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Scheindemokratie - Postdemokratie

Scheindemokratie - Postdemokratie
These: wir leben nicht in einer Demokratie!

Beurteilen läßt sich das anhand folgender Kriterien, die essentielle Voraussetzungen sind, um von Demokratie sprechen zu können:

1. Bürger haben gleiche Zugangsmöglichkeiten zum politischen Prozess (durch Stimmabgabe, Parteimitarbeit, Repräsentation der jeweiligen Interessen).

2. Bürger sind selbst - wenngleich indirekt -- die Autoren kollektiver Entscheidungen (durch ihre Wahlmöglichkeit und den damit verbundenen Einfluß auf die Repräsentanten)


zu 1: aufgrund der zunehmenden sozioökonomischen Ungleichheit, schwinden für viele Bürger die Möglichkeiten, sich über den Zustand der Gesellschaft/Politik zu informieren, geschweige denn aktiv in Parteien mitzuarbeiten; Mangel an Bildung gekoppelt mit der Versachlichung der politischen Kommunikation und einer oft gezielten Irreführung der Bevölkerung durch politische Amtsträger haben dazu geführt, daß der Zugang (=Information und Teilhabe) zum politischen Prozess so gut wie verschwunden ist!

zu 2: die noch vorhandene minimale Einflußnahme auf politische Entscheidungen durch Wahlen der Repräsentanten wird enorm relativiert, einerseits durch den immensen Einfluß organisierter Lobbygruppen, die Parlamentarier korrumpieren oder selbst Parlamentarier stellen, andererseits durch die Verlagerung von Kompetenzen an die völlig intransparenten Gremien der EU!

Vielleicht hat jemand eine Meinung dazu ...
Hi,

Punkt1: Ja. Ist aber nicht neu. Ad hoc nichts hinzu zu fügen

Punkt2: ...naja, relativ also jein.
Lobby repräsentieren auch Teil der Menschen.
Menschen die sich so engagieren haben Vorteile, die die sich passiv verhalten stehen nachteilig, weil -rangig da. Ist nicht völlig ungerecht, auch wenn sicher und leider nirgends immer Chancengleichheit besteht. Ewiger Entwicklungsprozess und wird auch stets so bleiben.

EU, wird sich zeigen, was bleiben wird. Es wäre naiv zu glauben, sowas etabliert sich in nur zehn Jahren oder so.
Das Sozialsystem Bismarcks hat sich auch erst später nach WKII professionalisiert. Wir leben kurz und denken auch so. Leider auch wahr. Und Plebiszite (auch wenn Du nicht explizit davon sprichst) habe auch Nachteile, wenn Leute entscheiden, was sie nicht ganz verstehen, nicht die Zeit haben es durch zu ackern. Und dazu Rechtsunsicherheit und Unfrieden entsteht. Entscheidungen über ein, zwei Ecken herum, haben auch Vorteile. Aber das können andere besser erläutern als ich.
******ics Paar
646 Beiträge
Plutokratie
Ich bin der Meinung, wir leben in einer Plutokratie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Plutokratie

Natürlich nicht im klassischen Sinne, sondern in einer Art "Neo-Plutokratie". Dazu passt auch die Aussage "Gewinne werden privatisiert (kassieren die Konzerne und die Reichen) und Verluste werden sozialisiert (tragen die Steuerzahler)".

Lobby repräsentieren auch Teil der Menschen.

Nicht wirklich; das war vielleicht mal, wenn du an Lobbys im Sinne von Vertretern von Bürgerbewegungen denkst. Die heutigen Lobbys, die die Politik in einem nie dagewesenen Maße besticht, sind Vertreter großer Konzerne, Banken und Superreiche.

Was mich nur wundert ist, dass die Bürger das heute alles so klaglos mitmachen. In der 68er-Bewegung war das noch anders:
http://de.wikipedia.org/wiki/68er-Bewegung

Max (politisch ziemlich resigniert)
*********CatHH Mann
562 Beiträge
Ich würde hier zu bedenken geben, dass die Bürger zu einem großen Teil selbst schuld an der Misere sind. Politisches Desinteresse beginnt ja nicht bei den Parlamentariern oder gar bei RTL2 (auch wenn ich die mediale Verdummung der Bevölkerung da als großen Akteur sehe), sondern bei dem einzelnen Menschen.
Und bei Wahlbeteiligungen von unter 50% ist es doch kein Wunder, dass die Deomkratie nicht funktioniert. Dazu kommt noch, dass die Deutschen entweder dazu erzogen sind oder nicht in der Lage, "das große Ganze" zu sehen. Schönes Beispiel ist da die Energiewende. Erst wollen alle keinen Atomstrom mehr, dann quengeln sie, wenn der dadurch nötig gewordene Grid-Ausbau dazu führt, dass in ihrem armen kleinen Schrebergärtchen nun Strommasten stehen oder böse landschaftsverschandelnde Windräder.
Was eine Idiotie..

Dann zum Lobbyismus: Einerseits ist es richtig, dass die professionalisierung des Lobbyismus durch finanzstarke Gruppen das System an die Grenzen bringt und dazu führt, dass Lobbyarbeit durch Konzerne das politische Gefüge sehr stark ins Ungleiche bringt.
Aber zu behaupten, dass die heutige Lobbyarbeit NUR noch das wäre ist schlicht falsch. Lobbyarbeit gibt es auch heute von Bürgerinitiativen (siehe zB Campact), Kleinunternehmern etc. pp.
Und sie ist auch dringend notwendig.
Der durchschnittliche Abgeordnete überblickt ja mit müh und not sein spezifisches Aufgabenfeld, er hat für viele Dinge, auf die seine Entscheidungen Einfluss haben kaum den Blick, geschweige denn Ahnung davon. Und genau hier braucht es Lobbygruppen, um den Abgeordneten zu zeigen, was genau ihre Entscheidungen überhaupt für Konsequenzen haben.

Das Problem ist auch hier die Intransparenz und das gesellschaftliche wie mediale Desinteresse. Es wirdviel zu wenig Aufklärung betrieben und viel zu wenige Menschen informieren sich. Und gerade das öffnet dem Missbrauch durch Korruption im Lobbyismus erst Tür und Tor. Wenn kaum jemand sich informiert und alle nur pauschal meckern und verallgemeinern ist es kein Wunder, dass zB die Pharmaindustrie der Koalition in Berlin den Wortlaut des Arzneimittelgesetzes diktiert und es niemand mitbekommt.
...
Ob an entsprechenden Diagnosen re Demokratie irgendetwas neu ist oder nicht, ist völlig egal; es geht ja nicht darum, ein Modenwissen zu kultivieren, das der letzte Schrei ist. Wenn es alter Hut ist, daß essentielle Voraussetzungen von Demokratie nicht erfüllt sind, dann stimmt die These -- und schlimm genug, daß sie schon lange stimmt!

Plutokratie oder verkrustete Oligarchie, das können wir uneingeschränkt unterschreiben!

Die einfachen Bürger waren und sind nie 'selbst schuld' an den Verhältnissen, weil sie nie ausreichend informiert wurden und auch nie eine wirkliche Wahl des politischen Systems hatten! Diese typisch konservativ-reaktionäre Hetze, die sich ausschließlich an formalen Kriterien wie z.B. der Wahlbeteiligung festmacht, läßt die inhaltlichen Voraussetzungen für Demokratie außer acht, die das politische System zuerst einmal selbst erfüllen müßte, und macht lediglich diejenigen verantwortlich, die nun überhaupt nichts dafür können, daß wir in einer Oligarchie leben. Nein, es sind gut organisierte Banden (Banken, Versicherungen, Industrienetzwerke usw.), die systematisch die Wahrheit verschleiern und durch finanzielle Zuwendungen die Repräsentation der Bürger zugunsten eines großangelegten Klientelismus auflösen. Bürgerinitiativen beeinflussen in keinster Weise die großen Linien der Politik. Und die sogenannte Versachlichung der Materien entzieht dem Bürger jegliche Möglichkeit der Kontrolle, wenn selbsternannte Experten sogenannte 'wissenschaftliche' Studien zur Untermauerung völlig willkürlicher Entscheidungen ins Feld führen! Man nehme als Beispiel nur die Lügen mit dem demographischen Faktor bzw. der Vergreisung der Republik als Vorwand für Rentenkürzungen, oder den Fachkräftemangel, den es faktisch gar nicht gibt! Das ist die Propaganda von sogenannten Experten ...
*********CatHH Mann
562 Beiträge
Ich gebe zu, dass ich mich nach der Platitüde "konservativ-reaktionäre Hetze" wirklich zwingen musste, weiterzulesen.

Ich meine klar, als Geisteswissenschaftler hat man das Schubladendenken ja schließlich erfunden und was ist leichter, als jemandem einfach ein Label zu verpassen, ihn in eine Ecke zu schieben, in die er nicht gehört und dann abzuurteilen.
Das ist mir einfach zu simpel gedacht. Genauso wie die platten, einseitigen Schuldzuweisungen.

Ja, wir leben in einer Oligarchie. Und ja, ich würde sogar fast (!) unreflektiert und undifferenziert unterschreiben, dass der "große Satan" heute Anzug trägt und in Bank- und anderen Verbrechervorständen sitzt. Aber undifferenziert ist mir zu simpel und genau so eine gefährliche Halbwahrheit, was andernorts in die andere Richtung propagiert wird.
Zu jedem Betrug gehört einer, der betrügt und einer der sich willig betrügen lässt. Und da sind die Deutschen Bürger ziemlich groß. Natürlich kann man da die Hände auf die Augen legen und die Finger in die Ohren stecken und ganz laut summen oder lalalala machen und sich wünschen es wäre nicht so. Aber das ändert nichts an der Realität.

Die Deutschen werden ja nicht mehr gehindert als andere Bevölkerungen, auf die Straße zu gehen und zu protestieren. Da reicht ein blick über die Grenze nach Westen um zu sehen, dass es auch anders geht. Aber in Deutschland wird kaum gestreikt. Aus politschen Gründen schon gar nicht. Das lässt man sich sogar verbieten. Und all die Informationen sind ja DA. Man kann sie sich holen, wenn man sich die Mühe macht und danach sucht. Man kann auch so ein System bekämpfen, wenn man will. Aber da hilft natürlich im Sessel vorm PC sitzen und sich aufregen wenig.
Und wenn die Mehrheit der Deutschen sich informieren WOLLEN würde, dann würden wohl auch mehr Leute auf die Straße gehen. Aber sich mal vom Sessel zu erheben.. das kann man den armen unschuldigen Bürgern ja nicht zumuten.



Timid men prefer the calm of despotism to the tempestuous sea of liberty.



We are Anonymous. *baeh*
...
Wertungen sind nicht immer integrativ, das mag sein! Aber genau das ist konservativ-reaktionär, was sonst?!

Die Deutschen werden ja nicht mehr gehindert als andere Bevölkerungen, auf die Straße zu gehen und zu protestieren. Da reicht ein blick über die Grenze nach Westen um zu sehen, dass es auch anders geht. Aber in Deutschland wird kaum gestreikt. Aus politschen Gründen schon gar nicht. Das lässt man sich sogar verbieten. Und all die Informationen sind ja DA. Man kann sie sich holen, wenn man sich die Mühe macht und danach sucht. Man kann auch so ein System bekämpfen, wenn man will. Aber da hilft natürlich im Sessel vorm PC sitzen und sich aufregen wenig.

Von denen, die systematisch betrogen werden, zu erwarten, daß sie gefälligst aufstehen sollen, um zu protestieren - was rein gar nichts bringt, außer ein Wohlgefühl bei Aktionisten - fügt der Ungerechtigkeit auch noch Beleidigungen hinzu! Man kann Differenzierungen und Relativierungen auch zu weit treiben, so in der Art: es gehören zwei zu einem Mord, der, der mordet und der, der sich ermorden läßt; und noch etwas völlig Geschmackloses obendrauf: waren die KZ-Insassen auch selber schuld, daß sie vom Staat ausgemerzt wurden? Könnte ja sein, wenn es immer zwei Seiten für alles braucht ...

Schließlich: muß immer alles weichgewaschen und beliebig daherkommen?

Nein!

Manche Dinge sind wichtig und können auch mal mit deutlichen Worten zum Ausdruck gebracht werden ...
Punkto neu oder nicht, sicher richtig.
Ich hatte das so formuliert, wegen des Stichworts These.

Plutokratie oder verkrustete Oligarchie.

Ich bin nicht sicher, war es nicht Goebbels, der ersteren Begriff auch öfters gebrauchte? Ich schreibe das nur, weil es interessant wäre, wenn man mal unpolitisiert und völlig emotionslos einen Abgleich der Definitionen, wie sie damals zeitgemäß waren mit heute "abgleicht".
Nicht Vergleich, da irrt man oft. Aber aus dem neutralen Abgleichen lernt man immer was.

Oligarchie verbinde ich immer irgendwie mit Putin & den Reichen Rußlands sowie mit den "oberen gesichtslosen 10.000 der VR China". *zwinker*

Wieweit in den USA dasselbe etwas versteckter gegeben ist und Europa dorthin, sei dahin gestellt. Ich teile zwar nicht alles, was die "neueren" Bewegungen wie Occupy, Anonymus, Piraten usw., ja auch die Denker des Arab Springs, machen - zumal sie selbst allesamt heterogen sind, und nicht linear.

Aber ganz machtlos sind Menschen auch nicht, zumindest in den Staaten und Regionen, wo man noch irgendwie Zugriff auf Mittel und Ressourcen hat.
Schließlich: muß immer alles weichgewaschen und beliebig daherkommen?
Nein!
Manche Dinge sind wichtig und können auch mal mit deutlichen Worten zum Ausdruck gebracht werden ...

Korrekt. War doch Voltaire, der in etwa sagte "Ich verachte Ihre Meinnung, aber würde mein Leben dafür einsetzen, daß Sie sie sagen dürfen". Ur-Gedanke für Demokratie.
Heißt auch umgekehrt; zuhören statt monologisieren, also ein
eingehen auf
. Es gibt eben oft Phantomdiskussionen statt echter Neugierde und dann verläuft eine Diskussion an sich im Sande.
Hat keinen Wert.

Aber einen normierten Standard für eine gesunde Diskussionskultur gibt es nicht. Dies hängt allein von den Menschen ab, nicht nur von Strukturen. Viele glauben immer nur an Strukturen oder dessen Änderungen. Und oft gibts dann auch Enttäuschungen.

Übrigens gesunde Demokratie fehlt manchmal auch an anderer Stelle beim Joyclub. Dieses Problem gibts nicht nur in Brüssel. *zwinker*

Aber strukturell läßt sich da nur wenig machen, das müssen auch die Mitglieder, nicht nur Leute vom Joy-Team oder so.... *g*
...
ja, sehr gut!

Haben die Bürger noch Zugriff auf Mittel und Gelder, die sie selbst zur Verfügung stellen? Ist es wirklich so, daß sich große Weichen tatsächlich auch noch 'von unten' verschieben lassen?

Das sind die interessanten Fragen ...
... tja was sind die Weichen?

Ich hatte Geisteswissenschaft UND Wirtschaft an der Uni.
Sehr witziger Kontrast; zwei divergierende Konglomerate an Kommilitionen (wenn ich das mal so flapsig formulieren darf).

Da gab es schon Bestätigungen der üblichen Klischees, war absehbar wer wie bereits denkt oder auf welchem Wege dorthin ist, welche Rolle in unserer Gesellschaft einzunehmen.

Kissinger meinte mal Demokratie ist ein Übel. Aber das Kleinste im Vergleich zu Allem anderen". Ich hatte ihn mir live angehört.
Ich weiß, er hat Blut an seinen Händen. Aber er hat hier Recht.

Frage nun: Was ist Demokratie. Bekommt jeder einen Mindesteinsatz an Mittel, um handeln zu können? Handlungsfähig zu sein.

Dann haben wir als Bespiel die Forderung der Piraten nach Grundeinkommen als Bürger. Und die Kritik daran anderer wie gegeben. A priori logisch sind beide Seiten. Was richtig ist und was falsch, könnte ich so nicht zu 100% sagen.

Vielleicht läßt sich - bei uns in Europa - nicht mehr viel verbessern. Vielleicht ist es schon das realistisch machbare Optimum?
Und im Gegenteil, es ist evtl erhaltenswert, weil die Reise auch nach unten abwärts gehen kann?
Die Eurokrise läßt solche Überlegungen auch legitim erscheinen.

Ich schreibe das nicht als Standpunkt. Sondern weil es soviele Dinge zu bedenken gibt.
...
das kann Dein Standpunkt sein, der ist ja völlig legitim ... nur

erstens, damit die Diskussion nicht zu schwammig wird, haben wir ja zwei essentielle Voraussetzungen als begriffliche Kriterien an den Anfang gestellt! Es geht bei Demokratie nicht per se um materielle Wohlfahrt im Sinne eines Grundeinkommens! Es geht um Kontrolle durch Teilhabe, um Willkürherrschaft auszuschließen. Und das scheint durchaus als Problem erwägenswert, wenn einer wie Seehofer selbst sagt, daß diejenigen, die gewählt sind, nichts mehr zu entscheiden haben! Wir haben Seehofer nicht gewählt, wir können uns auch im Leben nicht vorstellen, daß und warum den und seine Partei jemand wählt; aber wenn den jemand wählt und er gar nichts zu entscheiden hat, dann betrifft das alle: die, die ihn gewählt haben, und auch die, die ihn nicht gewählt haben ...

zweitens, es läßt sich immer was verbessern! Zufriedenheit und die Angst davor, daß alles nur noch schlimmer kommen kann (weil der Mensch ja ein Mängelwesen ist usw.), ist dann nicht haltbar, wenn es zu vielen Menschen schlecht geht; denen gegenüber zu behaupten, daß alles noch schlimmer kommen kann, ist lediglich zynisch!

drittens, zu Demokratie gehört auch, daß sich im Prinzip jeder immer und überall kritische Gedanken darüber macht, wer in wessen Namen Entscheidungen trifft, die alle in ihrem Leben beeinflussen; nur so beginnt Demokratie ja erst lebendig zu werden! Dieses Geschäft jemand anderem zu überlassen, ist bereits das Ende von Demokratie ...
*********CatHH Mann
562 Beiträge
und noch etwas völlig Geschmackloses obendrauf: waren die KZ-Insassen auch selber schuld, daß sie vom Staat ausgemerzt wurden? Könnte ja sein, wenn es immer zwei Seiten für alles braucht ...

Darauf hinzuweisen, wie billig und geschmacklos dieser Kommentar ist, erübrigt sich, oder? Wenn nun schon faule -pardon- Salonkommunisten und -nochmals Pardon- Sesselfurzer auf eine Stufe gestellt werden mit den von Nazis ermordeten Juden, dann löst sich jegliche Annahme einer bloßen Fähigkeit zur sachlichen Diskussion und Kommunikation in wohlgefallen auf. Die KZ-Insassen waren zudem im Gegensatz zu dem vorliegenden Fall nicht freiwillig in ihrer Situation.

Die beiden gestellten "Fragen" sind nun auch keine große Kunst.

Haben die Bürger noch Zugriff auf Mittel und Gelder, die sie selbst zur Verfügung stellen? Ist es wirklich so, daß sich große Weichen tatsächlich auch noch 'von unten' verschieben lassen?

zu Nr. 1: Das Wort "noch" impliziert einen historischen Zustand, in welchem sie Tatsächlich noch Zugriff hatten. Aber der findet ich mMn maximal in frühen traditionellen Gesellschaften.
zu Nr. 2: Man schaue sich mal den arabischen Frühling an. Natürlich ist ein verschieben von unten Möglich. Aber dazu ist ein enormer Kraftakt fähig, vor dem die Meisten zurückschrecken. Stattdessen identifizieren sie lieber wütend Probleme und schlagen auf alles verbal ein, was anderer Meinung ist.

NATÜRLICH lebt es sich einfacher, wenn man sich die Scheuklappen freiwillig aufsetzt und nur eine Seite der Medallie sieht oder gar sehen will.

zweitens, es läßt sich immer was verbessern!


Ach nun doch?

drittens, zu Demokratie gehört auch, daß sich im Prinzip jeder immer und überall kritische Gedanken darüber macht, wer in wessen Namen Entscheidungen trifft, die alle in ihrem Leben beeinflussen;

Denken wir einmal ein Stückerl weiter und stellen uns das mal vor. Gibt es diesen umfassend informierten Bürger? Denn um alles kritisch Hinterfragen zu können muss dieser ersteinmal über genügend Hintergrundwissen verfügen. Und dieses Wissen aktualisiert und verändert sich täglich. Allein das Sichten, hinterfragen und organisieren von Informationen ist in der heutigen Welt ein Full-Time Job. Und die Nachrichten, die uns hier erreichen sind da sogar schon gefiltert. Über das was "unsere" Konzerne in Afrika oder Südamerika treiben, erfahren wir nichts. Und die meisten wollen es auch gar nicht. Aber es ist dem Einzelnen schlicht heute nicht mehr möglich, sämtliche Faktoren und Informationen zu überblicken, die er kennen müsste um völlig objektive und kritische Entscheidungen und urteile zu fällen. Ein Staat, in dem alle so handeln würden, wäre völlig gelähmt, weil keiner mehr zu etwas anderem käme. Bleiben wir doch bitte in der Realität und nicht im Taka-Tuka Land:
Eine Gesellschaft kann nur bestehen, wenn ein Teil der Kontrolle abgegeben wird. Ich fände eine direkte, virtuelle Demokratie toll, in der es keine Referenden mit Ja oder Nein gibt, sondern in der jeder Bürger über die Themen täglich abstimmen kann und sich nicht für +/- entscheiden müsste, sondern die Parteien dazu da wären (und NUR dazu), unterschiedliche Lösungsansätze zu verfassen für die unterschiedlichen Fragestellungen.

Da fällt mir dann auch im Gedankensprung das in der Schweiz mit den Minaretten wieder ein. Die Mehrheit der Schweizer hat sich gegen solche Projekte ausgesprochen. Macht das die Schweizer nun zu Nazis? Sind nun alle Schweizer intolerant? Oder müssen wir feststellen, dass hinter mancher gutmenschlichen Fassade Toleranz nicht immer so grenzenlos ist oder sein muss? Was macht man mit so einem Ergebnis, bei dem Demokratie mit Toleranz kollidiert? Das finde ich viel interessanter als das ewige alles-ist-so-schlecht-aber-ändern-wollen-wir-auch-nix-mimimi.
******ics Paar
646 Beiträge
Hmmm...

Was will mir einfachem ungebildetem Gutmensch dieser Beitrag sagen?

Oder müssen wir feststellen, dass hinter mancher gutmenschlichen Fassade Toleranz nicht immer so grenzenlos ist oder sein muss?

Toleranz kann IMHO nie grenzenlos sein.

Grüße,
Max
*********CatHH Mann
562 Beiträge
Schlicht und einfach die Frage, wie man damit umgehen will und wie man es einordnet, wenn Demokratie und Religionsfreiheit miteinander kollidieren. Welchem man mehr Bedeutung zumisst, oder ob jemand dann im Sinne seines Weltbildes dann die Schweizer kollektiv verurteilen muss.
******ics Paar
646 Beiträge
Sorry, meinte eigentlich den ganzen Beitrag.

Ich bin ein ziemlich schlichter Mensch und habe mit schwierigen Formulierungen so meine Probleme.

Max
...
sehr schön!
Finden sich wieder ein paar Anlässe, etwas auszuholen:

erstens: niemand kann sich seine staatliche Gesellschaft so ohne weiteres aussuchen, d.h. niemand ist völlig freiwillig Mitglied seiner Gesellschaft, in der über sie/ihn Macht ausgeübt wird! Die Staatsangehörigkeit unterwirft zunächst jeden unter die Institutionen der Macht, daran ändert auch eine Auswanderung erst mal nicht viel!

zweitens: die Ausgangsfrage bezog sich auf unsere vermeintlich demokratischen Verhältnisse, nicht auf vermeintlich demokratische Verhältnisse weltweit. Wenn irgendwo auf der Welt soziale Bewegungen zu Veränderungen führen, dann hat das per se noch nichts mit Demokratie zu tun (in Ägypten herrscht seit der 'erfolgreichen' Volksbewegung keine Demokratie), außerdem hat es nichts mit 'unseren' demokratischen Verhältnissen zu tun; zumal gibt es Beispiele dafür, daß auch und gerade in unserer Gesellschaft soziale Bewegungen völlig ohnmächtig bleiben können, obwohl es sie gibt. Was lehrt z.B. die immer wieder aktive Antikriegsbewegung? Was lehrt Stuttgart 21? Vielleicht lehrt es in einer Hinsicht, daß selbst der engagierteste Widerstand scheitern muß, wenn er keine wirklich mächtige Unterstützung gegen die Etablierten und ihre Projekte bekommt.

drittens: Kritik an der Kritik tendiert auch hier dazu, paternalistisch, konservativ-reaktionär und anmaßend zu werden:

Allein das Sichten, hinterfragen und organisieren von Informationen ist in der heutigen Welt ein Full-Time Job. Und die Nachrichten, die uns hier erreichen sind da sogar schon gefiltert. Über das was "unsere" Konzerne in Afrika oder Südamerika treiben, erfahren wir nichts. Und die meisten wollen es auch gar nicht. Aber es ist dem Einzelnen schlicht heute nicht mehr möglich, sämtliche Faktoren und Informationen zu überblicken, die er kennen müsste um völlig objektive und kritische Entscheidungen und urteile zu fällen. Ein Staat, in dem alle so handeln würden, wäre völlig gelähmt, weil keiner mehr zu etwas anderem käme. Bleiben wir doch bitte in der Realität und nicht im Taka-Tuka Land: Eine Gesellschaft kann nur bestehen, wenn ein Teil der Kontrolle abgegeben wird.

... diese Bemerkung, nur weil wir betont haben, daß im Prinzip alle Bürger in einer Demokratie kritisch darüber nachdenken sollen, wer in wessen Namen über sie Macht ausübt?! Diese Erwartung gehört sogar zur offiziellen Lesart von Demokratie und ist eine der normativen Rechtfertigungen für die Institution der Wahl! Warum gehören solche Hinweise ins 'TakaTuka-Land'? Weil einfach vorausgesetzt werden kann, daß die Materien schwierig sind? Nein! Damit hat es zunächst mal noch gar nichts zu tun; eher damit, daß sich jeder immer wieder fragen sollte, ob diejenigen, die Entscheidungen treffen, das Wohl möglichst vieler im Auge haben, oder nicht. Dieses kritische Interesse darf ruhig erst mal ganz abstrakt bleiben. Überdies: die Entscheidungsträger haben in einer Demokratie die Pflicht, Rechenschaft abzulegen, über was sie nach welchen Gesichtspunkten entscheiden, die Bringschuld liegt nicht bei den Bürgern!

viertens: inwiefern und aus welchem Grund schließt eine kritische Internet-Diskussion das engagierte Eintreten für Veränderungen in einem konkreten lebensweltlichen Kontext aus? Das gehört vielleicht im Gegenteil unauflöslich zusammen! In Verbindung damit: ist zwangsläufig jeder, der sich über Demokratie Gedanken macht, ein 'fauler Salonkommunist' oder 'Sesselfurzer'? Ist so eine Gesprächsführung das Vorbild für eine differenzierte Diskussion?
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