Führen einer Diskussion - Tabugrenzen verschieben sich
Aus Diskussionen in dieser Gruppe, aus Beobachtungen im privaten Umfeld, aber auch durch die Wiedergabe von Beiträgen Dritter über die Medien stelle ich fest, dass ein tatsächlicher Austausch immer schwieriger wird. Zum Austauschen gehört das zuhören wie auch das aufeinander eingehen. Dazu gehört nicht, dass man gleicher Meinung ist oder der anderen Meinung zustimmen muss. Es gehört aber für mich dazu, sachlich zu bleiben, gerne auch mal verschmitzt, aber immer respektvoll. Und dazu gehört auch, dass jeder, der sich an einer Diskussion beteiligt, ein Mindestmaß an Selbstdisziplin benötigt: beim Thema bleiben, nicht abschweifen, ireundlich aber durchaus hart in der Sache sein. Soweit so gut.Vor einigen Tagen gab es im Radio ein interessantes Interview mit einer Schulpsychologin. Sie sprach von ihrer Erfahrung, dass aufgrund des Lockdowns der Schulen und dadurch geringem sozialen Austausch untereinander die Schulkinder es verlernt haben, Konflikte untereinander lösen zu können. Sie sah den verstärkten Einsatz wie auch die Schulung von Schülerlotsen als einen Ansatzpunkt, dieser aktuellen Situation zu begegnen. Hinsichtlich des Erlernens der verlernten Qualifikationen sprach sie von Jahren, bis der Rückstand wieder aufgeholt werden wird.
Daher frage ich mich, wie gehe ich mit dem um, was mir begegnet. Ich denke, dass ich relativ offen Gespräche angehe, merke aber selbst, wie mich Verallgemeinerungen nerven, ebenso Abschweifungen, wenn es mal ans Eingemachte geht, das heißt, die sachliche Ebene wird verlassen oder der andere ist nicht in der Lage, wissenschaftlich-argumentativ sich auseinandersetzen zu können. Und dann gibt es die, denen es um eine Meinungs-/Deutungshoheit geht. Und die, die einfach nur dummes Zeug erzählen. Bisher war es für mich durch meine Erziehung und durch mein bisheriges Leben so, dass ich Diskussionen nicht aus dem Wege gegangen bin. Aber mittlerweile stelle ich fest, ich will mit einigen Menschen nicht mehr diskutieren, die für mich Abstruses absondern. Sozusagen mein Tabubruch, den Menschen dahinter nicht mehr zu sehen.
Aus der Sektenforschung wiederum ist bekannt, dass mit einem sich in einer entsprechenden Bubble befindenen Personenkreis es nicht wirklich möglich ist, sich auszutauschen und zu diskutieren. Daher wird im Umgang mit diesen Menschen auch geraten, nur dann sich in Diskussionen einzulassen, wenn man die Zeit übrig hat, ansonsten aber es ruhig sein lassen kann. Es gibt keine tatsächliche Wirkung bei denjenigen, die in einer solchen Bubble fest verankert sind.
Mittlerweile frage ich mich, ob und wie ich diese Empfehlung auch zum Beispiel hier in der Gruppe umsetze. Denn ich stelle für mich fest, dass ein Abbruch einer Diskussion für mich nicht mehr einen Tabubruch, eine Unhöflichkeit darstellt. Es stellt sich mir auch die Frage, ist mein Gegenüber tatsächlich unwissend oder wird bewusst Falsches wiedergegeben. Dann frage ich mich nämlich auch, weswegen.
Daher stelle ich Folgendes zur Diskussion:
1. Welche Tabugrenzen haben sich für euch verschoben, bei euch selbst wie aber auch eurem Empfinden nach bei anderen?
2. Welche Art "Schülerlotse" wünscht Ihr euch heutzutage?