Die Art der Bestattung ist wohl eine der schwierigen Fragen. Nicht für den Betreffenden sondern für die Angehörigen. Wo ist ihr Verstorbener? Wo können sie ihn besuchen? Mit der Antwort, dass er in ihrem Herzen sei, werden sich viele nicht zufrieden geben.
So ist es in Österreich schon durchaus üblich, dass man die Urne daheim im Schrank verwahrt und eine sehr alte Frau auf Krücken erzählte mir, wie selig sie ist, ihren Gatten im Wohnzimmer stehen zu haben, denn - nein, sie schaffe es nicht mehr, ihn am Friedhof zu besuchen und ihm dort eine Kerze anzuzünden.
Sie hat mich mit ihren Aussagen so überzeugt, dass ich sofort eine Brandbestattung für mich fixiert habe, um den Angehörigen keine Kosten und Arbeit mit einer Grabpflege aufzubürden und letztlich werden sie mit der Urne doch ein Symbol für meine einstige Existenz haben.
Ein Freund träumt davon, einst als Skelett auf seinem Anatomischen Institut zu stehen und die Kinder sind dagegen. Meine im Vorjahjr überraschend verstorbene Freundin träumte immer davon, ihren letzten Ruheplatz als Asche frei im Meer eines bestimmten Strandes in Südspanien zu finden, wo sie die schönsten Jahre verbrachte und - sie liegt am Urnenfriedhof.
Ich werde einst in einer Urne daheim unter unserer Eibe, bedeeckt mit meiner Amethystgeode meinen Ruheplatz finden; neben mir die Urnen der Familie und Freunde und wir werden dem Vogelgezwitscher über uns und den verliebten Worten der zukünftigen Generationen in der Pergola lauschen und lachen.
Es ist einfach der symbolische Wert und Beweis für die nächsten paar Generationen, dass eine Grabstätte existiert. In diesem Moment, wo kein persönlicher Bezug mehr zum Verstorbenen besteht, ist sie wertlos, nur Arbeit und Kosten und sie hat sich erübrigt.
Die Tibeter bereiten das Fleisch und die zerhackten Knochen des Verstorbenen als Futter für die Geier auf, damit diese noch aus dem Leichnam Kraft erhalten.
Der Grazer Lyriker Ernst Goll schrieb ein Gedicht namens
Ergebung
Kannst du mehr als lieben, hassen,
Freude ernten oder Leid?
Lächelnd durch den Staub der Straßen
Trage ich das Menschenkleid.
Denn ich weiß vor allen Dingen:
Über jenem dunklen Schrein
Werd ich Vogellieder singen
Oder eine Blume sein.
Ernst Goll, Graz, 1912
aus "Im bitteren Menschenland"; Seite 131
Verlag Leutscher & Lubensky, Graz, 1926