Ehe du pauschal Andersgläubige über einen Kamm scherst, wäre es hilfreich, diese Aussage mit eigenen Erfahrungen zu untermauern. Hast du schon mal versucht, in einem muslimischen Land eine Kirche zu bauen? (die Frage ist natürlich etwas polemisch
)
Selbstverständlich ist das plakativ, da widerspreche ich Dir nicht. Es ist aber eine Tatsache, daß dies schlicht und ergreifend ein Ding der Unmöglichkeit wäre. Schon die bloße Absicht würde für einen Aufschrei sorgen, und die Baustelle - so es denn zu einer kommen sollte, mehrfach sabotiert, gesprengt oder sonstwie zugerichtet. Die Strafen für den Verdacht der Missionierung sind nicht umsonst drakonisch.
Pauschal andersgläubige abzuhandeln ist nicht meine Absicht, dennoch gibt es einen klaren Trend. Ungläubige - so werden Christen und alle anderen Religionen im Islam bezeichnet - sind laut Koran weit davon entfernt, den Respekt der Muslime zu genießen. Völlig über einen Kamm geschoren, wie Du merkst. Wie mit denen zu verfahren ist, steht im Koran geschrieben. Ich habe mir in der Tat die Mühe gemacht, mir dieses etwas sperrig zu lesende Werk einmal zu Gemüte zu führen. Danach hat man keine Fragen mehr. Nur noch die danach, warum wir ständig ver**scht werden.
Schau mal in andere Länder. Sudan, Iran, Irak, Indonesien, Pakistan, Afghanistan, etc. Wo ist da die Toleranz, der Friede und der Respekt? Der wird immer nur eingefordert, aber ansonsten ist es damit nicht weit her. Mein Schwiegervater ist Armenier, der in der Türkei gelebt hat. Was der für Dinge erzählt hat, verschlägt einem schlicht die Sprache. Unter meinen Freunden befinden sich selbstverständlich auch Muslime, aber das heißt nicht, daß ich nicht mit offenen Augen durch die Welt laufe. Man braucht sich ja nur einmal die Salafisten anzusehen, die eine besonders konservative Form der Koranauslegung verfolgen.
Alleine aufgrund der Tatsache, dass es innerhalb des Islam Sunniten, Schiiten und noch andere Gruppierungen gibt, die sogar wieder eigene Untergruppen bilden, läßt solche Pauschalierungen nämlich meiner Erfahrung nach überhaupt nicht zu. Was für die eine Richtung gilt, spielt möglicherweise in der nächsten keine große Rolle. Gläubige Muslime mit radikalen Gotteskriegern gleichzusetzen, halte ich für ein ausgesprochen falsches, unreflektiertes und medial geprägtes Bild, welches du noch einmal überdenken solltest. Viele Moslems sind nämlich - im Gegensatz zu einigen Fundamentalisten in der arabischen Welt, aber auch hier in Deutschland - ziemlich weltoffen und tolerant.
Natürlich gibt es diese verschiedenen Strömungen, und unter denen auch mehr oder weniger radikale. Sicher sind die Aleviten von allen die gemäßigtsten. Für mich ist nicht gleich jeder Muslim ein radikaler Gotteskrieger, das ist völlig klar. Unreflektiert ist meine Ansicht aber ganz sicher nicht. Wenn man sich einmal die Geschehnisse auf der Welt ansieht, dürfte etwas auffallen. Wo es knallt, ist der Islam nicht weit. Steinigungen, Behandlung von Frauen, Zwangsehen (ja, auch solche kenne ich aus Erfahrungen aus meinem Umfeld), Zerstörung von Kulturgut anderer Religionen (man denke nur an die Buddhas von Bhamyian) oder sonstige Scharmützel. Das ist doch alles da, das ist doch kein Hirngespinst, oder die Ausgeburt irgendwelchen faschistoiden Gedankenguts. Daß die Medien darüber berichten, kann einem doch nicht negativ ausgelegt werden...
Noch etwas zu "weltoffen und tolerant": Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen, vielleicht auch deshalb pol. ziemlich weit links angesiedelt, wohne jetzt in der Ecke zwischen Köln und Düsseldorf. Ja, es gibt genau das, was Du ansprichst, aber der Normalfall ist das ganz sicher nicht. In beiden Gegenden gibt es einen hohen Migrantenanteil, teilweise ganze Stadtviertel, in denen kaum noch Deutsche wohnen. Die Menschen, die dort leben, haben sich völlig von ihrem deutschen Umfeld abgeschottet. Sie lehnen die Lebensart des Landes, in dem sie wohnen ab, sprechen selbst nach 30 oder mehr Jahren kaum ein Wort Deutsch und beäugen bestenfalls mißtrauisch ihre eigenen Kinder, die Gefallen an westlicher Lebensart finden. Die Ehrenmord-Geschichten stammen meist aus genau diesen Milieus.
Meine Exfrau - wir waren 19 Jahre zusammen - sieht aus, wie eine Türkin, sie ist halb Griechin, halb Armenierin. Was sie sich von Türken (in ihren Alter oder sogar jünger!) anhören durfte, weil sie mit mir "deutschem Bastard (sic)" zusammen war, spottet jeder Beschreibung. Was sie denn mit dem "scheiß Christen" wolle, ob sie sich nicht als Verräterin fühle, und daß sie eine Schlampe sei, eine "Christenhure" etc. Tolerant und weltoffen? Daß ich nicht lache. Eine ganze Generation hat einen Rückschritt in die Steinzeit der institutionalisierten Religionen gemacht. Um den verzweifelnden Eltern zu gefallen? Wer weiß das schon? Fakt ist, daß die Beschimpfungen langsam weniger wurden, als sich meine Frau gut Sichtbar ein Kreuz um den Hals hängte. Somit gehörte sie selbst zu der verachteten Gruppe, und wir hatten weitgehend Ruhe. Glaub mir, lieber Jan, sehr viele Dinge, über die ich mir ein Urteil erlaube, stammen aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz.
Meine beste Freundin ist halbe Türkin, und sie ist irgendwann vom Islam zum Christentum konvertiert, weil sie von der Repressivität des Islam und den Koranschulen die Nase voll hatte. Warum sie nicht gleich ganz raus ist aus dem Thema Konfessionen, habe ich nicht verstanden, aber sie muß es wissen. Die kath. Kirche ist ja auch nicht gerade ein Ausbund an Progressivität...
Z.B. erinnere ich mich noch gut an eine sehr gläubige Iranerin, die aus religiöser Überzeugung nicht einmal eine geschlossene Flasche Bier in die Hand nehmen durfte, aber gleichzeitig mit Wissen ihres Mannes noch einen Geliebten hatte. Das paßt jetzt nicht, oder?
Derlei Inkonsequenzen kenne ich auch, aber ich denke, daß dies eine individuelle Entscheidung ist. Sicher mag das aus religiöser Sicht fragwürdig sein, aber das ist schlußendlich deren Bier, um mal im Bild zu bleiben
. Die meisten Muslime, die ich so kenne, waren schon mehr als einmal sturzbesoffen, und religiöse Skrupel hatte in dem Moment niemand von denen, was m.E. völlig in Ordnung geht.
Einen gewissen Absolutheitsanspruch hat natürlich auch der Islam, aber da sehe ich zur christlichen Kirche keine großen Unterschiede, und unser deutscher Papst steht auch nicht gerade für einen Paradigmenwechsel.
Das ist wohl nicht ganz von der Hand zu weisen, ja. Ich bin auch nicht gerade ein Fan von Herrn Ratzinger, aber gerade dieser Abschnitt hier bringt mich wieder zurück an das, was ich zu Anfang schrieb: institutionalisierte Religionen sind eines der größten Probleme, das sich die Menschheit aufbürden konnte. Es ist Blödsinn, sich von anderen seine Ideologien vorkauen zu lassen, egal welcher Couleur. Individuelle Spiritualität ohne Obrigkeitshörigkeit und frei im Geist ist eine großartige Sache, aber das, was die sog. Buchreligionen angerichtet haben, ist ein echtes Trauerspiel. Die Christen haben das Morden, Plündern und brutalstmögliche Missionieren inzwischen hinter sich gelassen, andere haben den Weg noch vor sich.
Der Islam hat für deren Anhänger eine kleine Schwierigkeit eingebaut. Der Koran darf eigentlich nur im arabischen Original gelesen werden, Übersetzungen sind nicht zulässig. Nur, wieviele der weltweiten Muslime sprechen überhaupt Arabisch? Da gibt es nur wenige Möglichkeiten: entweder, man läßt sich von jemandem eine Auslegung servieren, um sie zu verinnerlichen, respektive auswendig zu lernen, oder man begeht den Frevel, eine Übersetzung zu lesen. Die meisten Muslime verstehen den Originaltext nicht einmal. Das ist ungefähr so, als gebe es für Christen die Verpflichtung, das NT nur in Originalsprache zu lesen, und danach zu handeln. Auf diese Art verhindert man natürlich, daß sich evtl. Freigeister ihre eigene Meinung bilden. Wenigstens ist man bei den Katholiken von der lat. Liturgie weg, damit auch der "ungebildete Pöbel" versteht.
Ihr merkt vielleicht, daß ich dem Thema Religion generell ziemlich kritisch gegenüberstehe. Ich erkenne darin einfach keinen Mehrwert für eine Zivilisation, außer daß sie einigen wenigen ein Machtinstrument über die einfachen Menschen in die Hände legen. Angst war immer schon ein gutes Druckmittel...