf die Barikaden
Ein Artikel aus der WAZDie Swinger gehen auf die Barrikaden. Sie kämpfen für ihr Steinenhaus. Hunderte Unterschriften für den Erhalt des Swingerclubs gibt es bereits. Unterdessen verhandelt die Stadt Hattingen mit den Eigentümern über einen Ankauf der Immobilie. Der würde das vorläufige Ende des Clubs besiegeln. Doch noch ist nichts klar.
Bis auf eines: Die Stadt Hattingen braucht Platz für die Unterbringung von Geflüchteten. Um den zu schaffen, ist auch das Steinenhaus im Hammertal an der Grenze zu Witten in den Fokus gerückt. Per Ratsbeschluss wurde der Verwaltung politisch der Auftrag erteilt, den Ankauf des Hauses zu diesem Zweck vorzubereiten.
„Es ist mehr als nur ein Club, es ist ein Ort der Gemeinschaft und Freiheit“, schreibt User Arne Mann_aus_MSLand, der eine Online-Petition für den Erhalt des Erlebnisclubs gestartet hat. Das bestätigen auch andere Swinger. Unter den Namen Bio84 und TausendMalDu sind zwei Frauen in der Swingerszene unterwegs, die eine Lanze für das Steinenhaus brechen wollen, ihre echten Namen aber lieber nicht öffentlich sehen. „Wir wollen es aus dem Schmuddel-Rotlicht-Image rausholen“, erklären die 39- und 53-Jährige. Denn der Swingerclub sei so viel mehr.
Außenaufnahme des Steinenhaus in Hattingen, in dem ein Swingerclub entstehen soll. In den Fenstern kleben Folien mit Grafiken: sich küssende Liebespaare. Foto am Mittwoch, 13.04.2011 in Hattingen.Foto: Svenja Hanusch / WAZ FotoPool
Außenaufnahme des Steinenhaus in Hattingen, in dem ein Swingerclub entstehen soll. In den Fenstern kleben Folien mit Grafiken: sich küssende Liebespaare. Foto am Mittwoch, 13.04.2011 in Hattingen.Foto: Svenja Hanusch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | Svenja Hanusch
„Es steht dabei gar nicht immer Sex im Vordergrund“, betont die überzeugte Swingerin TausendMalDu. Gesellschaftlich werde groß und breit diskutiert, dass Mobbing und Ausgrenzung kein Thema sein dürften. „Im Mikrokosmos Swingerclub gibt es so etwas gar nicht. Hier gibt es niemanden, der sagt: ‚Das ist nicht richtig, was du tust‘“, unterstreicht die 53-Jährige.
Es geht nicht darum, hier nur seine Triebe abzuarbeiten. Es ist Familie.“
TausendMalDu (53) - Swingerin
Deshalb ist das Steinenhaus für sie und viele andere, die aus dem gesamten Ruhrgebiet und Deutschland anreisen, mehr als ein Ort für Sex. „Es geht nicht darum, hier nur seine Triebe abzuarbeiten. Es ist Familie. Man kennt sich, tauscht sich privat aus, auch seine Sorgen.“
Das zeigt auch die Petition, die derzeit für den Erhalt des Erlebnisclubs, wie das Steinenhaus sich selbst nennt, läuft. Fast 450 Unterschriften konnte der Initiator innerhalb weniger Wochen sammeln. „Der Club hat viele Menschen zusammengebracht und bietet einen sicheren Raum für Ausdruck und Entdeckung. Es wäre ein großer Verlust für unsere Gemeinschaft, wenn er verschwindet“, betont der Initiator.
Die derzeitigen Eigentümer werden den Club aus Alters- und Gesundheitsgründen aufgeben. Ein Datum steht noch nicht fest. Ihre Gäste wünschen sich eine Nachfolge statt der Schließung, fürchten aber, bei der Erteilung der nötigen Konzessionen könnten möglichen künftigen Betreibern Steine in den Weg gelegt werden, weil die Stadt Interesse an dem Haus hat.