Hallo Deamluna,
auch wenn dein Thema nicht mehr ganz taufrisch ist, möchte ich darauf antworten, auch um mich bei der Gelegenheit euch ein bißchen vertrauter zu machen.
„Trugschluss, wir würden ewig leben
Ab welchem Lebensalter wird uns wirklich bewusst, dass unser Leben nur begrenzt ist und wie haben wir unser Leben verändert, nachdem uns dies bewusst geworden ist.
Manchmal habe ich den Eindruck, ich hätte mein Leben alt begonnen. Jetzt nähere ich mich wieder dem Altsein, zu früh werden viele meinen, aber ich bin bissl müd geworden. Das macht sich weniger an den Lebensjahren fest, sondern an der Menge dessen, was ich er- und gelebt habe, das war doch einiges und sehr vieles davon aus vollen Zügen.
Als ich so etwa 4 war, habe ich zum ersten Mal bewußt einen Film im Fernsehen gesehen. Es war ein Western in schwarz-weiß, da wurde viel geschossen und Leute fielen von den Pferden. Und ich wußte: Männer töten. Wußte auch, daß Väter Mütter totschlagen, daß Mamas sterben. Daß Leben endlich ist, wußte ich, bevor ich 5 Jahre alt war, ab da war ich Waise.
Daß Leben nicht nur endlich ist, sondern unvorhersehbar, bunt, irrwitzig, spannend, manchmal grauenhaft, manchmal fantastisch usw., das alles habe ich im Lauf der Jahre erst erfahren, und mein Leben hat sich verändert, als ich mit Verspätung gelernt hatte, was Glücklichsein ist.
Ich habe nie angenommen, daß Leben nicht begrenzt sei. Mittlerweile bin ich deutlich älter geworden, als ich erwartet hatte. Und ja, bin doch mittlerweile um einiges gelassener, leb sehr zurückgezogen und schüttle manchmal den Kopf, wenn manche sich nicht abfinden wollen. Zum Beispiel, daß man sich nicht mehr so besonders bemühen will, möglichst "jung" zu sein - das gehört sich heute ja nicht. Oder in den Krankenschwestermodus verfallen und Ratschläge wie Tennisbälle auf einen abfeuern, wenn man es wagt, daß man immer häufiger daran denkt, sich aus dem allgegenwärtigen Sexzirkus zurückzuziehen. Buh! Schreckgespenst!
Mit deinen Fragen tu ich mich bissl schwer, weil ich diese oder diesen ominösen "man" nie persönlich kennengelernt habe. Das muß der Typ sein, der für "Normal" zuständig ist, wenn ich nicht irre?
Daß es Normalität gibt, ist ein Trugschluß. Wenn man einzelne Menschen fragt und erzählen läßt, dann gibt's ganz viele verschiedene Normalitäten.
Was dieses Vorbild-Dingens für die Jüngeren angeht: nein, den Anspruch habe ich nicht. Wie auch? Ich kann so vieles, wofür die Nachfolgenden keine Verwendung haben. Die können so vieles, wofür ich keine Verwendung habe.
Erzählen tu ich gerne, geb gerne Tipps oder Rat, der dann - wie sollte es anders sein - selten gern gehört und noch weniger angenommen wird.
Und manchmal schau ich so zurück und sehe, daß der verklärte Blick, der mir trotz allem manchmal passiert, wie so'n umgedrehtes Fernglas ist. Da, wo ich früher in die Zukunft schauen wollte und hoffte, daß irgendwann mal alles besser wird, schau ich jetzt in die andere Richtung und denk mir so: stimmt, ist vieles besser geworden, wenn auch nicht alles.
Naja, so einfach ist das im Grunde.