Wie talkt man niveauvoll?
@ Nightphantasy, @ Manilow @ mwalimu und @ sternentaler2010Erst jetzt da die Zeit und Aufmerksamkeit beanspruchendeTochter und Enkelkinder wieder abgereist sind, komme ich (Volker) dazu, auf eure Beiträge zu antworten. Ich zögere noch, weil wir den Vorstellungsthread mit „Nicht-Vorstellungen“ füllen. Vielleicht kann der Moderator die Beiträge in einen eigenen Thread stellen, der sich der Problematik widmet, denn ich vermute, dass dazu noch mehr zu sagen ist, zumal ich die Problematik eher ausweiten als abschließen will.
Nightphantasy
„Falsch ist natürlich ein Rückschluss auf besonders elitäres Denken wie bei anderen angesprochenen Gruppen; richtig ist vielmehr dass bei uns Herzensbildung vor akademischer Bildung rangiert.“
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„Allen gemeinsam ist die Fairness, der niveauvolle Umgang sowie die Toleranz.“
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„Allen gemeinsam ist die Fairness, der niveauvolle Umgang sowie die Toleranz.“
Ich stimme zu: Herzensbildung schützt vor allzu elitärem Denken, sie entwaffnet, versöhnt und weiß sich selbst kritisch zu hinterfragen.
Fairness dagegen lässt sich leichter einfordern als sich ihr immer selbst anderen gegenüber bewusst zu sein. Im allgemeinem Forum und anderen Gruppen kann man sich davon überzeugen, wie schwer das in einer hitzig-kontroversen Diskussion sein kann, wie oft die eigene Unfairness einfach nicht wahrgenommen (Brett vor dem Kopf) wird, wie oft die Grenzen der Toleranz erreicht werden. Hilfreich könnte es sein, wenn Außenstehende den unfair angegangenen Diskutanten zur Seite springen und er sich nicht selbst verteidigen muss.
Ich will es nicht länger problematisieren. Ich vertraue einfach auf die Kombination aus Herzensbildung und Humor. Gegen die kommt kein Wütender an. Toleranz sollte auch in der hier vorwiegend vertretenen Altersgruppe zu den durch das Leben gelehrten Tugenden gehören.
mwalimu
„Wenn Menschen auf einem Gebiet eine besondere Fähigkeit entwickelt haben oder zu besonderen Erkenntnissen gelangt sind, dann entsteht oft das Bedürfnis, dies auch publik zu machen. Zwischen dem ehrlichen Bedürfnis, anderen damit etwas zu schenken und einer besserwisserischen Arroganz gibt es sehr viele Zwischenstufen, von denen wir viele kennen, sowohl bei uns als auch bei anderen.
Ja, ich bin mir dieser Bandbreite bewusst. Die Beiträge zur Eurokrise (Griechenland) haben mich auf die Problematik aufmerksam gemacht. Es handelt sich dabei um ein Thema, das mich umtreibt. Die in meinen Augen verheerend falsche Politik der EU und - leider muss man es so sagen - besonders Deutschlands lässt mich nicht in Ruhe. Ich habe einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften, kann also zumindest Begründungen, die angeblich wirtschaftstheoretisch untermauert werden, etwas besser einordnen als manch andere(r). Weiter kenne ich andere ökonomische Denkschulen, die aber leider nur im Ausland aber in der deutschen Politik gar nicht und in deutschen Medien nur am Rande zur Kenntnis genommen werden. Als fachlich Informierter möchte man ja so gerne „schiefe“, Beiträge gerade rücken. Aber das erscheint mir fast unmöglich, um nicht als arrogant und besserwisserisch herüberzukommen, als jemand, der mit Zahlen und Verweisen andere totschlägt.
Als Beispiel mag der in deutschen Medien und selbst von Fachleuten unentwegt behauptete Aufschwung Griechenlands im 4. Quartal 2014 (als Eurostat meldete, dass Griechenland die höchste Wachstumsrate in der ganzen EU hätte.), den die neue Regierung dann zunichte gemacht hätte. Wer diesen bis heute behaupteten „Fakt“ bestreitet und auf eine Analyse dieser Zahlen verweist (Link stelle ich gerne zur Verfügung) , wird doch als besserwisserisch eingestuft, als jemand der die Wahrheit nicht zur Kenntnis nehmen will. Schließlich hatten das alle Zeitungen so berichtet und viele Politiker und Experten so behauptet. Da es nie widerrufen worden ist, muss es wohl stimmen.
Schnell weg vom Thema Griechenland, denn es sollte nur als Beispiel dienen. Ich will hier nicht über Griechenland und den Euro diskutieren. Ich will nur deutlich machen, dass es extrem schwer ist, bei einem solchen umstrittenen Thema nicht in die Tiefe zu gehen, weniger in der Materie Steckenden nicht mit Quellennachweisen, Links, Verweisen „totzuschlagen“.
Was soll aber eine Diskussion mit Niveau geführt werden? Wie tief, wie vollständig, wie dicht an den Fakten kann diskutiert werden? Ist es bereits eine Niveaunachweis, wenn man (Toleranz, Fairness!) nur freundlich bleibt und Falsches nicht falsch nennen darf? Nach dem Motto: Schön , dass wir einmal darüber geredet haben! (und uns nichts gegenseitig unterstellt haben.)
Ich habe es zugespitzt, aber der Gruppenname Talk mit Niveau enthält ja auch einen gewissen Anspruch an Sachlichkeit, an Vollständigkeit, an intellektueller Redlichkeit, aber auch an Beharrungsvermögen, etwas als „falsch“ Erkanntem widersprechen zu dürfen, bei einem Herzensthema sogar widersprechen zu müssen.
Ich sehe mich da schon in einer gewissen Zwickmühle. Mein Entschluss: Mein erster Beitrag wird nicht zu einem wirtschaftlichen Thema erfolgen sondern zu einem Thema „Lust auf fremde Haut“, bei dem ich kein Vorgebildeter bin, sondern nur meine Lebenserfahrung und Angelesenes einbringen kann. Ansonsten lege ich mir einen Zettel neben die Tastatur mit den Stichworten: „Herz zeigen!“ „fair, ruhig bleiben“, fällt mir zur Einleitung, zum Abschluss noch etwas Humorvolles, Freundliches ein?“ Vielleicht hilft das ja schon.
Meine Beiträge werden also zugleich auch immer kleine Herausforderungen für mich sein. Ich werde mich immer wieder prüfen, ob ich mit jedem Beitrag dem Anspruch „niveauvoll talken“ gerecht geworden bin. Hoffentlich verzichte ich nicht zu oft auf die Veröffentlichung!
Auf denn!
PS Vielleicht könnte der neue Thread (falls verschoben wird) heißen „Wie geht niveauvoll talken?“