Verlust von Werten
Du sprichst Vieles an, was mir auch schon durch den Kopf gegangen ist.
Die Politik und die Gesellschaft beklagt den Verlust von Werten bei dem Einzelnen, und lebt den Werteverlust ständig vor. Es wird also Moral gefordet, wo man doch selbst keine bietet.
Mit am deutlichsten sieht man das bei der Entwicklung der Grünen weg von der Protestpartei in jungen Jahren hin zum grünen Flügel der SPD.
Wer sich also nicht anpasst, kann auf Dauer in der Politik nicht existieren. Das haben sich wohl auch viele 68-er zueigen gemacht, und moralische Werte gegen gesellschaftliche und politische Machtpositionen eingetauscht. Und genau das, was sie früher zu Recht beanstandeten, noch viel besser umgesetzt als die ehemaligen Personen und Ziele ihrer Kritik.
Durch diese Anpassung in allen demokratischen Parteien entstand der von mir schon wiederholt beanstandete Zustand, dass man von demokratisch ganz rechts bis demokratisch ganz links und wieder zurück wählen kann, was man will, man wählt immer wieder dasselbe.
Zwangsläufig wählt man auch immer die gleichen Zustände und ganz besonders die gleichen Missstände. Denn Alternativen im demokratischen Sinne gibt es keine.
So ganz allmählich beginne ich, den eigentlichen Wert von Politikern wie Herbert Wehner, dessen direkte Art auf mich in jungen Jahren erschlagend wirkte, zu erkennen. Der war ja auch immer ein Stein des Anstosses für nahezu alle übrigen Politiker, auch aus seiner eigenen Partei.
Der hätte Figuren wie Hans Eichel mit dessen Forderung nach einer Zweitpension neben der Ministerpension mindestens verbal kräftig auf den Allerwertesten getreten, und sie für den Abschuss in der Partei freigegegeben. Dass das dann meist doch nicht geschehen ist - siehe vier Abschnitte weiter oben...
Thilo Sarrazin hat mit seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" alles andere als die Förderung von Ausländerfeindlichkeit und dergleichen erreichen wollen. Er hat im Kern der Sache auf Missstände in der Politik und in der Verwaltung aufmerksam gemacht, die die deutsche Gesellschaft an den Rand der Existenz treiben. Und genau das haben ihm die angepassten Politker von ganz rechts bis ganz links übel genommen, und ihn als Nestbeschmutzer angepöbelt und diskreditiert.
Mit dem angestrebten Parteiausschluss hätte Grün/Rot bei der Landtagswahl in BW auch mit Japan-Effekt keine 30 % der Stimmen erreicht.
Und die Tätigkeit des SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel in dieser Angelegenheit nur mit jämmerlich zu beschreiben, gibt noch lange nicht den tatsächlichen Zustand wieder.
Für die Wähler war dieser Vorgang ein Großereignis ganz besonderer Güte. Denn nirgend wo in den vergangenen 30 Jahren wie in diesem Fall mussten sich die deutschen Einheitsbreipolitiker so deutlich der Stimme des Volkes beugen.
An derartigen Wiederholungen müssen die Wähler arbeiten.