Bauernopfer
Wie war doch gleich die Reihenfolge?1. Es wird bekannt, dass die NSA Telefongespräche deutscher Bürger abhört. Kurzes Rauschen im Blätterwald, ein Hüsteln der Empörung hinter vorgehaltener Hand, als sei Nachbars Tochter in Strapsen einkaufen gegangen - das war es. Schließlich sind die Amerikaner ja unsere besten Freunde und Freunde sind dazu da, dass man ihnen alles erzählt und sie auf uns aufpassen. Erzählt man nichts, passen sie trotzdem auf, schließlich hat man Freunde ja genau deswegen.
2. Kurz darauf wird bekannt, dass auch das Handy einer gewissen Angela Merkel abgehört wird. Das ging dann doch zu weit, schließlich ist sie ja so etwas wie eine Sonderbürgerin. Also kommt jetzt der ganz große Auftritt. Krieg mit Worten, werfen mit verbalen Neutronenbomben (das sind die Dinge, die zwar alles kaputt machen, aber keine bleibenden Strahlenschäden hinterlassen). Drohung mit Kündigung der Freundschaft usw. Naja, waren nur Worte.
3. Schließlich mehren sich die Gerüchte, dass das Organ, dass die Bürger vor Spionage ausländischer Geheimdienste schützen soll, wohl irgendwie diesen Auftrag missverstanden hat und sich eher als Botenjunge der CIA und NSA versteht. Wider Erwarten verstummen diese Gerüchte nicht, sondern werden immer weiter ausgewalzt bis hin zu dem politischen Versuch, den Chefs des BND und anderer rein theoretisch durch die Politik zu kontrollierenden Organe einen erhobenen Zeigefinger zu präsentieren. „Das macht aber nicht!“. Besagte Chefs verfügen über jahrelange Ausbildung und so ist es ihnen gelungen, sich in der Öffentlichkeit ohne verächtliches Grinsen ob solcher Schelte zu zeigen.
Doch tatsächlich scheint es fast so, als würde es diesmal nicht nur bei der Schelte bleiben, als muss Plan B her.
4. Der Plan B? Ganz einfach - man präsentiere einen Schuldigen. Also findet man ein armes Schwein, das so dämlich war, für etwas, was wahrscheinlich zu seiner ganz normalen Arbeitsaufgabe gehört hat, sich extra entlohnen zu lassen. Da hat also ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums tatsächlich Dokumente an die CIA weitergegeben und auch noch Geld dafür genommen. Letzteres dürfte sein Fehler gewesen sein und ich vermute, dass er sehr erstaunt war, dass man ihm nicht das, sondern die Tatsache, dass er Dokumente weitergegeben hat, vorgeworfen hat.
Er ist ab sofort der Schuldige, er wird bestraft werden und alles ist wieder gut. Natürlich, schließlich sind die Amerikaner doch unsere Freunde, und Freunden gibt man ein Küsschen, oder zwei ...
Vor ungefähr vierzig Jahren schrieben Otto Bonhoff und Herbert Schauer die Reihe „Das unsichtbare Visier“. Sie handelt von Achim Detjen, einem Spion des MfS, der als Major im Verteidigungsministerium der BRD arbeitet und sich rege mit dem amerikanischen CIA-Agenten Wilson austauscht. Bereits damals, also in den siebziger Jahren, gab es nicht viele, die daran zweifelten, dass dem tatsächlich so war. Ich muss die vier Bücher mal wieder rauskramen - ich will ja schließlich auf der Höhe der Zeit bleiben. Danach nehme ich mir dann „1984“ vor und wenn das noch nicht reicht, lese ich Gert Prokops „Der Samenbankraub“ und „Wer stiehlt schon Unterschenkel“. In diesen Büchern ist sehr detailliert beschrieben, wie unsere Gesellschaft in wenigen Jahren aussehen wird. Gut, dass ich sie habe und mich vorbereiten kann - Wissen ist schließlich Macht ...