Als leidenschaftlicher Hobbyanalytiker kann ich der Versuchung dieser Denksportaufgabe natürlich nicht widerstehen. Die Traumdeutung ist neben der freien Assoziation ("Woran denken Sie bei dem Wort "Loch" ?") und der Analyse von Fehlleistungen ("Warum mache ich immer wieder dieselben Fehler?!") eines der klassischen Instrumente der Psychoanalyse. Man kann also, wenn man sich hinreichend mit der Materie beschäftigt hat, auch fremde Träume deuten - aber 'seriös' kann das nur im Rahmen einer "analytischen Beziehung" erfolgen, alles andere ist wirklich pure Spekulation und als solche bitte ich, auch meinen nun folgenden Deutungsversuch aufzufassen:
"... und da habe ich mich schon auf der Strasse liegen sehen !" - diese Floskel aus dem Vokabular des "Benzingesprächs" unter Bikern (zu denen ich auch mal gehörte) scheint mir der Schlüssel zu sein. Denn es ist in der Tat ungewöhnlich, daß man sich selbst im Traum "von aussen" sieht. Aber als "Visualisierung" dieser biker-Floskel ist soetwas eigentlich gut vorstellbar.
Wir alle kennen die Situation, daß wir einer plötzlichen Gefahr ausgesetzt werden, die wir aber trotzdem "kühl und besonnen" (und auch einer Portion Glück) gut überstehen, "meistern" - aber uns "im nachhinein die Kniee zittern". Diese merkwürdige "Verschiebung" von Schrecken und Angst beruht auf einer unbewußten "Abspaltung" dieser Affekte - heute spricht man auch gerne von "Dissoziation". Der Affekt wird von der Wahrnehmung, die ihn ausgelöst hat, abgetrennt und aus dem Bewußtsein hinausgedrängt. Das ist evolutionär ein Vorteil, weil es uns befähigt, eben auch in solchen "schrecklichen" Situationen kühl und besonnen zu handeln. Aber dieser Affekt ist dadurch nicht "weg", sondern geistert im Unbewußten herum. Wenn uns dann "im nachhinein die Kniee zittern", dann ist dieser Affekt ins Bewußtsein zurückgekehrt und wird wieder mit der Erinnerung an die "schreckliche" Situation verbunden und zu einer vollständigen Erinnerung verarbeitet. Dann ist alles wieder gut, die Sache erledigt.
Das "Benzingespräch" unter Bikern über haarige Situationen ist zwar großenteils pure Angeberei - aber selbst diese Angeberei hat psychoanalytisch gesehen den sehr guten Zweck, solche abgespaltenen Affekte wieder "einzufangen", die haarige Situation im Gespräch fast wie in der Psychotherapie nochmal zu erleben und dadurch zu verarbeiten, zu "integrieren".
Diese Funktion des "Wiedereinfangens" von Affekten, die wir nicht integrieren können, ist auch wohl eine der Funktionen des Träumens. Alpträume, die uns nur einmal oder nur für kurze Zeit beplagen, sind daher kein Grund zur Beunruhigung. Bedenklich ist es nur, wenn diese Alpträume immer wieder kehren, zur "schrecklichen Last" werden - dann kann wirklich eine Psychotherapie angezeigt sein.
Ich vermute also, daß der TE so eine "haarige Situation" beim Fahren, über die er mit eben jener typischen Floskel erzählt hatte: "und da habe ich mich schon auf der Straße liegen sehen!" - mit diesem Traum "verarbeitet" haben könnte. ich möchte ihn einladen, sich an die "haarigen Situationen" der letzten Zeit zu erinnern - vielleicht springt ihm eine ins Auge, die der Traumsituation ähnlich ist ? Vollkommen gleich wird sie kaum sein - die unbewußten Erinnerungen werden durch die "Traumarbeit" (Freud) regelmässig mehr oder weniger stark verfremdet.