Dem Film kann ich etwas abgewinnen. Nicht weil er Spaß macht oder erotisch wäre, aber Pasolini hat sich de Sades Geschichte bedient, um zu zeigen, wie Machtperversion in einem faschistischen Staat funktioniert und damit 1975 auch der eigenen Zeit einen Spiegel vorgehalten:
„ „Pier Paolo Pasolini [hat] in seinem Film Salò, oder die 120 Tage von Sodom eine Linie der lachenden Folterer gezogen vom alttestamentlichen Sodom über Dantes ‚Höllenkreise‘ bis zum Feudaladel, dem Klerus und der Justiz des Ancien Régime wie der Marquis de Sade sie beschreibt in seinem 120 Tage von Sodom-Roman. Eine Linie, die weiter reicht über die europäischen Kolonialismen des 19. Jahrhunderts zu Mussolini in Salò und bis zu den deutschen KZs; darüber hinaus zu den Kolonialpraktiken moderner neokapitalistischer Demokratien. Der Universalismus dieses Tötungsvergnügens besteht darin, eine der unaufhörlichen Selbstdarstellungsformen orientalisch-okzidentaler staatlicher oder auch ‚frei flottierender‘ Mann/Machtgebilde zu sein. Diese haben es geschafft, einen Menschentyp, vorwiegend Männertyp, zu erzeugen […], dem es nicht gelingt, seine körperlichen Lustvorgänge von zerstörerischer Gewaltausübung zu trennen. Seine Lüste bestehen in einer Verkehrung sexueller Genüsse in Gewaltvorgänge; in der Unmöglichkeit, Sexualität anders zu erleben denn als Gewalt, und dies bevorzugt in den Formen inszenierten ritualisierten Tötens.“ (Klaus Theweleit)
Die Grausamkeit macht als Analyse Sinn.
Bei de Sade selbst kann ich persönlich diesen Sinn nicht entdecken.