Hervorragende Beiträge, niederschmetternde Erkenntnisse. Es hat nicht 3 Generationen, sondern lediglich 3 Kanzlerschaften gebraucht, um uns dahin zu bringen, wo wir jetzt stehen. Kohl war das relativ egal, der hat sich als den Mittelpunkt des Universums begriffen, aber die beiden danach wollten immer "in die Mitte". Wenn zwei aus unterschiedlichen Parteien das wollen, muss das zwangsläufig ein ideologisches Wischi-Waschi geben.
Das Resultat: inhaltlich sind die Programme zweier ursprünglich verschiedener Parteien kaum noch auseinanderzuhalten. Somit bekommen die Wähler mehr und mehr den Eindruck, keine echten Alternativen mehr zu haben. Die SPD besteht gefühlt aus weichgespülten Konservativen, die CDU weiß nicht mehr, was sie ist. Sie versucht, Punkte aus sozialdemokratischen und grünen (!) Ansichten mit den kümmerlichen Resten christdemokratischer Standpunkte zu verweben. Ein unfassbares Beispiel für Opportunismus, was zum Merkel'schen Machtbewusstsein passt, das Parteiprofil aber extrem verwässert. Kein Wunder, dass die Wahlbeteiligungen langsam ins Bodenlose sinken.
Es fehlt an echten Alternativen. Die Linken haben gute Ideen, die ich aber hin und wieder als naiv und oft nur schwer finanzierbar empfinde, die Parteien des rechten Rands bestehen ausnahmslos aus vollständigen Idioten, die - wie ich schon einmal schrieb - bestenfalls für Stammtische und Bierzelte taugen, nicht aber für die große, politische Bühne. Jeder, der die NPD mal in einer Landtagsdebatte im Osten gesehen hat, weiß, was ich meine.
Bliebe die AfD, die ich nicht zu den Rechtsextremen, aber zu den wirtschaftsliberal-nationalkonservativen Parteien zähle. Bei denen weiß man noch nicht so recht, wo die Reise hingeht. Vom Auftritt her für die große Politbühne tauglich, aber wohl noch etwas in der Selbstfindung. Die Grünen sind für mich absolut unwählbar, genau, wie die FDP. Erstere ist voll im Establishment angekommen, und gefällt sich hauptsächlich darin, Dinge verbieten zu wollen und mit der Brechstange politisch korrekt zu sein. Dazu die ständig über alles affektiert empörten Roth und Beck, die eher abschreckendes Beispiel denn Galionsfiguren sind. Überflüssig, seit die CDU sich grüne Themen einverleibt hat.
Die FDP, tja, da weiß wohl niemand so recht, wofür die gut sein soll. Offen gestanden habe ich das auch in ihren besseren Zeiten nie wirklich begriffen. Bisher fungierte sie ja auch zumeist als relativ profilloser Koalitionspartner für Parteien jedweder Couleur, bei denen es nicht für die absolute Mehrheit gereicht hat. Gerne laut und vermeintlich gegen den Strich bürstend, aber de facto ein Papiertiger. Für Klientelpolitik plumpster Art aber immer zu haben. Von mir aus können die in der Versenkung bleiben bis zum St. Nimmerleins-Tag, aber den Gefallen werden sie mir wohl nicht tun...
Ihr seht also, der Begriff "alternativlos" bekommt für mich in diesem Kontext eine ganz andere, eher erschreckende Bedeutung. Es ist egal, was wir wählen, ändern wird sich nichts. Die Konservativen sind lediglich noch eine Spur asozialer gegen ihr Volk. Um es mit Volker Pispers zu sagen: "Wir dürfen alle 4 Jahre mal einen neuen Lokführer wählen, aber der Zug fährt trotzdem weiter mit Vollgas Richtung Abgrund." Einer, der mal die Notbremse zieht, ist nicht in Sicht. Man spricht ja immer von Politikverdrossenheit. Man habe sich "den Wählerinnen und Wählern nicht verständlich machen können". Das ist geradezu grotesk. Mal davon abgesehen, dass die Politik dem "Stimmvieh" scheinbar kollektive Blödheit unterstellt, könnte es vielleicht sein, dass eine Partei die gewünschten Stimmen nicht bekommt, WEIL die WuW verstanden haben?! Die Leute sind nicht politikverdrossen, sondern politikERverdrossen. Das ist ein bedeutender, und in diesem Falle dramatischer Unterschied, der uns mal irgendwann in Schwierigkeiten bringen wird...