„Einstehensgemeinschaft“ finde ich einen guten Begriff für das Thema.
Die kirchliche Ehe gibt es seit Mitte des 12. Jhdt. und war damals denen vorbehalten, die über - sagen wir - hinreichend Besitz verfügten. Soweit ich mich erinnere wurde im gleichen Jahr das Zölibat eingeführt.
Die kirchlich geschlossene Ehe stand, mit allem Besitzstand (vor allem auch Erbrecht) um den es ging, unter kirchenrechtlichem Schutz.
Die zivilrechtliche Ehe gibt es seit 1855. Ich behaupte mal blind, dass das in Folge der Französischen Revolution und der damit einhergehenden Säkularisierung geschah.
Hier übernahm quasi der Staat den „Schutz“ und die juristische Regelung der ehelichen Besitzverhältnisse.
Zur gleichen Zeit, als die zivilrechtliche Ehe eingeführt wurde, wurde das Zölibat zwingend verbindlich.
Egal zu welchen Zeiten und egal um welche Art von „Ehe“ es geht, es geht immer um interfamiliäre Besitzverhältnisse, Verantwortlichkeiten und Erbrecht.
Die Priesterschaft der katholischen Kirche folgt einer patriarchalen Blutlinie: Das gewährleistet, dass der Besitz sozusagen in der kirchlichen Familie bleibt.
Patriarchale und matriarchale Blutlinien gibt es seit dem Neolithikum, bei den Pharaonen gab es immer wieder Zoff zwischen Priesterschaften, die die jeweils eine oder andere „Blutlinie“ vertraten. Über diese Blutlinien wurden Machtansprüche, Besitz- und Erbverhältnisse geregelt.
Wie es bei uns zum Modell ein Mann und eine Frau kam, spare ich jetzt aus, weil es irrelevant ist. Und der von Männern oft mit leicht glasigem Blick zitierten Vielweiberei liegen immer Regeln zugrunde, die auch von Seiten des Mannes mit Verbindlichkeiten einhergeht, die sie sicher nicht wünschen würden.
Sagen wir: Männer, die 2 bis 4 Frauen haben, können nicht verstehen, wie Männer, die e i n e Frau haben, mit der dann so umgehen, wie sie es teilweise mit bekommen.
Fremd gehen ist tabu - ob nur eine oder gar Frauen. Die Mann sich erst einmal finanziell leisten können muss. Egal.
Wichtig ist: Es gibt dort keinen Staat, der die „Familie“ absichert.
Unser Sozial Staat hat sozusagen die „Einstehensverantwortung“ für jeden einzelnen Bürger inne. Kirchenrecht hat bei uns in Bezug auf Eheschließung keinerlei rechtliche Bedeutung mehr. Im Falle der zivilrechtlichen Eheschließung sieht das ganz anders aus.
Zum Beispiel geht der Staat davon aus, dass die Ehepartner gegenseitig füreinander in Situationen einstehen, in denen nicht verheiratete nicht dazu verpflichtet sind. (Was bereits aufgeweicht wurde.)
Die zivilrechtliche Ehe befindet sich längst in der Auflösung, weil sie, sobald es hart auf hart kommt, keinen wirklichen Schutz gewährleisten kann. Der Staat setzt sozusagen darauf, dass die Partner sich lieben. Tun sie es nicht mehr und sind nicht in der Lage sich wertschätzend und vernünftig zu trennen bietet unser Recht hinreichend Raum für übelste Stellungsgefechte, an denen vor allem Rechtsanwälte verdienen.
Es scheint heute schwer (egal in welchem Alter), überhaupt noch verbindlich einen Partner zu finden.
An sich scheint alles, was mit Partnerschaft, egal in welcher Form, zu tun hat, heute fast schon Arbeit. Das Angebot ist groß, die Nachfrage auch: Aber es gibt in der Menge kaum Verbindlichkeiten. Man springt in den groben Bottich und hofft, dass beim Frösche (oder Fröschinnen) küssen irgendwas kleben bleibt.
Kein Wunder, dass die Kids gerne eine 4 Tage Woche hätten.
Ich denke, dass die Ehe, wie wir sie kennen, ein Auslaufmodell ist.
Die Einkommenverhältnisse sind bei vielen jungen Paaren heute gleich hoch (oder gleich niedrig), viele junge Frauen wollen im Beruf nicht wegen Kindern zurück stecken, weil ihnen das Risiko (zu Recht) zu hoch ist. Warum sollten sie heiraten, wenn es zudem nicht um Besitzverhältnisse und Erbrecht geht?
Mehrere Freunde von mir (jeweils beides Männer) haben aus finanziellen Gründen geheiratet, weil das Einkommensgefälle hoch war und es ihnen derzeit noch mehr Sicherheit gegenüber der Gesellschaft gibt. Ehe wird immer noch als „seriös“ wahrgenommen. Ihnen bietet die Zivilehe tatsächlich einen gewissen Schutz.
Es gibt andere Möglichkeiten auch rechtsverbindlich füreinander einzustehen und es gibt heute schon Möglichkeiten auch ohne zivilrechtliche Ehe Forderungen geltend zu machen.
Ein Paar lebt seit über 30 Jahren in „wilder Ehe“ im Haus der Frau. Im Testament ist geregelt, dass er Wohnrecht bis zum Lebensende hat. Sie haben gegenseitig Versicherungen abgeschlossen usw.
Sollte sie heute auf die Idee kommen ihn vor die Tür zu setzen, dann kann sie das nicht so einfach (auch wenn er nicht schon so lange dort leben würde). Er hat aufgrund der Zeit, in der sie zusammen leben, Rechte, die juristisch eingeforderte werden können. Auch wenn sie nicht verheiratet sind.
Nur in Bezug auf die staatliche Rente: Da erkennt der Staat in diesem Fall keine gegenseitige Einstandspflicht seinerseits an.