Reisebericht CZ-Tour vom 27.-29. Mai 2022
Am Freitag, 27. Mai 2022 bildeten 9 tapfere Kriegerinnen und Krieger der Strawanzer ein gemischtes Wolfshuhn-Rudel, um auf ihren motorisierten Pferdchen die tschechische Prärie zu erkunden. Über drei ereignis- und erlebnisreiche Tage möppelten wir gemütlich und konsequent Blümchen pflückend von Aidenbach bis hoch nach Most (Brüx) im Norden der Tschechei, anschließend in den Nordosten zur Bikerhöhle Pekelné Doly und schließlich über Prag wieder zurück in die Heimat.Die Planung der gesamten Tour erfolgte über kurviger.de, wo ich mir mittlerweile das 10-Euro-Jahresabo als „Kurviger Tourer“ gegönnt habe, da man so die Streckencharakteristik einzelner Abschnitte unterschiedlich auswählen kann. Zur Navigation nutzte ich mein Smartphone, diesmal kam allerdings nicht OSMand+ (das einen hartnäckig und metergenau zu den Wegpunkten der geplanten Route führen will) zum Einsatz, sondern das ebenfalls für 10 Euro jährlich zu habende Kurviger Pro, eine deutlich bessere und flexiblere Lösung.
Zur Fotodokumentation habe ich mir eine Actioncam APEMAN A87 gegönnt, die ich rückwärts gerichtet mittels Klebepad auf meinem Topcase angebracht habe. Das hält bis dato bombenfest und liefert schöne Fotos und Videos der nachfolgenden Bikes. Die Bildqualität entspricht den 90 Euro, die ich für diese Kamera inklusive umfangreichem Zubehör bezahlt habe und ist durchaus ansprechend. Natürlich kann sie nicht mit einer über 500 Euro teuren Gopro mithalten und sie hat auch ihre Schwächen und Macken, was die Einstellungen und Fernsteuerung anbelangt.
Mit von der Partie waren Angie und Chris (@******him) auf einer Harley V-Rod, deren Offroad-Tauglichkeit getestet und für unzureichend befunden wurde. Es folgte Peter (@*****r69) auf seiner Suzuki Bandit, auf der Rückfahrt teilweise nur noch von Klebeband zusammengehalten (sein Bike, nicht er selbst). Dahinter fand sich meine Bine (@*****n_i) zunächst auf ihrer Honda XL600, die nach einer kleinen Flugeinlage durch eine Brixton Crossfire 500 ersetzt wurde. Nächste im Wolfshuhn-Rudel waren Eveline und Christoph (@******018) auf einer 1600er BMW, die immer wieder gerne für ein spontanes Asphaltnickerchen zu haben war. Den Abschluss der Gruppe bildeten Lisa und Jürgen (@*******e94) mit ihrer BMW und seiner KTM. Vielen Dank den beiden für ihre Geduld und das Lumpen sammeln. Vorneweg fuhr natürlich ich (@*******n69) auf meiner gewohnt unaufgeregt vor sich hin tuckelnden 650er Transalp.
Pünktlich um 8.00 Uhr morgens ging es nach ein oder zwei Tassen kolumbianischer Röstbohnensuppe recht unspektakulär über Aldersbach und Osterhofen nordwärts über die Donau, anschließend den Ruselabsatz hoch und über Bischofsmais zum Kurpark in Regen, wo wir eine erste Pause machten. Danach fuhren wir am Arberseehaus vorbei über den Arber bis zum Grenzübergang Bayerisch Eisenstein, wo Lisa und Jürgen wegen des kürzeren Anfahrtsweges auf uns warteten und - schwuppsdiwupps - waren wir auf tschechischem Asphalt.
Strecke und Landschaft waren überaus abwechslungsreich. Schnurgerade Nebenstraßen durch einsame Alleen, kurvige Ortsdurchfahrten, sanftes Mäandern auf Erhebungen mit toller Weitsicht und Spitzkehren in unberührten Wäldern, alles da!
Dass die tschechische Definition von Straßenbelag eine andere ist, stellten wir angesichts tiefer, nicht ausgegossener Risse und Schlaglöcher recht schnell und häufig fest. Eine Reiseenduro kommt damit noch relativ gut zurecht, Chris auf seiner Harley wird sein Kontingent an Flüchen und Schimpfwörtern in diesen 3 Tagen empfindlich dezimiert haben.
Auch, was eine „befestigte Straße“ ist, wird in der CZ und somit auch in der Navi-Software scheinbar anders interpretiert. Deshalb wurden wir einmal über einen etwa 2-3 km langen Weg geführt, der vielleicht vor 30 oder 40 Jahren einmal asphaltiert war, jetzt schauen nur noch vereinzelte Segmente davon aus dem Feldweg. Im Schleichtempo meisterten wir diese Herausforderung erfolgreich, aber es kostete Zeit. Deshalb (und aufgrund des ein oder anderen Regenschauers) warteten wir nicht bis Chyse (Chiesch) mit dem Mittagessen, sondern kehrten spontan in Unesov ein, wo uns gutes und günstiges Essen neue Kraft verlieh.
Weiter ging es in den Norden, aber anstatt wie geplant zum Nechranitzer Stausee zu fahren, suchten wir aufgrund der Unsicherheit über die ein oder andere Restreichweite eine nicht allzu weit entfernte Tankstelle. Diese spontane Routenänderung führte uns Richtung Westen, wo wir erneut einen früher vielleicht mal asphaltierten, mittlerweile aber holprigen und aufgrund des immer wieder vorkommenden Regens matschigen Feldweg bewältigen mussten.
Es kam, wie es kommen musste: Peter’s Reifen setzten sich mit Matsch zu, er kam auf die Kante eines Asphaltrestes, rutschte ab und schon lag er auf der Seite. Über mein Headset hörte ich Bine nur noch „OH SCHEISSE!“ sagen, denn sie war in diesem Moment zu dicht an ihm dran, konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen, fuhr über sein Vorderrad und machte samt Motorrad eine Flugeinlage mit unsanfter Landung.
Den Göttern sei Dank, dass dieser Unfall glimpflich ausging. Mit Schmerzen im Arm aber ohne ernsthafte Verletzungen waren sowohl Bine als auch Peter noch mal gut davongekommen. Die beiden Bikes bekamen hingegen schon etwas ab: Peter’s Scheinwerferglas war zerbrochen, Bine’s Bremshebel abgebrochen. Mitten in der tschechischen Pampa blieb uns aber nichts anderes übrig, als mit deutlich reduziertem Tempo und erhöhter Vorsicht auf direktem, ganz und gar nicht mehr kurvigem Weg zur anvisierten Tankstelle zu fahren.
Um Hilfe ersuchend erfuhren wir, dass der Vater der Tankstellenverkäuferin eine Autowerkstatt hat und auch Motorräder repariert. Ihr Freund war so nett und fuhr mit dem Auto voran, um uns zur etwa 10 km entfernten Werkstatt zu führen, wo der Schwiegerpapi den gebrochenen Bremshebel begutachtete, minutenlang tüftelte und überlegte, letzten Endes aber leider nicht helfen konnte. Druckgussteile sind nun mal schwer zu reparieren. Peter’s Scheinwerferglas hingegen war mit durchsichtigem Klebeband schnell wieder stabilisiert und wasserdicht, ein kleiner Obulus für die Hilfe wurde vom Mechaniker dankend abgelehnt. So sieht Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft aus, Respekt! Würden sich davon manche ne Scheibe abschneiden, wäre die Welt ein besserer Ort.
Da Bine nunmehr nur noch die Fußbremse zur Verfügung hatte, steuerten wir auf geradem Wege unser Hotel in Most (Brüx) an. Und ich meine „gerade“! SCHNURGERADE!!! Amerikanischen Highways gleich konnten wir vor uns kilometerweit die Straße sehen. Aber was hilft’s, wir wollten unsere Strawanzer-Mutti ja unbeschadet (bzw. nicht noch mehr beschadet) ans Tagesziel bringen.
Nach dem Check-In im Hotel Cascade (ein etwas älteres Plattenbau-Hotel, das aber sauber und voll in Ordnung war) kontaktierte Bine den ADAC, der Rest des Wolfshuhn-Rudels suchte das Hotelrestaurant auf, um die knurrenden Mägen verstummen zu lassen.
Leider war auch am nächsten Morgen noch kein vernünftiger Lösungsvorschlag vom ADAC eingegangen, aber da Bine’s für diesen Vormittag geplanter Tandem-Fallschirmsprung aufgrund regnerischem und stürmischem Wetter nicht stattfinden konnte, hatten wir Zeit, wir uns der Sache selbst anzunehmen und die HONDA-Motorradpartner im angrenzenden Sachsenland abzutelefonieren. Zweirad Böhme im etwa 117 km entfernten Callenberg war sehr bemüht, konnte aber mangels Ersatzteil nicht helfen, trotzdem danke für den Versuch. Gleiches galt für das Motorsporthaus Arnold im etwa 40 km entfernten Sayda, allerdings betreibt man dort auch eine Motorradvermietung.
Wie es sich für ein anständiges Wolfshuhn-Rudel gehört, blieben wir zusammen und fuhren hoch ins Erzgebirge (Bine immer noch nur mit Fussbremse), um dort ein Leihmoped zu finden, bei dem Bine auch mit den Füssen bis zum Boden kommt. Und - man möchte es kaum glauben - so etwas gibt es! Eine 500er Brixton Crossfire machte das Unmögliche möglich und Bine konnte mit uns weiterfahren, anstatt mit nem schnöden Mietwagen alleine wieder nach Hause zu tuckeln. Bei der Gelegenheit konnte ich auch endlich mal auf einer aktuellen Africa Twin probesitzen, ich weiß jetzt, was ich mir zum Geburtstag wünsche.
Das ganze Brimborium nahm bis kurz nach Mittag in Anspruch, vielen Dank an die übrigen Wölfe und Hühner für Ihre Geduld. Die Route wurde auf „streng ostwärts“ eingestellt, eine kurze Mittagspause bei Kaffee und Kuchen im „Bunten Häusel“ in Altenberg war aber unumgänglich. Toll eingerichtet und dekoriert mit antikem Porzellan und anderen ausgefallenen Dingen, netter Wirt, nettes Personal, definitiv eine Empfehlung wert.
Für das Wetter, das uns immer wieder mit mehr oder weniger heftigem Regenfall tratzte, machten wir schnell Chris als Schuldigen aus! Er war schon in seiner Regenkombi losgefahren, das nutzte Petrus natürlich schamlos aus. Notgedrungen schlüpften wir irgendwann alle (bzw. diejenigen, die so etwas haben) wieder in unsere Regenbekleidung, half ja nix. Bei Cinovec überquerten wir die Landesgrenze und genossen wieder die kurvigen Nebenstrassen und die teils tollen Ausblicke, die sich uns boten.
Um ca. 16:15 Uhr erreichten wir endlich unser Zwischenziel, das Vereinsheim des Motorradclubs Pekelné Doly. Diese sog. Bikerhöhle befindet sich in den Teufelshöhlen nahe Velenice u Zákup, ist ca. 3.000 m² groß, verspielt gruslig dekoriert und man kann mit den Motorrädern rein bzw. durchfahren (was wir auch gleich bei unserer Ankunft ausprobierten).
Man sagt, ein Besuch in der Bikerhöhle gehört zu den Dingen, die jeder Motorradfahrer mal erlebt haben sollte, uns hat’s definitiv gefallen und die Bratwurst dort hat auch so manchem geschmeckt.
Nach etwas mehr als 1 Stunde Aufenthalt dort machten wir uns über Melnik auf den Weg nach Užice (Auschitz), wo ich uns eine Übernachtung gebucht hatte. Während der Planung der Tour stieß ich auf der Hotelsuche auf Bilder einer urigen Pension, dem Resort Svet. Diese beeindruckten mich so sehr, dass dies neben Most (wg. Fallschirmsprung) und der Bikerhöhle ein weiterer Fixpunkt unserer Tour sein sollte.
Die im Internet gesehenen Bilder gaben aber nicht ansatzweise wieder, wie liebevoll verspielt das Resort Svet eingerichtet ist. Das Hauptgebäude ist eine Mischung aus Mauerbau und Blockhaus, ein See inklusive Bisamratte und Enten und jede Menge Grün sorgten für Idylle. Statt Zimmernummern wurden den einzelnen Zimmern und Suiten Ländernamen gegeben, die jeweilige Einrichtung und Dekoration richtete sich - ohne kitschig zu wirken - nach diesen Ländern.
Bine und ich bezogen die Brasilien-Suite, in der uns neben allerlei grün-gelber Dekoration ein aus einem Holzstamm geschnitzter Cristo Redentor (die monumentale Christusstatue im Süden Rio de Janeiros) erwartete. Auf zwei mit einer hölzernen Treppe mit fragwürdigem Stufenwinkel verbundenen Etagen erwarteten uns ein sauberes, geräumiges Bad mit Mosaik-Fußballplatz in der Dusche und 5-6 Schlafplätzen im oberen Stockwerk.
Peter bekam das Tahiti-Zimmer und kam sich vor, als würde er in einem Pfahlbau am Meer inmitten von leicht bekleideten Hula-Mädchen schlafen.
Christoph’s Umgang mit seiner 1600er BMW kam uns ohnehin etwas spanisch vor, kein Wunder, dass es ihn und seine Eveline in die Spanien-Suite verschlug. Besonders hervorzuheben ist hier der Mosaik-Stierkopf gleich hinter der Kloschüssel. Ich hab’s selbst nicht gesehen und es existieren auch keine Fotobeweise, aber wenn da jemand draufsitzt, wachsen einem die Stierhörner seitlich aus dem Allerwertesten. „Arsch mit Ohren“ ist ja schon bekannt, „Arsch mit Hörnern“ ist neu.
Die Indien-Suite war Nachtlager von Angie und Chris, die Durchgänge von einem Raum in den anderen waren entsprechend geschwungen. Gott sei Dank hing das Tigerfell an der Wand, wer weiß, was unser ehemaliger Wandervogel (der das Wandern aufgegeben hat) und sein "sprechender Rucksack" auf einer am Boden liegenden Großkatze veranstaltet hätten.
Wo Lisa und Jürgen nächtigten, kann ich (mangels Fotos von ihnen) nicht sagen, aber ich bin mir sicher, dass auch die beiden ein schönes Zimmerchen hatten. Auch das Essen im Resort Svet ist überaus lecker, Pizza und Burger haben uns gut geschmeckt. Aber Vorsicht: wenn „spicy“ dabei steht, meinen die das auch so! Selbst meine Capsaicin-resistente Bine hatte damit zu kämpfen…
Nach einem leckeren Frühstück am See bei strahlender Morgensonne machten wir uns wieder auf die Heimreise. Weil auch Chris wieder seine Regenkombi trug (oder war die mittlerweile angewachsen?), hüllten auch wir uns wieder in feinstes, wasserdichtes Polyester und fuhren ein kurzes Stückchen ins nur 30 km südlich gelegene Prag. Wir fuhren hoch zur Burg und da so gut wie gar nichts los war, verzichteten wir auf kostenpflichtige, bewachte Parkplätze und stellten unsere Bikes am alten Fußballstadion ab, um zum Aussichtsturm zu gehen. Dies war leider nicht im Sinne aller Stammesmitglieder, in den Regenklamotten war es zudem brüllend heiß. Also gingen wir knapp 1 km, schauten ein wenig von oben auf die Stadt und wanderten dann zurück zu den Motorrädern.
Und weil’s so schön war und viele von uns (außer Chris natürlich) die Regenklamotten wieder ausgezogen hatten, sagte Petrus „halt mal mein Bier“ und schickte uns nur wenig später die nächsten Regentropfen. O.K., kurzer Zwischenstopp und wieder rein ins Ganzkörperkondom! Mittagspause machten wir in Karlstejn, wo der Onlinewetterbericht lustigerweise das momentane Wetter als „heiter“ beschrieb. Ja, nee, ist klar! Die Sonne schien in Strömen…
Da wir davon mittlerweile genug hatten, änderten wir die Routencharakteristik von „kurvig“ auf „schnell und kurvig“ und gaben auch die Nutzung von Schnellstraßen frei, um die Heimreise zu beschleunigen. Angie und Chris trennten sich nach einem Tankstopp in Silmet von uns, um einen direkteren Weg nach Hause zu fahren. Dass diese 140 km von Kälte, Regen und Hagel begleitet waren, könnte an der angeborenen Regenkombi liegen.
Der Rest von uns fuhr bei wechselhaftem Wetter weiter in den Süden, auf Höhe Ckyne hatten wir keine Lust mehr, bei starkem Regen einem dahinschleichenden Lebend-Fisch-Transport zu folgen, ein letzter Tankstopp mit wärmendem Kaffee (vor allem für „Ice-Ice-Baby“ Lisa) weckte noch einmal unsere Lebensgeister.
In Strazny füllten wir (O.K., ICH) noch mal unseren Bestand an günstigen Zigaretten auf, dann ging’s über die B12 an Freyung vorbei und über den Autobahnzubringer weiter Richtung Vilshofen. Lisa und Jürgen bogen hier rechts ab und hatten nur noch zwei oder drei Kilometer bis zur heißen Badewanne, Bine, Peter und ich wären auch in ca. 30 km daheim gewesen, hätte Bine’s Leihmotorrad nicht doch noch nach Benzin geschrien, was uns nochmal einen kleinen Umweg zu einer geöffneten Tankstelle und einen weiteren Regenguss bescherte.
Zuhause angekommen versicherten wir uns per WhatsApp-Gruppe noch mal, dass alle Mitreiter heil zuhause angekommen waren, zogen uns trockene Sachen an und ließen den Abend bei Tortellini, Prosecco und Bier ausklingen. Abgesehen vom Unfall und dem ein oder anderen Schreckmoment war’s für mich eine tolle Tour mit meinen Strawanzern und hoffentlich nicht der letzte mehrtägige Ausflug.
Ich danke dem Wolfshuhn-Rudel für’s mitfahren und den Lesern für ihre Aufmerksamkeit. Wenn Ihr Rechtschreibfehler findet, dürft Ihr sie behalten oder bei unserer BONFIRE-PARTY am Samstag ins Lagerfeuer werfen.
Die Linke zum Gruß…
Andi
P.S. @***ie: hat Chris die Regenkombi mittlerweile schon ausgezogen?