Die klassische Rollenverteilung sehe ich schon sehr mit gemischten Gefühlen und sie ist meiner Erfahrung nach kein Garant für ein intaktes Familienleben.
In nicht wenigen Familien, in denen Mutti den Haushalt schmiss und Papi die Kohle ranschaffte, blieben die Kinder oft sich selbst überlassen, oder wurden von den Eltern mit Aktivitäten zugeballert, je höher das Einkommen und der soziale Status, desto verplanter die Kinder.
Oft auch dass Mutti, kaum waren die Kinder aus dem gröbsten raus, sich ebenso auf kreative Volkshochschul- oder sonstige Selbstverwirklichungspfade begab.
Ich habe diese Erfahrungen oft genug während der Zeit, als ich intensiv um den Haushalt und die Erziehung meines Sohnes kümmerte, gemacht.
Dafür gab es mehrere Gründe, meine Ex-Frau hatte, als sie mich kennenlernte eine Ausbildung als Ergotherapeutin abgeschlossen und unmittelbar nach ihrem Examen eine Stelle als Lehrkraft an einer der renomiertesten Schulen für Ergotherapie angeboten bekommen, genau dort, wo sie ausgebildet wurde.
Ich arbeite damals freiberuflich als Architekt, hatte mein eigenes Büro in unserer Wohnung.
Als dies Angebot kam, das ihren Wünschen voll entsprach, war es klar. dass sie dieses annahm, auch weil die Schwangerschaft für den Arbeitgeber kein Hindernis war, denn in der Klinik, der diese Schule angegliedert war, gab es einen Betriebskindergarten.
Nach der Geburt unseres Sohnes, übernahm ich die Kinderbetreuung, denn ich konnte meine Arbeitszeiten flexibel gestalten, daher verlegte ich meine Arbeitszeiten auf den Abend.
Als er das Kindergartenalter erreicht hatte, konnte er morgens mit meiner Frau dorthin fahren, ich holte ihn ab, später als er in die Grundschule kam und nachmittags in einen Elterninitiativkindergarten ging, kümmerte ich mich darum ihn hinzubringen und abzuholen.
Ich komme auf die Erfahrungen mit anderen Eltern zurück, denn ich war sowohl im Vorstand des Kindergartens als auch fünf Jahre lang Sprecher der Klassenelternvertretung.
Es gab nämlich in diesen Gremnien kaum Männer, die zu den Elternabenden erschienen, sondern es waren meistens die Frauen.
In zahlreichen Diskussionen erfuhr ich, dass nicht nur die Kinder verplant wurden, sondern die Mütter immer wieder ihre Not hatten, Termine zu finden, denn entweder waren Kurse angesagt oder sonstige Aktivitäten.
Ein weiteres Phänomen: Viele waren so ausgelastet, dass sie ihre Kinder durch Tagesmütter betreuen ließen, denn oft genug war am Nachmittag Tennis etc. angesagt.
Sie hatten eben Luxusprobleme und nur wenige Mütter waren auf einen Zuverdienst angewiesen und noch weniger Alleinerziehende.
Gut, wir wohnten damals in einer Gegend wo sich Besserverdienende tummelten, insofern sind meine Erfahrungen nicht absolut repräsentativ.
Dennoch:
Bei vielen Paaren, die wir im Laufe der Jahre kennenlernten, stand es ausser Zweifel, dass die Ehefrauen ihre Aufgabe darin sahen, den Haushalt zu organisieren und zu führen, aber wenige kümmerten sich intensiv um ihre Kinder, das wurde mit Statussymbolen kompensiert.
Die Hausaufgabenbetreuung wurde Tagesmüttern oder Nachhilfelehrern anvertraut, um die schulischen Leistungen zu steigern, das Hauptargument der Eltern war, dass sie kaum noch oder keine Ahnung von dem Schulstoff hatten.
Nun ja, da fällt mir kaum was zu ein, denn ich fand es spannend mit meinem Sohn über Matheaufgaben zu sitzen, oder gemeinsam für ein Referat zu recherchieren.
Oft saßen wir zu dritt zusammen um unserem Sohn bei kniffligen Problemen zu helfen und die Belohnung:
Mittlerweile selbstständig, hat er sich zum Netzwerktechniker und Fachmann für Steuerungsprogramme entwickelt und ist Vize einer Firma für Elektrotechnik.
Trotz Trennung und Scheidung hatten meine Ex-Frau und ich eine schöne und respektvolle Beziehung und teilten unsere „Aufgaben“ nach Fähigkeiten auf und nicht nach einem traditionellen Rollenverständnis.
Na ja, vielleicht doch, denn ich habe ohnehin Probleme mit meiner Männerrolle und Identität, vielleicht viel es mir deswegen leichter, auch "Hausfrau" zu sein.
Als ich mit meinem Sohn über dieses Thema sprach und ihn richtig einweihte, sagte er mir unter Anderem, dass ich ja sowas wie eine Mama für ihn war.
Als sich zeigte, dass wir beiden Eltern nicht mehr miteinander klar kamen, haben wir erfolgreich unsere Differenzen unter uns geregelt, unser Kind nicht mit diesen Auseinandersetzungen belastet, sondern ihm die Gründe für die Trennung erklärt, ohne ihn damit zu überfordern.
Auch während der Trennungsphase waren wir beide für ihn da, auch wenn nun über 500 Kilometer zwischen uns lagen, denn bis zu seinem 16. Lebensjahr pendelte ich hin und her und war immer präsent, wenn er und seine Mama signalisierten, dass sie mich dennoch brauchten.
Das hat sich bis heute gehalten, erst vor kurzem fragte mich meine Ex-frau, ob ich nicht für sie ein süffisantes Schreiben formulieren könne!