Naja, so sehr ich den Wunsch nach Kindern nachvollziehen kann - ausdrücklich in jedem Alter - so kurz gedacht kann das sein, wenn man eben ein gewisses erreicht hat.
Ich kann das sehr gut in meinem Freundeskreis und der Familie beobachten. Eine gute Freundin von mir ist eine erhebliche Nachzüglerin, weil beide Elternteile nach einer Scheidung noch einmal die Entscheidung für Nachwuchs getroffen haben. Sie ist jetzt 35, ihre Eltern 76 und 78. Es macht ihr schwer zu schaffen, dass es quasi eine Gewissheit ist, ihre Eltern in den nächsten, vermutlich wenigen Jahren zu verlieren. Sie leidet manchmal sehr darunter, zudem ist sie - in Ermangelung eines Partners - selbst noch kinderlos. Ein Umstand, der die Chancen darauf, die Eltern zu Großeltern zu machen, auf ein Minimum reduziert. Da dies auf beiden Seiten ein weit verbreiteter Wunsch ist, kann man sich den Leidensdruck, der sich da mitunter aufbaut, sicher vorstellen.
Der Bruder meiner Mutter hat so spät Kinder bekommen, dass er noch als Rentner seine Kinder durch das Studium bringen muss. Eine echte Herausforderung, wenn man von seiner Rente auch noch leben will.
In einem anderen Fall ist es so, dass eine Freundin von mir als Einzelkind von einer damals schon 45jährigen Mutter geboren wurde. Jene Freundin ist jetzt selbst knapp 45 und kinderlos (obwohl sie es versucht haben). Ihre Mutter ist bereits seit vielen Jahren tot, der Vater, etwas jünger, ein gebrechlicher, alter Mann, der kaum die Treppen hoch oder runter kommt.
Wenn ich das jetzt so mit mir selbst vergleiche, sehe ich klare Vorteile im Entwurf meiner eigenen Familie. Ich bin 43, werde im Juli 44. Meine Kinder sind 13 1/2 und 10. Mein Vater wird im Juni 72, meine Mutter im Mai 69. Ich hatte noch eine Großmutter, bis ich 36 war. Sie starb im Jan. 2010 im Alter von 84 Jahren. Meine Uroma starb im Alter von fast 88 - als ich 12 war. Ich kenne riesige Teile meiner Familie aus eigenem Erleben. Alle 4 Großeltern samt Großtanten und -onkeln.
Das ist toll. Aber nur, wenn alles gut läuft. Die Sache kann aber auch Haken haben. Mein Vater hatte bei einer missglückten OP vor 10 Jahren einen heftigen Schlaganfall und ist seither ein Pflegefall. Meine noch recht junge Mutter ist naturgemäß oft fertig mit der Welt. Meine Exfrau hat die Kinder erst massiv gegen mich aufgehetzt und ist dann über 300km mit ihnen weggezogen. Ich habe sie seit einem guten Jahr nicht mehr gesehen. Einer meiner Onkel ist seit gut 10 Jahren mit einer langsam fortschreitenden Demenz geschlagen, die ihn immer wortkarger werden lässt.
Besagte 35jährige Freundin hat zwar alte Eltern und keine Kinder, aber die Eltern sind gesundheitlich noch ziemlich fit und das Verhältnis zu den anderen Mitgliedern ihrer Patchwork-Familie ist herzlich.
Worauf will ich hinaus? Nun, es ist kaum generell zu sagen, was als Entwurf besser ist. Was auf den ersten Blick super aussieht, kann einen massiven Pferdefuß haben. Was erst einmal trostlos aussieht, kann trotzdem wunderbar funktionieren. Alter ist zunächst einmal nur eine Zahl. Ich kenne 70jährige, die echte Kindsköpfe sind, und 20jährige, die zum Lachen in den Keller gehen. Ich habe junge Eltern und Kinder, die aus dem Gröbsten heraus sind. Und, was habe ich heute davon? Das Leben hat derart viele Unberechenbarkeiten in petto, dass es manchmal fast unfreiwillig komisch erscheint, sich über dies und jenes massiv den Kopf zu zerbrechen und eine Ewigkeit im Voraus planen zu wollen. Weiß ich, ob mich morgen ein Bus überrollt? Oder ob ich im Lotto gewinne? Alles und nichts geht, dennoch sollte man sich bei sehr später Elternschaft darüber im Klaren sein, was das langfristig bedeuten kann. Und ich gehe davon aus, dass dies die meisten wissen, die so etwas bewusst planen. Bei "Unfällen" ist die Sache natürlich etwas anders gelagert. Wie auch immer, wer sich bereit fühlt, der sollte es tun, und nicht allzu viel Aufhebens um das Geschwätz anderer geben. Das ist eine Familienangelegenheit...