Ich noch einmal...
seitdem ich den Text immer wieder gelesen habe,
hauts mich von einer Gefühlsecke in die andere.
Mir kommt spontan ein unvergessliches Erlebnis vor 25 Jahren,
gefolgt von einem Weiteren 18 Jahre danach.
Ich möchte es Euch ganz leise erzählen....
Vor reichlich 25 Jahren gebar ich einen kleinen Engel als Sohn.
Damals lebten wir noch in einem ganz anderem System.
Die "Jungs", welche ihren "Ehrendienst" bei der "Volksarmee "
ohne Alternative absolvieren mußten, erzählten schaurige Geschichten was wirklich hinter verschlossenen Kasernentoren passierte.
Wie oft es passierte, dass Querschläger oder Geschosse bei alltäglichen Manövern alltäglich waren mit der Folge schwerer Verletzungen.
Solch Nachrichten drangen offiziell nicht an die Öffentlichkeit.
Nun hatte ich meinen Engel und durch einen Zufall gerieten wir zu einer Vereidigung neu eingezogener Soldaten bei uns in Dresden auf dem Altmarkt.
Viel militärisches Geschrei...Fahnen hissen....Marsch, Marsch
prägten diese "Feier"
Ich, mein Söhnchen (damals 2 Monate) schlenderten bei strahlendem Sonnenschein durch die Stadt und gerieten irgendwie in diese Stimmung hinein.
Wie erstarrt blieb ich stehen und bohrte meine Hände in die Lenkstange des Kinderwagens, denn ich hörte die jungen Männer immer wieder schrill schreien:
"Ja, das geloben wir!"...zig Mal, immer wieder...
ohne zu begreifen was sie für einen Fahneneid schworen!
Plötzlich riß ich meinen kleinen, quietschenden Lockenengel aus seinem Wagen und drückte ihn tränenüberströmt ganz fest an mich.
Mich erfasste die blanke Angst und ich fühle sie in diesem Moment wieder als wäre es gestern.
Die Angst mein Kind als Kanonenfutter in den Krieg schicken zu müssen, ohne eines wirksamen Mittels des Widerstandes
zur Verfügung zu haben.
Mir fehlen die Worte, um das auszudrücken was ich damals und jetzt fühle.
Meiner Meinung nach ist es doch völlig belanglos um welchen Krieg es sich handelt. Ob vor zig Jahren oder gestern oder heute.
Im Krieg gibt es ausschließlich Verlierer, außer der verdammten Industrie die sich dumm und dusslich verdienen.
Der blanke Hass baut sich in mir auf, wenn ich dieses Thema wirklich an mich heran lasse.
.............
Dann, als meine Jungs und ihre Kumpels in das Musterungs-Alter kamen.
Mir wurde Himmelangst, denn die Jungs betrachteten das Ganze als ein Abenteuerspielplatz.
Zwar war die Volksarmee inzwischen Geschichte, doch das Neue war auch nicht besser...nur kürzer in der Pflicht...auch gabs nun die Möglichkeit den Dienst mit der Waffe zu verweigern, ohne dafür ins gelbe Viertel in Bautzen für Jahre weggesperrt zu werden.
Geiles Essen, Führerschein machen, Mädels vögeln, Komasaufen, ganz unter sich sein, weg von nervenden Mamis, schicke Uniformen tragen, Panzer fahren, Knarren putzen und schießen lernen...lach...
so manch Mami weiß wovon ich rede.
Mennö waren die heiß und naiv drauf um endlich beim Bund loszumarschieren.
Ohhhh, Gott standen mir die Haare in dieser Zeit quer...!!!!
Afghanistan...geil..da bekommt man richtig Kohle fürs Nischdmachen und solch Argumente hauten sie mir um die Ohren.
Schicke Hochglanzwerbung verführte ja die kindlichen Augen und vernebelten die blendbaren Hirne.
Was tun als Mami...die ihr Kind beschützen will?
Nachdenken.....und ja nicht gegen die Argumente der Kids reden,
um so mehr fühlten sie sich in ihrem pubertierenden Alter zum Bund gedrängt.
Ihr wißt schon...alles was dagegen spricht...dann erst recht!
Wie es manchmal im Leben ist, fügt sich eins zum anderem.
In der Nachbarschaft kam vor Wochen ein junger Mann aus Afghanistan zurück.
Mit Euphorie und Abenteuerlust im Gepäck,
ließ er seine Eltern voller Optimismus als junger, starker, gesunder Mann zurück.
Heim kehrte er als ein anderer.
Gebrochen in Seele und Körper.
Äußerlich scheinbar nicht verletzt.
Wobei an ein normales Leben wie vorher nicht mehr zu denken war.
Der junge Mann war in wenigen Monaten ein scheinbarer Greis geworden.
Seine Eltern verloren den Boden unter den Füßen.
Die Mutter seither schwer deppressiv, völlig neben sich.
Der Vater verstarb kurz darauf durch Schlaganfall.
Seinen Jungen so zu erleben brach ihm das Herz.
Zufällig traf ich diesen jungen Mann und unsere Augen trafen sich.
Diese Augen....Leutz, diese Augen ..........!
Wir schwiegen....aber sprachen mit den Augen....
spontan nahm ich ihn weinend in den Arm ....
weinend hielten wir uns fest, sehr lange....
bis er irgendwann begann in Brocken zu reden.
Wie kann nur ein Leben so etwas furchtbares aushalten??????
Wochen später....traf ich den jungen Mann wieder...
und ich traute mich zu fragen:
"Bub....bitte hilf mir, meinen Jungs die Wahrheit zu sagen!"
er sagte zu und war wenig später bei uns Daheim...
Meine Jungs und deren Freunde saßen wie die Orgelpfeifen verstreut im Wohnzimmer....noch gespannt und mit kessen Sprüchen....
Tränen......viele Tränen........!!!
Keiner von den Jungs hat den Dienst danach mit der Waffe angetreten.
Und genau das rief der Text von Neil Young spontan in mir ab.
Tiefe Betroffenheit macht sichin mir breit.
LG